Protocol of the Session on May 15, 2014

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Es gibt die Anmeldung einer Kurzintervention. Herr Abgeordneter Wichmann hat dazu Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich auch zu Wort gemeldet. Der Petitionsausschuss hatte schon am Anfang der Diskussion, als der Landtag fertiggestellt wurde, eine Petition mit 1 284 Unterzeichnern auf den Tisch bekommen, die den roten Adler für unseren Plenarsaal eingefordert haben. Eine der Unterzeichnerinnen dieser Petition ist Frau Margitta Mächtig, die Fraktionsvorsitzende der Linken. Sie hat heute wahrscheinlich bewusst nicht zu diesem Thema gesprochen.

Lieber Thomas Domres, bei aller Wertschätzung, eines müssen wir feststellen, nicht nur in dieser Debatte, sondern auch an vielen anderen Stellen: Die Linken in Brandenburg - und ich denke in ganz Deutschland - tun sich schwer mit nationalen Symbolen. Sie tun sich schwer, unsere Nationalhymne zu singen.

(Beifall CDU)

Das haben wir bei gemeinsamen Veranstaltungen und Festakten oft genug erlebt. Sie tun sich auch schwer mit unserem Landeswappen. Das sollen die Bürgerinnen und Bürger im Land auch wissen. Dieses Signal geht von der heutigen Debatte in das Land hinaus.

Lieber Klaus Ness, auch die SPD tut sich offenbar schwer; zumindest hat sie es nicht geschafft, sich durchzusetzen. Ich weiß von vielen aus Ihrer Fraktion, dass sie insgeheim für den roten Adler waren. Auch der Präsident Gunter Fritsch, Mike Bischoff und Sie, Herr Ness, haben den roten Adler in Ihren Büros hängen. Sie wollten ihn eigentlich, aber Sie konnten sich aus Koalitionsdisziplin nicht gegen die Linken durchsetzen. Ich weiß nicht warum, es ist mir auch ziemlich egal. Ich kann Ihnen nur sagen, dass die Menschen im Land den roten Adler wollen. Wir haben die Menschen befragt, ca. 80 % der Befragten möchten den roten Adler hier im Plenarsaal sehen.

Was sie nicht sehen wollen, ist ein fauler Kompromiss; denn es kann beim Landeswappen - ich finde, das hat die Kollegin Blechinger in ihrer Rede wunderbar deutlich gemacht - keine Kompromisse geben. Es gibt den Artikel 4 in unserer Landesverfassung. So ist der Adler als Landeswappen bestimmt, so hat er auszusehen und so hat er hier in diesem Saal zu hängen. Wenn nicht jetzt, dann hoffentlich später. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort.

(Zurufe: Nein, nein!)

- Ach so. Natürlich hat zunächst Herr Abgeordneter Domres die Möglichkeit, auf die Kurzintervention zu reagieren.

Danke, Frau Präsidentin. - Lieber Henryk Wichmann, ich glaube, den Umgang mit Petitionen muss man mir nicht erläutern. Ich habe jahrelang den Petitionsausschuss geleitet und dort meine Akzente gesetzt.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Von daher weiß ich schon, dass es Argumente sowohl für die eine als auch für die andere Seite gibt. Über die Frage, wer wofür welche Mehrheiten hat, kann man immer trefflich streiten.

Der Beitrag von Herrn Wichmann von soeben hat eines wieder gezeigt: Wir müssen im Hauptausschuss oder im Präsidium dringend über die Frage der Kurzintervention reden.

(Beifall DIE LINKE und der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Das war ein Missbrauch dieses Instruments, Herr Wichmann. Sie haben sich nicht auf meine Rede bezogen.

(Wichmann [CDU]: Natürlich!)

- Nein. - Wir werden darüber im Präsidium reden müssen, spätestens dann, wenn es um eine neue Geschäftsordnung geht.

(Senftleben [CDU]: Sie legen nun nicht fest, was Miss- brauch ist und was nicht, Herr Kollege!)

Wir sind große Freunde der Kurzintervention. Aber dieses Instrument darf nicht missbräuchlich verwendet werden.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion der CDU fort. Frau Abgeordnete Heinrich hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde so viel über Größe, Authentizität, Identitätsstiftung gesprochen. Und doch ist Ihr Handeln heute ein ganz anderes. Ich möchte Sie einfach nur fragen: Was spricht dagegen, dass im Plenarsaal Brandenburgs das offizielle Landeswappen Brandenburgs hängt?

(Beifall CDU und FDP)

Ich halte heute keine lange Rede, sondern möchte nur eine Bitte äußern. Ich bitte Sie ausdrücklich, diese pseudokünstlerische Diskussion zu beenden

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE und der Frak- tion B90/GRÜNE)

und unserem Landeswappen seinen angemessenen Stammplatz zu geben. - Danke schön.

