Protocol of the Session on September 17, 2008

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Am 22. Oktober werden sich in Dresden die Bundeskanzlerin, einige Mitglieder des Bundeskabinetts und die Ministerpräsidenten der Länder zum sogenannten Bildungsgipfel treffen. Hintergrund dieses Treffens ist eine gemeinsame Qualifizierungsinitiative, eine konzertierte Aktion von Bund und Ländern mit dem Ziel, mit einem gemeinsamen Maßnahmenpaket den Bildungssektor in seiner Gesamtheit zu stärken.

Die bisherigen Verhandlungen zwischen Bund und Ländern sind von einem Lenkungsausschuss auf Staatssekretärsebene geführt worden. Sie sind im Wesentlichen abgeschlossen. Mein Eindruck nach den nicht wenigen Sitzungen: Die Verhandlungen waren von dem Willen beider Seiten getragen, die jeweiligen Zuständigkeiten von Bund und Ländern zu beachten. Sie können sich vorstellen, dass das in Föderalismuszeiten eine ganz besonders wichtige Rolle gespielt hat. Mein Eindruck ist aber auch, dass diese Verhandlungen von der Einsicht getragen wurden, dass es auch in Zeiten des Föderalismus eine ländergemeinsame Verantwortung gibt, auch eine gemeinsame Verantwortung von Bund und Ländern. Das ist deutlich geworden.

Der bisherige Stand der Verhandlungen sieht so aus, dass der Bund Vorhaben in den Bereichen berufliche Bildung, Weiterbildung und Bildungsforschung in Aussicht gestellt hat, dass sich die Länder auf Vorhaben in den Bereichen frühe Bildung, Schule und Hochschule konzentrieren und es darüber hinaus in diesen Bereichen auch gemeinsame Maßnahmen geben soll.

Lassen Sie mich nun zum Anliegen der beiden Anträge kommen. Die Landesregierung hat immer deutlich gemacht, dass der Bund mit dem Ganztagsinvestitionsprogramm, dem IZBBProgramm, einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsverbesserung im Bildungswesen leistet. Die Vorrednerinnen und Vorredner haben ganz klar gesagt, dass das IZBB-Programm bei uns im Land ein Riesenerfolg geworden ist.

Ich darf vorweg, Frau Abgeordnete Große, Ihre Zahlen ein ganz klein bisschen nach oben korrigieren. Präzise müsste ich sagen: Mehr als 26 % der Grundschüler erhalten Ganztagsangebote, mehr als 40 % der Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I. Sie haben es gerade von Frau Siebke gehört: Fast 40 % der Grundschulen und 55 % der Schulen der Sekundarstufe I sind Ganztagsschulen geworden.

Das ist, wie gesagt, ein hervorragender Erfolg. Nichtsdestotrotz - das hat Holger Rupprecht immer wieder deutlich gemacht - wünschen und fordern wir eine Fortsetzung des IZBBProgramms. Ich selbst habe im Lenkungsausschuss jede Gelegenheit ergriffen, das deutlich zu machen, und ich weiß die Mehrheit der Bundesländer hinter mir. Ich bin auch sicher, dass dieses Thema, diese Forderung bei den weiteren Vorbereitungen des Bildungsgipfels auf CdS-Ebene wie auch am 22. Oktober in Dresden selbst angesprochen werden wird.

Nun wissen wir auch: Die Umsetzung dieser Forderung ist nicht ganz leicht zu erreichen; denn die Weiterführung des IZBB-Programms wie auch die Ausweitung auf die Finanzierung von Personalkosten, etwa auf die Finanzierung schulbegleitender Sozialarbeit, gehören genau genommen nicht mehr zu den unmittelbaren Aufgaben des Bundes. Da muss man schon genau prüfen, wie das angesichts der Föderalismusgesetzgebung verfassungsrechtlich möglich ist. Deswegen kann es sein, dass der Antrag der Fraktion DIE LINKE eine Einbahnstraße beschreitet, während der Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und CDU einen etwas realistischeren Ansatz verfolgt und letztlich auch weiter geht.

