Ich kenne den Zustand der Kirchen, insbesondere auch den unschätzbar wertvollen Orgelbestand in unseren Kirchen, sehr genau, da ich viel in den Kirchen eben selbige Orgeln spiele. Hier gibt es einen erheblichen Nachholbedarf. Ich sehe mit Sorge, dass, je länger die Zeit voranschreitet und weil aufgrund finanzieller Rahmenbedingungen zu wenig passiert, dieser wertvolle Kulturbestand weiter zerstört wird.
Man kann nun argumentieren, dass dies nur die Aufgabe der Kirchen selbst sei und die Politik sich nicht einzumischen und schon gar nicht zu finanzieren habe. Ich schließe mich dieser Argumentation nicht an, da ich glaube, dass die Kirchen vielfach gerade im ländlichen Raum die Träger der kulturellen Veranstaltungen sind und deswegen auch unsere Unterstützung benötigen. Sie tragen damit erheblich zum gesellschaftlichen Bildungsangebot und zur gesellschaftlichen Entwicklung bei.
Die Große Anfrage zeigt auch sehr deutlich, wie schwierig die kirchenmusikalische Arbeit ist. Das möchte ich noch sagen, weil es mir natürlich auch ein Herzensanliegen ist: Sechs AKirchenmusikerstellen und 66 B-Stellen hört sich für ein Land wie Brandenburg zwar erstmal viel an. Wir haben aber einen erheblichen Bedarf an gut ausgebildeten Kirchenmusikern. Die Tatsache, dass wir nur 11 C-Stellen haben, also einen kirchenmusikalischen Schein, der eigentlich viel häufiger vorhanden
sein müsste, und 500 Personen neben- und ehrenamtlich als Kirchenmusiker arbeiten, zeigt, wie der Weiterbildungsbedarf im kirchenmusikalischen Bereich ist.
Vielen Dank noch einmal für diese Große Anfrage, denn sie liefert uns eine gute Grundlage für die weitere Zusammenarbeit mit den Kirchen und Religionsgemeinschaften in unserem Land. Und auch noch einmal herzlichen Dank für die Arbeit der vielen Ehrenamtlichen in unserem Land, die sich in ganz vielen unterschiedlichen kirchlichen Bereichen engagieren. Bei allen Unterschieden auch zwischen uns Liberalen und den Kirchen - ich will an die Frage der Sonntagsöffnungszeiten von Geschäften erinnern - sind wir den Kirchen und ihren engagierten Mitarbeitern dankbar für die vielfältigen Aufgaben, die sie übernehmen, um diese Gesellschaft besser und lebenswerter zu machen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die CDU hat eine Große Anfrage zum gesellschaftlichen Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Brandenburg eingebracht. Ich denke, dass niemand hier im Saal diesen Beitrag bestreitet. Es ist gut, dass wir heute über diesen Beitrag reden. Ich will dabei neben den evangelischen und katholischen Kirchen auch auf die vielen anderen Religionsgemeinschaften, ob jüdisch, islamisch, buddhistisch, russisch-orthodox oder hinduistisch, hinweisen.
Die Landesverfassung sagt, dass es keine Staatskirche gibt, dass sie ihre Angelegenheiten selbstständig ordnen und verwalten und dass der Staat in Bekenntnisfragen neutral zu sein hat. Diese Garantie der Glaubens- und Religionsfreiheit ist wichtig und richtig. Die Linke ist der festen Überzeugung, dass niemand, der sich bekennt, Nachteile erfahren darf. Aber gleichzeitig darf eben auch niemand Nachteile erfahren, weil er oder sie sich nicht bekennt. Beides gehört bei Glaubensfreiheit zusammen.
Die Antwort ist Beleg dafür, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften wichtige Funktionen in vielen gesellschaftlichen Bereichen einnehmen. Sie sind nicht nur Ansprechpartner in Glaubensfragen. Sie sind Arbeitgeber, Seelsorger, Teil der kulturellen und lokalen Identität, sie machen bildungs-, kultur-, touristische und soziale Angebote. Und Kirchen vollbringen an vielen Stellen eine große Integrationsleistung für Zugewanderte. Kirchen sind Orte der kulturellen Bildung und des sozialen Lernens. Das hat besonders im ländlichen Raum Bedeutung. Viele Kirchen öffnen ihre Pforten für künstlerische und kulturelle Projekte und stärken oft bürgerschaftliches Engagement. In manchen Orten sind die Kirchen die letzten öffentlichen Räume und so auch Kristallisationspunkt der Dorfgemeinschaft.
Neben der enorm wichtigen Arbeit im sozialen und Wohlfahrtsbereich mit unzähligen Beratungsstellen und Hilfen ist aber eines noch sehr wichtig: Die Kirchen und Religionsge
meinschaften stehen immer mit an erster Stelle, wenn es um Aktivitäten für Toleranz und gegen Rechts geht.
Sie sind unsere Partner gegen Rassismus und Antisemitismus, und sie sind unsere Partner bei Aktionen gegen Krieg und Gewalt. Dieses Engagement möchte ich ganz besonders hervorheben und auch Danke sagen.
Bei all diesen Leistungen darf man allerdings nicht vergessen, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften in Deutschland und auch hier in Brandenburg erheblich mit staatlichen Geldern unterstützt werden. Damit meine ich nicht nur die jährlichen Zahlungen von über 11 Millionen Euro des Landes, sondern zum Beispiel auch die weit über 40 Millionen Euro Landesgeld, die in den letzten Jahren für die Sanierung von Kirchengebäuden aufgewandt wurden. Die Verbindung von Staat und Kirchen besteht auch an anderer Stelle. Ich nenne hier nur als Stichworte die Kirchensteuer oder die staatliche Ausbildung von Imamen, Priestern und Rabbinern.
Es ist hier die falsche Stelle. Aber die Linke würde sich hier in Zukunft durchaus eine Debatte wünschen, wie wir das Verhältnis von Kirchen und Religionsgemeinschaften einerseits und dem Staat andererseits gestalten wollen. Der gesellschaftliche Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschaften in Brandenburg ist groß und auch in unserem Land nicht wegzudenken. Meine Fraktion schätzt diesen Beitrag sehr hoch.
Dennoch, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, habe ich einen Punkt vermisst: Ich habe eingangs die Landesverfassung zitiert. Dort heißt es eben auch, dass Weltanschauungsgemeinschaften den Kirchen gleichgestellt sind. Insofern hätte ich mir gewünscht, dass auch der gesellschaftliche Beitrag der Weltanschauungsgemeinschaften thematisiert und gewürdigt worden wäre. Die Landesverfassung schützt und stärkt die Kirchen und Religionsgemeinschaften. Das ist zu Recht unser Anliegen, genauso wie wir auch die Weltanschauungsgemeinschaften schützen und stärken sollten. Ich danke der CDU dennoch für die Große Anfrage und der Landesregierung für die Antwort. - Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Dr. Köppen und sehr geehrter Herr Martin Vogel, die Sie da oben als Vertreter der Kirche sitzen! Herzlich willkommen! Sehr geehrte weitere Gäste! Laut Kant 1748 - ist die Aufklärung:
„ … der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines an
deren zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. ‚Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“
Mit der Aufklärung erhob der Mensch den Anspruch, seine Lebensbedingungen selbst zu gestalten. Auch der Staat gründet dann logischerweise nicht mehr auf der göttlichen Anordnung. Folglich fällt der Kirche als Verkünderin des Willens Gottes auch nicht mehr die Rolle zu, dem Staat Zweck und Ziele zu verordnen. In der Aufklärung konnte der Laizismus entstehen, die Forderung nach der Trennung von Staat und Kirche.
