Protocol of the Session on June 6, 2013

In den Einzelplänen der Anlage setzt sich der Trend zur blumigen Formulierung fort. Als Beispiel nenne ich die Entwicklungsperspektive der BTU Cottbus-Senftenberg:

„Die Profilierung in den ingenieurwissenschaftlichen Schwerpunktthemen macht die BTU zu einer spezialisierten Forschungs- und Ausbildungseinrichtung, die wettbewerbsfähig gegenüber größeren Universitäten ist.“

Durch welche konkreten Maßnahmen, in welchen Forschungsfeldern, mit welchen angestrebten Partnern, mit welcher Ausstrahlung in die Region - zum Beispiel Arbeitsplätze, Drittmittel, Ausgründungen etc. pp. - und mit welchen Synergieeffekten zwischen FH- und Uniforschung? Darauf gibt das Papier keine Antworten.

Noch ein konkretes Beispiel: Die Uni Potsdam ist aufgrund fehlender personeller und räumlicher Ressourcen kaum noch in

der Lage, anwendungsbezogene Forschung und Entwicklung durchzuführen. Das neue Drittmittelgebäude in Golm ist schon voll. Die Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät der Uni Potsdam könnte doppelt so viele Projekte durchführen, wenn die Räumlichkeiten vorhanden wären.

Leistungsfähige Technologietransfereinrichtungen gibt es nicht. Personal wird nur befristet eingestellt. Konsequenzen sind hohe Fluktuationsraten und teilweise unprofessionelles Personal. Die Patentverwertungsagentur Brainshell kann wegen fehlender Ressourcen lediglich die Patente verwalten; gezielte Vermarktung oder Entwicklung von innovativen Projekten ist kaum möglich. Von den sogenannten Innovationsclustern hat man in der Transferstelle der Uni Potsdam noch keine Unterstützung bekommen. Die Zusammenarbeit zwischen ILB und ZAB knirscht, der bürokratische Aufwand bei der Beantragung von Fördermitteln für größere Projekte schreckt in der Regel sowohl die kleineren Unternehmen als auch die Forscher ab.

Hilfe bei der Antragstellung kann die Uni aus den oben genannten Gründen kaum geben. Eine schon vor Jahren angekündigte Strukturreform des Transfersystems wurde bislang nicht umgesetzt. Die von der Landesregierung in der Entwicklungsplanung genannten Ziele sind seit Jahren bekannt und werden nicht umgesetzt.

Zum Schluss sei noch erwähnt...

- Herr Schippel?!

(Der Abgeordnete Schippel [SPD] hält die Augen ge- schlossen. - Heiterkeit)

Dass Berlin in Brandenburgs Mitte liegt, fällt beim Lesen der Hochschulplanung gar nicht erst auf, und dass wir von einer besseren Kooperation mit Berlin erheblich profitieren könnten, ist offensichtlich weder eine Erwähnung wert noch ein erstrebenswertes Ziel.

Das bedeutet in dem Kontext der Hochschulentwicklungsplanung: Wir gehören zusammen und brauchen eine gemeinsame Konzeption. Hier aber wird weder über den Tellerrand geguckt noch in des Tellers Mitte. Das finden wir nicht zukunftsweisend.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Es gäbe die Möglichkeit, dass die Landesregierung noch einmal das Wort ergreift. - Frau Prof. Dr. Kunst, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau von Halem, ich möchte auf den letzten Punkt eingehen. Die Hochschulentwicklungsplanung des Landes Brandenburg hat an sehr vielen Stellen und als Kontinuum die Komplementarität und den Bezug zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg in den Blick genommen. Ein ganz wesentliches Kennzeichen - das ist eine Besonderheit der beiden Bundesländer sind die gemeinsamen Innovationscluster Wissenschaft und

Wirtschaft, die für die lukrativsten und innovativsten gemeinsame Strategien erarbeitet haben - ein Faktum, das auch in der entsprechenden Konkurrenzsituation in Europa sehr von Vorteil ist.

Mir ist aufgefallen, dass hier neben der generellen Zustimmung zu der Hochschulentwicklungsplanung anklang, damit sei die Rückkehr zur Verlässlichkeit der Vorgängerregierung realisiert worden. Meiner Kenntnis nach ist es das erste Mal, dass in sehr kurzer Zeit eine seit Jahren überfällige, aktualisierte Hochschulentwicklungsplanung vorgelegt worden ist. Ich habe nichts dergleichen zuvor gesehen. Vielleicht können Sie meinen Kenntnisstand da noch erweitern.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Dazu gehört auch, dass die Zuweisungen an die Hochschuleinrichtungen jedes Jahr kamen und es jedes Mal bis Mitte des Jahres völlig unklar war, in welcher Art und Weise Tarifaufwüchse abgesichert würden. Es ist erstmals dieser Regierungskoalition gelungen, ein verlässliches Instrument für eine Finanzierung über mehrere Jahre zu durchdenken und zu ermöglichen und die entsprechenden Handwerkszeuge gemeinsam zu entwickeln.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Damit sind ganz wesentliche Voraussetzungen geschaffen, Herr Jürgens, um wichtige weitere Schritte für die Etablierung guter Arbeit zu erproben, weil über die Rahmenvereinbarung und mehrjährige Hochschulverträge auch längere Arbeitsverhältnisse mit verhandelt werden können - in diesem Fall über das Instrument der Hochschulverträge.

Es ist mir ein Bedürfnis, noch ein Wort zu den blumigen Formulierungen zu sagen. Der Hochschulentwicklungsplanung ist immanent, einerseits die Leitplanken zu setzen, die das Land als Erwartung an die Hochschulen formuliert, und andererseits das zu achten, was unter die Autonomie der Hochschulen fällt. Daher liegt es in der Logik des Systems, dass neben den klaren Formulierungen in dem ersten Teil eine Entwicklungsweite in dem Teil der Einzelpläne vorhanden sein muss.

Zu der Anmerkung, die Mittel des Hochschulpaktes seien im Haushalt versickert, ist es mir ein Bedürfnis, eindeutig festzustellen, dass in jedem Jahr 100 % der Zuweisungen zweckgemäß in den Hochschulen gelandet und auch ausgegeben worden sind. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Prof. Dr. Kunst. - Frau Ministerin hat noch einmal 3 Minuten und 38 Sekunden Redezeit erarbeitet. Diese kann nicht vollumfänglich von den Fraktionen genutzt werden, weil hier alle länger gesprochen haben. Aber ein bisschen Redezeit wäre noch vorhanden. Wer legt darauf Wert, diese erarbeitete Redezeit aufzugreifen?

(Folgart [SPD]: Keine schlafenden Hunde wecken!)

- Ich muss das tun. - Aber ich bin sehr froh darüber, dass niemand Wert darauf legt.

Wir sind demzufolge am Ende der Aussprache angelangt. Damit ist das Konzept der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Neuen Qualitätsansprüchen an die Kita-Leitung gerecht werden - verbesserte Leitungsfreistellung verankern

Antrag der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/7301

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete von Halem erhält das Wort.

Liebe Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Sisyphos, der mythische König von Korinth, wurde wegen verschiedenen Aufbegehrens gegen die Götter nach seinem Tod vom Göttervater Zeus verdammt, immer wieder einen Marmorblock einen Berg hinaufzuschaffen, der ihm oben entglitt und wieder hinabrollte. Sysiphos-Arbeit ist seitdem das Synonym für anstrengende Arbeit, deren Erfolglosigkeit oder Erfolgsarmut Bestandteil des Systems ist. So komme ich mir auch manchmal vor, wenn wir einen der zahllosen Anträge zum Thema frühkindliche Bildung diskutieren. So viel hat sich in den letzten Jahren getan, auch wenn sich in Brandenburg wenig bewegt.

Hirnforscher, Biologen, Pädagogen und Ökonomen sind sich einig, wie wichtig die ersten Jahre für den Bildungserfolg eines Kindes sind, nicht nur für dessen eigenes Fortkommen, seinen Erfolg und die Fähigkeit, zu dieser Gesellschaft beizutragen, sondern auch für die Gesellschaft selbst in ökonomischer Hinsicht.

Nicht nur, dass sich jeder in Bildung investierte Euro, Dollar oder Yen für eine Gesellschaft mehrfach rentiert, sondern seit den Studien von James Heckman wissen wir auch, dass jeder Geldbetrag, den eine Gesellschaft in die Erziehung und Bildung ihres Nachwuchses steckt, umso mehr Gewinn bringt, je früher er investiert wird. Das sage ich hier nicht in erster Linie, um mich noch einmal gegen das Schüler-BAföG auszusprechen, sondern weil ich ahne, dass mir wieder entgegnet wird, die Forderungen seien richtig, allein es mangele an Geld.

In der Debatte um den Anspruch auf einen Kita-Platz stehen wir gut da, zumindest im Hinblick auf die Quantität. Aber die Medaille hat zwei Seiten. Dass wir bei der Qualität deutschlandweit und auch in Brandenburg Defizite haben, wissen wir nicht erst seit der NUBBEK-Studie. Die Vorberichterstattung hat es gezeigt, die Konkretisierung auf Landesebene wird das auch nicht ändern.

Wir können uns nicht brüsten, beim Betreuungsschlüssel von Platz 16 auf Platz 16 „gesprungen“ zu sein, und meinen, jetzt sei alles gut, um dann - wie die Linke - herauszuposaunen, ihr

Wahlkampf werde sich um Bildung drehen. Man fragt sich, wozu Sie eigentlich regiert haben, Herr Görke.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Deshalb reden wir hier noch einmal über Qualität in der Kindertagesbetreuung. Wir sind frei von oppositionellem Größenwahn. Wir beantragen nur einen ganz kleinen Schritt, Forderungen, die wir mit der Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege teilen. Konkret: Leitungsfreistellung. Leiterinnen und Leiter von Kindertagesstätten haben die Schlüsselfunktion für Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der jeweiligen Einrichtung. Das wollen wir angemessen würdigen.

Dazu wollen wir erstens die Leitungsfreistellung im Kindertagesstättengesetz verankern. Im gesamten Kindertagesstättengesetz erscheint nur an einer Stelle der Begriff „Leitung“, nämlich bei der Festlegung der erforderlichen Qualifikation in § 10. Die Freistellung von Gruppenarbeit für pädagogische Leitungstätigkeiten, um die es heute geht, wird im Gesetz nicht einmal erwähnt. Das wollen wir gern ändern.

Zweite Forderung: Bezahlte pädagogische Leitungsfreistellung erhöhen! Seit 1993 wurde der Umfang der Freistellung für pädagogische Leitungstätigkeit seitens des Landes nicht mehr angepasst, sondern de facto sogar abgeschmolzen, weil sich die Bezugsgrößen verändert haben - und das, obwohl die Aufgaben einer Kita-Leitung in den letzten 20 Jahren enorm gewachsen sind. Heute muss nicht nur eine verbindliche pädagogische Konzeption erarbeitet werden, sondern der Fokus der Leitung hat sich von der reinen Personaladministration sehr stark auf die pädagogische Qualität verschoben. Mit der letzten inhaltlichen Novellierung der Kita-Personalverordnung im Jahr 2010 sind noch weitere Aufgaben hinzugekommen: die Sicherung der Partizipation der Kinder - Demokratiefrüherziehung - und das Beschwerdemanagement nach der Einführung des Bundeskinderschutzgesetzes. Aber die Qualitätssicherung ist auch eine neue Aufgabe.

Die zahlreichen Aufgaben einer Kitaleitung kann man in den „Empfehlungen zum Aufgabenprofil von Kitaleitungen“ des Landesjugendamtes Brandenburg nachlesen, aber auch die sind schon wieder überholt, denn die erweiterten Aufgaben von Personalgewinnung und -entwicklung, wie sie beispielsweise durch die verstärkte Einbeziehung von Seiteneinsteigern erforderlich ist, kommen jetzt noch dazu.

Viele dieser Aufgaben lassen sich - insbesondere in kleinen Kindertagesstätten, die formal hierfür nur fünf Stunden Freistellung pro Woche angerechnet bekommen - nur dann bewältigen, wenn die Leiterinnen sie entweder in ihre Freizeit verlagern oder entsprechend weniger in den Gruppen sind. Das hat zur Folge, dass der Betreuungsschlüssel bzw. das konkrete Defacto-Betreuungsverhältnis in den Gruppen noch miserabler wird.

Kleine Kindertagesstätten sind mit vielen dieser Aufgaben überproportional belastet. Wir haben deshalb den Antrag bewusst so formuliert, dass die Erhöhung der Leitungsfreistellung bei kleinen Kitas eine Verdoppelung, bei den großen lediglich einen Aufwuchs um 25 % ausmacht.

Forderung Nummer 3: Vorlage eines Stufenplans. Das haben Sie sicher schon einmal gehört, das ist „ceterum censeo“, unser

Klassiker. Bei unserer Forderung nach Erhöhung der Leitungsfreistellung haben wir uns mit einem Tippelschrittchen begnügt. Über einen Freistellungsumfang, wie wir ihn in Berlin finden, der in größeren Kindertagesstätten eine ganze Personalstelle bedeuten kann, reden wir hier gar nicht; eines Tages wollen wir aber schon dahin kommen.

Deshalb noch einmal unser Appell an die Landesregierung: Schreiben Sie endlich auf, welche Schritte Sie in puncto Leitungsfreistellung, Betreuungsschlüssel, bei der Verbesserung der Ausbildung von Erzieherinnen oder bei der Sprachförderung bis 2020 gehen wollen! Produzieren Sie konkrete Pläne!

Wir müssen der frühkindlichen Bildung endlich einen anderen Stellenwert beimessen. Bei uns genießt der Universitätsprofessor höchste gesellschaftliche Anerkennung, die Erzieherin hingegen ist nur für das Sortieren von Bauklötzern zuständig und wird auch entsprechend bezahlt. Das muss endlich anders werden, und dafür rolle ich gern noch einmal den Marmorblock.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)