Protocol of the Session on October 26, 2006

Der erste Punkt: Ich finde, wir haben eine kluge Entscheidung getroffen, als wir im Frühjahr für die Berechnung der Abgeordnetenentschädigung ein neues System eingeführt und damit auf die Einkommensentwicklung bei der Brandenburger Bevölkerung Bezug genommen haben.

Es gibt übrigens in dieser Gesellschaft auch noch andere Einkommensentwicklungen. Die Auswertung der jüngsten Umfrage des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung ergibt zum Beispiel, dass in dem gleichen Zeitraum, in dem die Einkommen der Brandenburger Bevölkerung um 0,2 % gesunken sind, die Unternehmens- und Vermögenseinkommen eine Steigerung um 6,2 % aufweisen.

Ich bin sehr froh darüber, dass wir nicht gesagt haben, wir sollten uns an dem Wettbewerb mit den Managergehältern und mit anderen Einkommen beteiligen, weil wir dann genau die Diskussion hätten, die die Bürger berechtigterweise geführt haben, als wir dieses Thema aufgriffen, nämlich die Diskussion dahin gehend, dass wir ständig darüber nachdächten, wie wir unsere Diäten erhöhen könnten.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich habe nachgeschaut und bisher kein Landtagsprotokoll und kein Sitzungsprotokoll des Deutschen Bundestages gefunden, in dem jemals festgestellt wurde, dass die Diäten reduziert werden. Das ist bei uns hier also ein einzigartiger Vorgang.

Nun kann man natürlich darüber streiten, wie bedeutsam 8,80 Euro sind. Aber ich sage: Es ist der erste Schritt, nachdem wir im Frühjahr die dann auch gesetzlich fixierte Entscheidung getroffen haben, uns bezüglich unserer Diäten an die Entwicklung der Entlohnung in der Gesellschaft anzukoppeln. Dabei sollten wir bleiben, weil das möglicherweise der reale Gradmesser und die große Herausforderung für uns ist, etwas dafür zu tun, dass der in der gestrigen Aktuellen Stunde angesprochene Wirtschaftsaufschwung durchgreift, dass die Menschen in diesem Land nicht nur Arbeit haben, sondern auch ordentlich verdienen; denn dann verdienen auch wir mehr. Aber wenn die Menschen eben nicht genug verdienen, dann bekommen

auch wir weniger. Ich finde, das ist mehr als gerecht und demzufolge auch vernünftig.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Das Zweite: Herr Schulze von der SPD-Fraktion hat sehr zutreffend zum Ausdruck gebracht, dass Sie da ein Vorurteil bedienen. Natürlich ist eine Kostenpauschale eine Kostenpauschale und nicht Bestandteil meines Gehalts. Da gebe ich nämlich etwas aus. Da besteht möglicherweise ein Unterschied zwischen Ihnen und den Abgeordneten von SPD, CDU und Linkspartei.PDS, die das Geld, das mit der Kostenpauschale gezahlt wird, wirklich einsetzen zur Begleichung der Ausgaben, die sie in ihren Wahlkreisen für Wählerinnen und Wähler haben. Ich sage - das zeigt nämlich der Umgang mit den Mietberechnungen -, dass sie zum Teil bedeutend mehr ausgeben, als sie mit der Kostenpauschale erhalten. Sie von der DVU haben möglicherweise gar nicht so viele Teilnehmer an Ihren Veranstaltungen, sodass Sie mit der Kostenpauschale etwas ganz anderes machen können und demzufolge etwas übrig haben. Wenn Sie das in einen Sozialfonds einzahlen, halte ich das für eine Partei, die sich irgendwo „sozial“ nennt, für eine prima Initiative.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linkspartei.PDS und der SPD - Zuruf des Abgeordneten Schuldt [DVU])

Schicken Sie es den Betroffenen, machen Sie es real und hören Sie auf, mit diesem populistischen Geschwafel dieses Parlament zu belästigen, weil Sie es nämlich gar nicht ernst meinen! Denn wenn Sie es ernst meinen würden, hätten Sie auch eine realistische Bezugsebene für die Kostenpauschale.

Dabei will ich fairerweise noch einmal sagen, dass die Entscheidung im Frühjahr der erste Schritt war. Wir müssen also noch über die Altersversorgung und über Kostenpauschalen überhaupt reden.

Herr Schulze, Frau Richstein, mit dem Verbraucherindex als Bezugspunkt haben wir eine gemeinsame Position. Bei genauerem Hinsehen ist mir allerdings aufgefallen, dass dieser Preisindex auch die Entwicklung bei alkoholischen Getränken und Tabakwaren, bei der Gesundheitspflege sowie bei dem Bereich Freizeit, Unterhaltung und Kultur umfasst. Das würde ich künftig gern herauslassen, weil das mit der Kostenpauschale, die ansonsten berechnet wird, nichts zu tun hat. Wenn uns das noch gelingt, dann wird auch künftighin dort möglicherweise keine Erhöhung mehr ausgewiesen, sondern eine andere Entwicklung deutlich und wir sind wieder bei dem, was wir wirklich gewollt haben, bei einem fairen Vergleich mit den Bürgerinnen und Bürger in diesem Land. - Danke sehr.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren, da die Landesregierung Redeverzicht angemeldet hat, sind wir am Ende der Debatte.

Ich stelle den Änderungsantrag der DVU-Fraktion, Drucksache 4/3612 zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimm

enthaltungen? - Ohne Enthaltungen mit übergroßer Mehrheit abgelehnt.

Ich stelle die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses in der Drucksache 4/3562 zur Abstimmung. Wer dieser seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei zwei Stimmenthaltungen und wenigen Gegenstimmen angenommen. - Damit ist das Achte Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 4/3543

Wir eröffnen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion der Linkspartei.PDS. Es spricht der Abgeordnete Theel zu uns.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Allen wichtigen Entscheidungen, die der Landtag zu treffen hat, geht in der Regel eine intensive Beratung in den Ausschüssen voraus. Wenn erforderlich, wird externer Sachverstand angefragt. Haushaltsbeschlüsse und das Finanzausgleichsgesetz sind natürlich solche wichtigen Entscheidungen für die Entwicklung im Land und für die Kommunen. Deshalb wurden viele angehört, der Städte- und Gemeindebund, der Landkreistag, Bürgermeister, Landräte und Gutachter. Leider hat bei all den Veranstaltungen einer nicht zugehört: der Finanzminister.

(Bischoff [SPD]: Er war aber da!)

- Richtig. Aber das sagt ja noch nichts.

(Bischoff [SPD]: Er hat auch zugehört!)

Nach seiner Aussage in der letzten Sitzung des Ausschusses wurden die Argumente, Vorschläge und Kritiken zum neuen FAG in seinem Haus bereits im Vorfeld auf der Grundlage der schriftlich eingereichten Stellungnahmen - so wörtlich - gewürdigt. Mein Eindruck war: „Gewürdigt“ wohl, aber mit keinem Blick, mit keinem Ohr, mit keinem Gedanken und mit keinem schlüssigen Argument als Antwort auf die Vielzahl der Änderungsvorschläge. Die Antwort stand von vornherein fest: Was ist das Gejammere der kommunalen Familie gegen die Weisheit und den Weitblick des Uhus in der Höhe? - Mit der Bemerkung über das bekanntlich alle Jahre wiederkehrende Gejammere der Kommunen während solcher Anhörungen hat Minister Speer seine abwertende Haltung gegen jeden Vorschlag deutlich gemacht und gezeigt, wie lästig ihm diese Prozedur war und ist. Die Anhörung wurde mit dieser Bemerkung zu einer Farce.

Alle Anzuhörenden haben kritisiert, dass mit dem FAG die neuen, noch längst nicht feststehenden Ziele der Landesplanung für die Zentralen Orte vorweggenommen werden, ohne Beschluss, ohne abschließende Diskussion, ohne Entscheidung durch den Landtag und vor allem - was die Kommunen beklagen - ohne Übergangsregelungen.