Unabhängig von dem bestimmt nicht sicheren Erfolg beim Thema Ganztag auf dem Gipfel, müssen wir hier im Land unsere Anstrengungen verstärken und sowohl im Hinblick auf die Ausstattung mit Lehrkräften - die übrigens, Frau Große, jederzeit gesichert war - als auch im Hinblick auf die Kooperation mit außerschulischen Partnern sowie mit Blick auf die qualitative Weiterentwicklung des vorhandenen Ganztagsnetzes eigene Vorstellungen, eigene Ansätze entwickeln und aus eigener Kraft Möglichkeiten zum Ausbau der Ganztagsbetreuung finden. Dieser Aufgabe, das darf ich hier zuversichtlich sagen, werden wir uns gern und erfolgreich stellen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Die antragstellende Fraktion hat noch zweieinviertel Minuten Redezeit. Möchten Sie noch einmal reden? - Nein. Es wurde alles gesagt.

Wir kommen zu den Abstimmungen. Als Erstes stelle ich den Antrag der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 4/6682, zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.

Ich komme zum Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in Drucksache 4/6728. Wer diesem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Enthaltungen mit wenigen Gegenstimmen angenommen.

Wir verlassen Tagesordnungspunkt 19, und ich rufe Tagesordnungspunkt 20 auf:

Sicherung der Brandenburger Interessen und der Stabilität der landwirtschaftlichen Betriebe mit BVVGPachtflächen

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/6680

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Es spricht die Abgeordnete Adolph.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich verlese den Redebeitrag meiner Kollegin Kornelia Wehlan, die zum jetzigen Zeitpunkt ihre parlamentarischen Pflichten vor der Kamera wahrnimmt.

(Birthler [SPD]: Das sind doch keine parlamentarischen Pflichten! - Weitere Zurufe)

- Die Öffentlichkeitsarbeit gehört dazu.

Der vorliegende Antrag behandelt ein Thema, das seit Wochen durch die Betroffenen in der öffentlichen Kritik steht und uns bereits in mehreren Debatten des Landtages bewegte. Ich möchte Sie an unsere mündlichen Anfragen dazu und unseren Antrag im Januar dieses Jahres erinnern. Es geht um die Sicherung der Brandenburger Interessen und der Stabilität der landwirtschaftlichen Betriebe mit BVVG-Pachtflächen, leider bislang ohne Erfolg.

Angesichts der aktuellen BVVG-Wirtschaftsprognose, noch für 2008, ist der Zug fast abgefahren, wenn das Land nicht umgehend eine gesetzgeberische Initiative ergreift, um das Grundstücksverkehrsgesetz an die spezifischen Bedingungen und Gegebenheiten Brandenburgs anzupassen. So soll der Überschuss der BVVG auf bis zu 370 Millionen Euro im Jahr 2008 steigen, und es sollen durchschnittliche Hektarerlöse bei Verkäufen an der 6 000-Euro-Marke erreicht werden. Das sind 560 Euro mehr als im Mittel des Kalenderjahres 2007.

Wir erinnern uns: Schon 2007 sind die Verkäufe im Vergleich zu 2006 um rund 22 % gestiegen und haben zu einem Einnahmeüberschuss in Höhe von 291 Millionen Euro bei der BVVG geführt.

Das alles vollzieht sich auf der Grundlage eines Privatisierungskonzeptes der BVVG, das der Bundesfinanzminister mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten einvernehmlich ausgehandelt hat. Es ist ein Jammer, dass damals dafür die erste Lex Ost, nämlich die Agrardieselbesteuerung, für große Agrarbetriebe herhalten musste. Die betroffenen Agrarbetriebe sind heute doppelt in den Hintern gekniffen - entschuldigen Sie bitte den Ausdruck -, eigentlich dreifach, wenn man die Kostenexplosion bei der Energie in Rechnung stellt.

Nach den zwischen Bund und Ländern abgestimmten Privatisierungsgrundsätzen, die seit Anfang 2007 gelten, werden landwirtschaftliche Flächen, die zum Verkehrswert veräußert werden sollen, grundsätzlich öffentlich ausgeschrieben. Das höchste Gebot erhält den Zuschlag. Das ist eine Privatisierungsstrategie, die den Brandenburger Landnutzer außen vor lässt und Steigerungen von Pacht- und Bodenpreisen von bis zu 50 % verursacht.

Vor der Sommerpause war zu lesen, die ostdeutschen Ministerpräsidenten hätten nun gefordert, dass die Ermittlung eines Grundstücksverkehrswertes auf der Grundlage regionaler Wertansätze erfolgt bzw. Verkehrswertgutachten herangezogen werden sollen. Das ist eine Forderung, die wir bereits im Januar erhoben hatten. Bis heute ist davon bei der Bundesregierung

sprich: BVVG - nichts angekommen, wie das aktuelle Wirtschaftsziel der BVVG für 2008 deutlich macht. Fakt ist, dass die BVVG-Pachtflächen in Brandenburg gegenwärtig 190 000 Hektar umfassen und bis 2009 bereits 20 % der langjährigen Pachtverträge auslaufen. Der überwiegende Teil folgt dann bis 2010 und weitere 20 % bis 2011. Wer in dieser Situation die auf einem hohen Anteil an Pachtflächen wirtschaftenden Unternehmen dem globalen Markt aussetzt und nicht landesgesetzliche Möglichkeiten für den Zugang unserer Agrarbetriebe zu ihren Flächen nutzt, gefährdet Strukturen im ländlichen Raum und sorgt für den Verlust an Arbeit und Einkommen.

Mit Spannung haben wir deshalb den von Agrarminister Dietmar Woidke in der „Bauernzeitung“ angekündigten Änderungen des Brandenburger Grundstücksverkehrsrechts entgegengesehen. Doch auch nach der Sommerpause ruht still der See. Dabei haben wir bereits im Januar darauf hingewiesen, dass sich mit der Föderalismusreform das Grundstücksverkehrsund Landpachtgesetz jetzt in Zuständigkeit der Länder befindet und das Land selbst mehr tun muss und auch kann. Was soll da nun schon seit einem Vierteljahr der Hinweis auf die Prüfung der EU-Vorschriften? Es ist richtig, dass EU-weit alle Bieter zum Verfahren zugelassen werden müssen. Das bricht aber nicht Regelungen des Grundstücksverkehrsgesetzes hinsichtlich der Angebote konkurrierender Haupterwerbsbetriebe und legt eben nicht die Reihenfolge eines Zuschlags fest. Vielmehr ist entscheidend, ob durch die Entfernung zur Hofstelle überhaupt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung gesichert ist und wie sich das Wegbrechen der Flächen auf die Agrarstruktur im Land und die zukünftige Wirtschaftlichkeit der Betriebe auswirkt.

Die Möglichkeit, Betriebe aus anderen Gründen bei der Vergabe zu privilegieren, besteht ja bereits, wenn es um Flächenarrondierung geht, Ergebnisse einer Flurneuordnung nicht konterkariert werden sollen oder der Betrieb in der Vergangenheit andere Flächen aus Gründen einer veränderten Nutzungsart aufgeben musste. Nach bisherigem Recht kann die Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages versagt werden, wenn ein grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem landwirtschaftlichen Wert des Grundstückes, also dem ortsüblichen Verkehrswert, besteht. Seit nun schon acht Monaten drängen wir darauf, diese Möglichkeit aufzugreifen und vor allen Dingen landesgesetzgeberisch auszugestalten.

Wir brauchen die Privilegierung ortsansässiger Landwirte, und das sofort.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Im Zusammenhang mit der Veräußerung von BVVG-Flächen soll und kann mit der Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 Grundstücksverkehrsgesetz verhindert werden, dass kapitalkräftige Interessenten, die außerhalb der Landwirtschaft stehen und ein Grundstück nach anderen Gesichtspunkten als nach dem landwirtschaftlichen Ertrag bewerten, die Bodenpreise so stark in die Höhe treiben, dass ein seinen Betriebsertrag im Auge behaltender hauptberuflicher Landwirt bei verständiger Kalkulation nicht mehr als Kauferwerber Konkurrent sein kann.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das ist das Pro- blem!)

Es wird auch in Zukunft notwendig sein, landwirtschaftliche

Unternehmen vor den negativen Konsequenzen von Bodenwertspekulationen vor allem im Umfeld der Siedlungsbereiche von Städten und Gemeinden zu bewahren und dem Landwirt auch weiterhin die Möglichkeit einzuräumen, Boden als Produktionsfaktor zu vertretbaren Preisen zu erwerben, um die betriebswirtschaftliche Basis der Unternehmen weiter zu stabilisieren, zu verbessern.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Es stört!

(Klein [SPD]: Ja, sicher!)

Ich verweise insbesondere auf das Erfordernis und die im Gutachten zur Umsetzung des Grundstücksverkehrsgesetzes in der Landwirtschaft von Lothar Schramm aufgezeigten rechtlichen Möglichkeiten zur aktiven Unterstützung der Flächenaufstockung bei Eigentumsland auch der großen Betriebe.

Tatsächlich haben die agrarpolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen die Bedeutung der Flächenaufstockung für die Landwirte verschärft, weil die Beihilfen die Beibehaltung des Flächenumfangs voraussetzen. Da die Zahlungsansprüche in Abhängigkeit vom Umfang der Flächenbewirtschaftung im Jahr 2005 ausgereicht wurden, droht der Verlust von Flächen, auch eine Reduzierung der aktivierbaren Betriebsprämie bzw. der Verlust der Zahlungsansprüche durch Rückfall in die nationale Reserve, wenn das Unternehmen nicht innerhalb von drei Jahren auf Ersatzflächen verweisen kann.

Mit unserem Antrag unterstützen wir zugleich die Forderung des Bauernverbandes, die gesetzlich mögliche Kombination aus Genehmigungsverfahren und Vorkaufsrecht so zu handhaben, dass aktive Landwirte bei Bodenverkäufen zum Zuge kommen und agrarstrukturelle Belange berücksichtigt werden.

Das Ziel muss sein, die Agrarstruktur zu fördern, Gefahren hierfür abzuwehren und damit Sorge dafür zu tragen, dass lebensfähige landwirtschaftliche Betriebe erhalten bleiben. Sie müssen vor unzulässigen Flächenverlusten geschützt werden und dürfen nicht durch überhöhte Preise von der dringenden Aufstockung ihres Betriebes abgehalten werden.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Zeit reicht nicht, umfassend auf die Einzelheiten einzugehen. Wir erwarten jedoch, dass die Landesregierung schnellstmöglich im Interesse der Sicherung der Stabilität, der Wahrung Brandenburger Interessen und der Stabilität der landwirtschaftlichen Betriebe mit BVVG-Pachtflächen handelt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Frau Abgeordnete, ich darf darauf hinweisen, dass die parlamentarischen Pflichten eines Abgeordneten im Abgeordnetengesetz und in der Geschäftsordnung hinreichend geregelt sind. Trotzdem wollen wir Ihre Einlassung zu Beginn unter „parlamentarische Meinungsfreiheit“ durchgehen lassen.

(Heiterkeit)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Der Abgeordnete Folgart spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Stabilität der landwirtschaftlichen Strukturen ist mir und, wie ich glaube, auch meiner Fraktion ganz wichtig. Dazu gehören natürlich verlässliche politische Rahmenbedingungen, stabile wirtschaftliche Rahmenbedingungen und eine ausreichende und natürlich sichere Ausstattung mit den Produktionsfaktoren. Da ist die Bodenfrage eine besondere, sie ist zum Teil eine entscheidende.

Im vergangenen Jahr ist die Privatisierung der BVVG-Flächen mit riesigen Schritten vorangekommen. Darauf hat Frau Adolph schon hingewiesen. Es wurden 2007 17 200 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche in Brandenburg durch die BVVG verkauft. Der Verpachtungsstand lag meines Wissens bei 161 400 ha. Dies ist nicht wenig, meine Damen und Herren, aber es haut uns relativ gesehen auch nicht um. Es sind 12 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Brandenburg. Diese werden von der BVVG auf den Pachtmarkt gelegt.