Protocol of the Session on June 26, 2014

Bevor ich die Anfrage zulasse, ein persönlicher Tipp an die Linkspartei: Leute, ihr müsst mehr Maresch wagen und weniger Müller! Das würde euch guttun.

(Heiterkeit und Beifall CDU und FDP)

Jetzt bitte die Zwischenfrage vom Herrn Kollegen Jürgens.

Es gibt jetzt eine Frage des Abgeordneten Jürgens. Herr Jürgens, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Danke, Herr Kollege, auch wenn es jetzt thematisch nicht mehr ganz passt. Sie haben aus meiner Sicht durchaus richtig festgestellt, dass es sehr hohe Energiepreise und damit ein soziales Problem gibt. Können Sie mir aber verraten, inwiefern eine Landesregierung, unabhängig davon, ob sie rot-rot geprägt ist oder nicht, die Energiepreise in einem Bundesland selbst beeinflussen kann?

(Senftleben [CDU]: Das ist kein Problem!)

Herr Kollege Jürgens, gestatten Sie mir den Einwand: Ihre Frage zeugt von großer Unkenntnis im Bereich der Energiepolitik.

(Beifall CDU und FDP)

Ich werde es Ihnen aber gern und auch ausführlich erklären. Warum die Energiepreise in Brandenburg so hoch sind? Da hätten Sie eingangs aufpassen müssen.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Denken Sie an 18 Uhr!)

- Herr Kollege Scharfenberg, ich beantworte gerade in aller Höflichkeit die Frage Ihres Kollegen. - Ich habe gesagt, die rotrote Landesregierung verfolgt einen rein quantitativen Ausbau von Erzeugerkapazitäten. Herr Kollege Jürgens, Sie wissen oder Sie wissen es vielleicht nicht -, dass die Energie, die Sie in das Netz einspeisen, auch für den Fall vergütet wird, dass sie nicht genutzt werden kann. Sie wird also stets vergütet, und die Umlage dieser Energiepreise erfolgt nicht bundesweit, sondern regional, verteilt auf die einzelnen Netznutzer.

(Domres [DIE LINKE]: Das müssen wir ändern!)

Deshalb ist meine Antwort, Herr Kollege Jürgens: Es bedarf dringend eines Koordinatensystems. Ihre Frage zeigt mir, wie wichtig und groß die Überzeugungsarbeit ist, die wir hier noch leisten müssen,

(Beifall CDU und FDP - Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

um Ihnen zu erklären, dass es in Brandenburg dringend eines Koordinatensystems und eines Kompasses bedarf, damit selbst der Kollege Jürgens in Zukunft weiß, welche Verantwortung er in der Koalition in Brandenburg trägt. - In diesem Sinne herzlichen Dank.

(Starker Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bretz. - Herr Minister Christoffers hat zusätzliche Redezeit von zwei Minuten und 25 Sekunden erarbeitet. Gibt es eine Fraktion, die trotz der

bevorstehenden abendlichen Unternehmungen darauf zurückgreifen möchte? - Das sehe ich nicht.

(Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Wir sind noch beein- druckt von Herrn Bretz!)

Wir sind am Ende der Aussprache angelangt und ich beende sie. Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 32 ist damit zur Kenntnis genommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Flächenverbrauch und Bodenschutz in Brandenburg

Große Anfrage 36 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/8594

Antwort der Landesregierung

Drucksache 5/9136

Ferner liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/9194 Neudruck - vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Jungclaus, bitte.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Verehrte Gäste! Zunächst einmal auch hier vielen Dank an die Landesregierung für die Beantwortung unserer Großen Anfrage, auch wenn uns der Umfang der Antworten schon ein wenig enttäuscht hat, anders als bei der Beantwortung der energiepolitischen Anfrage, insbesondere nachdem der Sprecher des Agrarministeriums die Antwort in der Presse als ein Highlight des heutigen Plenums ankündigte und vom Umfang einer Doktorarbeit sprach. Ich kann nur hoffen, dass hier im Saal niemand auf diese Art und Weise zu einem Doktortitel gekommen ist. Man weiß, wie so etwas endet.

