Herr Schierack, ich möchte Sie daran erinnern: Selbst die Bürgerinitiativen, die sich gegen den Flughafen insgesamt wehren, haben mittlerweile erkannt, dass dieser Alleingang nicht möglich ist. Das haben auch die Anwälte der Gemeinde Blankenfelde-Mahlow festgestellt; sie haben die Landesregierung sogar explizit gewarnt, einen solchen Alleingang einzuschlagen, weil dieser am Ende durch den Bund kassiert würde. NordrheinWestfalen hat das selbst erlebt. Deshalb halte ich diese Forderung nach dem Alleingang auch für einen Versuch, den Menschen Sand in die Augen zu streuen. Das führt nicht zum Erfolg.
Die Landesregierung hat in Dutzenden Gesprächen mit der Flughafengesellschaft, dem Berliner Senat, der Bundesregierung, aber auch mit Airlines und anderen Betroffenen nach Lösungen für mehr Nachtruhe gesucht. Dabei hat die Landesregierung Vorschläge unterbreitet, die jetzt unter anderem in der Fluglärmkommission bei der Deutschen Flugsicherung geprüft werden. Es geht dabei um andere An- und Abflugwinkel, aber auch um eine alternierende Lande- und Startbahnnutzung. Auch diese auf den ersten Blick nur kleinen Erfolge sind sehr, sehr wichtig, denn es sind ganz pragmatische und praktikable Vorschläge, die den Menschen im Umfeld des Flughafens effektiv mehr Nachtruhe bringen, wenn sie denn - hoffentlich umgesetzt werden.
In allen Verhandlungen des Landes wurde aber auch deutlich, dass die anderen Gesellschafter des Flughafens, der Bund und das Land Berlin, schlicht nicht willens sind, dem Kernanliegen des Volksbegehrens entgegenzukommen. Wenn man dies bilanziert und dabei erkennt, dass man in eine Sackgasse gerät, muss man schlicht und ergreifend nach neuen Wegen suchen, und genau das hat die Landesregierung vorgestern getan und auch öffentlich gemacht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach all diesen Gesprächen mit dem Bund und Berlin hat unser Ministerpräsident den anderen beiden Gesellschaftern nun einen fairen und wohlausgewogenen Kompromissvorschlag unterbreitet, der gerade nicht
dazu dient, das Volksbegehren auszuhebeln, sondern der helfen soll, den Bewohnern der Umlandgemeinden eine längere Nachtruhe zu verschaffen. Genau das und nichts anderes ist der Auftrag des Volksbegehrens.
Nun haben Sie, hat die Opposition den Vorschlag von Ministerpräsident Dr. Woidke noch am Montagnachmittag kritisiert. Ich frage mich: Warum eigentlich? Wenn Sie jetzt Kritik daran üben, dass wir dieses Volksbegehren nicht durchsetzen, dann müsste sich Ihre Kritik doch eindeutig an Berlin richten. Dort, beim Land Berlin und beim Bund, ist das Volksbegehren nicht aufgenommen worden. Hier in Brandenburg haben wir alles versucht, um es umzusetzen.
Und bei aller Wertschätzung für das bürgerschaftliche Engagement der Volksinitiative: Wir alle müssen gemeinsam feststellen, es ist uns bisher nicht gelungen, genügend Druck auf die Berliner Landes- und auf die Bundespolitik auszuüben. In Berlin ist das Volksbegehren leider gescheitert, und es ist uns bisher nicht gelungen, diesen Druck aufzumachen. Wir müssen weiter gemeinsam daran arbeiten.
Vor diesem Hintergrund rate ich im Interesse der betroffenen Menschen, das neue Angebot von Ministerpräsident Dr. Woidke genau zu prüfen, bevor Sie es vorschnell und ohne Alternativen verwerfen. Der Vorschlag von Dietmar Woidke ist - erstens ein Vorschlag, der wirtschaftlich Sinn macht, denn vorgeschlagen wird eine zusätzliche Stunde ohne Flugverkehr, und zwar zu einer Zeit, zu der höchstens 1 % des täglich erwarteten Flugverkehrs abgewickelt wird. Die Regelungen würden es Flugzeugen ermöglichen, abends noch nach Berlin hineinzukommen und dort auch gewartet zu werden.
