Durch das Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ und die damit zusammenhängenden Projekte, aber auch dank der mutigen Arbeit in vielen Kommunen, Vereinen und Verbänden hat sich das Bild des Landes sehr verbessert. Auf manchen Gebieten gilt Brandenburg mittlerweile als Vorreiter. So haben Bundesprogramme Initiativen aus Brandenburg aufgenommen, andere Länder haben sich die Ansätze, die verfolgt werden, zum Vorbild genommen. Wir haben einen Klimawandel erreicht. In den letzten Jahren haben die Menschen in Brandenburg vielerorts erfolgreich bewiesen, dass sie extremistische Erscheinungen nicht hinnehmen. Die Beispiele sind genannt worden. In vielen Städten haben sich Lokale Bündnisse mit Namen wie „Plattform gegen Rechts“, „Netzwerk für Toleranz“ und „Runder Tisch gegen Gewalt“ zusammengefunden. Es ist bisher gelungen, zu verhindern, dass die NPD eine Immobilie für ein Schulungszentrum erwerben konnte. Kleinow, Rheinsberg, Rauen stehen dafür. Sie waren erfolglos, weil sich Bürger engagiert dagegen verwahrt und gewehrt haben.
Auch die Biesenthaler - Thomas Lunacek hat es soeben deutlich gemacht - wollen nicht, dass ihre schöne Kleinstadt zu einem Synonym für rechtsextreme Aktivitäten wird. Die Biesenthaler erhalten dabei jede Unterstützung durch die Landesregierung. Das gilt auch für die Initiative „Nordbahngemeinden mit Courage“ und zahlreiche couragierte Mühlenbecker Bürgerinnen und Bürger. Sie wollen nicht, dass die NPD kommunale Räume für ihre Zwecke nutzt. Auch sie dürfen sich der Unterstützung durch die Landesregierung sicher sein.
Das alles zeigt: An vielen Orten schlägt den Rechtsextremen ein - allerdings immer - friedlicher, aber zunehmender Protest entgegen. Sich zu den Werten der Demokratie zu bekennen, die Werte der Demokratie aktiv zu leben, auch dazu zu stehen, dass eine Demokratie wehrhaft sein muss, damit in diesem Land nicht wieder geschieht, was einst geschehen ist, dieses Bewusstsein ist in Brandenburg angekommen.
Ein weiterer Aspekt gewinnt in diesem Zusammenhang an Bedeutung: Toleranz und eine Kultur des gleichberechtigten Miteinanders sind im Verbund mit Innovationen die unverzichtbaren Voraussetzungen, um Investitionen in Brandenburg, kreative Talente und Touristen anzuziehen. Erst kulturelle Offenheit und ein Klima der Toleranz ermöglichen es, im Wettbewerb der Regionen zu bestehen. Wir müssen deshalb noch viel deutlicher machen, dass Toleranz nicht nur - das auch und immer, keine Frage - ein Gebot von Anstand, Moral und Ethik ist, sondern dass Toleranz auch Zukunft schafft. Toleranz ist die entscheidende Bedingung für Wachstum und gute Arbeitsplätze. In Brandenburg eine umfassende Kultur der Toleranz zu schaffen ist nicht mehr und nicht weniger als ein zwingendes Gebot
für die Zukunftsfähigkeit des Landes und damit für die Zukunft der Menschen in diesem Lande. Das Eintreten für ein tolerantes Brandenburg und das ebenso konsequente Handeln gegen Gewalt und Rechtsextremismus haben Wirkung gezeigt.
Aber am 10. Jahrestag sage ich auch - wir alle wissen es -: Für Überschwänglichkeit und Euphorie ist kein Raum. Wir haben ein gutes Fundament errichtet, aber es muss weitergehen. Denn in vielen Orten hat die Intoleranz nur ihre Maske, ihr Gesicht und ihre Strategie geändert. Wir werden diese Anstrengungen deshalb mit aller Kraft fortsetzen. Das Handlungskonzept gibt die Richtung in die Zukunft vor. Alle Bürger unseres Landes sind dabei gefragt. Denn Demokratie bedeutet im Unterschied zur Diktatur Beteiligung. Diktatur lebt dann gut, wenn keiner mitmacht. Demokratie geht kaputt, wenn keiner mitmacht. Demokratie braucht Beteiligung, sie braucht Zivilcourage. Da, wo Demokratie stark ist, haben Rechtsextreme keine Chance.
Aber Demokratie ist nie erledigt, ist nie ein Zustand, sondern immer eine Aufgabe, und diese Aufgabe muss Tag für Tag neu erlebt und neu erarbeitet werden. Das fängt bei jedem Einzelnen an: bei Eltern, Erziehern, Lehrern, Ausbildern, Dozenten. Unsere Wertegemeinschaft lebt von der Vielfalt, und sie wird nur überleben, wenn wir zum gegenseitigen Respekt fähig sind. Unsere Wertegemeinschaft wird getragen von aktiven Demokraten, die Stellung beziehen und diese Werte verteidigen.
Wir haben gemeinsam mit Sicherheit eine Menge erreicht, um unser Land offener und lebenswerter zu machen. Aber nirgendwo sonst gilt wie hier: Stillstand bedeutet Rückschritt. Deshalb dürfen wir nicht stillstehen. Wir müssen auf dieser Spur, auf diesem gelegten Gleis weiterfahren. Denn auch an der Frage, wie wir mit der Gefährdung unserer Demokratie umgehen, entscheidet sich unsere Zukunft. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Während der Abgeordnete Dr. Bernig von der Fraktion DIE LINKE nach vor kommt, begrüße ich unsere Gäste vom Oberstufenzentrum Oranienburg. Ich wünsche euch einen interessanten Vormittag bei uns.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Fechner hat in ihrer Rede sinngemäß zum Ausdruck gebracht, das Handlungskonzept tauge nicht, um die DVU aus den Parlamenten rauszuhalten. Ich finde, damit hat sie - sicher unbewusst - ein bemerkenswertes Geständnis abgelegt, dass die DVU eine rechtsextremistische Partei ist.
Der Dank meiner Fraktion gilt zunächst all jenen, die sich in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus engagiert haben und weiter engagieren. Insbesondere schließe ich mich dem Dank des Ministerpräsidenten an Wolfram Hülsemann an. Mein Dank gilt auch Heinz-Joachim Lohmann vom „Aktions
bündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“. Ich wünsche der neuen Vorsitzenden des Aktionsbündnisses, Frau Heilgard Asmus, viel Erfolg bei ihrer Arbeit.
Dass wir im Land nach wie vor ein Problem mit dem Rechtsextremismus haben, ist vielfach festgestellt worden. Deshalb ist die Stabilität und Kontinuität, die sich mit dem Handlungskonzept für ein tolerantes Brandenburg verbindet, umso wichtiger. Zugleich müssen wir darüber nachdenken, wie eine ganzheitliche und ressortübergreifende Strategie gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus entwickelt werden kann. Im Grunde muss bei jeder politischen Entscheidung mitgedacht werden, welche Konsequenzen sie für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus hat. Das wirft auch die Frage auf, ob die Koordinierungsstelle „Tolerantes Brandenburg“ beim Bildungsministerium richtig angebunden ist, oder ob sie nicht besser als Chefsache in die Staatskanzlei gehört.
Ihnen, meine Damen und Herren von der DVU, sage ich: Beim Handlungskonzept der Landesregierung „Tolerantes Brandenburg“ geht es um immaterielle und geistige Werte, und nicht ums Geld. Es geht darum, den Menschen in diesem Lande Werte zu vermitteln, die den demokratischen und sozialen Rechtsstaat erhalten, ausbauen und das friedliche Zusammenleben der Menschen gewährleisten. Diese Werte haben mit Ihrem Nationalismus, mit Ihrer Deutschtümelei, mit Ihrer Europa- und Ausländerfeindlichkeit, mit Ihrer Verharmlosung der Nazidiktatur und der Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze nichts zu tun. Lesen Sie in Ihrem Programm nach!
Die Würde des Menschen erklärt sich nicht aus der Herkunft, wie Sie von der DVU das gern sehen, sondern aus dem Menschsein an sich.
Deshalb sind auch alle Menschen vor dem Gesetz gleich und die politischen und sozialen Grund- und Freiheitsrechte unteilbar. Wenn es zur Unteilbarkeit von politischen und sozialen Grundrechten unter Demokraten durchaus unterschiedliche Auffassungen gibt, wird uns das nicht davon abhalten, gemeinsam gegen die von Ihnen vertretenen Werte entschlossen vorzugehen.
Toleranz hat nämlich eine Grenze, und zwar dort, wo durch Nationalismus und Deutschtümelei, durch Verharmlosung der Nazidiktatur und der Verbrechen der Wehrmacht eben nicht die Lehren aus der Geschichte gezogen, sondern die Völker erneut gegeneinander gehetzt werden. Dieses Thema, Frau Fechner, ist jeden Tag und immer wichtig und aktuell, weil Sie eine Gefahr für dieses Land sind.
An die Adresse aller Demokraten sage ich: Das dreiste Agieren der Rechtsextremisten ist die Schwäche der Demokratie. Also lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie diese Demokratie für die Menschen wieder erlebbar gemacht werden kann, und daran arbeiten. Im Handlungskonzept „Tolerantes Brandenburg“ gibt es dazu viele Ansätze, die im Alltag noch viel mehr mit Leben erfüllt werden müssen.
Positiv ist, dass im Land oftmals reagiert wird, vor allem wenn die NPD auftritt. Wir werden das heute Nachmittag in Zühlsdorf wieder erleben. Dort wird es eine Demonstration und eine Lesung aus Büchern, die am 10. Mai 1933 und in den nachfolgenden Monaten von den Nazis verbrannt wurden, geben. Es geht darum, ein deutliches Zeichen, auch ein kulturelles Zeichen gegen die NPD zu setzen. Es gibt inzwischen viele Kooperationspartner im Rahmen des Handlungskonzepts „Tolerantes Brandenburg“. Entscheidend ist jedoch, wie die Vereinbarungen, die geschlossen wurden, vor Ort mit Leben erfüllt werden.
Die Ereignisse am 17. Mai in Groß Gaglow beim Wettkampf der Feuerwehren haben gezeigt, wie unverfroren rechtsextremistische Kräfte vorgehen, um ihre Ideologie in die Öffentlichkeit zu bringen. Jugendliche wurden benutzt, und die Verantwortungsträger vor Ort schauen zum Teil weg oder verharmlosen. Wenn Polizei und Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang Ermittlungen einleiten, diese dann aber einstellen, nehmen wir das zur Kenntnis. Viel wichtiger sind Gespräche mit den Jugendlichen, in denen Kenntnisse vermittelt und Einsicht geweckt werden. Wir begrüßen, dass Vertreter der Stadt Cottbus eine Fahrt zu einer Gedenkstätte vorbereiten.
Es kommt aber auch darauf an, die Hintermänner aufzudecken, ihr Tun öffentlich zu skandalisieren, zu ächten und dafür zu sorgen, dass sie bei den Kommunalwahlen keine Chance haben. Wir brauchen deshalb überall vor Ort Konzepte, vor allem zur Prävention, aber auch zur Aktion, damit zivilgesellschaftliches Engagement entstehen kann. Bewährt hat sich, wenn sich dabei der Bürgermeister und die Abgeordneten an die Spitze stellen. Das unterstützt die Zivilcourage der Bürger und animiert zum Mitmachen.
Dabei muss Konsens sein, dass Gewalt in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus nichts zu suchen hat. Und, Herr Lunacek, das schließt nicht aus, dass ziviler Ungehorsam dort angebracht ist, wo man sich in die Grauzone des revanchistischen rechten Randes begibt.
Entscheidend, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist, dass die Bekämpfung des Rechtsextremismus als eine Alltagsaufgabe für alle Demokraten und in allen gesellschaftlichen Bereichen erkannt wird.
In diesem Sinne meine ich, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Handlungskonzept der Landesregierung hat sich in zehn Jahren bewährt und ist es wert, fortentwickelt zu werden. - Ich danke Ihnen.
Ich habe zwar nicht mehr viel Redezeit, aber möchte doch noch einige Worte in Richtung Frau Fechner sagen. Ich glaube, hier muss man noch etwas geraderücken. Frau Fechner, wenn mein Großvater Ihre Rede gehört hätte, der all das an Weisheit fehlte, was sie an geheucheltem und gekünsteltem Pathos hatte, dann hätte er gesagt: Wenn Sie sprechen, dann ist es wie mit feinem französischem Parfüm: Man braucht nur ganz wenig, und man hat genug. - Denn Sie haben sich in diesen wenigen Minuten hier so danebenbenommen, so viele Lügen verbreitet, dass es einfach nicht mehr feierlich ist.
Zur Realität gehört aber auch, dass viele junge Leute in Brandenburg solch dummem Gequatsche mitunter auf den Leim gehen.
Ich bin oft genug in Schulen. Ich war erst vor kurzem wieder in einer Schule und habe dort zwei Stunden lang mit den Schülern gesprochen. Fast zum Ende der Veranstaltung fragte ich dann: „Habt ihr eigentlich an eurer Schule ein Problem mit Rechtsextremismus?“ Darauf sagten sie - es waren Schüler der 11. bis 13. Klassen -: „Nee, haben wir nicht.“ Ich fragte: „Wie, an eurer Schule sagt nie jemand: ,Ausländer nehmen uns die Arbeitsplätze weg‘?“ Da hörte ich doch vereinzelt: „Das darf man ja wohl sagen.“ - Es war ein Gymnasium bei uns in Brandenburg. Als ich dann fragte: „Was meint ihr denn, wie viele Ausländer bei uns in Brandenburg und bei euch im Ort leben?“ Da hört man Zahlen von 20 oder 30 %. Ich habe auch am Gymnasium schon einmal von 50 % gehört. Ich fragte: „Wie lange musst du denn durch deine Stadt laufen, bis du einmal einen Ausländer triffst, es sei denn, du gehst zum Griechen oder Italiener?“ „Ach so, na ja.“ Dann machte es langsam klick. Wenn man ihnen dann sagt: „Es sind zweieinhalb Prozent, also jeder Fünfzigste, den man auf der Straße trifft, ist ein Ausländer, wahrscheinlich aber schon einer, der inzwischen Deutscher ist“, dann sagen sie: „Ach so.“ Es ist aber auch erstaunlich, dass Schüler der 11. oder 12. Klasse eines Gymnasiums das in der Schule nicht gelernt haben. Wenn man ihnen dann noch sagt, dass in Brandenburg 47 000 Arbeitsplätze im Gewerbe - ich meine nicht die, die im Verkauf oder der Gastronomie arbeiten, sondern im verarbeitenden Gewerbe, 47 000 Arbeitsplätze, Frau Fechner! - direkt an ausländischem Kapital hängen, dann gehen ihnen auch die Augen auf, aber auch das muss man einmal sagen.
Und, Frau Fechner, auf 42 Millionen Euro werden die Einnahmeausfälle in der Brandenburger Tourismuswirtschaft geschätzt, weil ausländische Urlauber sagen: Nach Brandenburg oder Mecklenburg fahren wir nicht mehr, weil wir Angst vor rechtsextremen Überfällen haben. - Auch das sind Fakten und Zahlen, die man einmal nennen muss.
Meine Damen und Herren, es gibt keinen Königsweg, gegen Rechtsextremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit vorzugehen.
Aber es gibt viele, viele Trampelpfade, und für die vielen Trampelpfade braucht man auch viele Menschen. Ich bin froh, dass wir in Brandenburg viele Menschen gefunden haben, die sich aufgestellt haben, die im Kampf gegen Rechtsextremismus mit uns die Trampelpfade gehen und verhindern werden, dass solche Truppenteile wie Sie noch einmal in diesen Landtag kommen. - Danke.