(Heiterkeit und Beifall B90/GRÜNE)

Keine Daten, keine Ziele, kein Interesse, so könnte das Resümee auf die Antwort der Landesregierung lauten. Einige wenige Antworten geben einen einigermaßen guten Überblick - wir wollen ja nicht alles schlechtreden. Etliche Fragen wurden aber schlichtweg nicht ordentlich beantwortet. Auch was die mangelnde abteilungs- und ministeriumsübergreifende Zusammenarbeit angeht, lässt die Antwort auf die Große Anfrage tief blicken.

Ich komme nun zu den Inhalten; denn es gibt genug Gründe, sich intensiv mit dieser Thematik zu befassen.

Acht Fußballfelder, so viel Fläche wird täglich in Brandenburg für Siedlungs- und Verkehrsflächen neu in Anspruch genom

men, wenn man den Durchschnittswert in den letzten fünf Jahren betrachtet.

Ich möchte an dieser Stelle aber noch hervorheben, dass die Flächeninanspruchnahme nicht mit der Flächenversiegelung gleichzusetzen ist. Glücklicherweise wird ja nicht alles gleich unter dem Asphalt begraben. Dennoch geht die Flächeninanspruchnahme für Verkehrs- und Siedlungsprojekte zulasten anderer Nutzungen. Ich erinnere an die meiner Empfindung nach recht unseriöse Flächenfraßkampagne des Landesbauernverbandes vor zwei Jahren, der meinte festzustellen, ausgerechnet Ausgleichsmaßnahmen wären schuld am Flächenverbrauch.

Vor allem angesichts sinkender Bevölkerungszahlen sind acht Fußballfelder am Tag zu viel und Anlass genug, sich über weitere Maßnahmen zur Reduzierung Gedanken zu machen. Die Zahlen der letzten zwei, drei Jahre zeigen zwar einen sinkenden Trend. Vom Ziel der Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung, den Flächenverbrauch bis zum Jahr 2020 bundesweit von 80 auf 30 Hektar pro Tag zu reduzieren - in Brandenburg entspricht das ungefähr 1,3 Hektar am Tag -, sind wir aber noch ein erhebliches Stück entfernt.

Es ist daher beachtenswert, dass die Landesregierung keine landeseigenen Ziele definiert. Sie finden weder in der erst kürzlich verabschiedeten landeseigenen Nachhaltigkeitsstrategie ein konkretes Ziel - das Wort „Flächenverbrauch“ kommt darin genau einmal vor -, noch wurde die Antwort auf unsere Große Anfrage dazu genutzt, dies nachzuholen.

Wenn die Landesregierung dann auch noch schreibt, die Begrenzung auf 85 Neubauprojekte im Bundesverkehrswegeplan sei ein Beitrag zum schonenden Umgang mit der Ressource Boden, dann ist anscheinend zumindest im Verkehrsministerium Hopfen und Malz verloren.

Über die Braunkohle als Flächenvernichter werden wir heute noch unter Tagesordnungspunkt 8 diskutieren.

Mit unserem Entschließungsantrag fordern wir die Landesregierung auf, sich den Zielwert für den Flächenverbrauch im Jahr 2020 von 1,3 Hektar pro Tag zu eigen zu machen. Meiner Auffassung nach sollte langfristig bei einem fortdauernden Bevölkerungsrückgang in Brandenburg aber auch ein Nettonullverbrauch möglich sein.

Böden sind ein wertvolles und seltenes Gut. Bodenneubildung ist ein extrem langsamer Prozess. In der Funktion des Bodens als Lebensraum, als Nahrungs- und Wirtschaftsgrundlage sowie als Filter- und Pufferelement sollte es in unser aller Interesse sein, schonend mit dieser wichtigen Ressource umzugehen.

Uns ist bewusst, dass die kommunalen Planungsträger ganz entscheidende Akteure bei der Reduzierung des Flächenverbrauchs sind. Deshalb fordern wir, das Landesziel von 1,3 Hektar auf Landkreise und kreisfreie Städte, auf die kommunale Ebene herunterzubrechen und gemeinsam Maßnahmen und Strategien zu entwickeln.

