Forschung, Erdwärme, Braunkohle, Windenergie und Netzausbau. Stichwort eins: Forschung. Die angestrebte Energiewende kann nur gelingen, wenn wir uns öffnen und eingefahrene ideologisch belastete Pfade verlassen. Wir dürfen den Blick nicht auf Windkraft und Solarenergie verengen. Wir brauchen den Mut, uns breiter aufzustellen und auch in anderen Feldern nach neuen Lösungen zu suchen. Eine leistungsfähige Wissenschaft mit breit aufgestellter Forschung kann uns in Brandenburg auf der Suche nach alternativen Formen der Energieerzeugung und -verbreitung unterstützen.
Erhebliches Potenzial liegt zum Beispiel im Einsatz von Brennstoffzellen und in der Konstruktion leistungsfähiger Batterien. Ohne Forschungserfolge in diesen Bereichen können wir die ambitionierten Ziele der Energiepolitik nicht erreichen.
Um das umsetzen zu können, braucht die Forschung Vielfalt, freien Wettbewerb und ausreichend Geld. Die einseitig von oben herab verordnete Zusammenlegung der BTU Cottbus und der Fachhochschule Lausitz ist jedoch kein gutes Signal.
Warum ist das so? Weil Sie wieder nicht vorher mit den Beteiligten gesprochen haben, mit denen, die Ahnung davon haben!
Dieses Projekt mit dem vielversprechenden Namen „Energieuniversität“ muss mit beiden Hochschulen gemeinsam diskutiert und umgesetzt werden. Wir haben Vertrauen in unsere Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen und wollen deshalb ihre Unabhängigkeit und ihre finanzielle Ausrichtung stärken. Wir Deutschen waren immer dann stark, wenn es um kreative und praxistaugliche Erfindungen ging. Wir haben in Brandenburg ein hervorragendes Potenzial, um in der Forschung und Entwicklung spitze zu sein.
Unser Land ist für Erdwärmenutzung sehr gut geeignet. In den letzten Jahren haben deshalb immer mehr Häuslebauer in Brandenburg Erdwärme als Heizung gewählt. Will man die Erdwärme aber auch für Stromerzeugung nutzen, muss man mindestens 400 Meter tief bohren. Brandenburger Böden sind dafür bestens geeignet. Trotzdem hat die Erdwärme derzeit nur einen Anteil von einem halben Prozent an alternativen Energien,
und sie hat bis jetzt leider keine Lobby. Gerade weil dieses Potenzial hier in Brandenburg so vielversprechend ist, müssen Forschung und Entwicklung stärker unterstützt werden.
Meine Damen und Herren, nur wenige hundert Meter vom Landtag entfernt befindet sich das GeoForschungsZentrum, ein hervorragender Partner gerade bei der weiteren Erkundung der Erdwärme in Brandenburg.
Kommen wir zum dritten Stichwort, Braunkohle: Strom aus Sonnenenergie steht reichlich zur Verfügung, wenn die Sonne scheint. Genau dann brauchen die Menschen jedoch meist wenig Strom, genauso wie Heizung und Licht. Wenn am frühen Morgen starker Wind weht, dann nutzt es nur den Frühaufstehern. Wir brauchen eine Stromerzeugung, die auch dann funktioniert, wenn gerade kein Wind weht und gerade keine Sonne scheint,
- Ja. - Der Rohstoff Braunkohle ist vergänglich, beim Abbau werden ganze Landstriche verwüstet, und bei der Stromerzeugung entsteht Kohlendioxid. Das sind drei wesentliche Nachteile und Zumutungen. Nicht zuletzt, weil wir auf Kernenergie verzichten wollen, werden wir die Braunkohle noch mehrere Jahrzehnte bis zur kompletten Umstellung auf die alternativen Energieformen benötigen. Deshalb darf diese Technologie nicht auf dem heutigen Stand stehenbleiben. Sie muss sparsamer und besser werden. Deshalb sind neue, saubere und effizientere Kraftwerke notwendig.
Mit den Braunkohlekraftwerken verhält es sich ähnlich wie mit Autos: Autos mit Verbrennungsmotoren werden weiter gebaut und weiterentwickelt, weil es noch nicht genügend leistungsfähige bezahlbare und tatsächlich umweltfreundliche Elektroautos gibt. Trotzdem wissen wir, dass das die Zukunft sein wird. Deshalb bekennen wir uns zur Braunkohle als Wegbereiter für die Entwicklung neuer Energiequellen.
Wir geben der Lausitz mit ihren rund 17 000 Arbeits- und Ausbildungsplätzen Planungssicherheit - wenigstens für die nächsten 30 bis 40 Jahre. Auch das, meine Damen und Herren, gehört zu einer brandenburgverträglichen Politik.
Kommen wir zum vierten Stichwort, Windenergie: Neun von zehn Brandenburgern leben gern in Brandenburg. Das wissen wir durch eine Forsa-Umfrage. Der meistgenannte Grund ist mit überragendem Abstand die schöne Natur und die schöne
Landschaft. Märkische Heide und märkischer Sand sind nicht nur das Markenzeichen Brandenburgs, die weitläufige Landschaft ist auch unser Kapital. Für die Lebensqualität der Menschen und für den Tourismus ist der Erhalt unserer Kulturlandschaft wirklich wichtig. Deshalb müssen wir ganz besonders behutsam mit ihr umgehen. Jeder, der durch unser Land fährt, kann sehen, dass wir bei der Windkraft unseren Beitrag geleistet haben. Es gibt mehr als 3 000 Windkraftanlagen in unserem Land. Damit werden wir unserer Verantwortung in diesem Bereich mehr als gerecht. Nur in Niedersachsen gibt es noch mehr Windräder als in Brandenburg; das Land ist aber auch mindestens eineinhalbmal so groß.
Vor zwei Wochen haben wir auf einer Veranstaltung zum Thema Windenergie wieder mit Bürgern gesprochen, und wir haben wie so oft - zugehört. Ich sage Ihnen: Die Grenze der Belastbarkeit durch den Ausbau der Windkraft in Brandenburg ist erreicht.
Das sehen wir genauso. Deshalb muss der bisherige Plan aufgegeben werden, 2 % der verfügbaren Landesfläche für Windkraft nutzen zu wollen. 2 %, meine Damen und Herren, entsprechen einer Fläche, die zwei Mal so groß ist wie Potsdam. Das muss man sich vorstellen: die doppelte Größe von Potsdam wird eingeplant, um sie mit Windkraftanlagen zuzubauen.
Auch die CDU hat das früher anders eingeschätzt. Doch zu ehrlicher Politik gehört eben auch, den eigenen Standpunkt zu hinterfragen und gegebenenfalls zu korrigieren. Bei den Projekten, die bereits in Planung sind, brauchen wir einheitliche Mindestabstände. Windräder müssen einen Abstand zu Wohnhäusern einhalten, der mindestens ihrer zehnfachen Höhe entspricht.
Wir fordern, dass die Bürger vor Ort selbst entscheiden können, ob und in welchem Umfang sie noch Windenergie vor ihrer Haustür haben wollen. Wir erwarten, dass die schon vorhandene Windenergie in vollem Umfang genutzt wird. Es kann nicht sein, dass die Bewohner in Elbe-Elster im wahrsten Sinne des Wortes von Windrädern umzingelt sind
Damit komme ich zum letzten Stichwort, Netzausbau: Wir brauchen leistungsfähige Leitungen und flexible Netze, um die Energien dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden. Viele Brandenburger wollen, dass diese Leitungen unterirdisch verlegt werden, damit die Landschaft weniger verschandelt und die Umwelt weniger beeinträchtigt wird. Aber: Die Kosten für eine Erdverkabelung sind viel höher, und auch
hier gibt es nicht unerhebliche Folgen für die Natur. Erst mit einer umfassenden Informations- und Aufklärungsarbeit über die jeweiligen Vor- und Nachteile von Stromleitungen können wir gemeinsam mit den Brandenburgern entscheiden, welche Form des Netzausbaus richtig und damit auch brandenburgverträglich ist.
Alles in allem sind wir der Meinung, dass die Brandenburger bei der Entwicklung von alternativen Energien zur Spitzengruppe Deutschlands gehören. Wir Brandenburger sind Vorreiter beim Klimaschutz.
Deutschland hat es uns zu verdanken, dass der CO2-Ausstoß in den letzten 20 Jahren dramatisch zurückgegangen ist. Aber auch in unserem Land ist die gesellschaftliche Akzeptanz für die damit verbundenen Zumutungen nicht grenzenlos. Zwar ist die Mehrheit der Bürger alternativen Energien gegenüber positiv eingestellt, jedoch liegen wir im bundesweiten Vergleich mit unseren Zustimmungswerten zu Wind- und Solarenergie nur auf einem der hinteren Plätze. Die Akzeptanz von Solarparks oder Windkraftanlagen in der unmittelbaren Nachbarschaft ist laut einer Forsa-Umfrage in Brandenburg sogar am geringsten. Auch das muss man in Betracht ziehen, wenn man brandenburgverträgliche Energiepolitik betreiben möchte.
Meine Damen und Herren, all dies kann man erfahren und berücksichtigen, wenn man durch das Land fährt,
und ihnen zuhört. Selbst wenn man Potsdam nicht verlässt, kann man das erfahren. Herr Platzeck, erinnern Sie sich? Wir haben hier im Landtag eine Anhörung veranstaltet. Erinnern Sie sich? Über 30 Fachleute aus allen Energiebereichen haben in diesem Saal ihre Erkenntnisse vorgestellt. Erinnern Sie sich? Nach dieser Anhörung haben die Abgeordneten Ihrer Koalition Änderungsvorschläge an Sie geschickt. Erinnern Sie sich? Nein, wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht, denn Sie haben nicht einen einzigen dieser Vorschläge aufgegriffen.
Herr Platzeck, wie soll ich Ihnen dann ernsthaft glauben, dass Sie dem Bürger offen zuhören, wenn Sie noch nicht einmal Ihren eigenen Abgeordneten Gehör schenken?