Protocol of the Session on May 19, 2011

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Der Chef der Staatskanzlei, Herr Staatssekretär Gerber, erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir reden heute über ein ernstes und wichtiges Thema. Es ist natürlich auch für die Landesregierung klar, dass wir in dem Zusammenspiel zwischen Legislative und Exekutive auf eine gute und gedeihliche Zusammenarbeit setzen und auf sie angewiesen sind. Ich gehe davon aus - ich glaube, auch die Mehrheit hier im Hause -, dass das, was wir hier tun, auf demokratischer Basis stattfindet. Wir tun hier nichts, was in irgendeiner Form nicht demokratisch ist. Das will ich als Erstes sagen.

(Beifall SPD und von Minister Dr. Markov)

Die rechtliche Ausgangslage für diese Debatte ist im Wesentlichen durch drei Vorschriften geprägt: Artikel 91, Artikel 94 der Landesverfassung und § 50 der Geschäftsordnung des Landtages. Nach der Landesverfassung bedürfen Staatsverträge der Zustimmung des Landtages. Nach der Landesverfassung vertritt der Ministerpräsident das Land nach außen. Das betrifft insbesondere die Verhandlungen über Staatsverträge.

Wenn es so wäre, dass der Landtag mit einem Staatsvertrag erst dann befasst würde, nachdem ihn die Landesregierung bereits unterzeichnet hat, dann könnte daraus ein Konflikt entstehen. Dem haben wir aber durch Artikel 94 der Landesverfassung vorgebeugt, der die frühzeitige und vollständige Unterrichtung über die Vorbereitung, zum Beispiel von Gesetzen, vorsieht. Das gilt auch für den beabsichtigten Abschluss von Staatsverträgen.

Um die Beteiligungsrechte des Landtages und seiner Ausschüsse zu konkretisieren, haben Landtag und Landesregierung im Oktober 2010, also ganz frisch, eine Vereinbarung geschlossen. Darin haben wir gemeinsam festgestellt, dass mit der Einleitung des Kabinettsverfahrens der Landtag über den beabsichtigten Abschluss von Staatsverträgen zu unterrichten ist. Eine Beteiligung des Landtages oder einzelner Abgeordneter an den Vertragsverhandlungen selbst, Frau Teuteberg, kommt nach Artikel 91 und Artikel 94 der Landesverfassung nicht in Betracht. Das gilt auch für die Beteiligung an Anhörungen, wenn sie denn überhaupt als mündliche Anhörungen stattfinden.

(Unruhe im Saal - Glocke der Präsidentin)

Das schließt aber nicht aus, dass sich der Landtag aufgrund seines Befassungsrechts schon im Vorfeld zum Beispiel durch Stellungsnahmen einbringt. Herr Görke hat vorhin auf die Möglichkeiten und die diversen Gelegenheiten, die es dazu gab, hingewiesen und es steht dem Landtag bzw. seinen Ausschüssen natürlich frei, Informationen zu bewerten, Stellungnahmen abzugeben und zu beschließen, die die Landesregierung dann in die Verhandlungen einbezieht. Wir halten uns selbstverständlich an diese Vereinbarung mit dem Landtag, und der Landtag hat, seit wir diese Vereinbarung haben, eine Vielzahl von Unterrichtungen erhalten.

Nun möchte ich aber noch einmal zum politischen Teil des Ganzen kommen. Staatsvertragsverhandlungen gehören zu den kompliziertesten Verhandlungen, die es gibt. Es müssen dort

16 Länderinteressen und auch eine Fülle von Koalitionskonstellationen, die es in diesen Ländern gibt, unter einen Hut gebracht werden. Es gibt 16 Bundesländer und dementsprechend eine große Zahl von Koalitionen, sodass ich, was die politischen Diskussionen über das Für und Wider einzelner Modelle betrifft, davon ausgehe, dass alle wesentlichen politischen Forderungen bzw. Implikationen auf die eine oder andere Weise durch diese oder jene Regierungskoalition in diese Verhandlungen eingebracht werden.

Aktuell gibt es ein gutes Beispiel, was den Einfluss Ihrer Partei bei Staatsverhandlungen betrifft: den Glücksspielstaatsvertrag.

(Bischoff [SPD]: Ja!)

15 Länder sind sich darin einig. Aber eine Regierung, in Schleswig-Holstein, die von CDU und FDP gestellt wird, hat eine ganz andere Auffassung, und der Einfluss der FDP auf diese Staatsvertragsverhandlungen wird ganz erheblich über diese Regierungskoalition ausgeübt. Das ist die Mühsal - oder wie auch immer man das nennen will - des Föderalismus, dass hier auch die Interessen verschiedener Konstellationen berücksichtigt werden müssen. Ich denke schon, dass das föderale System insgesamt gut ausbalanciert und das Wechselspiel zwischen den Interessen gut austariert ist und beiden Verfassungsorganen den richtigen Raum gibt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Staatssekretär Gerber. - Das letzte Wort erhält die FDP-Fraktion. Die Abgeordnete Teuteberg wird die Debatte beenden.

Frau Teuteberg (FDP)

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Ich hätte schon erwartet, dass nach „Stuttgart 21“ hier nicht der Irrtum passiert, öffentliche Debatten mit Beteiligungs- und Entscheidungsrechten zu verwechseln. Das Vokabular ist durchaus verräterisch. Bewerten, Abgeben, Unterrichten ist eben nicht dasselbe wie Debattieren, Anhören, Entscheiden.

Herr Görke, das Verlesen von Protokollen mag Ihren pädagogischen Impetus unterstreichen, aber es belegt nicht Ihre Aussagen, denn Sie beweisen damit eher das Gegenteil, nämlich, dass die Abgeordneten darauf angewiesen sind, Informationen vom Hörensagen zu bekommen - Berichte des Chefs der Staatskanzlei oder des Regierungschefs -, aber sich nicht selbst an den Diskussionen bzw. Anhörungen mit Experten beteiligen zu können,

(Görke [DIE LINKE]: Das hätten Sie doch machen kön- nen!)

sich selbst ein Bild davon zu machen, wie weit die Bedenken tragen oder wie gut die dagegen stehenden Argumente sind.

(Beifall FDP - Görke [DIE LINKE]: Das ist doch kein Wunschkonzert!)

Wir alle sind als Abgeordnete den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber in der Pflicht.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Genau! Sie auch!)

Nicht diejenigen, die in der Staatskanzlei Staatsverträge aushandeln, müssen den Bürgerinnen und Bürgern gegenüber Rede und Antwort stehen, warum zum Beispiel die Rundfunkgebühren wieder steigen, sondern die Abgeordneten. Sie müssen ein Ergebnis vertreten, an dessen Aushandlung sie nicht beteiligt waren. Wir haben allfällig Diskussionen um mehr Bürgerbeteiligung. Wenigstens die Abgeordneten sollten im Rahmen des parlamentarisch Möglichen mehr Informations- und Gestaltungsrechte erhalten, vor allem dann, wenn es um komplexe Gesetzgebungsprozesse geht, wie sie Staatsverträge erfordern.

Mehr Demokratie, mehr Beteiligung, Mut- statt Wutbürger, das sollte auch für uns Abgeordnete gelten. Wir brauchen mutige Abgeordnete, die sich in Verfahren und Entscheidungen einbringen. Deshalb bitte ich Sie noch einmal herzlich um Zustimmung zur Überweisung der Anträge in den Haupt- und Rechtsausschuss. Auch dort können Sie Ihre Bedenken durchaus geltend machen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Teuteberg. - Wir sind hiermit am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstim

mung. Es geht zunächst um die Überweisung. Die FDP-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages in der Drucksache 5/3186 an den Hauptausschuss - federführend - und an den Rechtsausschuss. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung und einer deutlichen Mehrheit der ablehnenden Stimmen ist der Überweisung nicht entsprochen worden.

Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Sache, Drucksache 5/3186, „Landtag stärker und rechtzeitig in Verhandlungen zu Staatsverträgen einbeziehen“. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Enthaltungen ist dem Antrag nicht Folge geleistet worden; er ist abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 sowie die heutige Sitzung und wünsche Ihnen noch viel Vergnügen beim Empfang der „MOZ“ in Le Manège. Kommen Sie gut über das Wochenende!

Ende der Sitzung: 16.26 Uhr