Protocol of the Session on May 28, 2008

In einer Kita mit 100 Plätzen werden in unserem Land für diese eben genannten Aufgaben zehn Stunden zur Verfügung gestellt; bei 220 Plätzen sind es 20 Stunden. Das ist ein Skandal. In Mecklenburg-Vorpommern bekommt man bei 120 belegten Plätzen eine volle freigestellte Leiterin. In Sachsen bekommt man sogar bereits bei 100 belegten Plätzen eine voll freigestellte Leiterin. Es ist geradezu ein Wunder, dass die Leiterinnen dennoch - wie am Montag zu sehen war - so hoch motiviert sind.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Ein weiteres Problem ist das der Arbeitszeit der Erzieherinnen. Auch das spielte am Montag eine Rolle. Ich habe Kita-Erzieherinnen noch nie über ihre wahrlich spärliche Vergütung klagen hören. Das muss ich hier einmal sehr deutlich sagen. Darüber gibt es keine Klagen. Dass es aber im Bereich der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit, welche ungefähr 20 % betrifft, auch keine nur annähernd vergleichbare Anerkennung dieser Arbeitszeit wie bei Grundschullehrkräften gibt, ist wirklich diskriminierend. Auch Kita-Erzieherinnen haben Vor- und Nachbereitungszeiten, müssen Material vorbereiten, Elterngesprä

che führen, Teamberatungen bewältigen und Kooperationsverhandlungen führen. Dafür werden Schulen Stunden zur Verfügung gestellt. Die Kita dagegen bewerkstelligt das alles ohne Anrechnung.

Wir wollen, dass sie sich fortbilden - das wurde Ihnen am Montag auch noch einmal deutlich nahegelegt -, und zwar möglichst gemeinsam mit den Grundschullehrern, um diese Brücke hinzubekommen. Wann sollen sie das denn tun?

Dass sich die Kita im Land Brandenburg dennoch bisher gut entwickelt hat, ist auch dem System Praxisberatung zu verdanken. Wenn die Grundsätze der elementaren Bildung erfolgreich umgesetzt werden sollen, bedarf es aber auch eines Ausbaus dieser Struktur. 39 Praxisberaterinnen für 1 700 Einrichtungen bzw. Kindertagesstätten und 10 000 Erzieherinnen sind einfach zu wenig.

Nun zum Geld, Herr Minister und auch an jene, die uns heute vorgeworfen haben, dass wir hier mit virtuellem Geld operieren: Ja, die Verbesserung des Schlüssels allein bei den 0- bis 3-Jährigen auf die letztendlich in Berlin festgelegte Variante von 1 : 6 würde 16 Millionen Euro kosten. Wir wissen das. Es sind 16 Millionen Euro. Wir wissen auch, dass wir mit einer höheren Belegung von Plätzen bei den 0- bis 3-Jährigen zu rechnen haben, weil uns das Gesetz glücklicherweise auferlegt, dass es einen Rechtsanspruch gibt, der bis zum Jahr 2013 erfüllt werden muss. Auch hier werden pro Prozent mehr belegte Plätze noch einmal etwa 3 Millionen Euro Kosten auf das Land zukommen. Das lässt sich noch nicht genau prognostizieren.

In diesem Zusammenhang stellen sich die folgenden Fragen: Will sich das Land dies leisten? In welchem Zeitraum kann es geleistet werden? - Wir haben in unserem Antrag nur ein ganz grobes Raster gelegt, und Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, sind frei, mit uns im Ausschuss darüber zu entscheiden: Was ist möglich? Was ist zum Beispiel mit unseren im Nachtragshaushalt eingestellten 6 Millionen Euro sofort möglich? Was ist später möglich? Welche Konzeptionen legen wir auf, um diesem Problem zu begegnen?

Der Ministerpräsident hat am Montag drei K als unverzichtbar für die Entwicklung der Kita benannt: Kontakte, Kommunikation, Kooperation. Ich sage Ihnen sehr deutlich: Das tun die Kitas bereits. Jetzt würde ich gern sehen, dass der Ministerpräsident ein E für „Entscheiden“ hinzufügt. Er sollte die Kita-Personalausstattung zur Chefsache machen. Meine Damen und Herren von der Koalition, verspielen Sie nicht das von Ihnen immer wieder beteuerte wichtigste Zukunftsgut: die Bildung unserer Kinder.

Ich beantrage die Überweisung unseres Antrages in den zuständigen Ausschuss.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Während die Abgeordnete Siebke für die SPD-Fraktion an das Rednerpult tritt, begrüße ich unter unseren Gästen einen Kandidaten, der sich heute noch zur Wahl stellt, nämlich Hans-Jürgen Klees mit Familie. Herzlich willkommen im Landtag zu Brandenburg!

(Allgemeiner Beifall)

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast monatsgenau vor einem Jahr stand die Kita-Novelle auf der Tagesordnung, die große Zustimmung fand. Ich erinnere noch einmal kurz daran: Es ging dabei um die Ausweitung des Rechtsanspruchs der unter Dreijährigen, um die Festschreibung der Grundsätze elementarer Bildung und um die verbindliche Sprachstandsmessung mit Regelungen zur Sprachförderung. Das alles sind Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung in brandenburgischen Kitas. Zugleich haben wir beschlossen, dafür jährlich 4 Millionen Euro und 400 000 Euro zur Qualifizierung von Erzieherinnen zur Verfügung zu stellen, um diesen Aufgaben gerecht werden zu können.

Vorausgegangen ist dem - Frau Große hat es auch erwähnt - die Einführung eines Systems der Praxisberatung mit Konsultationskitas. An dieser Stelle möchte ich auch erwähnen - da wir sonst oft kritisiert werden -, dass Brandenburg ein Lob der OECD-Kommission erhalten hat, was dieses System der Praxisberatung anbelangt.

Die Zusammenarbeit zwischen Kitas und Grundschulen, um Kindern einen optimalen Start ins Schulleben zu ermöglichen, ist nun das Thema. Frau Große sprach in diesem Zusammenhang bereits die Konferenz vom vergangenen Montag an. All diese Maßnahmen befinden sich in Umsetzung, werden in der Praxis gut angenommen und auch für gut befunden. Gerade heute haben wir das in einem Gespräch mit Kita-Erziehern gehört. Sie werden - das sage ich auch - mit viel Kraft, wenig Klagen und unter schwierigen Bedingungen in der Praxis umgesetzt.

Nun kommt die LINKE - ich sage dies, obwohl ich Ihnen, Frau Große, natürlich ehrliche Absichten unterstelle - und will mit ihrem Antrag die Landesregierung auffordern, nun endlich einmal etwas für die Kitas zu tun. Das halte ich für problematisch, obwohl - das muss ich ausdrücklich sagen - Sie in einem Punkt Recht haben, nämlich darin, dass der Personalschlüssel in unseren Kitas schlecht ist.

Daran gibt es nichts zu deuteln. Es ist aber allgemein bekannt und wird auch nicht beschönigt, auch nicht von uns, dass der Personalschlüssel schlecht ist. Das muss uns von der Fraktion DIE LINKE nicht erst erklärt werden. Wir wissen das.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Die eben genannten Maßnahmen wurden von uns auch immer als Schritte zur Qualitätsentwicklung bezeichnet, denen weitere folgen müssen. Das möchte ich hier noch einmal erwähnen. Die Landesregierung wird sich hier gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen, sondern wir werden diesen Weg von uns aus weiter beschreiten. Wir wissen ganz genau, dass jedes weitere Tun, ob Personalschlüsselverbesserung oder Freistellung für Leitungstätigkeit - alles richtige und wichtige Maßnahmen -, schwer sein wird; denn dies alles ist kostenintensiv. Aber ich bin der Meinung - ich glaube, ich teile diese Meinung auch mit vielen Fraktionskollegen -, dass wir zum nächsten Haushalt etwas tun müssen, um hier Abhilfe zu schaffen und schrittweise auf diesem Gebiet Neuerungen einzuführen,

(Beifall bei der SPD)

wenn wir es mit dem Bildungsauftrag von Kindergärten und mit der Qualität in der Betreuung ernst meinen. Ich denke, dass die Bundesmittel, die avisiert sind, auf diesem Weg weiterhelfen werden. Davon gehe ich ganz einfach aus.

Lassen Sie mich abschließen: Ich betone das Wir. Wir werden den Weg, den wir zur Qualitätsverbesserung in Kitas begonnen haben, weitergehen. Den Anstoß der LINKEN brauchen wir dazu nicht. Deswegen lehnen wir den Antrag ab.

(Beifall bei der SPD)

Für die DVU-Fraktion spricht die Abgeordnete Fechner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Große, Sie möchten ein Sofortprogramm bis zum Jahr 20 008. Ich glaube, bis zum Jahr 20 008 wäre ein normales Programm ausreichend gewesen. Ich denke jedoch, dass es sich hier um einen Schreibfehler handelt.

Die DVU-Fraktion kann mit sämtlichen Forderungen, die Sie hier gestellt haben, durchaus mitgehen. Frau Siebke sagt es ja auch, dass der Betreuungsschlüssel in Brandenburg sehr schlecht ist. Auch die anderen Eckpunkte des Programms sind durchaus erwähnenswert. Es stellt sich natürlich wieder einmal die Frage der Finanzierung. Aber das Land Brandenburg hat genug Geld. Denken wir an das Geld, das in die Filmförderung geht, das Geld für Ihre Jagd nach Rechtsextremisten, das Geld für Ihr „Tolerantes Brandenburg“ usw. Geld ist also genügend da, und wir sind der Meinung, dass man durch Umschichtung das Geld sinnvoller einsetzen könnte.

(Beifall bei der DVU)

Also, meine Damen und Herren, ich mache es kurz: Die DVUFraktion wird diesem Antrag zustimmen, aber leider wird er hier keine Mehrheit erhalten; denn es stand ja schon in der Presse, und Frau Siebke sagte es auch, dass erst ab 2010 damit zu rechnen sein wird.

(Beifall bei der DVU)

Die Abgeordnete Hartfelder spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Kollegin Fechner, natürlich gibt es im Land viel Geld, und sicher kann man das umschichten. Aber wenn man mit solchen Anträgen nach Verabschiedung eines Haushalts und in einer Nachtragshaushaltsdebatte kommt, dann ist es schon fraglich, was man im Endeffekt damit erreichen will.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Ja, meine Damen und Herren von der LINKEN, Sie haben nicht Unrecht, wenn Sie Forderungen zur Verbesserung der Qualität in den Kitas erheben. Ich habe ehrlich gesagt auf einen

solchen Antrag gewartet. Ich hätte ihn auch gern selbst formuliert, aber ich kann heute, nach Verabschiedung des Haushalts und angesichts des in Rede stehenden Nachtragshaushalts, die Frage nicht beantworten, woher ich das Geld nehmen soll. Das bedarf einer Debatte mit den Kollegen der Fraktionen. Wie Sie in der Zeitung gelesen haben, wird das im nächsten Haushalt eine Rolle spielen.

Ich hätte mir persönlich gewünscht, dass wir, statt in den zurückliegenden Wochen die eine oder andere Wohltat zu gewähren, gleich an dieser Stelle angesetzt hätten. Sie, meine Damen und Herren von der LINKEN, haben aber die Volksbegehren zu den anderen Fragen mit initiiert. Ich frage Sie: Was war Ihnen wichtiger? Der Populismus, bestimmte Dinge für die Bürger zu bezahlen, oder eben diese Qualitätsdebatte? Ich bin kein Freund von Volksbegehren, aber ich hätte lange überlegen müssen, ob ich ein solches, das den Personalschlüssel verändert, nicht hätte unterstützen wollen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Warum haben Sie abgelehnt?)

- Ich habe es Ihnen gesagt und sage es noch einmal: Als Koalitionäre müssen wir sagen, woher das Geld für solche Geschichten kommen soll.

Alles, meine Damen und Herren, was wir zusätzlich in die jetzigen Haushalte aufnehmen, wird uns entweder eine Belastung des Steuerzahlers bringen, die wir nicht wollen, oder wir werden unverantwortlich den Landeshaushalt weiter verschulden. Beides halte ich für nicht verantwortbar.

