Verantwortung für das Land zu übernehmen in einer so schwierigen Situation - das ist keine Selbstverständlichkeit. Deswegen ist es auch naheliegend, dass der Ministerpräsident das Vertrauen des Landtages für sich erbittet.
Verantwortung für das Land trägt übrigens auch die Opposition. Herr Dombrowski, dieser Verantwortung sind Sie weder heute noch in den vergangenen Monaten und Jahren gerecht geworden; aber dazu später.
Die Lage am Flughafen Berlin-Brandenburg ist schlecht. Daran gibt es nichts zu beschönigen. Die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins hat uns - auch wenn wir sie nie ausgeschlossen haben - schwer getroffen. Mit der Verschiebung verbunden sind zudem Nachrichten über zusätzliche, bisher nicht bekannte erhebliche Mängel am Bau. Das alles muss in der Tat als Desaster bezeichnet werden. Dazu bekennen wir uns. Wir müssen nun Lösungswege finden, wie wir mit dieser außerordentlich schwierigen Lage umgehen.
Wir müssen fragen, wie es sein kann, dass Kabelleitungen in so großem Umfang - kilometerlang - falsch verlegt wurden. Wie kann es sein, dass Baufirmen so rigoros entgegen den genehmigten Plänen gebaut haben? Wie kann es sein, dass es namhaften deutschen Firmen nicht gelingt, einen funktionstüchtigen und genehmigungsfähigen Brandschutz zu installieren? Wie kann es sein, dass all diese gravierenden Mängel von den
zahlreichen Überwachern auf der Baustelle nicht bemerkt oder ignoriert wurden? Und wie kann es sein, dass die Geschäftsführung den Aufsichtsrat - nachweislich! - nicht darüber informiert hat?
Seriöse Antworten auf diese Fragen werden wir am heutigen Tag nicht geben können; das können im Augenblick nicht einmal die Propheten. Wir werden daran arbeiten müssen, das aufzuklären.
Wir müssen zudem einen Weg finden, um das Ansehen der deutschen Ingenieurskunst und das des Flughafens BerlinBrandenburg wiederherzustellen. Daran werden wir in den kommenden Monaten und Jahren hart arbeiten. Ich hoffe für unser Land, dass wir das gemeinsam in diesem Hohen Haus und gemeinsam mit der Landesregierung tun werden.
Der Ministerpräsident hat in seiner Rede klare, nachvollziehbare Gründe genannt, warum er in dieser extrem schwierigen Situation die Hauptverantwortung übernimmt und den Vorsitz des Aufsichtsrates anstrebt. Die Begründung des Ministerpräsidenten war eindrucksvoll und in jeder Hinsicht überzeugend. Matthias Platzeck - das wissen wir, davon sind wir überzeugt ist der Richtige, um in dieser Lage die Hauptverantwortung zu übernehmen. Es ist eine mutige und vor allem eine richtige Entscheidung, den Vorsitz im Aufsichtsrat anzustreben.
Der Flughafen Berlin-Brandenburg liegt nicht nur in unserem Bundesland; er ist auch für die Entwicklung unseres Landes von zentraler Bedeutung. 40 000 Arbeitsplätze erwarten wir als Ergebnis eines florierenden Flughafenstandortes. Aber das ist längst nicht alles, worauf es in diesem Zusammenhang ankommt. Wir sind weiterhin davon überzeugt: Der BER wird eine Strahlkraft entwickeln und das gesamte Land voranbringen. Auch entfernte Regionen wie die Prignitz und der Landkreis Elbe-Elster werden vom Flughafen profitieren.
Deswegen ist es für mich so unverständlich, warum Sie von der Opposition - genauer: von Teilen der Opposition; ich nehme einige davon aus, Sie, Herr Dombrowski, aber auf jeden Fall nicht - bei jeder Gelegenheit darauf hinweisen, dass man das Geld, das wir jetzt in den Flughafen stecken, angeblich anders verwenden könne.
Was soll dieses Gerede? Wollen Sie den Flughafen oder wollen Sie ihn nicht? Wenn Sie ihn wollen, dann müssen Sie sich nun einmal dazu bekennen, dass wir dafür auch Aufwendungen haben.
Allerdings ist auch insofern die neue Situation eine schwierigere als noch die vor einigen Wochen. Damals habe ich zu Recht darauf hingewiesen, dass die Mehrkosten, die damals bekannt waren, im Rahmen dessen, was zur Verfügung steht, finanzierbar sind.
Wir werden auch darüber neu diskutieren müssen, weil in der Tat die neuerliche Verschiebung zu weiteren, unabweislichen Mehrkosten führen wird. Wie hoch diese sein werden, wissen wir heute noch nicht. Das können wir im Augenblick auch nicht seriös sagen. Aber es wird eine Aufgabe - nicht zuletzt des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden - sein, schnellstmöglich Klarheit über die voraussichtlichen Mehrkosten herbeizuführen und sich um eine seriöse Finanzierung zu kümmern. Wir sind davon überzeugt, dass die Planungen, die es dazu im Augenblick gibt, der richtige Ansatz sind, um diesen Flughafen letztlich zum Erfolg zu führen.
Matthias Platzeck, unser Ministerpräsident, ist eben nicht jemand, der sich vor der Verantwortung drückt. Er ist jemand, der sich zu seiner Verantwortung bekennt. In der schwierigen Situation, in der wir uns befinden, will er die Hauptverantwortung übernehmen. Er hat sein politisches Schicksal mit dem Erfolg dieses Flughafenprojektes verknüpft. Wie können Sie dann davon reden, dass er das alles nur als Show inszeniere? Wenn ein Ministerpräsident die persönliche Hauptverantwortung für ein Hauptprojekt übernimmt, dann ist das aus meiner Sicht per se ein großartiger Schritt, um das Projekt zum Erfolg zu führen.
Sie aber von der Brandenburger CDU lassen nichts unversucht Herr Dombrowski, Sie haben es heute wieder bewiesen -, um in dieser Lage nicht nur dem Ministerpräsidenten - was man der Opposition vielleicht noch zubilligen könnte -, sondern auch diesem Standort und dem Land zu schaden.
Dieses Ansinnen haben Sie heute wieder unter Beweis gestellt. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, was Sie - nur aus politisch motivierten Gründen - anrichten wollen, dann braucht man nur in Ihre Pressemitteilung von vor wenigen Tagen zu schauen. Darin fand sich auch die Kopie eines Schreibens an die Bundesminister Schäuble und Ramsauer.
Ich bin immer noch davon überzeugt - ich hoffe es jedenfalls -, dass das gar nicht von der CDU kommt, sondern es sich um eine Fälschung handelt, um die CDU in Brandenburg zu diskreditieren.
In diesem Schreiben greifen Sie nicht nur den Ministerpräsidenten an, sondern Sie stellen ungeheuerliche Vorwürfe an Bundesminister in den Raum. Ich zitiere:
„Es ist neben der dokumentierten Nichteignung Platzecks zu befürchten, dass er den Aufsichtsratsvorsitz dazu nutzen könnte, den andauernden Prozess von Verdunkelung und Verschleierung fortzuführen.“
Sie haben sich wie ein kleines, bockiges Kind verhalten, das sich darüber ärgert, dass die Großen es nicht mehr mitspielen lassen. Dann rennen Sie zu Papa Schäuble und sagen: „Hilf uns! Mit dem bösen Ministerpräsidenten werden wir nicht allein fertig!“ Damit schaden Sie aber nicht nur dem Ministerpräsidenten, sondern Sie diskreditieren die Landespolitik, das Land Brandenburg und seine Bevölkerung vor der Bundesregierung - übrigens vor Ihrer eigenen.
Zum Glück ist das alles dort nicht aufgegriffen worden. Die Bundesregierung macht so manches falsch, aber so unseriös wie die Brandenburger CDU ist man dort nun doch nicht. Man hat sich geweigert, diesem Ansinnen näherzutreten. Das Verhalten der Brandenburger CDU ist aus meiner Sicht ein fatales Beispiel dafür, wie Opposition falsch handeln kann.
Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass Sie einmal Mitverantwortung für dieses Projekt hatten. Die Regierungsverantwortung im Land sind Sie los, und jetzt handeln Sie auch so: verantwortungslos.
Sie werfen dem Ministerpräsidenten vor, dass er jetzt bereit ist, die Hauptverantwortung zu übernehmen. Das ist grotesk, und es widerspricht jeder realistischen Einschätzung. Ich bin davon überzeugt: Es widerspricht auch dem, was die Brandenburgerinnen und Brandenburger in ihrer großen Mehrheit von einem Ministerpräsidenten, von Matthias Platzeck in dieser Situation erwarten. Sie erwarten genau das, was er jetzt vorhat: dass er sich an die Spitze setzt und die Verantwortung für dieses Projekt in voller Hinsicht übernimmt, um es zum Erfolg zu führen.
Lassen Sie mich bei dieser Gelegenheit noch ein paar Worte zu Politikern in Aufsichtsräten sagen. In den letzten Wochen wurde von Oppositionskreisen - auch in den Medien - oft gesagt, Politiker gehörten dort gar nicht hinein. Auch dazu hat der Ministerpräsident schon einiges gesagt. Natürlich gehören Experten in einen Aufsichtsrat. Natürlich braucht ein Flughafen auch einen Experten für Finanzen. Wenn man ein so großes Bauprojekt realisieren will, braucht man auch Bauexperten in einem solchen Gremium. Aber zunächst einmal ist dieser Aufsichtsrat das Gremium einer Gesellschaft, die sich in öffentlicher Hand befindet - übrigens nicht nur des Landes Brandenburg, sondern auch des Landes Berlin und des Bundes.
Herr Dombrowski, ich muss an dieser Stelle eine weitere Ihrer Behauptungen, die Sie vorhin aufgestellt haben, aufgreifen - es war übrigens wieder eine schädliche Behauptung; das kann man nicht anders sagen -: Der Aufsichtsrat habe im Zusammenhang mit dem Antrag an Brüssel, Unterstützung für das hier laufende Vorhaben zu gewähren, getrickst und getäuscht.
Diesen grotesken, irrsinnigen Vorwurf haben Sie übrigens nicht nur an den Ministerpräsidenten, sondern auch an Ihre Parteifreunde Ramsauer und Schäuble - auch Herr Bomba sitzt
im Aufsichtsrat - gerichtet. Ich bin davon überzeugt: Niemand hatte vor, Brüssel über irgendetwas zu täuschen.
In dieser Situation ist es wichtig, dass politisch Verantwortliche in diesen Gremien sitzen. Es ist auch wichtig, dass sie die politischen Interessen des Gesellschafters in den Aufsichtsrat hineintragen. Dabei geht es eben nicht nur um rein wirtschaftliche Überlegungen, sondern zum Beispiel auch - wir haben es in den vergangenen Monaten erlebt - um den Lärmschutz.
Herr Dombrowski, ich kann nicht verstehen, dass die CDU Brandenburgs dem Ministerpräsidenten vorhält, er habe sich nicht für den Lärmschutz eingesetzt, während Sie sich als große Heilige gerieren, wenn es um Schallschutz geht. Das ist doch lächerlich! Der Ministerpräsident - weil er im Aufsichtsrat vertreten ist - hat doch gerade erreicht, dass die Mitgesellschafter ihren Widerstand gegen mehr bzw. besseren Schallschutz aufgegeben haben.
Auch das ist seine Aufgabe als Vertreter des Gesellschafters Land Brandenburg in diesem Gremium. Er wird in anderer Funktion - als Vorsitzender - diese Verantwortung noch weit besser wahrnehmen können, weil ein Aufsichtsratsvorsitzender noch wesentlich mehr Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft nehmen kann, als dies für ein einfaches Mitglied des Aufsichtsrates gilt.
Der Ministerpräsident hat in seiner heutigen Regierungserklärung eine Reihe von Punkten angesprochen, die aus seiner Sicht geändert werden müssen. Zu Recht hat er angemahnt, die Geschäftsführung anders aufzustellen. Wir haben in der Tat erkennen müssen, dass die bisherige Struktur der Gesellschaft offensichtlich nicht hinreichend war, um Verantwortlichkeiten klarzustellen. Ein Vorstandsvorsitzender/eine Vorstandsvorsitzende soll zukünftig die Geschicke des Unternehmens als hauptverantwortlicher Ansprechpartner lenken. Ich bin davon überzeugt, dass sich in einem ständigen Kontakt mit dem neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Matthias Platzeck insofern eine ganze Menge verändern wird.
Der Aufsichtsrat soll durch zusätzliche Experten ergänzt werden. Auch das ist - man muss es feststellen - eine Notwendigkeit. Auch dazu hat sich Matthias Platzeck bekannt. Er wird als Vorsitzender des Aufsichtsrates die entscheidenden Schritte einleiten, um geeignete Persönlichkeiten für dieses Gremium zu gewinnen. Was die Dotierung angeht, so ist das eine ehrenamtliche Funktion; das ist normalerweise nichts, worum sich Experten reißen.
Wir werden in dieser Situation zugleich einen anderen Umgang zwischen Landesregierung und Landtag brauchen. Deswegen haben wir den Antrag angekündigt, der darauf gerichtet ist, einen Sonderausschuss einzurichten, der die Verantwortlichkeiten im Landtag bündeln soll. Der Sonderausschuss soll dazu beitragen, dass das Flughafenthema konzentriert und konsequent auch im Landtag weiterbearbeitet wird.
Gleichzeitig begrüße ich es außerordentlich, dass mit der zusätzlichen Entsendung von Herrn Bretschneider als Staatssekretär
in die Staatskanzlei auch auf dieser Ebene erneut eine Verstärkung stattfindet, was Matthias Platzeck bei seiner verantwortungsvollen Arbeit mit Sicherheit unterstützen wird. Ich danke Rainer Bretschneider, dass er sich auch dieser - nicht ganz einfachen - Aufgabe annimmt.