Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein spannender Punkt, den wir als letzten auf der heutigen Tagesordnung haben. In dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE ist vorgesehen, Gewerbesteueranteile, die von den Kommunen an das Land gehen, ganz abzuschaffen, also darauf zu verzichten. Sie setzen dann aber noch eins drauf. Sie wollen nämlich, dass wir eine Initiative im Bundesrat starten mit dem Ziel, diese gänzlich abzuschaffen. Dazu werde ich noch etwas sagen.
Auf den ersten Blick mag man den Eindruck haben, dass der finanzielle Spielraum der Kommunen erweitert werden soll und dass das eine ganz löbliche Angelegenheit ist. Auf den zweiten Blick ist aber dann doch etwas zu kritisieren. Erstens haben wir die Schwierigkeit, dass wir das aus rein formalen Gründen für dieses Jahr 2009 gar nicht mehr geregelt bekämen, weil der Haushalt 2008/2009 bekanntlich beschlossen ist und eine Ausgabeermächtigung, die wir dafür bräuchten, in diesem Haushalt gar nicht vorgesehen ist.
Zweitens: Wir haben heute Vormittag eifrig über die Frage diskutiert, wie die Kommunen am Konjunkturpaket II partizipieren können, wie sie unterstützt werden können und ihre Investitionen tatsächlich auch tätigen können. Diese Diskussion müssen und sollten wir meiner Meinung nach auch weiterführen. Zur Redlichkeit gehört aber, zu sagen, dass wir bis jetzt keinen Überblick darüber haben, was überhaupt gedreht werden kann, was überhaupt möglich ist. Sie unterstellen an dieser Stelle, dass die Kommunen nicht in der Lage sind, ihren Eigenanteil dazu zu erbringen. Dies stimmt zumindest nicht für alle Kommunen im Lande. Zur Wahrheit gehört also auch, dass die Finanzausstattung in den Kommunen sehr unterschiedlich ist, dass es also durchaus Kommunen gibt, die da sehr schnell sehr viel Geld gedreht bekommen werden.
Wir haben für die Kommunen 2 Milliarden Euro - das ist ein Batzen Geld - zur Verfügung gestellt. Diese 2 Milliarden Euro fallen, was ebenfalls zur Wahrheit gehört, nicht vom Himmel.
Diese 2 Milliarden Euro speisen sich aus Steuern und SoBEZ, Sonderbedarfsergänzungszuweisungen. Ich wiederhole: Dieses Geld fällt nicht einfach vom Himmel! Wir sollen - da bin ich bei meinem kritischen Punkt und Ihrem Antrag - beim Bund dafür sorgen, dass sie bundesweit abgeschafft werden. Die Sonderbedarfsergänzungszuweisungen, die wir hier in den neuen Ländern dringend brauchen und die eine wichtige Aus
stattung auch für unsere kommunalen Finanzen bedeuten, speisen sich unter anderem aus der erhöhten Abgabe der Kommunen in den alten Ländern, nämlich von ihren Anteilen an der Gewerbesteuer. Wir zahlen auf der Landesebene 22 %, in den alten Ländern sind es 51 %. Diese 51 % zahlen die, damit sie uns helfen können. Wir wären ja...,
Mein Fazit an dieser Stelle: Die Leistungsfähigkeit unserer Kommunen weiter zu stärken ist unsere dringende, hervorragende Aufgabe. Dafür sollten wir alle Kraft einsetzen; denn nur so werden sie ihre eigenen Aufgaben bewältigen können. Die Stärkung der Finanzkraft steht dabei über allem. Eine neue Umverteilungswelle wird uns dabei nicht helfen. Wir lehnen Ihren Antrag ab. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von links außen, bei diesem Antrag tritt mal wieder komplett Ihre Zwiespältigkeit zutage. Oder haben Sie bereits vergessen, dass die DVU-Fraktion mit einer Vielzahl von Bundesratsinitiativen das Steuerrecht in Deutschland und insbesondere in Brandenburg mit seiner mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur bürger- und mittelstandsfreundlicher gestalten wollte? Eine Forderung war damals im Übrigen die Abschaffung der Gewerbesteuer.
Sie haben dagegen gestimmt, ebenso wie Sie dagegen stimmten, die Steuerfreiheit beim Verkauf von Kapitalgesellschaften, wie von uns gefordert, wieder aufzuheben. Das Ergebnis dieser damaligen sogenannten Unternehmenssteuerreform auf Bundesebene war im Übrigen der Ausverkauf der deutschen Volkswirtschaft an die vielbeschworenen Heuschrecken des Herrn Müntefering. Das alles, meine Damen und Herren SED-Nachfolger, haben Sie damals brav mitgetragen, und auch von einer Abschaffung der Gewerbesteuerumlage war nicht im Geringsten die Rede. Doch heute, angesichts der Krise stellen Sie sich wieder einmal hin und spielen sozusagen den Robin Hood der Brandenburger Kommunen.
Doch zurück zur Sache: Die Gewerbesteuerumlage gibt es seit der sogenannten Gemeindefinanzreform von 1969. Seitdem müssen die Gemeinden nach Artikel 106 Abs. 6 Grundgesetz im Gegenzug für die Beteiligung an der Einkommenssteuer einen Teil ihrer Gewerbesteuereinnahmen als Gewerbesteuerumlage an Bund und Länder abführen. Intention war es, die stark von der Gewerbesteuer abhängigen kommunalen Einnahmen zu verstetigen und Steuerkraftdifferenzen zwischen den Gemeinden zu verhindern. Das war jedoch nur als vorübergehende Maß
nahme gedacht, dauert aber bis heute an. In der Zwischenzeit hat sich die Gewerbesteuerumlage von einem ursprünglich zeitlich befristet vorgesehenen Instrument zu einem immer unübersichtlicher werdenden Bestandteil im Geflecht der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden entwickelt, die sich zunehmend zulasten der Kommunen auswirkt. Also - da geben wir dem Antragsteller Recht - muss dieses Instrument in den Zeiten der allgemeinen Finanz- und Wirtschaftskrise kritisch hinterfragt werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Abgeordnete! Herr Domres, ich freue mich immer, wenn Sie für die Gemeinden und Kommunen kämpfen. Sie wissen, was dann immer als Gegenargument kommt, dass es auch immer eine ganz große Rolle spielt, wie man mit den Mitteln, die man zur Verfügung hat, umgeht. Als ich den Antrag auf Abschaffung der Gewerbesteuerumlage das erste Mal gelesen hatte - ich gebe es zu, etwas flüchtig -, habe ich gedacht: Abschaffung der Gewerbesteuer, wunderbar! Wir müssen uns überlegen, wie wir damit umgehen.
Aber Gewerbesteuerumlage bedeutet nun etwas ganz anderes. Meine Kollegin Melior hat inhaltlich begründet, warum wir dem so nicht folgen können. Ich will es noch einmal zusammenfassen: Wir brauchen eine große Steuerreform. Dazu gehört auch die Gewerbesteuer und in dem Zusammenhang die Gewerbesteuerumlage.
Ich möchte aber eine andere Stelle sensibilisieren, und zwar, weil hier auch wieder die Finanzkrise bemüht wird, die herhält für bestimmte Aussagen zu Finanznöten, die auf uns zukommen. Es geht nicht wirklich darum, dass wir den Staat, dazu gehören die Gemeinden und Kommunen, finanziell besser ausstatten müssen, sondern dass wir denjenigen, die Steuern zahlen, das Geld in der Tasche lassen. Gewerbesteuerumlage kommt ja aufgrund der Gewerbesteuer zustande. Das betrifft die Unternehmen vor Ort. Deswegen plädiere ich ausdrücklich dafür, darüber nachzudenken, dass zum Beispiel die Gewerbesteuer bei einer großen Steuerreform abgeschafft gehört und die Gemeinden einen höheren Anteil an Mehrwertsteuer oder Einkommenssteuer bekommen. Da aber an dieser Basis nichts getan wird, die Steuer gleich bleibt, aber die Teilung anders sein soll, ist dies unter dem Aspekt Intransparenz diskussionswürdig. Frau Hesselbarth ist darauf eingegangen, wann das Gesetz in Kraft getreten ist. Übrigens glaube ich kaum, dass schon einmal Steuern, die irgendwann ins Leben gerufen wurden, wieder abgeschafft wurden. Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns.
Mein Petitum ist, wir sollten darüber nachdenken - gerade jetzt in der Krise, die auf uns zukommt -, denjenigen, die Steuern zahlen, mehr in der Tasche zu lassen. Das gehört bei den mittelständischen Unternehmen - das ist gesagt worden, unsere brandenburgische Wirtschaft ist mittelständisch geprägt - ganz genauso dazu. Jetzt in dieses System einzugreifen mit Abschaffung der Gewerbesteuerumlage halte ich schlichtweg für falsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Domres, Sie sprachen an, dass die Kommunen 1,5 Milliarden Euro Schulden haben. Da sage ich: Na und! Wir können ja tauschen.
Wir haben es hier mit einem Antrag zu tun, Herr Domres, der überhaupt nicht durchdacht ist. Diese Steuerumlage ist ein Gegenwert, der 1969 mit dem Gemeindefinanzreformgesetz geschaffen wurde, um für einen Anteil der Kommunen an der Einkommenssteuer zu sorgen, den sie bis dahin nicht hatten. Sie diente dazu, die Unterschiedlichkeit der Aufkommen von Gewerbesteuer auszugleichen.
Auch heute beklagen wir immer wieder, dass es sehr unterschiedlich ist im Land, dass es Gemeinden gibt, die sich aufgrund der Gewerbesteuereinnahmen viel leisten können, und welche, die sich wenig leisten können. Dafür ist mit einem Anteil der Kommunen an der Einkommenssteuer ein Stück Ausgleich geschaffen worden. Dafür wird diese Umlage gezahlt von denjenigen, die sich das leisten können, im Verhältnis zu denjenigen, die es sich nicht leisten können. Das ist also im Prinzip etwas, was Sie, wenn ich Sie richtig verstanden habe, eigentlich auch ganz in Ordnung finden. Das wollen Sie jetzt abschaffen. Davor warne ich.
Wir haben außerdem mit der Einpflegung der ostdeutschen Länder und Kommunen in dieses System seit 1990 eine Bevorteilung der ostdeutschen Länder und Kommunen. Mit der Abschaffung würden Sie auch diese Bevorteilung wegnehmen, also den ostdeutschen Ländern und Kommunen einen Bärendienst erweisen. Deswegen werden wir diesem Ansinnen nicht folgen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Speer, den Vorwurf, dass der Antrag nicht durchdacht wäre, weise ich natürlich zurück.
eine neue kommunale Finanzreform anzuschieben. Ich glaube, die Frage der Gewerbesteuerumlage, die an den Bund geht, ist schon zu stellen. Darüber, denke ich, muss man diskutieren.
Dass der Ausgleich zwischen finanzstarken und finanzschwachen Kommunen nötig ist, habe ich deutlich gemacht. Ich glaube, dass wir im Land auch überlegen müssen, wie wir diesen Ausgleich viel besser gestalten können, als es gegenwärtig der Fall ist.
Frau Funck, Sie haben gesagt, Sie möchten eine Steuerreform. Ich sage, eine kommunale Finanzreform ist nötig, weil letztendlich in den Kommunen das passiert, was die Leute sozusagen erleben. Die Kommune entscheidet darüber, ob sich die Leute wohlfühlen oder nicht. Deswegen müssen wir die Kommunen in die Situation versetzen, dass sie ihre Arbeit auch leisten können. Ich glaube, viele Kommunen im Land Brandenburg - da gebe ich Frau Melior Recht - können dies. Es gibt finanzstarke Kommunen, die sich vieles leisten können; mein Kreis jedoch kann sich ein kostenloses Vorschuljahr nicht leisten. Dass alle Kinder die gleichen Chancen haben müssen, ist auch eine Frage der kommunalen Finanzpolitik.
Die Gewerbesteuer abzuschaffen ist von uns nicht gewollt gewesen; das wissen Sie auch. Wir denken eher, dass die Gewerbesteuer umgestaltet werden muss. Die Bemessungsgrenze für die Einbeziehung von Menschen, die Gewerbesteuer einzahlen - Freiberufler etc. -, muss möglicherweise ausgestaltet werden.
Klar ist auch - das ist sozusagen ein Fakt -, dass in vielen Kommunen bis zu 80 % der Unternehmen gar keine Gewerbesteuer zahlen. Die Frage, ob wir damit eine mittelstandsfeindliche Politik machen, möchte ich auch noch einmal stellen.
Zu Frau Melior: Sie haben von einem ersten Blick auf unseren Antrag gesprochen. Sie haben von einem zweiten Blick gesprochen. Vielleicht wäre ein klarer Blick gut gewesen.
Wir wollen, dass die kommunale Finanzsituation auch kurzfristig positiv verändert wird. Sie haben gesagt, das geht nur über einen Nachtragshaushalt. Genau darüber müssen wir reden. Sie haben gesagt, wir müssten über einen Nachtragshaushalt sprechen. Schon aus Gründen der Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit wäre aus unserer Sicht ein Nachtragshaushalt notwendig. Deswegen werden wir auch an diesem Thema dranbleiben. Ich habe immer gesagt, dass die Finanzsituation im Land Brandenburg differenziert ist. Es gibt finanzstarke Kommunen, und es gibt finanzschwache Kommunen. Wir müssen einen Beitrag dazu bei der Umgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs leisten, mit dem wir dort etwas mehr Gleichheit hinbekommen.
Wenn Frau Melior sagt, das Ziel sei, die Leistungsfähigkeit der Kommunen zu stärken, dann fehlen mir, mit Verlaub, dazu die Vorschläge der Koalition. Da habe ich nichts gelesen. - Herzlichen Dank.