Protocol of the Session on August 30, 2012

Meine Damen und Herren Abgeordnete, der zweite Teil der Sitzung beginnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Fünftes Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabegesetzes für das Land Brandenburg (KAG)

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU

Drucksache 5/5814

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Wichmann erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben diesen Gesetzentwurf zur Änderung unseres Kommunalabgabengesetzes vorgelegt, um ein Dauerthema aufzugreifen, das uns alle hier seit vielen Jahren in unterschiedlicher Art und Weise beschäftigt. Ich denke, jeder von uns hat in seinem Wahlkreis schon mit diesem Problem zu tun gehabt. Das Thema hat den Landtag in den letzten Wahlperioden mehrfach beschäftigt. Es gibt eine umfangreiche Rechtsprechung dazu. Ich will den ganzen Sachverhalt nicht weiter ausbreiten. Er ist den meisten von Ihnen sehr vertraut.

Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf den betroffenen Altanschließern die Möglichkeit einräumen, sich besser gegen die Beitragsbescheide gerichtlich und im Widerspruchsverfahren zur Wehr zu setzen. Machen wir uns nichts vor, das Prozessrisiko ist sehr groß. Die Kosten, die entstehen, wenn jeder einzeln ein Klageverfahren anstrebt, sind enorm. Wir haben es einmal ausgerechnet: Bei einem Beitragsbescheid in Höhe von 2 500 Euro kommen in etwa 1 500 Euro Prozesskosten hinzu. Das sind die Kosten, die man tragen muss, um seine Rechte zu verteidigen. Viele Menschen mit geringem Einkommen scheuen sich, diesen Weg einzuschlagen.

Deshalb sind wir der Ansicht, dass wir mit dem Musterverfahren, wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist, allen Betroffenen eine effektivere, wirksamere und bessere Möglichkeit geben, sich zur Wehr zu setzen. Immer dann, wenn sich Einzelne entscheiden, ein Musterverfahren zu führen, ruhen die Widerspruchsverfahren und ruhen die Gerichtsverfahren und die Menschen können abwarten, bis eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung in der Sache ergangen ist.

(Beifall CDU)

Mit Blick auf die SPD-Fraktion merke ich an - Herr Holzschuher ist jetzt leider nicht im Saal -: Der Fraktionsvorsitzende hat am Dienstag erklärt, er sehe gar keine Notwendigkeit für eine gesetzliche Neuregelung oder Überarbeitung unseres Kommunalabgabengesetzes. Das verstehe ich nicht; denn er sagt, alles könne auf kommunaler Ebene geklärt werden. Ich frage mich nur, warum wir dann an allen Ecken und Enden des Landes diese Probleme haben und warum zum Beispiel gerade die Stadt Jüterbog - das kann man heute im Pressespiegel lesen

gegen den eigenen Zweckverband klagen muss. Das ist so, weil man auf kommunaler Ebene dieses Problem eben nicht gelöst bekommt, Frau Stark!

(Beifall CDU - Frau Stark [SPD]: Man könnte, wenn man wollte!)

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir auch die Gerichte entlasten. Sie alle wissen, wie es um die Verwaltungsgerichtsbarkeit im Land bestellt ist. Als Mitglied des Rechtsausschusses kann ich ein Lied davon singen. Herr Holzschuher müsste eigentlich auch wissen, dass wir da erhebliche Probleme haben, auch was die Verfahrensdauer angeht. Unsere Gerichte und eigentlich auch der Justizminister - er sitzt leider nicht auf der Regierungsbank -

(Zurufe von der CDU: Wo ist er denn?)

müssten ein Interesse daran haben, dass wir nicht noch eine große Klagewelle auf die große Widerspruchswelle draufpacken, die durch das Land geht.

Ich möchte Ihnen zeigen, wie groß die Betroffenheit im Land ist. Der VDGN - ein Vertreter sitzt heute hier im Plenarsaal hat eine Zeitung für seine Mitglieder, in der man eine Landkarte sieht. Dort ist unglaublich viel rot. Damit sind aber nicht die Direktmandate für die Linksfraktion oder für die SPD-Fraktion gemeint.

(Frau Stark [SPD]: Noch nicht!)

Vor allem, liebe Kollegen von den beiden Regierungsfraktionen und vor allem lieber Stefan Ludwig - er ist auch nicht im Saal -: Da sieht man, wie wichtig die Linksfraktion dieses Thema nimmt. Die Reihen sind leer. Herr Dr. Scharfenberg sitzt fast allein dort drüben.

(Beifall CDU - Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Landesvorsitzende der Linkspartei, Stefan Ludwig, hat diesen Artikel und diese Landkarte in der Kreiszeitung des Linksverbandes im Landkreis Dahme-Spreewald, LDS, veröffentlicht und kommentiert. Wahrscheinlich dachte er, es ist alles rot, es ist alles schick. Aber so ist es nicht. Diese Kreise sind nicht rot, weil sie zufrieden sind mit der Arbeit und der Bilanz der Linksfraktion hier im Landtag, sondern sie sind rot, weil sie enttäuscht sind von der Linksfraktion und von dem, was Sie zum Thema Altanschließer bisher zustande gebracht haben.

(Beifall CDU)

Die Probleme sind nach wie vor gewaltig. Der BBU hat vorgerechnet - Sie konnten es im Pressespiegel lesen -, wie viele Wohnungsbauunternehmen betroffen sind. Es sind insgesamt 215 im Land. Es sind ungefähr 350 Millionen Euro allein für die Wohnungsbauunternehmen in unserem Land, die von dieser Altanschließerwelle jetzt direkt und unmittelbar betroffen sind.

Ich muss ehrlich sagen, von Ihnen - vor allem von den Kollegen der Linksfraktion - hört man nichts. Die Wähler sind zu Recht enttäuscht, vor allem, wenn man sich vor Augen führt, was die Linken 20 Jahre hier im Landtag und auch von diesem Rednerpult aus zu diesem Thema gesagt hatten.

(Zurufe von der CDU: So ist es! - Widerspruch von der Fraktion DIE LINKE)

Herr Dr. Scharfenberg, ich kann Ihnen das nicht ersparen. Ich muss Ihnen leider Ihr Zitat vorlesen, das Sie hier am 29. Mai 2008 an diesem Mikrofon den Abgeordneten der damaligen Wahlperiode vorgetragen haben:

„Die Linke spricht sich in aller Deutlichkeit dafür aus, dass die Altanschließer nicht mit Herstellungsbeiträgen belastet werden.“

(Zurufe von der CDU: So sind Sie! - Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

„Wir wissen uns dabei in Übereinstimmung mit mehr als zwei Dritteln der Abwasserverbände, die energisch zum Ausdruck gebracht haben, dass sie Altanschließer nicht veranlagen wollen. (…) Insofern zehren wir nicht vom Oppositionsstatus, sondern verweisen auf einen anderen Ansatz, den wir vertreten haben. Zugleich leisten wir einen Beitrag zur Lösung des schwierigen Problems und beschränken uns nicht auf die Kritik der falschen Weichenstellung durch die Landesregierung.“

Heute, vier Jahre danach, sind Sie bereits seit fast drei Jahren nicht mehr in der Opposition, haben also die Chance gehabt, etwas für Ihre Wählerinnen und Wähler zu erreichen, sind in der Regierungsverantwortung. Ich muss Ihnen ehrlich sagen: in der ganzen Zeit nichts! Still ruht der See. Nicht ein einziger Antrag hier im Plenum!

(Beifall CDU)

Nicht eine einzige parlamentarische Initiative zum Thema Altanschließerbeitrag. Man hört nichts, außer vom neuen frisch gewählten Fraktionsvorsitzenden, der auch nicht da ist, Herrn Görke. Er hat am Dienstag in der Pressekonferenz den versammelten Journalisten gesagt, dass er den Gesetzentwurf der CDU-Fraktion eigentlich gar nicht so schlecht finde. Aber er habe einen Koalitionspartner, und der heißt SPD. Dieser Koalitionspartner sei nicht bereit, etwas zu tun. Deshalb könne die Linksfraktion unserem Gesetzentwurf nicht zustimmen, und Herr Görke möchte weitere Gespräche mit seinem Koalitionspartner führen.

(Aha! bei der CDU)

Dafür hätten Sie Ihre Fraktionsvorsitzende nicht auszutauschen brauchen.

(Anhaltender Beifall CDU)

Wenn das das Einzige ist, was der neue Fraktionsvorsitzende erreicht hat, nach drei Jahren ein Gespräch mit der SPD führen zu wollen, muss ich Ihnen sagen: Das ist eine ganz mickrige Bilanz, die Sie als Linkspartei bisher zu diesem Thema hingelegt haben.

(Zurufe von der CDU: Richtig! Genau!)

Man muss sich schon fragen: Wie lange wollen Sie eigentlich noch Gespräche führen?

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu. Ich möchte meinen Redebeitrag gern fortsetzen.

(Beifall CDU)

Es gibt auch noch eine Zwischenfrage von der Abgeordneten Hackenschmidt.

(Zuruf des Abgeordneten Ness [SPD])

- Herr Ness, bleiben Sie doch einmal ganz ruhig. Sie sind im Moment gar nicht dran.

Lassen Sie mich noch einen Aspekt ausführen. Zeit für Gespräche hatten Sie doch wirklich genug.

(Beifall CDU)

Vor allem hatten Sie, ganz am Anfang dieser Wahlperiode, als Sie Koalitionsgespräche geführt haben, Zeit, Ihr Dauerthema aus den 20 Jahren Ihrer Oppositionszeit irgendwie in den Koalitionsvertrag zu übernehmen. Wenn man den Koalitionsvertrag liest - ich habe mir die Mühe noch einmal gemacht -, stellt man fest: ein einziger Satz zum Thema Altanschließer. Ich lese Ihnen den Satz vor:

„Der Schuldenmanagementfonds für Trink- und Abwassereinrichtungen wird unter dem Dach der Kommunalaufsicht bis 2012 fortgeführt.“

Das war das, was Schwarz-Rot vereinbart hatte. Das kommt nicht von Ihnen. Ansonsten steht im Koalitionsvertrag nichts nicht ein einziges Wort - zum Thema Altanschließerbeitrag.

Es ist schon interessant, wenn man sich wieder anhört und nachliest, was Sie alles hier im Plenum und auch außerhalb des Hauses zu diesem Thema gesagt haben. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, es wäre das Mindeste, dass Sie unseren Gesetzentwurf in den Innenausschuss überweisen, wo wir uns gemeinsam verständigen können, wie wir mit dieser großen Dauerbaustelle weiter verfahren wollen. Betroffene gibt es jedenfalls genug; sie warten lange genug auf ein Entgegenkommen. Wir konnten heute im Pressespiegel von einem neuen Urteil lesen, wonach die Satzung des Zweckverbandes Jüterbog für unwirksam erklärt wurde.