Protocol of the Session on December 12, 2012

Ich sage auch noch einmal klar: Wir haben innerhalb dieser Legislaturperiode sowieso schon sehr viele Lehrer eingestellt. Wir haben, was den 14er Haushalt betrifft, auch schon Vorsorge getroffen, damit wir 450 Lehrkräfte unbefristet einstellen können. Wir haben es noch nie, solange ich in diesem Landtag bin, und auch vorher nicht geschafft, langzeiterkrankte Lehrerinnen und Lehrer erst einmal wenigstens mit einer befristeten Stelle zu ersetzen, die wir dann in eine unbefristete umwandeln können. Der Altersdurchschnitt liegt übrigens je nach Schulstufe bei 50 bis 54 Jahren. Inzwischen sind noch mehr Lehrerinnen und Lehrer krank geworden, auch aufgrund des Altersdurchschnitts, auch aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen. Wir bemühen uns hinlänglich, auch diese Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen unseres Stellenplanes zu ersetzen.

Ich sage auch ganz klar, dass die 84 Pilotschulen von uns ausgestattet wurden. Sie sehen im Personalplan, mit wie vielen Stellen das passiert ist. Das Geld ist zur Verfügung gestellt worden. Ich bitte Sie alle: Lesen Sie in der Personalbedarfsplanung meine Lieblingsfußnote, in der wir uns verpflichten, die gute Lehrer-Schüler-Relation von 1:15,4 auch über diesen Haushalt hinaus zu halten und das, was wir alle vorhaben, auf den Weg zu bringen: die Inklusion. Selbst die CDU will das. Sie will vor allem die Rahmenbedingungen dafür klären, das wollen wir auch. Eine neue Regierung wird mit dem Haushalt, der nach diesem Doppelhaushalt kommt, sich noch sehr viel klarer positionieren müssen.

Wir wollen genauso wie Sie, Herr Büttner, Herr Hoffmann und Frau Kollegin von Halem, wiedergewählt werden, und wir wol

len, dass man uns beim Wort nehmen kann. Das werden wir alle zusammen - diese Regierung und natürlich auch Sie, denn Sie haben da auch etwas vor - einhalten müssen. Man wird uns daran messen, wie ernst wir das meinen.

(Beifall DIE LINKE)

Im Zuge der Diskussion um diesen Doppelhaushalt sind uns auch noch einige Nachbesserungen gelungen. Ich sage ganz ehrlich: Es sind geringe Nachbesserungen. Es ist für den Schulbereich relativ wenig. Ich würde hier niemals in Euphorie ausbrechen, sondern könnte mir auch noch ganz anderes vorstellen. Die 1,55 Millionen Euro zusätzlich im Kita-Bereich für die Anleitung der Praktikanten sind ein Tropfen auf den heißen Stein, das wissen wir, aber anders bekommen wir diese Personalverordnung nicht umgesetzt, anders bekommen wir nicht Quereinsteiger in diesen Bereich. Wir mussten hier nachbessern. Natürlich reicht das den Kindertagesstätten nicht, und natürlich wäre mein allererster Lieblingsantrag im Bereich Kindertagesstätten gewesen, zu sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor allem liebe Eltern - die Kinder verstehen es ja noch nicht so richtig -, im Krippenbereich müssen wir etwas tun. Dort geht es um Bindungen. Der Schlüssel 1:6 ist immer noch bundesweit ein schlechter. Er ist auch nicht gut für Kinder in diesem jungen Alter. Wir müssen in diesem Bereich versuchen nachzulegen, sobald wir eine Idee haben, woher wir dieses Geld nehmen können.

(Beifall DIE LINKE)

Wir müssen versuchen, die Bedingungen für die Kinder im Krippenbereich, den wir auch ausbauen - auch das kostet Geld; das wird von der Kinderkostenpauschale einen größeren Anteil wieder wegnehmen, wenn es 2013 den Rechtsanspruch gibt -, zu verbessern. Das steht weiter auf unserer Agenda. Wir haben in diesem Doppelhaushalt noch nicht die Kraft gefunden, dies umzusetzen. - Sie alle auch nicht, denn von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, gibt es zu diesem Thema gar keinen Antrag, zumindest heute nicht.

Es gibt natürlich noch eine andere Geschichte - die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte -, zu der wir, die Linke - auch der SPD möchte ich das unterstellen - gern etwas auf den Weg gebracht hätten. Sie haben in ihren Personalversammlungen - ich bin ja immer noch Teil dieses Personals und war auch dabei - gar nicht einmal in erster Linie nach dem Weihnachtsgeld und den Besoldungsstufen gerufen, sondern sie haben geklagt, dass sie eine enorm hohe Arbeitsbelastung haben. Das möchte ich gern ernst nehmen.

Ich wäre sehr froh gewesen, wenn wir gemeinsam die Möglichkeit gefunden hätten, beispielsweise im Bereich der Primarstufenlehrer, der Grundschullehrer, diese unsägliche 28. Unterrichtsstunde auch wegzunehmen, damit die Lehrerinnen und Lehrer Kräfte freihaben für die pädagogische Arbeit, gerade auch für die Inklusion. Das ist etwas, was wir unbedingt hätten tun müssen, um zu zeigen: Wir haben verstanden, wir bürden euch eine Menge Arbeit auf. Ihr wollt sie gut leisten, und wir erkennen an, dass die Belastung groß ist. - Auch dazu hat unsere Kraft nicht gereicht. Ich schiebe das auf keinen Koalitionspartner. Ich weiß, wir regieren seit drei Jahren mit und haben dieser Bringepflicht noch nicht nachkommen können. Das finde ich nicht sehr schön, aber ich muss eine Quelle finden, die realistisch ist.

Damit bin ich bei den Änderungsanträgen der Opposition. Ich sage hier einmal etwas, was ich noch nie in meinen elf Jahren Abgeordnetentätigkeit gesagt habe, auch die Linke noch nicht: Ich finde, dass die Änderungsanträge der Opposition sehr ernst zu nehmen sind. Wir hatten hier und auch im Ausschuss eine Haushaltsdebatte, die nicht davon geprägt war, Populismus pur zu machen, die auch nicht davon geprägt war, Gefälligkeitspolitik für viele Klientelgruppen zu betreiben, sondern die Opposition hat sich bemüht, hier Dinge einzubringen, die auch wir als Regierungsfraktionen durchaus hätten einbringen können. Es war auch nicht immer nur der Fall, dass wir gesagt haben, dass der Vorschlag mit der vorgesehenen Deckungsquelle nicht machbar ist; dann hätten wir es ja auch gern selber gemacht.

Ich möchte mich mit einigen wenigen dieser Anträge noch einmal auseinandersetzen, vor allem mit denen, wo wir doch eine andere Priorität setzen. Zunächst zum Antrag der Grünen. Sie wollen, dass die Kita-Leiterinnen freigestellt werden. Ich habe nicht ohne Grund die Landesregierung heute noch einmal gebeten - Frau Ministerin Münch hat darauf geantwortet - zu sagen, wie es überhaupt aussieht. Wir haben eine im Gesetz geregelte Leitungsfreistellung. Pädagogisch und auch sachlich müssen dies die Träger leisten.

Ich war heute auch nicht ganz zufrieden mit der Auskunft: Wir erfassen es zwar jetzt, aber wir haben für 2012 noch keine gesicherten Angaben. - Ich meine, solide Haushaltsplanung würde darin bestehen, dass wir, wenn wir gesicherte Angaben haben und genau wissen, ob die Träger das, was ihnen per Gesetz ermöglicht wird, auch einhalten, noch einmal gucken, ob diese Leitungsfreistellung auskömmlich ist. Sie ist es nicht, sagen die Leiterinnen. Aber wir wissen auch: Die Träger reichen nicht alles, was sie eigentlich müssten, an die Leiterinnen weiter. Es gibt Träger, die tun das. Es gibt sogar Kita-Leiterinnen, die voll freigestellt sind, weil die Träger das als eine prioritäre Aufgabe sehen.

Wir haben also hier sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen. Ich möchte erst einmal klar wissen, wie es aussieht, was die Träger leisten müssen und was man in einem nächsten Zug noch einmal draufsatteln muss. Insofern ist dieser Antrag ein richtiger. Er wird auch von den paritätischen Wohlfahrtsverbänden und den Leiterinnen eingefordert. Aber er ist noch zu diffus in der Gemengelage, wie es in den Kindertagesstätten aussieht.

Die Grünen haben noch einen Antrag zum Fortbildungsetat gestellt. Dieses Thema hatten wir schon mehrfach in inhaltlichen Debatten. Ich meine, dass die Landesregierung schon einen Schritt in Richtung dessen gegangen ist, was Sie als Grüne und was wir auch wollen: dass Schule zunehmend systemberaten wird und zunehmend selbst erkennt, wo ihre Fortbildungsbedarfe sind. Demzufolge braucht sie auch einen Etat. Wir haben das BUSS-System, das für die Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer zuständig ist, umgestrickt, indem gerade diese Systemberatung stattfindet. Wir haben im Bereich der inklusiven Schulen auch einen riesigen Fortbildungsmechanismus auf den Weg gebracht. Dort passiert das, was Sie sich vorstellen. Nur geben wir den Schulen jetzt nicht flächendeckend 2 000 oder 4 000 Euro, weil wir meinen, das ist nicht die richtige Stellschraube. Wir brauchen Fortbildung erst einmal dort, wo wir innovativ das Projekt Inklusion, das Sie ja auch wollen, voranbringen können. Ich meine, dass dieses Geld dort richtig eingesetzt ist.

Zum Antrag der FDP für die Vertretungsreserve: Die GEW hat bei diesen Personalkonferenzen 8 % gefordert. Sie sind gar nicht so mutig gewesen wie die GEW und haben nicht 8 %, sondern nur eine Aufstockung der Vertretungsreserve gefordert. Ich habe hier schon viele Male ausgeführt und will es noch einmal an einem Beispiel darstellen: Nehmen wir an, Sie wären Lehrer, Herr Büttner, und ich wäre Lehrerin an einer Schule, und ich falle aus, weil ich krank bin. Sie könnten Musik wahrscheinlich nicht vertreten. Es würde auch nichts bringen, wenn Sie fünf Stunden Vertretungsreserve hätten. Sie können mich nicht vertreten. Wir haben in diesem Land kleine Schulen, und je kleiner die Schule ist, umso schwieriger wird es, eine Lehrkraft zu vertreten. Mit flächendeckendem Hineingeben, was sehr teuer wäre - Sie haben die gigantischen 24 Millionen Euro ausgerechnet, und das würde möglicherweise noch nicht einmal reichen -, würden wir im Bereich Unterrichtsausfall nicht weiterkommen. Ich will auch, dass er weniger wird; aber mit einem Aufstocken der Vertretungsreserve werden wir das Problem nicht lösen können.

Nun komme ich zu dem CDU-Antrag. Ich sage zur Ehrenrettung und auch zur Glaubwürdigkeit der CDU: Sie haben ja als Antrag keine gigantische Geschichte aufgeschrieben. Sie haben etwas versucht, wobei Sie meinen: Qualität von Schule muss sich verbessern. Wir haben gerade die TIMSS-Studie und die IGLU-Studie thematisiert, wo uns für die Grundschule, die hier Ihre Zielgruppe ist, bescheinigt wird, dass es ganz so schlimm nicht ist. Es ist aber immer noch schlimm genug. Die Gruppe derer, die nicht über ausreichend Lesekompetenz verfügen, ist immer noch zu groß. Auch die Spreizung ist immer noch zu groß; darin sind wir uns einig. Insofern müssen wir etwas in der Grundschule machen.

Nur, Herr Hoffmann - hier sind wir nicht bei Ihnen -: Viel mehr hilft eben nicht immer viel mehr. Wir haben hier etwas in Sachen Qualität zu leisten. Den Anfang haben wir gemacht, indem wir im Zusammenhang mit inklusiver Grundschule die Klassenfrequenz auf 23 festgelegt haben, dann aufwachsend bei allen neu einzurichtenden Klassen. Ich glaube, das dient mehr der Qualität, als wenn wir denen vier Stunden Unterricht mehr aufdrücken, der vielleicht manchmal auch ein schlechter Unterricht ist, weil die Klasse einfach zu groß ist. Ich meine, wir haben hier die Priorität in Sachen „Qualitätsverbesserung Grundschule“ an der richtigen Stelle gesetzt mit der VV-Unterrichtsorganisation. Ich teile Ihre Variante hierzu nicht.

Dazu muss ich Ihnen leider auch sagen, dass aufgrund dessen, dass es Ihre Frau Ministerin Wanka in den letzten beiden Legislaturperioden nicht hinbekommen hat, ausreichend Primarstufenlehrer auszubilden, die Situation so ist, dass wir die Zahl, die Sie einfordern, gar nicht realisieren könnten, obwohl wir 900 Referendare haben und jedem Grundschullehrer die Füße küssen, dass er in unserem Land bleibt. Insofern geht Ihr Antrag zumindest für diesen Doppelhaushalt in die Irre.

Zusammenfassend: Es ist ein Haushalt mit Augenmaß, einer, der sowohl Verlässlichkeit als auch Priorität ganz klar zum Ausdruck bringt. Ich bin bei all denen, die sagen: Wir müssen jetzt wirklich aufpassen, dass wir an diesem Bereich unter den schwierigen Haushaltsbedingungen festhalten. Herr Vogel hat heute Morgen darauf hingewiesen, dass die Steuereinnahmen nicht mehr so schön weiterfließen werden wie im Moment. In dieser Situation sind wir alle zusammen gut beraten, das festzuhalten, was wir in der Bildung haben, und dort nachzusteu

ern, wo wir die größeren Effekte erzielen werden. Dafür ist der Doppelhaushalt zumindest ein Anfang, und alles andere passiert in der neuen Legislaturperiode. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Wir setzen die Beratung mit dem Beitrag Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fort. Es spricht Frau von Halem.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Ich finde es ja auch schön, hier immer wieder zu hören, der Bildungsetat sei aufgewachsen, das sei eine schöne Kontinuität nach der Debatte über Wirtschaft. Ja, der Bildungsetat ist aufgewachsen. Aber das ist noch kein großer Grund, sich zu brüsten, weil das Aufwachsen zum großen Teil daran liegt, dass Tarifsteigerungen mit eingerechnet werden und Versorgungsansprüche aufwachsen. Sie plustern den Haushalt auf, ohne dass es eine tatsächliche fachliche Verbesserung gibt.

Nicht umsonst kritisiert die OECD immer wieder die seit Jahren verhältnismäßig niedrigen Bildungsausgaben in Deutschland. Öffentliche und private Ausgaben zusammengerechnet wendet Deutschland 5,3 % seines BIP für Bildung auf. Das ist zwar ein leichter Anstieg gegenüber den letzten Jahren, aber immer noch deutlich weniger als der OECD-Durchschnitt von 6,2 %.

Auch der Anteil der Bildungsausgaben an den öffentlichen Ausgaben insgesamt hat sich mit 10,5 % leicht erhöht; er liegt aber noch deutlich unter dem OECD-Durchschnitt von 13 %.

England, Frankreich, Dänemark liegen deutlich vor uns, und selbst Polen, Spanien und Brasilien investieren mehr in Bildung als wir. Das ist kein Ruhmesblatt für die Nation der Dichter und Denker.

Und das, obwohl wir alle wissen, dass sich jeder ins Bildungssystem investierte Euro um ein Vielfaches auszahlt. Bildung ist ein echtes Renditeprojekt - nachzulesen nicht nur in einer Vielzahl wissenschaftlicher Untersuchungen, sondern auch in Matthias Platzecks „Zukunft braucht Herkunft“. Allerdings hat es eher den Anschein, dass das nur von Werbestrategen eingeflüstert wurde und das wahre Herz des Ministerpräsidenten und der durch ihn vertretenen Partei weiterhin vor allem für Großprojekte in Beton schlägt.

(Beifall GRÜNE/B90)

Neben dem volkswirtschaftlichen Anspruch gibt es auch den individuellen, den ethisch-sozialen: Wer besser ausgebildet ist, lebt selbstbestimmter und zufriedener, gesünder und länger. Natürlich muss es unser politisches Ziel sein, diese Chancen gerechter zu verteilen. Es mag sein, dass wir auch in Brandenburg im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen ein kleines bisschen besser geworden sind, aber nur marginal und insgesamt auf sehr niedrigem Niveau. Wer bei den Ländervergleichen genau hinsieht, der kann sehen, dass wir insbesondere bei der Förderung der Risikogruppen deutliche Mängel haben. Gut sind wir noch lange nicht, weder im nationalen noch im internationalen Vergleich.

Auch am Rande der Haushaltsdebatte darf deutlich gemacht werden, dass es neben den Finanzen noch weitere Gelingensbedingungen gibt: all die Menschen, die sich Tag für Tag für unsere Kinder engagieren, allen voran die Lehrerinnen und Lehrer. Deren Einsatz gilt es zu würdigen. Sie verdienen es nicht, mit halbgaren und schlecht kommunizierten Forderungen abgespeist zu werden.

In diesem Zusammenhang kritisiere ich noch einmal die Einsparungen gegenüber den Schulen in freier Trägerschaft, die vollkommen unsinnig waren, gemessen an der tatsächlichen Einsparsumme und gegenüber der öffentlichen Abstrafung derer, die sich mit ihrer Zeit und ihrem Geld über teilweise viele Jahre hinweg dafür eingesetzt haben, Bildungsangebote in Brandenburg vielfältiger und besser zu machen.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Jetzt zu sagen, es sei ja gar nicht so schlimm gewesen, denn de facto zahle man tatsächlich noch einmal mehr für die Schulen in freier Trägerschaft, das ist ja wohl ein Hohn, denn dieser Aufwuchs entsteht nur deshalb, weil es eben in den Schulen in freier Trägerschaft mehr Schülerinnen und Schüler gibt, weil diese Schulen tatsächlich ein beliebtes Modell sind. Wir müssen dagegenrechnen, dass all diese Schülerinnen und Schüler, die jetzt in den Schulen in freier Trägerschaft sind, sonst im öffentlichen Schulsystem wären und den Staat dort noch mehr Geld kosten würden.

(Einzelbeifall FDP)

Selbst kreativster Protest wird in diesem Lande nicht honoriert. Zwar brüstet sich die Koalition, die Kürzungen der Vorgängerregierung beim Landesjugendplan rückgängig gemacht zu haben; die berechtigten Einwände des Landesjugendrings, wegen allgemeiner Kostensteigerungen könnten mit dem vorhandenen Geld immer weniger Maßnahmen finanziert werden, werden jedoch ignoriert. Flugs wird die vom Landesjugendring geforderte Erhöhung dem Sport zugesprochen. Auch wenn für uns Bündnisgrüne der Sport ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Lebens in Brandenburg ist: Er ist nur ein Bereich, der Jugendliche interessiert. Die außerschulische Jugendarbeit bei Stadt- und Kreisjugendring bietet ein hervorragendes und ein sehr breites Angebot, wo sich Jugendliche jenseits der schulischen Strukturen und ohne Leistungsdruck ausprobieren können. Hier können sie Verantwortung übernehmen und praktisch erfahren, was ihr Engagement bewirken kann. Gerade durch diese Arbeit wird vermittelt, dass Engagement für die Gesellschaft, demokratische Strukturen und der Einsatz für eine Sache wertvoll und erfüllend sein können. So stärken wir die Demokratie und ermuntern Jugendliche, selbstbewusste und kritische Bürgerinnen und Bürger zu werden - all das, was der Sport auch kann, jedoch viel breiter aufgestellt und dank der Sportjugend im Landesjugendring auch inklusive des Sports.

Die größten Handlungsbedarfe im Bildungsbereich bestehen aber aus unserer Sicht in vier Bereichen, nämlich erstens in der frühkindlichen Bildung. Wir müssen endlich lernen, der Bildung und Erziehung kleiner Kinder einen anderen Stellenwert beizumessen. Auch wenn alle Bildungsexperten, Hirnforscher und Pädagogen uns längst gezeigt haben, dass wir damit auf dem Holzweg sind, so wird bei uns noch immer der Universitätsprofessor gesellschaftlich und finanziell üppig honoriert, die Erzieherin dagegen ist nur für das Sortieren von Bauklötzen zuständig und wird entsprechend bezahlt. In Japan gleicht

das Gehalt einer Erzieherin dem Einstiegsgehalt eines Professors. Da kann es doch bei uns auch einmal ein wenig Bewegung geben.

Wir haben in Brandenburg seit Jahren den schlechtesten Betreuungsschlüssel aller Bundesländer - als ob die rote Laterne eine Sinnverwandtschaft mit Rot-Rot habe. Neben der Verbesserung des Betreuungsschlüssels haben wir immer wieder weitere Vorstöße zur Verbesserung der Qualität frühkindlicher Bildung gemacht. Wir haben ausreichende Mittel für frühkindliche Sprachförderung beantragt, eine verbesserte Leitungsfreistellung und mehr Mitspracherechte für die Eltern. Leider haben SPD und Linke all diese Anträge zum Scheitern gebracht, meistens sogar die Diskussion darüber im Ausschuss verwehrt. Noch trauriger ist, dass SPD und Linke selbst jedweden Tatendrang zum Thema frühkindliche Bildung vermissen lassen. Wir haben ja gehört: Weiteres gibt es erst in der nächsten Legislaturperiode.

Vor allem bei der Sprachförderung wissen wir längst, dass der konstatierte Förderbedarf sehr viel höher ist, als wir mit den zur Verfügung stehenden Mitteln abdecken können. Zudem ist mittlerweile klar, dass die von Brandenburg betriebene kompensatorische, also nachgelagerte Sprachförderung nicht die gewünschten Ergebnisse bringt. Nun wird das System langsam auf die alltagsintegrierte Sprachförderung umgestellt, die Kinder schon während des Spracherwerbs besser fördert und nicht erst dann, wenn Defizite ersichtlich sind. Ausreichende Sprachförderung aber braucht vor allem mehr Erzieherinnen und Erzieher, die mit den Kindern reden können.

Die Leiterinnen von Kindertagesstätten müssen sich um das Personal, um Fortbildung und um gute Konzepte kümmern. Deshalb beantragen wir hier erneut - auch das ist schon vorgetragen worden -, ihnen Ressourcen im Rahmen verbesserter Leitungsfreistellung zur Verfügung zu stellen, im Umfang von 220 VZE, was in etwa 8,8 Millionen Euro entspricht. Wenn ich jetzt höre, wir bräuchten erst einmal gesicherte Angaben über die Zahlen und den Bedarf, dann verwundert mich das doch etwas, weil es bei all den Besuchen, die ich in Kindertagesstätten gemacht habe, unisono aus allen Richtungen schallte, dass das eines der größten Probleme in Kindertagesstätten ist. Das zu verbessern, das wäre ein kleiner Schritt hin zu mehr Qualität. Im Ausschuss allerdings war auch das mit SPD und Linken nicht zu machen. Und an den vielfach und immer wieder von der Opposition geforderten Stufenplan ist auch nicht zu denken.

Dann möchte ich noch einen Satz zu den Anträgen sagen. Wir haben hier einmal gehört, der Opposition fiele nichts Neues ein, die Opposition stelle die alten Anträge nicht mehr. Andere Rednerinnen der Koalitionsfraktionen sagen, wir hätten nicht alle Anträge von früher wieder gestellt. Es gibt eben so manches, was alt und bewährt ist, was auch weiterhin gut und richtig ist in diesem Land. Deshalb stellen wir die Anträge erneut. Aber gleichzeitig muss ich sagen: Wenn das das Feedback ist, das wir kriegen, dann haben wir genau den goldenen Mittelweg gewählt.

(Beifall GRÜNE/B 90)

Punkt 2, Inklusion: Dass die Landesregierung nach langer Tatenlosigkeit mit dem Pilotprojekt Inklusion jetzt endlich auf

dem Weg ist, das begrüßen wir sehr, und zwar nicht nur, weil wir damit den völkerrechtlichen Verpflichtungen aus der UNKonvention nachkommen, sondern weil mit der Entstehung eines inklusiven Schulsystems neue Maßstäbe gesetzt werden und hier der Schlüssel zu einem veränderten Verständnis von Schule enthalten ist: hin zu einem Unterricht, der Kinder, und zwar alle Kinder, in ihrer Unterschiedlichkeit begreift und fördert, dessen Aufgabe es ist, den Kindern gerecht zu werden, und der nicht mehr Kinder aussortiert, die vermeintlich nicht in den Unterricht oder in die entsprechende Schule passen. Deshalb kritisieren wir auch die Halbherzigkeit der Landesregierung, erst einmal nur Kinder mit den Förderbedarfen Lernen, emotional-soziale Entwicklung und Sprache einzubeziehen. Das sind nämlich wohlgemerkt Förderbedarfe, die es in den anderen OECD-Ländern gar nicht gibt. Und an die Förderschwerpunkte Hören, Sehen, geistige und körperliche Entwicklung sowie Autismus wird noch gar nicht gedacht. Selbst bei der anstehenden Novellierung des Schulgesetzes soll dieser halbe Schritt zementiert werden, der im internationalen Kontext noch nicht einmal als ein solcher gelten kann. Das reicht nicht. Aus unserer Sicht brauchen wir umgehend eine bessere Langfristplanung, die die UN-Konvention ernst nimmt. Zudem möchten wir die Ausweitung des Pilotprojektes besser begleitet sehen. Wir brauchen die Einbeziehung der Kindertagesstätten und können nicht hinnehmen, dass Kinder mit Behinderungen zwar morgens in die Regelschule gehen können, im Hort aber dann leider keine Aufnahme finden.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das hat Herr Minister heute Morgen beantwortet!)

- Das haben wir gehört, ja, aber bis heute ist das eben leider so.

Das größte Defizit liegt in der knappen Personaldecke und den mangelhaften Fortbildungsmöglichkeiten.

Damit komme ich zum Punkt 3, Fortbildung. Angesichts des immer weiter steigenden Durchschnittsalters der Lehrkräfte in Brandenburg liegt aus unserer Sicht bei der Fortbildung die größte Herausforderung. Fortbildung brauchen wir für Inklusion genauso wie für all die anderen Bereiche der Schulentwicklung sowie der fachlichen und didaktischen Weiterentwicklung.

Exemplarisch nenne ich hier noch einmal die Englischfortbildung: Das war das miserable Ergebnis im Ländervergleich 2010. Der erste unsinnige Reflex, mehr Tests anzukündigen, obwohl wir alle wissen, dass kein Schwein durchs Wiegen fetter wird, und dann die mühselige, über Jahre dauernde Planung für die ersten zweiwöchigen Fortbildungskurse, so konzipiert, dass nach 10 Jahren der gröbste Bedarf hätte gedeckt sein können, wenn nicht auch gleich Kurse mangels Anmeldung ausgefallen wären. Ein zweiwöchiger Kurs - und dann weiter? Nein, man braucht wenig Hellseherfähigkeiten, um abzuschätzen, dass der Effekt solcher Kurse wahrscheinlich kaum die Messbarkeitsgrenze erreichen wird.

Exemplarisch auch die Umgestaltung des BUSS, des Beratungs- und Unterstützungssystems. Es bekommt neue Aufgaben, aufsuchende Beratung, Unterstützung von Schulentwicklung usw. Ich möchte deutlich sagen: Das sind alles wunderbare neue Entwicklungen, aber stattdessen fallen andere wichtige Aufgaben weg, und das wird unter den Teppich gekehrt.