Schade, dass der Antrag, inhaltliche und nicht nur finanzielle Ansätze zu korrigieren, jetzt erst kommt. Ich meine, dass die Diskussion weitergeführt werden muss, aber heute werden wir dem Antrag nicht zustimmen, weil wir die Finanzierung nicht sichern können.

Zum Ende möchte ich noch sagen: Dass es mir ernst ist, sehen Sie daran, dass die Koalitionäre SPD und CDU im Landkreis Dahme-Spreewald genau diesen Punkt in der Koalitionsverhandlung letztes Wochenende vereinbart haben. Dabei ist mir gerade dieser Punkt wichtig. Die Frage der Qualitätsverbesserung in den Kindertagesstätten, um die Voraussetzungen für eine gesunde Entwicklung unserer Kinder zu gewährleisten, halte ich für ganz wichtig und werde das auch weiterhin unterstützen. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Minister Rupprecht spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verbesserung von Bildung und Betreuung vor der Schule ist auch ein Ziel der Landesregierung. Ich glaube, es ist auch bei Frau Große deutlich geworden, dass wir dieses Ziel konsequent verfolgen, wenn auch nicht in der Konsequenz, die Sie sich zum Teil wünschen. Ich denke, Frau Große, dass Sie in diesem Land niemanden finden werden, der Ihren grundsätzlichen Intentionen nicht zustimmen würde. Dennoch muss ich Sie, meine Damen und

Herren Abgeordnete, bitten, diesen Antrag der LINKEN abzulehnen.

Ich will nicht bestreiten, dass es in der brandenburgischen Kita-Landschaft einen deutlich wahrzunehmenden Entwicklungsbedarf gibt. Aber es gibt auch Erfolge. Ich will sie kurz aufzählen: Wir haben - Frau Große hat es erwähnt - sehr gute Betreuungsquoten. Wir haben ein umfangreiches Platzangebot, das bundesweit zu den Spitzenangeboten gehört. Wir haben große fachliche Fortschritte gemacht. Ich möchte nur die Konsultationskitas nennen, die Informations- und Unterstützungsangebote sowie die Sprachstandsfeststellung und -förderung. Ich denke, wir haben bei der Qualität der Praxisberatung zugelegt.

Jedoch gibt es hier schon ein Aber: Aber ich gebe zu, dass wir noch nicht die entsprechende Beratungsdichte erreicht haben. Die ist noch nicht ausreichend, wie ich auch im Qualitätsbericht, den ich dem Landtag im Jahr 2006 vorgelegt habe, zugegeben habe. Ich bin mir auch bewusst - das ist ja das Kernproblem Ihrer Ausführungen gewesen -, dass wir bei der Personalausstattung in unseren Einrichtungen Handlungsbedarf haben. Aber - jetzt kommt das entscheidende Aber! - dieses Haus hat vor noch nicht allzu langer Zeit einen Doppelhaushalt verabschiedet, in dem die Kita-Finanzierung erhöht wurde. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir neben dem zusätzlichen Geld für zusätzliche Kinder 4 Millionen Euro aus dem Gesamthaushalt für die Themen Bestandsschutz, Sprachstandsfeststellung und -förderung erhalten haben, die vorher nicht geplant waren.

Die von Ihnen gewünschte sofortige Realisierung des Antragsinhalts würde - Frau Große, Sie haben es selbst gesagt - mehrmals zweistellige Millionenbeträge erfordern.

Eine Deckungsquelle ist dem Antrag nicht zu entnehmen. Das ist ja bei Oppositionsanträgen leider nichts Neues. Das bekannte Problem mit einem wohl eher populistischen Sofortprogramm zu lösen halte ich nicht für den richtigen Weg. Ich denke, die Landesregierung ist sich ihrer Aufgaben bewusst. Wir stellen uns diesen Aufgaben und werden die Lösung zielstrebig, aber eben auch mit finanziellem Augenmaß angehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Für das Schlusswort der Debatte erhält nun noch einmal die Abgeordnete Große das Wort.