Eine weitere Diskussion über die Ziele der Landesplanung für die kommenden Zeiten, wie vom Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung in allen Regionalkonferenzen versprochen, erübrigt sich somit. Herr Ministerpräsident, wenn Sie künftig durchs Land ziehen und den Leuten in den entlegenen Regionen versprechen, sie würden nicht abgehängt, bedenken Sie: Der Finanzminister war schon vor Ihnen da

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

und in der Folge alle anderen Minister, zum Beispiel der für Infrastruktur mit der Abmeldung von Bahnen wegen der gekürzten Regionalisierungsmittel.

26 Kommunen unseres Landes empfinden sich als Verlierer und nennen sich auch Verliererkommunen. Gerade die haben am meisten zu tun mit Abwanderung und den Problemen, die sich auch aus der von Ihnen jetzt entdeckten neuen Armut ergeben. Nachdem Sie aber das Handtuch in den Ring geworfen und „Basta!“ gerufen haben, können Sie von dort nur noch Resignation erwarten.

Die Briefe, die dazu von den betroffenen Kommunen zu Ihnen und zu uns gekommen sind, sprechen eine deutliche Sprache und zeigen die Auswirkungen auf, die ab 1. Januar sofort eintreten.

Übereinstimmend haben alle Anzuhörenden beklagt, dass die Vorwegnahme von 50 Millionen Euro zum Nachteil der Kommunen weiterhin durchgesetzt werden soll.

Die Koalitionsparteien haben gestern in der Aktuellen Stunde den Aufschwung entdeckt und die Parole „Mitmachen, Mut machen, die brandenburgische Wirtschaft zieht an“ ausgegeben. Mit dem FAG 2007 lassen Sie aber Ihre eigenen Zweifel heraus. Sie trauen dem Frieden und dem eigenen Mut nicht und gehen deshalb von wesentlich geringeren Wirkungen auf die Steuereinnahmen aus. Weshalb wohl halten sie die 50 Millionen Euro zurück? Weshalb stören Sie die Symmetrie im Lande, zwischen Land und Kommunen, obwohl dieser Grundsatz „symmetrische Verteilung der Mittel“ als Errungenschaft überall herausgestellt wird?

Das FAG ist somit ein Armutszeugnis für die Koalition. Es bringt Armut für eine Vielzahl von Kommunen. Es ist ein Affront gegen alle, denen die Entwicklung des Landes im Ganzen am Herzen liegt. Nebenbei geben Sie den Verfassungsgrundsatz auf, für gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteilen zu sorgen.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Ich bin sehr gespannt, welche Argumente zum Beispiel mein Kollege Klein in seinem Wahlkreis findet,

(Zurufe)

wenn er in den jetzt schon finanziell nicht gut gestellten Grundzentren gefragt wird

(Zurufe)

- danke! -, zum Beispiel in Rheinsberg, in Lindow, in Fehrbellin, in Kyritz, in Neustadt (Dosse), in Königs Wusterhausen, weshalb er unseren Antrag abgelehnt hat, nämlich die bisherige Regelung für Grund- und Kleinzentren mindestens bis zum Inkrafttreten des neuen integrierten Landesentwicklungsplans Berlin-Brandenburg beizubehalten.

Herr Abgeordneter, Sie müssen zum Ende kommen.

Ja, sofort, Herr Präsident. - Andere werden sich in der gleichen Situation befinden. Sie werden die Erfahrung machen: Es ist einfacher, eine Sache richtig zu machen, als zu erklären, warum man sie falsch gemacht hat.

Wir stellen deshalb den Antrag, zu dem Änderungsantrag meiner Fraktion in der Drucksache 4/3603 eine namentliche Abstimmung durchzuführen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für die SPD-Fraktion setzt die Abgeordnete Melior die Debatte fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben ein schwieriges Thema auf der Tagesordnung. Finanzausgleich ist ja keine leichte Sache. Wenn dazukommt, dass die Decke insgesamt ziemlich kurz ist und deshalb durch Hin- und Herschieben mal ein Arm, mal ein Bein herausguckt, wird es insgesamt nicht leichter.