Es ist aber - zweitens - auch ein Vorschlag, der für die Menschen Sinn ergibt, denn effektiv bedeutet er eine absolute Lärmpause von 6,5 Stunden, da die Zeit von 23.30 Uhr bis 00.00 Uhr ohnehin nur für Verspätungen vorgesehen ist.
Nun kann man sagen, all das sei nicht genug. Sicherlich, das ist nicht die Maximalforderung der Volksinitiative. Nur: Mit dieser Maximalforderung sind wir im Bund und in Berlin vor die Wand gelaufen. Die Maximalforderung werden wir bei realistischer Betrachtung nicht erreichen. Nun könnte es sich die Landesregierung einfach machen, über den Vorschlag abstimmen lassen und fertig. Stattdessen legt die Regierung einen Kompromissvorschlag vor. Ja, es ist ein Kompromiss. Aber die Mutter der Demokratie ist nun einmal der Kompromiss.
Deshalb rate ich: Wir sollten alles versuchen, das Bestmögliche für die Menschen im Umfeld des Flughafens herauszuholen.
Ich sage auch: Jeder Kompromiss, jede Minute weniger Fluglärm ist besser als gar keine Lösung. Deshalb sollte, wer es wirklich ernst meint mit mehr Nachtruhe im Umfeld des Flug
hafens, unsere Landesregierung dabei unterstützen, eine Mehrheit für diesen Kompromissvorschlag zu erreichen. Es gibt keinen besseren Vorschlag.
Ich habe auch von Ihnen keinen besseren Vorschlag gehört, Herr Schierack. Ich habe von Ihnen viel heiße Luft gehört, aber keinen konkreten Vorschlag, der am Ende mehr Nachtruhe für die Menschen bringt.
Es gibt auch keinen, der rechtlich besser wäre; keinen, der besser umsetzbar wäre; keinen, der die Chance hätte, eine Mehrheit bei den anderen Eignern zu finden.
Bei der Abstimmung im Februar letzten Jahres haben sich die meisten CDU-Abgeordneten mannhaft enthalten. Was wollen Sie heute? Immer nur auf rechtlich nicht gangbare Wege verweisen? Immer nur kritisieren, dass alles nicht weit genug gehe? Wäre es nicht besser, Sie täten alles dafür, dass wir in Berlin Mehrheiten für den Brandenburger Vorschlag finden?
Herr Prof. Schierack, ganz persönlich: Zeigen Sie doch mal Überzeugungskraft! Beginnen Sie in Ihrem eigenen Landesverband.
Überzeugen Sie doch mal Ihre Potsdamer Parteifreundin Frau Reiche, dass sie sich für mehr Nachtruhe im Flughafenumfeld einsetzt!
Frau Reiche ist als Staatssekretärin im Verkehrsministerium für Lärmschutz und Luftverkehr zuständig. Ich habe noch zwei Sätze von ihr im Ohr:
Ferner sagte sie im Bundestagswahlkampf, da in ihrem Wahlkreis viele Menschen vom Fluglärm betroffen sind:
„Mir geht es darum, für die Bürger etwas zu erreichen, nämlich gute Bildung, innere Sicherheit, Lebensqualität und Lärmschutz.“
Hier nehmen wir sie beim Wort. Nehmen auch Sie sie beim Wort und arbeiten Sie mit uns gemeinsam, damit wir wenigstens diesen Kompromiss hinbekommen!
Der Schlüssel zu mehr Nachtruhe liegt in Berlin. Es kommt also darauf an, dass wir Brandenburger diesen Vorschlag mit aller Entschlossenheit vertreten.
Die Widersacher von mehr Nachtruhe sitzen nicht in diesem Haus - das hoffe ich jedenfalls. Deshalb geht meine Bitte auch an die Kollegen von den Grünen und den Linken: Nutzen Sie Ihren Einfluss im Abgeordnetenhaus und werben Sie auch dort für unseren Kompromissvorschlag!
Ich will ganz klar sagen: Ich erwarte von Berlin, ich erwarte auch von Klaus Wowereit, dass er uns Brandenburgern entgegenkommt.
Ich erwarte von Berlin, dass es Rücksicht auf die Bewohner im Umfeld des BER nimmt. Ich selbst habe in den letzten Wochen und Monaten einige Gespräche mit Vertretern der Berliner Politik zum Thema Nachtflug geführt und dabei ein für mich erschreckendes Maß an Ignoranz gegenüber den Brandenburgern und ihren Sorgen vorgefunden.