Protocol of the Session on April 25, 2012

Man hat mir vorgeworfen, dass ich bei der S-Bahn 300 000 Zugkilometer dazubestelle. Das ist richtig. Das hat aber mit Schönefeld zu tun, weil der neue Flughafen am 3. Juni in Betrieb geht und im Taktverkehr eine S-Bahn dorthin fährt. Da müssen wir uns entscheiden, was wir wollen: Entweder wollen wir eine S-Bahn - und dann müssen wir sie bezahlen, dann muss ich sie bestellen - oder wir wollen sie eben nicht.

Zu den ländlichen Regionen: Keine Region in Brandenburg wird abgehängt. Bei den entsprechenden Reduzierungen sind Züge mit fünf bis zehn Fahrgästen in Randzeiten dabei. Wir müssen uns fragen, ob wir uns das leisten können und - zur grünen Seite - ob das ideologisch ist - ökologisch ist.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Ideologisch ist es auch!)

- Ideologisch ist es auch, danke. - Auch für den ÖPNV stehen nicht unbegrenzt Mittel zur Verfügung. Ich habe vor - das be

trifft jeden Wahlkreis und die Kommunalpolitik -, trotz der knappen Mittel diese zweckgebundenen 83 Millionen Euro für die kommunale Seite nicht zu kürzen, sondern zweckgebunden 5 Millionen Euro für die Straßenbahn dazuzugeben und alternative Bedienformen zu stärken. Ländlicher und städtischer Raum werden von mir gestärkt.

Zu den Grünen: Kennen Sie einen Winfried Hermann?

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Na klar!)

Das ist einer, der mit mir im Deutschen Bundestag gesessen hat.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Ein Minister!)

- Richtig. - Er war ein richtig glücklicher Mensch. Wir hatten im Bundestag eine richtig schöne Zeit gehabt. Ich habe ihn kürzlich zur Verkehrsministerkonferenz getroffen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Graue Haare!)

Da war die Fröhlichkeit ein Stück weg gewesen. Er hat mir erzählt, er habe für 2013 eine Prognose bekommen, und er hat als grüner Minister 60 Millionen Euro im Regionalverkehr Defizit, in Baden-Württemberg, unter einer grün-roten Landesregierung. Brandenburg steht also nicht allein. Herr Hermann hat Folgendes in der Zeitung - nicht mir gegenüber - gesagt: Der Hauptgrund dafür, dass Baden-Württemberg dieses Defizit hat, sei, dass im Osten Deutschlands Strecken unter 500 Fahrgästen schwach ausgelastete Strecken - bestellt würden, und er wolle sich dafür einsetzen, dass es bei der Revision der Regionalisierungsmittel zu einer Umverteilung von Nord nach Süd komme. Das ist noch nicht einmal ein Ost-West-Problem, das ist eher ein Nord-Süd-Problem. Deshalb müssen wir dafür sorgen - und dies auch zeigen -, dass wir Züge mit fünf Fahrgästen nicht mehr bestellen, damit solche Argumente keine entsprechende Dynamik bekommen.

Zum Bundesfinanzminister:

Herr Minister Vogelsänger, möchten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jürgens zulassen?

Aber selbstverständlich!

Herr Minister, um es noch einmal klarzustellen: Sie haben gerade beschrieben, was das Ziel von Minister Hermann in Baden-Württemberg ist. Teilen Sie denn seine Auffassung?

Also, Herr Abgeordneter, dafür müssten Sie mich doch eigentlich kennen!

(Oh! bei der CDU)

Ich werde ganz engagiert dafür kämpfen, dass Brandenburg auch nach der Revision der Regionalisierungsmittel diese Mittel

zumindest in der jetzigen Höhe weiterhin zur Verfügung hat, weil wir sie dringend brauchen.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Jürgens [DIE LINKE]: Bravo!)

Bei allen Unterschieden, die wir hier sicherlich haben: Dafür sollten wir auch gemeinsam kämpfen.

Zum Bundesfinanzminister: Er sagt natürlich, dass die Finanzierung des Nahverkehrs mit 7 Milliarden Euro sehr auskömmlich sei. Er hat aber andere Interessenlagen. Auch darüber müssen wir uns unterhalten: dass wir dieses Niveau der Regionalisierungsmittel insgesamt halten können. Da bin ich mir übrigens wieder mit Minister Hermann einig: Wir haben einstimmig Beschlüsse mit dem Ziel gefasst, dass dieses Niveau erhalten bleibt.

Zu einem nächsten großen Thema: Wir haben heute einen Tagesordnungspunkt ohne Debatte gehabt, der aber sehr wichtig ist: die Zweckbindung bezüglich der Entflechtungsmittel. Auch da sind wir in Verhandlungen mit dem Bund. Wir werden gemeinsam dafür kämpfen müssen, dass diese 2,5 Milliarden Euro an Entflechtungsmitteln für die Länder 2014 bis 2019 erhalten bleiben. Ich bin ausdrücklich dankbar für den Landtagsauftrag, dass dort auch eine Zweckbindung gesetzlich festgeschrieben wird. Das stärkt unsere Verhandlungsposition gegenüber dem Bund.

Nun zum Besten aus den letzten Wochen: Das Beste aus den letzten Wochen war die engagierte Diskussion zum öffentlichen Personennahverkehr. Ich finde es richtig gut, dass sich Bürgermeister und Bürger Gedanken machen, wie der öffentliche Personennahverkehr organisiert wird. Das haben wir geschafft. Ich wünsche mir, dass dieser Schwung in die Diskussion zum Landesnahverkehrsplan weitergetragen wird, dass wir dann engagiert dafür kämpfen, dass Brandenburg einen attraktiven ÖPNV behält, und dass die Menschen in allen Teilen Brandenburgs mobil bleiben. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister Vogelsänger. - Sie haben für Herrn Kollegen Jungclaus und die anderen eine Redezeit von einer Minute und 49 Sekunden „erwirtschaftet“. Diese Redezeit kann jetzt genutzt werden. Herr Abgeordneter Jungclaus, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Wir haben die Argumente ausgetauscht, und ich glaube, wir alle sind nicht so weit auseinander. Zu zwei Sachen möchte ich trotzdem etwas sagen. Frau Kircheis, wenn immer davon gesprochen wird, dass nur zwei oder drei Fahrgäste in einem Zug sind, würde ich anregen, dass wir nicht über die wenigen Fahrgäste reden, die in den Zügen sind, sondern dass wir doch einmal über diejenigen reden, die noch nicht in den Zügen sind, und vor allen Dingen darüber, warum sie noch nicht in den Zügen sind.

(Beifall GRÜNE/B90)

Zu dem Punkt, dass Strecken stillgelegt oder Takte ausgedünnt werden müssen: Wenn Sie annehmen, dass wir etwa per se ge

gen Taktausdünnungen oder Streckenstilllegungen seien, wurde ich falsch verstanden. Wogegen wir aber sind, ist, dass intransparent, ohne mit den Regionen zu reden, schöne Grafiken an die Wand geworfen werden, worauf orange Striche sind und wo Zahlen in Höhe von 500 in den Raum gestellt werden, ohne dass die einzelnen Strecken individuell angeschaut werden. Daher sind wir gegen irgendwelche pauschalen Zahlen, sondern wir sind der Auffassung, dass jede Strecke einzeln angeschaut werden muss.

(Holzschuher [SPD]: Deswegen haben wir uns alle sehr genau angeguckt!)

Trotzdem freue ich mich über die Ankündigung, dass der Antrag überwiesen wird. Wie nicht anders zu erwarten war, haben wir aber seitens des Ministers wieder etliche Argumente gehört, warum er nicht mehr Geld für SPNV und ÖPNV zur Verfügung stellt, warum der Handlungsspielraum für ihn so begrenzt sei und dass er eigentlich gar nichts für die Situation könne. Wir haben gehört, dass die Fahrgäste schuld seien, weil sie die Bahn zu wenig benutzen. Der Landeshaushalt sei schuld, weil bei sinkendem Volumen alle Ministerien sparen müssten. Die Schwaben seien schuld, vor allem die Grünen. Der Bund sei schuld, weil die Bahn zu hohe Renditeerwartungen habe. Die Regionen seien schuld, weil sie zu viel forderten, ohne dabei an andere Regionen zu denken.

(Zuruf der Abgeordneten Alter [SPD])

Nur im eigenen Hause wird nicht nach Verantwortung gesucht.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU - Bischoff [SPD]: Es fahren ja wenig Rad!)

Alle diese Ausreden wären noch hinnehmbar, wenn sie von einem Abteilungs- oder Referatsleiter kämen, vielleicht auch von einem Staatssekretär. Von einem Minister aber erwarten wir, dass er sich zu seiner Verantwortung bekennt und dass er sich mit Elan und Durchhaltevermögen gegenüber Finanzminister und Ministerpräsident durchsetzt, meine Damen und Herren, nicht mehr, aber auch nicht weniger!

(Widerspruch der Abgeordneten Frau Kaiser und Jürgens [DIE LINKE])

Ich freue mich daher, dass unser Antrag nun in den Ausschüssen diskutiert wird und wir hoffentlich gemeinsam eine vernünftige Lösung für die zukünftige Ausgestaltung von SPNV und ÖPNV in Brandenburg finden.

Als letzter Redner des Tages wünsche ich Ihnen allen einen schönen Heimweg, natürlich vor allen Dingen dann, wenn Sie noch einen der letzten fahrenden Züge bekommen. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus.

Es gibt jetzt noch die Möglichkeit, 1:49 Minuten zu sprechen. Diese Möglichkeit wird nicht in Anspruch genommen. Dann sind wir wirklich am Ende der Aussprache angelangt. Wir können noch häufig miteinander über dieses Thema sprechen.

Wir kommen zur Abstimmung. Es liegt der Antrag auf Überweisung des Antrags der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/5129, an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft vor. Wer diesem Überweisungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Wer ist dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 15 und damit die heutige Sitzung.

Ich wünsche uns noch einen schönen Abend beim Parlamentarischen Abend des Sparkassenverbandes.

Ende der Sitzung: 19.08 Uhr