Diese Trennung schützt den Staat vor dem Zugriff der Kirchen, sie schützt aber auch die Kirchen vor staatlicher Beeinflussung. Sie kann, wie das im laizistischen Vorzeigeland Frankreich gut zu sehen ist, durchaus einen Rahmen schaffen, innerhalb dessen die Kirchen große gesellschaftliche Wirkung entfalten können. Das Wichtigste an der Trennung von Kirche und Staat ist aber, dass es von ihrem Ausmaß abhängt, inwieweit es möglich ist, in einem Staat mit vielen und vielleicht streitigen Religionen ein Klima gegenseitiger Toleranz und Achtung zu schaffen. Das ist eine der größten zivilisatorischen Errungenschaften in Europa, wenn sich die laizistischen Staaten heute auch mitnichten in Europa bündeln. Deutschland gehört bekanntlicherweise nicht dazu.
Trotzdem diskutieren wir hier in Deutschland - oder vielleicht gerade deshalb - aufgrund von Zuwanderung und Kirchenaustritten und des ständig größer werdenden Einflusses anderer Kirchen als der christlichen Kirche immer öfter über das Verhältnis von Staat und Kirche und führen diesbezüglich sehr wichtige Diskussionen. Zugespitzt nenne ich die Kopftuchdebatte, wenn sie auch für Brandenburg eher theoretisch als praktisch relevant ist. Trotzdem, auch wir im Landtag - Sie werden sich erinnern haben schon über Kreuze diskutiert. Wir diskutieren auch über die Frage, ob theologische Ausbildungen - welcher Glaubensrichtung auch immer - überhaupt grundsätzlich einen Platz an den deutschen Universitäten haben sollten oder nicht.
Diese Grundsatzdebatten sind der Nährboden für die Inhalte der vorliegenden Großen Anfrage. Ob Bildungsfragen, Schule und Kita, kulturelle Angebote, denkmalgeschützte Gebäude, soziale oder wohlfahrtstätige Leistungen - immer berühren wir hier Bereiche, bei denen wir uns fragen müssen, inwieweit die Kirche Aufgaben übernimmt, die man auch als staatliche ansehen mag. Welche Vor- oder Nachteile diese gewählte Verteilung auch immer hat, oft kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, diese Aufteilung finde mehr oder weniger zufallsbasiert statt - aufgrund kleinteiliger und manchmal auch kurzsichtiger Haushaltsdebatten ohne Struktur und Strategie.
Nehmen wir Kita und Schule: Die Zahl der Kinder in kirchlichen Kitas ist von 2006 bis 2013 um gut 60 % gestiegen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Schulen in kirchlicher Trägerschaft ist in einem etwas kürzeren Zeitraum um über 40 % gestiegen. Ich sage ganz deutlich, dass wir uns in diesem Land glücklich schätzen können, dass die Kirchen dieses Engagement aufbringen, und - das sage ich an dieser Stelle als Bildungspolitikerin - das soziale Engagement der Kirchen in diesem Umfeld kann gar nicht überbewertet werden.
Es kann auch nicht oft genug gesagt werden, dass der soziale Anspruch, den die kirchlichen Bildungsträger hier an den Tag legen, diametral das oft zu hörende Vorurteil widerlegt, Schulen in nichtkirchlicher Trägerschaft seien nur etwas für Besserverdienende.
Das hören wir ja leider immer wieder, und wenn man einmal betrachtet, wie Kirche Schulen betreibt, dann sehen wir: Genau das Gegenteil ist der Fall.
Wir kritisieren deshalb - unvermindert wie am ersten Tag - immer wieder die Kürzungen bei den freien Schulen, die das Land vorgenommen hat, um die politische Botschaft der Knebelung auszusenden und die staatlichen Schulen aufzuwerten. Das war falsch, kurzsichtig und unsozial.
Wenn das Land die eigenen Schulen hätte aufwerten wollen, hätte es lieber seine eigenen Schulen besser ausstatten sollen.
Was passiert im kulturellen Bereich? Wenn ich lese, in vielen Orten sei die Kirche der letzte verbliebene kulturelle Träger, ärgere ich mich auch hier über das Unvermögen des Landes, Verbundenheit im Sinne kultureller Heimat zu ermöglichen. Das bedeutet, wir müssen uns …
Sehr geehrte Abgeordnete, Sie haben Ihre Redezeit schon um eine Minute überschritten. Ich bitte Sie, Ihre Rede zu beenden.
Ich möchte, dass wir dieses Verhältnis von Staat und Kirche in all den angesprochenen Bereichen immer wieder neu diskutieren und neu definieren.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. - Frau Ministerin Prof. Dr. Kunst, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage 33 hat die Stellung, Bedeutung und Verankerung der Kir
chen und Religionsgemeinschaften zum Gegenstand. Die Antwort zeigt unter anderem, wie vielfältig das religiöse Leben heute in Brandenburg ist. Religion, meine Damen und Herren, beschränkt sich aber nicht darauf, als Individuum etwas zu glauben, sondern sie hat Auswirkungen in die Gesellschaft auf das Miteinander der Menschen, ganz allgemein auf unsere Menschlichkeit.
Brandenburg ist ein weltoffenes und pluralistisches Land, in dem jeder nach seiner Fasson selig werden kann. Die Verfassung unseres Landes garantiert die Freiheit des Glaubens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses und gewährleistet dessen ungestörte Ausübung. Kirche und Religion sind in der Gesellschaft verankert, sie sind auch Teil des kulturellen Erbes - ebenso wie des aktuellen kulturellen Lebens. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn sich - auch konfessionslose - Bürger für den Erhalt ihrer Dorfkirche einsetzen oder wenn sie Orgelkonzerte, Ausstellungen und Lesungen in Kirchen besuchen und auch gestalten. Ebenso beteiligen sich Atheisten an Diskussionsrunden zu ethischen Themen in kirchlichen Arbeitskreisen.
Zahlen und Fakten, die in der Antwort der Landesregierung zusammengetragen wurden, zeigen die Präsenz und auch das gesellschaftliche Wirken der Kirchen und Religionsgemeinschaften sehr deutlich. Dabei wird evident, dass die Kirchen und Religionsgemeinschaften auch unter veränderten Verhältnissen weiterhin eine wichtige gesellschaftliche Kraft in Brandenburg darstellen und auch zukünftig bedeutsam bleiben werden.
Zeugnisse religiöser Tradition sind für viele Menschen auch Heimat. So wie die Kirche im Dorf weithin sichtbar den Heimatort anzeigt, kann Religion in geistiger und vielfältiger sozialer Hinsicht ein Anker sein, der Menschen eine Mitte schenkt. Nicht selten übernehmen hier viele Menschen für die Kirchen ehrenamtliche Aufgaben, und das auch in die Gesellschaft hineinwirkend, aufgrund ihrer jeweiligen religiösen Motivation.
Die Werte des menschlichen solidarischen Miteinanders und der gegenseitigen Fürsorge, ohne die eine freiheitliche Demokratie nicht existieren kann, erhalten in Kirchen und Religionsgemeinschaften einen religiösen Sinn und auch Überbau. Menschen werden zu einer bejahenden Mitgestaltung ihres Lebensumfelds und zum Engagement für die Gesellschaft ermutigt. Die Landesregierung ihrerseits schafft im Rahmen der politischen und rechtlichen Möglichkeiten angemessene Bedingungen für das Wirken von Kirchen und Religionsgemeinschaften. Durch die Verträge mit der evangelischen Kirche, dem heiligen Stuhl und dem jüdischen Landesverband hat das Land seine Rechtsverhältnisse zu einigen der wichtigsten Religionsgemeinschaften im Land geregelt.