Protocol of the Session on April 2, 2009

Überlegen wir doch einmal gemeinsam nicht in Richtung einer Gemeinschaftsschule, sondern in die Richtung, wie wir Eltern dazu bewegen können, dass sie ihrer Verantwortung gerecht werden.

(Frau Große [DIE LINKE]: Wir wollen Sprachunterricht mit vier Jahren!)

Wenn die Kinder die Zuckertüten in der Hand halten, ist das mit der Lesekompetenz meistens schon etwas schwieriger geworden. Deswegen müssen wir die Eltern schon bei der Geburt des Kindes oder jedenfalls vor dem Schuleintritt dafür begeistern, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Wenn Sie die genannte Untersuchung nicht haben, stelle ich sie Ihnen gern zur Verfügung. Dann können Sie das in aller Ruhe lesen und sich als Fraktion ein Bild machen.

Ich komme zum dritten Punkt. Es ist jetzt Mode, Unterlagen mit nach vorn zu bringen. Ich mache das jetzt einmal nach. In der letzten Woche ist eine Untersuchung veröffentlicht worden, wie Lehrer in der Öffentlichkeit gesehen werden. 68 % der Menschen sagen unter anderem, dass Schüler selbst für ihre Leistungen verantwortlich sind. Wenn sie es nicht schaffen, liegt es vielleicht daran, dass sie zu viel fernsehen oder zu viel am Computer spielen. Das sagen nicht wir als Union, das sagen nicht Sie als Linkspartei, das sagen auch nicht die Kollegen der SPD, sondern das sagen 68 % der Menschen. Es besteht also ein extrem enger Zusammenhang zwischen dem, was Familien bieten können, und dem Lernerfolg.

Ich will nicht in Abrede stellen, dass wir in Brandenburg ein chancengerechtes Bildungssystem bauen und umsetzen müssen. Wir sind da auf einem guten Weg. Es herrscht nicht immer Übereinstimmung. Das konnten wir heute Morgen auch hören. Es gibt aber eine Große Koalition, die sich dem verschrieben hat.

(Frau Große [DIE LINKE]: Es geht um Soziales und nicht um Fernsehen!)

Sie haben heute nicht ein einziges Mal über Familie oder

Verantwortung von Eltern gesprochen. Das spielt in diesem Zusammenhang aber eine ganz entscheidende Rolle.

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Ich bitte Sie, das entsprechend zu berücksichtigen. Sie werden es noch erleben, wenn Sie selbst als Vater Verantwortung haben. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD - Frau Große [DIE LINKE]: Ich werde nicht Vater! Ich bleibe immer Mutter! - Krause [DIE LINKE]: Er ist ein bisschen durcheinander!)

Herr Minister Rupprecht erhält für die Landesregierung das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anders als Herr Senftleben werde ich jetzt nichts zu zukünftigen Koalitionen sagen, sondern zu dem Antrag reden.

Ich sage zunächst, die Grundannahme des vorliegenden Antrags ist richtig: Der darin hergestellte Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungsbeteiligung und auch Bildungserfolg hat sich in Brandenburg im Vergleich der PISA-Studien von 2000 und 2006 verändert. Er ist stärker geworden - das ist so -, gleichzeitig - das ist bisher noch nicht gesagt worden - haben sich die durchschnittlichen Leistungen aller Schülerinnen und Schüler verbessert. Dieser Effekt ist übrigens nicht nur ein PISA-Effekt, sondern er ist nachweislich auch bei der IGLULesestudie zu erkennen. Hier zeigt sich also eine ähnliche Veränderung im Zeitraum von 2001 bis 2006: Die durchschnittlich gestiegenen Leistungen aller Schülerinnen und Schüler gehen also einher mit einer stärkeren Kopplung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg.

Bei der Frage, warum das so ist, gibt es aufgrund der bisher begonnenen Detailanalysen in meinem Haus Hinweise darauf, dass dies auch - ich sage: auch! - mit der in den letzten Jahren eingetretenen sozialen Veränderung in der Bevölkerung zusammenhängt. Sowohl Frau Große als auch Frau Geywitz haben schon darauf hingewiesen. Ich will es trotzdem wiederholen. Das Zusammenspiel von Abwanderung im berlinfernen Raum und Zuwanderung im berlinnahen Raum hat zu einer teilweise veränderten sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft geführt. So haben zugewanderte Eltern im berlinnahen Raum zum Teil deutlich überdurchschnittlich gute Schul- und Ausbildungsabschlüsse und legen großen Wert auf möglichst hohe Schulabschlüsse, was sich dann natürlich auch wieder positiv auf die Schulleistungen ihrer Kinder auswirkt. Das sind Fakten, Frau Große, und keine hilflosen Erklärungsversuche, wie Sie vorhin gesagt haben.

Da wir diese Zuwanderung nicht unmittelbar beeinflussen können und wollen, besteht ein naheliegender Weg zur Herstellung von mehr Bildungsgerechtigkeit darin, Kinder und Jugendliche aus eher bildungsfernen Schichten noch besser als bisher und noch individueller als bisher zu fördern. Das ist für die Zukunft unser primäres Ziel.

Damit hat das MBJS in den letzten Jahren bereits begonnen: Die Analyse zum Beispiel der besonderen Benachteiligungen

von Jungen, die wir hier vorgelegt haben, hat zu Maßnahmen geführt, die wir vor kurzem in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2682 - wenn jemand nachblättern möchte - ausführlich darstellen konnten. Erste Erfolge zeichnen sich ab. Aber auch auf anderen Handlungsfeldern haben wir unsere Maßnahmen kontinuierlich überprüft und weiterentwickelt.

Den fortgeschriebenen Maßnahmenkatalog nach PISA finden Sie übrigens seit Dezember letzten Jahres auf den Internetseiten des MBJS. Dort werden die verschiedenen Maßnahmen ausführlich erklärt, erläutert und beschrieben. Seit Jahren arbeitet mein Haus auch daran, die Grundlage für spätere Bildungserfolge, nämlich die Arbeit mit Kindern im Elementarbereich, zu verbessern. Erfolge zeigen sich hier naturgemäß nicht sofort. Wir alle wissen, wenn man erfolgreich mit Fünfjährigen arbeitet und an PISA denkt, dann muss man sich vor Augen führen, dass sich die Erfolge dieser Arbeit erst zehn Jahre später zeigen werden. Dann weiß man, ob man gut oder schlecht gearbeitet hat.

Gegenwärtig - Frau Große hat dankenswerterweise darauf hingewiesen - arbeiten wir verstärkt daran, die Ganztagsangebote im Land auszuweiten und zugunsten individueller Förderung weiter zu qualifizieren. Es geht nicht nur um Quoten der Beteiligung, sondern es geht auch um Qualität in Ganztagsschulen. Außerdem werden wir Maßnahmen zu mehr und besserer Leseförderung vorbereiten, und die Beratungs- und Unterstützungsangebote für besonders bedürftige Schulen sollen verstärkt werden.

All dies - das will ich zum Schluss noch einmal sagen - kann leider nicht zu schnellen und spektakulären Erfolgen führen. Mittelfristig werden wir damit aber - davon bin ich überzeugt herkunftsbedingte Nachteile eines Teils unserer Schülerinnen und Schüler ausgleichen können.

Noch eine abschließende Bemerkung. Die Rahmenbedingungen für die von mir beschriebenen Reformmaßnahmen waren in den letzten Jahren wahrlich nicht besonders günstig. Schulschließungen und damit verbundene Personalumsetzungen sind dabei eher hinderlich. Aber auch hier - das habe ich erfreulicherweise schon öfter feststellen können - sind wir sozusagen am Ende des Tunnels angekommen. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass der weitere Fortgang der eingeleiteten Reformschritte erfolgreich sein wird. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag in der Drucksache 4/4733 Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und ich rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Ausländer-Patenschaften zur Entlastung der Steuerzahler

Antrag der Fraktion der DVU

Die Debatte beginnt mit dem Beitrag der Abgeordneten Fechner von der DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Vermutlich wird unser Antrag wieder einmal den gewohnten Reflex auslösen, der DVU-Fraktion Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen.

Doch, meine Damen und Herren, wenn Sie das tun, dann müssen Sie sich fragen lassen, was für Sie Vorrang hat: der Rechtsstaat und seine unbedingte Geltung oder ein trickreiches Auftun möglichst vieler Schlupflöcher, um den Rechtsstaat auszuhebeln.

Für uns als national-freiheitliche DVU-Abgeordnete

(Lachen des Abgeordneten Schippel [SPD])

ist es in dieser Frage leicht, Stellung zu beziehen: Wir wollen den Rechtsstaat.

(Beifall bei der DVU)

Wir bekennen uns zu ihm und lehnen es ab, wenn eine aus Linksdemagogen und anderen zusammengesetzte Ausländerlobby, genannt Härtefallkommission, rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber doch noch dem deutschen Steuerzahler auf die Tasche legt.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Wenn Sie hier mit Humanität argumentieren, um abgelehnte Asylbewerber am Rechtsstaat vorbeizulancieren, dann unterstellen Sie, dass der Rechtsstaat selbst nicht human sei. Nach dieser Logik kann Humanist nur der sein, der bereit ist, den Rechtsstaat abzulehnen.

(Frau Lehmann [SPD]: Was?)

Eine solche Haltung ist für die DVU ein glatter Verstoß gegen das Grundgesetz, der mit uns nicht zu machen ist.

(Beifall bei der DVU)

Wir schlagen deshalb mit dem heutigen Antrag vor, dass natürlich in extremen Härtefällen Bleiberechte für abgelehnte Asylbewerber gelten sollen. Wir erwarten aber, dass diese Ausländer - wohlgemerkt, es handelt sich um rechtskräftig abgelehnte Asylbewerber - nicht den öffentlichen Haushalt belasten, sondern einen privaten Spender vorweisen können.

(Frau Lehmann [SPD]: Sie zum Beispiel!)

Wenn Sie es also wünschen, meine Damen und Herren, dass ein rechtskräftig ausreisepflichtiger Asylbewerber trotzdem in Deutschland sein Wesen treiben soll,

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

dann zahlen Sie doch bitte persönlich dafür

(Zurufe von der SPD)

und bürden Sie die Kosten nicht der deutschen Allgemeinheit auf.

Meine Damen und Herren, bevor Sie dann wieder in Ihren Gegenreden uns mit Schmähungen und Hetze überziehen, bedenken Sie bitte, dass in unserem Nachbarland Österreich erst vor wenigen Wochen ein ähnliches Gesetz verabschiedet wurde. Dieses Gesetz wurde von der dortigen CDU - ÖVP eingebracht und mit den Stimmen der dortigen SPD und CDU verabschiedet.

Möge es also auch genauso demokratisch in Brandenburg zugehen,

(Minister Speer: Von Österreich kommt nicht immer was Gutes.)

und mögen Sie die Notwendigkeit erkennen, unserem Antrag im Interesse des deutschen Steuerzahlers zuzustimmen. - Zunächst bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.