(Lebhafter Beifall CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Heinrich. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegin Anja Heinrich, ich schätze Sie ausgesprochen - das wissen Sie -, werde mich aber Ihrem Aufruf widersetzen und mit der „pseudokünstlerischen“ Debatte fortfahren.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Der Kunst- und Architekturkritiker Hanno Rauterberg hat einmal in einem „Zeit“-Artikel geschrieben, der Trend, alte Gebäude wieder aufzubauen, sei begründet in unserem Mangel an Visionen, an Utopien. Noch vor 50, 60 Jahren konnten wir in

die Zukunft blicken in dem Glauben, da werde alles schöner und besser als in der Gegenwart. Heute fehlen uns die Visionen und wir orientieren uns am Gestern. Die Zukunft, die Moderne und auch die Gegenwart haben ihre Strahlkraft verloren, wir schauen in die Vergangenheit. Aber indem wir auf Eigenes verzichten, die Vergangenheit reproduzieren, machen wir sie uns gleichsam auch untertan.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Wenn heute, am Ende dieser Debatte, das Ende des weißen Adlers beschlossen wird, dann haben wir zum zweiten Mal auf die Moderne verzichtet:

(Beifall B90/GRÜNE und DIE LINKE)

zuerst mit dem Beschluss, das Gebäude in der historischen Hülle zu errichten, und dann mit dem Adler. Prof. Kulka hat sich mit seinem Konzept den Wünschen nach einer historischen Fassade angepasst, aber er ist bei dem Übergang von außen nach innen bewusst und bewundernswert geradlinig vorgegangen. Nach dem Übergang über das Knobelsdorffsche Treppenhaus, in dem sich Alt und Neu verbinden, eine Symbiose schaffen, ist die Innengestaltung klar und schlicht, weiß und modern. Das wenige Rot findet sich in den Sitzmöbeln, ausschließlich in geometrischen Formen, replizierbar und ohne eigene Aussagekraft.

Dieses Gesamtkonzept hat den Plenarsaal als Kernstück, auch weiß, schlicht, klar. Die Aufmerksamkeit - so hat es Prof. Kulka gewollt - soll sich auf die Menschen richten, die dort drin agieren. Der weiße Adler, ohne Schild, befreit von den heraldischen Zutaten, angebracht genau im Zentrum der Macht, in diesem Raum - und trotzdem nimmt er sich zurück. Er ist in seiner Form unmissverständlich das Wappentier. Aber er ordnet sich in der Farbe dem Gesamtkonzept unter. Er tritt zurück hinter die Menschen. Und doch ist er präsent genug, die Formen dieser Wand zu durchbrechen.

(Lachen bei der CDU)

Frau Blechinger, Ihr Verweis auf die Verfassung in allen Ehren, aber dort oben haben wir die Fahne mit dem Landeswappen, wie es in der Verfassung steht.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt DIE LINKE)

Kein Mensch hat bestritten, dass es das Wappen Brandenburgs ist. Aber es steht mitnichten in der Verfassung, dass es hier dreimal angebracht sein muss,

(Lebhafter Beifall B90/GRÜNE und DIE LINKE)

nämlich einmal an der Fahnenstange, dann dort oben und dann noch ein drittes Mal. Das ist nicht mit der Verfassung zu begründen. Der weiße Adler, wie er hier hängt, ist das Tüpfelchen auf dem i des Gesamtkunstwerkes, des Gesamtkonzeptes von Kulka. Er ist Schlusspunkt und Klammer, das Kunstwerk, in dem die Gesamtgestaltung ein Ende findet. Ihn zu entfernen nimmt dem Ganzen die Spannung. Auch seinetwegen - auch seinetwegen; es gibt nämlich mehr als die hier genannten zwei Gruppen - ist diesem Bau so viel Lob zuteil geworden. Auch seinetwegen haben Künstler und Architekten weit über die Landesgrenzen hinaus ihren Zuspruch zu diesem Gebäude bekundet. Das hat auch mit dem weißen Adler zu tun.

(Beifall B90/GRÜNE, DIE LINKE und vereinzelt SPD)

All das wollen Sie aufgeben, auch Sie als Linke, die Sie einstimmig beschlossen haben, den weißen Adler hier zu unterstützen? Jetzt wollen Sie das nicht mehr?

Ich kann Herrn Kulka gut verstehen, der immer wieder gesagt hat, er habe in seinem gut 70-jährigen Leben in Ost und in West oft genug erlebt - zu oft -, wie heraldische Embleme missbraucht wurden. Deshalb wollte er den weißen Adler - so, wie er ist: kraftvoll und unverkennbar, aber doch zurückgenommen. Ich hätte Herrn Kulka wirklich einen anderen Umgang mit seinem Werk gewünscht.

(Beifall B90/GRÜNE und vereinzelt bei der Fraktion DIE LINKE sowie der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Nicht nur, dass ihm vorgeworfen wurde, sich um die Kommunikation zu drücken; nein, diese Art und Weise, in das Gesamtkonzept einzugreifen, wird dem, was er für uns geleistet hat, in keiner Weise gerecht. Man kann der Meinung sein, es gebe hier wichtigere Debatten als die Adler-Debatte. Das ist auch nicht falsch. Dennoch sollte der Wert der Symbole, mit denen wir uns umgeben, nicht unterschätzt werden. Das gilt auch für den weißen Adler.

Peter Tiede schrieb zu der Adler-Debatte und unter Bezugnahme auf die „Fette Henne“ - grau auf Glas, stilisiert im Deutschen Bundestag -: