Protocol of the Session on May 17, 2006

Das DIW bestätigt ausdrücklich, dass der horizontale Finanzausgleich so weit in Ordnung ist. Die besondere Situation der kreisfreien Städte habe ich bereits erwähnt. Ich will nicht noch einmal darauf eingehen, aber sagen, dass das die Stellschrauben sind, über die geredet werden muss. Dieser Frage wird sich

die SPD-Fraktion in ihrer Arbeit sehr ausführlich stellen. Es geht um die kreisfreien Städte, um das Anrechnen der so genannten Mantelbevölkerung, ein völlig neuer Begriff im DIW-Gutachten, aber es lohnt durchaus, in das Internet zu schauen und nachzulesen. Es geht um die Stellschraube, wie es mit der Beteiligung an der Steuerkraft und an der Einnahmesituation der Kommunen aussieht. Des Weiteren geht es um die Fragen, wie weit wir Ausgleichsfaktoren brauchen oder wie weit wir mehr Klarheit und Wahrheit im System haben wollen.

Das alles werden wir im engen Austausch mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vor Ort besprechen. Wir werden die demografische Entwicklung, die in Brandenburg sehr unterschiedlich verläuft, mit in den Fokus nehmen, die unterschiedliche Situation im Land Brandenburg bewerten, um dann unsere Entscheidungen zu treffen.

Meine Damen und Herren, Sie können sicher sein, dass an oberster Stelle - das ist kommunale Selbstverwaltung - die stetige Aufgabenerfüllung in den Gemeinden, Landkreisen, Städten und Ämtern steht, denn dort wohnen die Menschen, dort ist des Volkes wahrer Himmel. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Funck.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nicht das Thema „aktuell ja oder nein?“ anreißen, finde es aber immer spannend und gut, wenn wir uns über die kommunale Ebene unterhalten.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Für mich ist das eine der Grundlagen bzw. die Basis für die Demokratie, vor allen Dingen auch deshalb, weil die Bürger Demokratie dort tatsächlich erleben. Ich halte dieses Thema nicht nur aus finanzieller Sicht für sehr interessant - darüber werden wir in Zukunft noch reden -, denn das, was an Aufgaben abgegeben werden kann, wozu die Gemeinden und Kommunen auch Ja sagen, wird im Prinzip die Diskussionsbasis dafür sein, wie es dort weitergeht.

Lassen Sie mich etwas zur zentralen Bedeutung der kommunalen Finanzausstattung sagen. Für eine kraftvolle Ausübung der kommunalen Selbstverwaltung ist die Bewertung der aktuellen Haushalts- und Finanzlage der brandenburgischen Kommunen unverzichtbar.

Zur Ausgabenpolitik der Kommunen: Herr Theel, ich finde es erstaunlich, wie man Zahlen interpretieren und darstellen kann. Sie hatten an der einen oder anderen Stelle das Symmetriegutachten zitiert. Die Ergebnisse wundern mich schon. Bei den Personalausgaben unserer Gemeinden und Kommunen haben wir im Jahr 2005 pro Kopf 576 Euro ausgegeben. Mit 59 Euro liegen wir deutlich über dem Durchschnitt der neuen Bundesländer. Auch das gehört zur Wahrheit.

Bei den Sachinvestitionen - man kann nicht darüber reden, dass unsere Gemeinden und Kommunen tatsächlich finanziell leiden - sind wir neben Sachsen Spitzenreiter. Wir geben im Durchschnitt der neuen Bundesländer immerhin noch 20 Euro mehr aus und natürlich - das ist klar - 67 Euro mehr als im gesamtdeutschen Durchschnitt. Das hängt mit den zusätzlichen Einnahmen, die wir bis 2019 bekommen, zusammen.

Was wirklich interessant ist, ist der so genannte Finanzierungssaldo. In der Regel ist er negativ. Wir hatten diese Situation bis zum Jahr 2004 auch. Ab 2005 liegt der Finanzierungssaldo in Brandenburg bei 94 Millionen Euro plus. Hiermit liegen wir auch deutlich über dem Durchschnitt der neuen Bundesländer. Das ist letztendlich auch dem neuen FAG zu verdanken.

Wir haben auch einen unterdurchschnittlichen Verschuldungsstand unserer Gemeinden und Kommunen, Herr Theel. Das entspricht nämlich auch nicht Ihrer Darstellung. Sie liegen das ist zwar immer noch hoch - mit 700 Euro pro Kopf deutlich unter dem Durchschnitt. Bei den neuen Bundesländern sind es im Durchschnitt 1 130 Euro.

Es stimmt aber auch, dass unsere Gemeinden, Kommunen und auch Kreise die Kassenkredite in wesentlich höherem Rahmen als üblich in Anspruch nehmen.

Über die Zuweisungspolitik des Landes - das war ein Hauptkritikpunkt - muss man natürlich immer wieder reden. Mit der Umstellung des FAG, einem neuen Gesetz, wurde zugesagt, dass man nach dessen Einführung einen Bericht vorlegen wird, den so genannten Symmetriebericht. Das ist jetzt passiert und man hat festgestellt, dass es nicht unbedingt den richtigen Ausgleich gab. Man hat nachgesteuert. Ich verstehe aber nicht, warum das jetzt kritisiert wird. Es ist doch völlig normal, dass ich eine vorhandene Situation bewerte, und wenn ich feststelle, dass es nicht so ist, wie es sein sollte, muss ich nachsteuern. Hierzu kann ich sagen, genau so macht man verlässliche Politik, indem man Dinge zusagt, und wenn es nicht gut gelaufen ist, muss man nachsteuern. Ich kann nicht behaupten, dass ich als Politikerin immer die richtigen Entscheidungen treffe oder von vornherein alles richtig bewerten kann. Dafür fehlen mir oft die entsprechenden Entscheidungsgrundlagen. Deshalb halte ich die Kritik an dieser Stelle für nicht angebracht. Ich finde es - ganz im Gegenteil - richtig, dass wir uns bezüglich des Nachtragshaushalts darüber unterhalten werden. Die Kommunen benötigen das Geld, das ist richtig. Sie werden es auch bekommen.

Die Modifizierung des zentralen örtlichen Ansatzes wird ein Thema sein, über das wir reden müssen. Auch die künftige Zuweisungspolitik des Landes muss bedarfsgerechter ausgewiesen werden. Das werden wir auch tun.

Ich möchte noch einmal zur Einnahmenseite der Gemeinden und Kommunen kommen. Die am vorigen Freitag vorgelegte Steuerschätzung machte eines deutlich: Die Einnahmen werden auch für unser Land steigen, aber die Kommunen werden natürlich auch entsprechend beteiligt. Im Jahre 2006 sind es immerhin schon 7,5 Millionen Euro, die die Kommunen an Mehrzuweisungen bekommen können. 2007 sind es 23 Millionen Euro, 2008 und 2009 sind es schon 56 Millionen Euro.

Trotz alledem muss man natürlich auch nach dem Konsolidierungspotenzial bei den Gemeinden und Kommunen fragen.

Diesbezüglich sagt das DIW-Gutachten sehr deutlich, dass es dort Potenziale gibt.

Herr Theel, ich weiß, dass es schwierig ist, derartige Entscheidungen auf kommunaler Ebene zu treffen. Es ist immer einfacher, nach mehr Geld zu rufen, als tatsächlich Entscheidungen zu treffen, wo Einsparungen erzielt werden können.

Das Thema Personal hatte ich bereits angesprochen. Hierzu sagt das DIW-Gutachten sehr deutlich, dass wir ein Einsparpotenzial von 40 Euro pro Kopf haben. Das ist sehr viel Geld. Diesbezüglich muss weiter gearbeitet werden.

Alles in allem ist es richtig, dass die Gemeinden und Kommunen die starke tragende Säule unserer Demokratie sind. Wir sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es ihnen finanziell gut gehen kann, aber die Gemeinde- und Kommunalpolitiker vor Ort haben es sehr wohl in der Hand, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Ich denke, dass wir mit den Entscheidungen hinsichtlich des Symmetriegutachtens auf einem guten Weg sind. Das FAG wird überarbeitet und bedarfsgerechter wirken. - Ich sehe, meine Redezeit ist bereits zu Ende. Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich hoffte die ganze Zeit, dass es der letzte Satz wäre. Sie haben mich fünfmal enttäuscht.

(Heiterkeit)

Ich frage dennoch die Landesregierung, ob es Redebedarf gibt. - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Debatte mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Diesmal spricht Herr Scharfenberg.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde hat insofern ihr Ziel erreicht, als dass wir hier über die aktuellen Probleme der Kommunen geredet haben.

(Schippel [SPD]: Schön, dass wir darüber geredet haben!)

Herr Petke und Herr Schippel, Sie haben auf den Putz gehauen, Sie haben die Verhältnisse schöngeredet, die Verhältnisse, die Sie jetzt 16 Jahre lang gestaltet haben. Die kommunale Wirklichkeit sieht anders aus.

(Bischoff [SPD]: Wir haben die Probleme übernommen!)

Herr Finanzminister, wir warten nicht auf die Novelle des FAG, sondern wir nehmen mit dieser Aktuellen Stunde Einfluss darauf. Das ist unsere Verantwortung.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir haben in der Vergangenheit immer wieder dafür gesorgt, dass Probleme der Kommunen hier in diesem Landtag eine Rolle spielen. Seien Sie einmal ehrlich: Wenn wir das nicht getan hätten, hätten diese Probleme nicht auf der Tagesordnung

gestanden. Das geschieht nur unter unmittelbaren Handlungszwängen.

(Bischoff [SPD]: Das ist ja lächerlich!)

Wir wollen nicht, dass die Kommunen zunehmend auf die hauptamtlichen Verwaltungen reduziert und diese praktisch als Außenstellen der Landesregierung betrachtet werden. Eine solche Entwicklung ist zumindest tendenziell sichtbar.

(Bischoff [SPD]: Das hatten wir in der DDR!)

Wir stellen immer wieder ein tiefes Misstrauen der Landesregierung in das eigenverantwortliche Handeln der kommunalen Selbstverwaltungsorgane fest. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Aussagen von Innenminister Schönbohm, die er auf der fast historisch gewordenen Bürgermeisterkonferenz der CDU in Diedersdorf geäußert hat.

(Zuruf von Minister Schönbohm)

„Man glaubt immer, dem der Herr gibt ein Amt, dem gibt er Verstand. Das gilt meistens, aber es gilt nicht in der Verwaltung, dass man sagen kann, die höherwertige Verwaltung ist intelligenter als die, die weiter unten ist. Das ist nicht richtig.“

Wie wahr, Herr Innenminister. Ich wünschte mir, dass Sie diesen Grundsatz in Ihr Regierungsamt mitgenommen hätten.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Was geschieht tatsächlich? Über das Genehmigungsverfahren für Kommunalhaushalte drückt das Land der kommunalen Entwicklung mit Forderungen nach Reduzierung der freiwilligen Aufgaben und des Personals, mit Forderungen nach Veräußerung von kommunalem Eigentum usw. seinen Stempel auf. Diese Genehmigungsverfahren sollten eigentlich verkürzt werden. Auch das ist eine ständige Forderung der PDS. Das Gegenteil ist der Fall. Zu diesem Problem sind keine Änderungen in der Kommunalverfassung vorgesehen. Stattdessen sollen nach Meinung des Ministeriums des Innern die ohnehin dominanten Landräte und Bürgermeister gleich noch den Vorsitz in den Kreistagen oder Gemeindevertretungen und in den Haupt- bzw. Kreisausschüssen übernehmen.

Die weitere Diskussion um die Kommunalverfassung wird zeigen, ob Sie lernfähig sind oder ob die kommunale Selbstverwaltung wieder machtpolitischen Interessen, und das aus Sicht der Landespolitik, untergeordnet wird.

(Zuruf des Abgeordneten Schippel [SPD])

Dabei steht immer wieder die Frage, welcher reale Einfluss den kommunalen Spitzenverbänden auf die Entscheidungen auf Landesebene eingeräumt wird. Hier erinnere ich an den alljährlichen Streit um das GFG, jetzt FAG, bei dem die Spitzenverbände in der Regel den Kürzeren ziehen. Ich erinnere an die Auseinandersetzung um die kommunalen Entlastungsgesetze oder um die Anbindung der überörtlichen Prüfung. Die klaren Forderungen der Kommunalverbände sind schlichtweg ignoriert - um nicht zu sagen: beiseite gewischt - worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: