Der Antrag „Ehrenamtliche Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern“ wurde also im September 2013 nach der Debatte im Plenum von allen Fraktionen in den Arbeits- und Sozialausschuss überwiesen. Meine Damen und Herren, leider haben Sie im November 2013 den Nachtragshaushalt ohne die Bewilligung zusätzlicher Mittel für die Betreuungsvereine verabschiedet. Das wäre die Gelegenheit gewesen, tatsächlich einmal kurzfristig auf die Situation, die inzwischen allen bekannt war, zu reagieren. Aber Sie wollten es einfach nicht.
In einer von uns beantragten und tatsächlich breit angelegten Anhörung zum Thema rechtliche Betreuung am 15. Januar dieses Jahres wurde von den Anzuhörenden übereinstimmend das betone ich - noch einmal der dringende Handlungsbedarf dargelegt und bestätigt sowie ein Gesamtkonzept begrüßt. Nach der Anhörung wurde uns mitgeteilt, dass es noch vor Ende dieser Wahlperiode ein Gesamtkonzept geben soll.
Das kann man im Ausschussprotokoll nachlesen, aber ich zitiere auch gern aus dem Antrag zu TOP 7 der 59. Sitzung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen. Darin heißt es:
„Der Ausschuss nimmt den Bericht des Landesrechnungshofs über rechtliche Betreuung in Brandenburg zur Kenntnis und begrüßt ausdrücklich, dass die Landesregierung in der Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie am 15.01. …“
„… angekündigt hat, ein Gesamtkonzept noch in dieser Legislatur vorzulegen. Dabei soll nach Auffassung des Ausschusses möglichst eine Bündelung der Organisationsund Kostenzuständigkeit erreicht werden.“
Dem Ausschuss für Haushaltskontrolle wurde ein Beschlussentwurf zugeleitet, in dem übrigens auch Frau Mächtig - das kann man gern alles nachlesen - noch einmal den dringenden Handlungsbedarf mit eingefordert hat.
Von daher: Sie hätten - in so großer Übereinstimmung mit dem, was wir jetzt gesagt haben - wirklich die Möglichkeit gehabt, ein gesamtes Handlungskonzept zu erstellen. Die Erkenntnisse liegen auf dem Tisch, und auch Ihr Wollen war zu diesem Zeitpunkt wohl vorhanden.
Das letzte Kapitel in der Geschichte zu unserem Antrag ist, dass wir seit letzter Woche alle wissen, dass es nun in dieser Wahlperiode kein Gesamtkonzept mehr geben soll. Warum, hat sich uns nicht erschlossen. Ich habe eigentlich heute darauf ge
wartet, dass Kollegin Lehmann hier wieder mit der Komplexität des Themas aufwartet. Damit hatte sie als große Begründung für ein Konzept, auf das wir jetzt noch warten müssen ich weiß nicht worauf, weil der Handlungsrahmen auf dem Tisch liegt - aufgewartet. Ich hatte auch im Sozialausschuss angeboten - das sage ich hier noch einmal ganz deutlich -, unseren Antrag, den Antrag, den Sie jetzt ablehnen wollen, zum Bestandteil der Diskussion um ein Gesamtkonzept zu machen. Wir hätten dann heute die Diskussion gar nicht zu führen brauchen.
Aber Sie waren der Auffassung: Nein, wir lehnen den Antrag einfach gleich ab. - Ich halte das für grundsätzlich falsch,
es ist nicht nachvollziehbar und kann nur einen Grund haben: Die Opposition darf mit diesem Antrag keinen Erfolg haben. Dieses Vorgehen, meine Damen und Herren - das will ich auch noch einmal klar und deutlich sagen -, ist nicht im Interesse der Menschen, die betreut werden, aber auch nicht der Menschen, die betreuen.
Oh, Entschuldigung. Letzter Satz: Die Kritik, die von vielen Beteiligten, auch seitens des Landesrechnungshofes, hier an der derzeitigen Praxis geübt wurde, hat Sie leider nicht wirklich zum Handeln veranlassen können. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Es ist nicht nachvollziehbar, warum wir nicht noch in dieser Legislatur ein Gesamtkonzept vorlegen können; denn auch das Justizressort hatte ja Zustimmung signalisiert.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schulz-Höpfner. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Mächtig, Sie müssen jetzt die Zeit herausarbeiten, die Frau Schulz-Höpfner zu lange gesprochen hat.
Nein, nein! - Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Gäste! Nein, das ist nicht der Grund, warum wir
Das Problem, das wir haben, ist - Frau Ministerin a. D. Blechinger wird es wissen - das Problem des stetigen Steigens vielleicht hören Sie einfach zu! - der Zahl von Betreuungsfällen und die damit verbundene Kostenexplosion.
- Nein, eben. Deshalb verwies ich ja auf Frau Ministerin a. D. Blechinger. Dieses Problem hatten wir damals schon, schon zu ihren Zeiten. Ich weiß noch, es war mal meine Anfrage: Was können wir eigentlich dagegen tun? Was sind die Hintergründe?
Ob nun der Ausgangspunkt ein Prüfbericht des Landesrechnungshofs oder ein Antrag der CDU ist, ist mir - entschuldigen Sie bitte - völlig egal. Fakt ist: Wir haben ein Problem, das es zu bewältigen gilt. Und dass wir das ernst nehmen, zeigt schon die Tatsache, dass wir uns mit diesem Problem zumindest als Parlament schon seit sechs Monaten beschäftigen. Sie haben gerade deutlich gemacht, Ihre Fraktion beschäftigt das Thema schon länger. Wir haben in drei Ausschüssen beraten und darüber hinaus die Zeit genutzt - ich gehe davon aus, das haben die anderen Fraktionen genauso gemacht -, um sowohl Betreuer als auch Betreute, Vereine, Verbände und den Landesverband der hauptamtlichen Betreuer zu konsultieren, welche Ursachen sie hierfür sehen.
Nun will ich Ihnen sagen, was ich meine - ohne das mit dem Ministerium besprochen zu haben, weil ich eben nicht Mitglied des AASF, sondern des Rechtsausschusses bin -, was der Hauptgrund ist, weswegen die Erstellung des Gesamtkonzepts so schwierig war. Der Hintergrund für die Erhöhung der Zahl der Betreuungen ist doch dreigeteilt, mindestens dreigeteilt. Das ist einmal - wovon wir immer so gern reden -: Wir haben einen demografischen Wandel. Die Leute werden älter. Und mit dem Älterwerden werden sie bedürftiger. Das ist aber nur ein Problem.
Das zweite Problem: Wir haben einen enormen Anstieg an psychischen Erkrankungen, die eine zeitweilige und teilweise Betreuung erforderlich machen.
Und das dritte Problem: Die Auflösung von Familienstrukturen im Land Brandenburg führt dazu, dass sich eine sonst ehrenamtliche - nie so genannte - Betreuung der eigenen Eltern oder Großeltern oder Familienangehörigen auflöst und damit Aufgaben, die in der Vergangenheit tatsächlich zu ganz normalen Familienaufgaben gehörten, heute durch die Gesellschaft - sprich: durch den Staat - übernommen werden sollen.
Dann sehen wir also, dass eines der wichtigsten Probleme, dem sich hier alle stellen wollen, ist: Wir brauchen eine Auseinandersetzung über die Fragen, was Aufgaben der ehrenamtlichen Betreuung sind und was Aufgaben der hauptamtlichen Betreuung sind. Dazu sind eine Menge Vorschläge in der Diskussion.
Gestatten Sie mir, dass ich ganz kurz auf drei - ich sage mal, vier, wenn ich es schaffe - Punkte aufmerksam mache.
Das Erste ist: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir darüber reden müssen - ich glaube, da sind wir uns ziemlich einig -, dass Organisationsstruktur und Finanzen in eine Hand gehören, aus meiner Sicht übrigens in die Hand des MASF; denn es ist keine fiskalische, keine rechtliche Frage, es ist eine soziale Frage, wie wir mit unseren Betreuenden umgehen.
Zweitens: Wir brauchen dringend, und das kann das Land nicht alleine leisten, eine Entbürokratisierung der Zugangsbedingungen für Unterstützungsleistungen, denn hier scheitern viele im Ehrenamt und sagen: Weil ich das ehrenamtlich nicht kann, will ich die Gesamtbetreuung lieber in den hauptamtlichen Bereich legen; denn eine Antragsstellung zum SGB II oder zur Unterstützung rentenrechtlicher oder kassenärztlicher Leistungen ist heute derartig kompliziert, dass es Otto Normalverbraucher nicht mehr leisten kann.
Das Dritte ist: Wir brauchen eine Stärkung der Selbsthilfegruppen und natürlich der Vereine. Die Einstellung der Unterstützung der ehrenamtlichen Vereine zum 01.01.2003 - ich bedauere das außerordentlich, und wir sind uns in der Koalition darüber einig - war ein Irrtum. Wir glaubten, die Vereine seien mittlerweile so gestärkt, dass sie selbstständig in der Lage wären, sich zu rekrutieren. Nein, sind sie nicht. Ich weiß nicht, ob wir diesen Fehler korrigieren können. Fakt ist, wir brauchen dringend und unbedingt einen gemeinsamen Aufgabenkatalog über das, was man unter Umständen auch als Einzelleistungen anbieten kann. Was meine ich damit? Ich bin bereit, meine betreuungsbedürftigen Eltern zu betreuen, kann es aber zum Teil zeitlich oder auch rechtlich nicht einrichten, einige Einzelaufgaben der Betreuung wahrzunehmen. Hierzu brauche ich Hilfe. Es gab dann den Vorschlag …
Frau Kollegin, all das, was Sie jetzt vorgetragen haben, kann man in den Stellungnahmen der beteiligten Ausschüsse, in den Stellungnahmen der Anzuhörenden, im Protokoll über die große Anhörung nachlesen. Das liegt alles auf dem Tisch. Von daher kann ich nicht verstehen - bitte erklären Sie es mir -, warum man dieses Gesamtkonzept dann nicht bis zum Ende der Wahlperiode vorlegen kann, so wie Sie es selbst gefordert hatten. Alles, was Sie jetzt noch einmal dargelegt haben, liegt auf dem Tisch. Was, bitte, ist daran neu?