Andere Bundesländer haben sich schon weitaus intensivere Gedanken gemacht. In Nordrhein-Westfalen, sicherlich mit einer etwas anderen Ausgangsbedingung, wurde bereits im Jahr 2006 von der Landesregierung die sogenannte Allianz für die Fläche gegründet. Dort wurde ein intensiver Dialog mit

relevanten Akteuren über die Reduzierung des Flächenverbrauchs angestrebt. Städte und Gemeinden werden dort unterstützt, ein kommunales Flächenmanagementsystem auf die Beine zu stellen. Es werden Kosten-Nutzen-Modelle zur Verfügung gestellt und zahlreiche Workshops und Veranstaltungen angeboten.

Auch in Niedersachsen wurde von der Landesregierung ein Arbeitskreis Flächenverbrauch und Bodenschutz gegründet. Durch diesen wurden Daten und Fakten zusammengetragen und Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Ein 40-seitiger Abschlussbericht mit verschiedenen Maßnahmenvorschlägen liegt vor. Auf all diese Erfahrungen sollte und kann Brandenburg aufbauen. Damit leite ich zum Thema Daten und Fakten über.

Wie die Antwort auf unsere Große Anfrage zeigt, klaffen noch etliche große Lücken. Brandenburg verfügt über keinerlei Statistiken, welche die Landnutzungsänderungen erfassen. Durch welche Nutzung beispielsweise landwirtschaftliche Flächen verloren gehen, ist schlichtweg nicht bekannt. Es lässt sich zwar vermuten, dass die Siedlungs- und Verkehrsflächen einen maßgeblichen Anteil daran haben, genaue Aussagen sind nach Angaben der Landesregierung jedoch nicht möglich. Genauso wenig ist es der Landesregierung möglich zu sagen, in welchem Umfang Böden im Land versiegelt werden oder in welchem Umfang Entsiedlungspotenziale existieren. Die gibt es durchaus.

Wir fordern Sie mit unserem Entschließungsantrag auf, diese Datenlücke zu schließen. Nur mit einer guten Datengrundlage lässt sich vernünftig planen. Eine Forderung, die sich daran anschließt, ist die Erfassung der Baulücken und Brachflächen in einem entsprechenden Kataster durch die Kommunen. Das sollte flächendeckend stattfinden und dazu beitragen, der Innenentwicklung Schub zu verleihen und Baumaßnahmen auf der grünen Wiese weitgehend zu minimieren.

Wenn es um konkrete Maßnahmen geht, dann lohnt auch ein Blick in die Veröffentlichungen des Umweltbundesamtes. In unserer Großen Anfrage haben wir mehrere Maßnahmenvorschläge aufgegriffen und die Landesregierung um ihre Bewertung gebeten. Doch auch hier Fehlanzeige.

An einer Stelle wird darauf verwiesen, dass die vorhandenen Instrumente ausreichen, an anderer Stelle werden keine Möglichkeiten gesehen, neue Instrumente einzuführen. Wie die Landesregierung zu diesem Urteil kommt, wird nicht begründet.

Da wir uns mit derartigen Pauschalantworten nicht zufrieden geben, fordern wir Sie mit unserem Entschließungsantrag auf, uns die Vor- und Nachteile der Maßnahmenvorschläge detailliert und mit der entsprechenden Begründung darzulegen.

Zum zweiten Teil der Großen Anfrage. Wir haben zunächst den Umfang der Bodenuntersuchungen im Land abgefragt. Dabei kam heraus, dass Brandenburg über 32 - an anderer Stelle wird die Zahl 33 genannt; soviel zum Thema Doktorarbeit - Bodendauerbeobachtungsflächen in landwirtschaftlich genutzten Bereichen verfügt, auf denen physikalische, chemische und biologische Parameter regelmäßig untersucht werden. Bezogen auf die Dichte des Flächennetzes gibt es nur noch wenige Bundesländer, die noch schlechter als Brandenburg ausgestattet sind.