Protocol of the Session on March 2, 2005

(Beifall bei der CDU)

Zurzeit besuchen in Brandenburg 3,5 % der Schüler eine freie Schule. In Deutschland insgesamt sind es 6 %. In den alten Bundesländern sind es deutlich mehr, weil in Ostdeutschland und auch hier in Brandenburg ein großer Nachholbedarf besteht. Ich bin froh und dankbar dafür, dass Eltern sagen: Lasst uns hier einen eigenen Beitrag leisten. Lasst uns nicht auf den Staat hoffen und vertrauen, sondern lasst uns selbst etwas tun, damit unsere Kinder eine gute und - möglicherweise an der einen oder anderen Stelle besonders profiliert - eine bessere Bildung erhalten. Wir sind auf solche Eltern und solche Träger angewiesen. Wir müssten dankbar dafür sein, dass es solch bürgerschaftliches Engagement gibt. Wir müssen diesen Eltern und Trägern helfen, besser voranzukommen.

(Beifall bei der CDU)

Im Übrigen entlasten freie Schulen auch den Landeshaushalt. Das ist ganz klar nachgewiesen. Ein Schüler an einer freien Schule kostet die öffentliche Hand ein knappes Drittel weniger als ein Schüler einer Schule in öffentlicher Trägerschaft. Wenn wir perspektivisch und langfristig denken, ist es auch deshalb wichtig, hier etwas zu tun, damit wir in Brandenburg mehr freie Schulen haben.

(Widerspruch bei der PDS)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch den Landesjugendplan ansprechen. Ich weiß, welche Probleme es da gibt. Die Jugendverbände waren bei uns wie wahrscheinlich bei allen Fraktionen hier im Landtag. In dem Landesjugendplan hat das 610-Stellen-Programm einen großen Anteil. Wir wollen, dass den Jugendlichen vor Ort geholfen wird, dass sie attraktive Angebote erhalten, dass sie von der Straße runterkommen und dass hier etwas Sinnvolles gemacht wird. Deshalb wird sich die Koalition die Dinge anschauen und überlegen, ob sie beim 610-Stellen-Programm etwas über die jetzigen Vorschläge hinaus verbessern kann.

Meine Damen und Herren, uns ist es wichtig, die Sicherheit im Land Brandenburg zu gewährleisten. Wir wollen, dass jeder Brandenburger an jeder Stelle und zu jedem Zeitpunkt sicher ist und er sich auf die brandenburgische Polizei verlassen kann - auf jeder Straße, in jeder Bahn, an jedem Ort in Brandenburg.

Wir wollen auch, dass die Extremismusbekämpfung auf hohem Niveau fortgeführt wird. In den letzten Jahren hat sich viel verbessert. Wir haben in Brandenburg eine Aufklärungsquote, die mit um die 60 % bundesweit im Spitzenfeld liegt. Die technische Ausstattung der Polizei hat sich deutlich verbessert. Nach der Polizeireform haben wir effiziente Strukturen geschaffen, obwohl auch der Innenbereich seinen Beitrag zur Konsolidierung des Landeshaushaltes geleistet hat. Wir wissen, dass die Bedrohungslage nicht besser geworden ist. Wir wissen des Weiteren, dass im Land Extremisten unterwegs sind, die versuchen, Jugendliche einzufangen und auf Irrwege zu leiten. Wir wissen auch, dass in den letzten zwei Jahren mehrere Hunderttausend Illegale - nicht zuletzt als Folge der Visa-Affäre - nach Deutschland gekommen sind.

(Zuruf von der PDS)

- Ja, weil ein grüner Außenminister der Meinung war, er müsse Einwanderungspolitik durch die „kalte Küche“ machen. Wir müssen die Sicherheit gewährleisten.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, große Bedeutung für Brandenburg hat der ländliche Raum mit mehr als 2 Millionen Hektar landund forstwirtschaftlichen Flächen. Das ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Viele Brandenburger leben im ländlichen Raum auf ihrem Eigentum und von ihrem Eigentum. Landund Forstwirtschaft sind mehr denn je als Wirtschaftsfaktoren zu begreifen. Die Landwirtschaft steht gegenwärtig mit der Umsetzung der Reform „Gemeinsame europäische Agrarpolitik“ - eine Reform mit Chancen und Risiken - vor einer großen Herausforderung. Wir haben mit unseren Agrarstrukturen in Brandenburg gute Voraussetzungen, diese Reformen hier umzusetzen und die Situation zu meistern. Gegenwärtig sind die Betriebsleiter gefordert, die neuen Bedingungen zu bewerten und die richtige Entscheidung für ihren Betrieb zu treffen. Die weitere Anhebung der Steuer auf Agrardiesel und der Beiträge für die Agrarsozialversicherung durch die Bundesregierung erhöhen den Druck auf die Unternehmen. Wir als Land sind gut beraten, die Belastungen für die Landwirtschaftsbetriebe nicht weiter zu verschärfen.

Brandenburg nimmt mit seinen mehr als 400 Naturschutzgebieten, 112 Landschaftsschutzgebieten sowie seinen 15 Großschutzgebieten aus naturschutzfachlicher Sicht eine Spitzen

stellung in Europa ein. Damit sind fast 40 % der Landesfläche unter Schutz gestellt. Wir stehen zu diesen Schutzgebieten. Wir sagen aber: Mehr geht nicht. Damit ist es nun genug. Für die vor Ort im Naturschutz Tätigen stellt sich die Forderung, ihrer Verantwortung für die Menschen gerecht zu werden, die jetzt dort leben, und nicht erst nur für zukünftige Generationen, und Investitionen mitzutragen und Lösungen zu finden, wenn es darum geht, vor Ort Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Ursache für die Abwanderung aus den berlinfernen Regionen liegt vor allem in fehlenden Arbeitsplätzen. Neue Arbeitsplätze entstehen nur dort, wo eine ausreichende Infrastruktur vorhanden ist. So kann zum Beispiel die Gründung des Landesbetriebes Straßenwesen wirklich nur ein erster Ansatz in die richtige Richtung sein. Wenn ich bedenke, dass weit mehr als ein Drittel der in diesem Landesbetrieb zur Verfügung stehenden Mittel für Personal ausgegeben wird, dann wissen wir alle, dass hier noch etwas zu tun ist. Wenn wir die Verkehrsinfrastruktur weiter ausbauen und erhalten wollen, benötigen wir kurze Planungszeiten. Deshalb ist es wichtig, die Geltungsdauer des Bundesverkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu verlängern, denn wir haben nicht den Planungsvorlauf wie in den alten Bundesländern. Wir können uns langfristige Planungsverfahren von 10, 15 oder 20 Jahren in Brandenburg in dieser Aufbausituation einfach nicht leisten. Das kostet zu viel Geld und zu viel Zeit.

Wichtig ist die Bereitstellung der Planungsmittel für Investitionsvorhaben an Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Wir sind gefordert, die Erreichbarkeit in der Fläche zu sichern.

Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik sind zurzeit von großen Umwälzungen betroffen. Die Sozialversicherungssysteme sind in einem kritischen Zustand. Steigende Arbeitslosenzahlen machen Handeln auf Bundesebene zwingend erforderlich. Hier stehen wir erst am Anfang. Das den Bürgern zu sagen gehört zu der notwendigen Offenheit. Die Hartz-Gesetze verändern den Arbeitsmarkt tief greifend. Dass wir in Brandenburg im Januar eine Arbeitslosenquote von über 20 % haben, kann niemanden zufrieden stellen. Wie gut die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe letztlich funktioniert, werden wir vermutlich erst nach einem längeren Zeitraum wissen. Es gab und es gibt viele offene Fragen. Um nur einige davon zu nennen: Krankenversicherung in Lebenspartnerschaften, Ängste, dass reguläre Jobs durch 1-Euro-Jobs verdrängt werden, Verschiebebahnhöfe zwischen den Zuständigkeiten von Sozialhilfe und ALG II.

Die arbeitsmarktpolitischen Programme des Landes wurden in den letzten Jahren wiederholt überprüft und angepasst. Landesprogramme sind vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit eine sinnvolle Ergänzung der Maßnahmen der Arbeitsagenturen. Die wirkliche Lösung der Probleme sind jedoch Arbeitsplätze auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hier wird ein Mehrwert geschaffen. Hier liegt die Zukunft und die Perspektive. Da die wirtschaftliche Lage im Land vielen Unternehmen nicht die Möglichkeit bietet auszubilden, sind wir nach wie vor auf die zusätzliche überbetriebliche Ausbildung im kooperativen Modell angewiesen. Es kommt aber vor allem darauf an, über Instrumente nachzudenken, die mehr betriebliche Ausbildungsplätze schaffen, denn die solide betriebliche Ausbildung ist kaum vollwertig zu ersetzen.

(Zuruf von der CDU: Das ist wohl wahr!)

Die Bereitstellung eines ausreichenden Angebots an Kita-Plätzen wird auch künftig erfolgen. In diesem Bereich wird es jetzt darum gehen, die Betreuungsqualität zu verbessern, um den Kindern eine bestmögliche Bildung und Erziehung zuteil werden zu lassen. Im Kita-Bereich haben wir noch Reserven. Ich denke dabei auch an die Nutzung von Tagesmüttern, die in Brandenburg noch viel zu selten im Einsatz sind.

Gut ist, dass im Sportbereich auch künftig eine kontinuierliche Jugendarbeit und Unterstützung des Spitzen- und Breitensports möglich sein wird, da dieser Bereich aus Lottomitteln gefördert wird.

Meine Damen und Herren, Kürzungen haben immer eines gemeinsam: Sie sind für die Betroffenen sehr schmerzhaft. Wir wollen daher die Chance nutzen, in den kommenden Tagen und Wochen darüber zu beraten, wie die Gelder bestmöglich eingesetzt werden können. Dafür müssen wir die Haushaltspositionen kritisch hinterfragen. Erst dann werden die Abgeordneten ihre Entscheidung treffen.

Wir müssen den Menschen in unserem Land immer wieder klarmachen, wie die Alternative zur Koalition der Demokraten hier in Brandenburg aussieht.

Während wir verantwortungsvoll mit den Dingen umgehen und den Bürgern reinen Wein einschenken, sieht das bei der PDS etwas anders aus.

(Zuruf von der PDS: Aha, jetzt kommt's!)

- Frau Enkelmann, Sie haben Ihren Beitrag mit den Wahlversprechen begonnen. Wir haben uns im Wahlkampf sehr bewusst zurückgehalten, weil wir wussten, in welcher Situation sich das Land befindet. Wir haben einmal zusammengestellt, welche Versprechen Sie im Wahlkampf gegeben haben: Sie fordern die Wiederanhebung der Mittel für den Jugendplan.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das haben Sie gerade auch gefordert!)

- Aber nicht auf das Niveau, das Sie verlangen.

Sie wollen Absatzorganisationen besser fördern. Sie wollen die kostenlose Übertragung von Naturschutzflächen. Sie wollen den öffentlich geförderten Beschäftigungssektor ausweiten. Sie wollen für die entwicklungspolitische Arbeit Brandenburgs Geld ausgeben. Ihre Versprechen summieren sich auf über 400 Millionen Euro. Bei konservativer Rechnung machen die Mehrausgaben, die Sie fordern, mehr als 400 Millionen Euro aus.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

An anderer Stelle kritisieren Sie die Koalition dafür, dass sie bei der Konsolidierung Ihrer Ansicht nach nicht schnell genug vorankomme.

(Zurufe von der PDS)

- Dafür kann ich Ihnen Dutzende von Beispielen nennen, Äußerungen von Ihnen, von Frau Osten und Herrn Christoffers.

Das passt nicht zusammen, meine Damen und Herren. Im Kern - da hat Günter Baaske völlig Recht - sagen Sie den Menschen

nicht die Wahrheit, Sie lügen sie an. Das kann nicht sein; das lassen wir Ihnen auch nicht durchgehen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Erfahrung ist, dass die Bürger wissen, dass sich etwas ändern muss. Sie erwarten aber, dass man ihnen offen und ehrlich sagt, wohin der Zug fährt und worin die Perspektive besteht.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Eben! Das tun Sie nicht!)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Bei uns waren, ebenso wie bei allen anderen Fraktionen, Vertreter des Landesjugendrings. Wie in jedem Jahr bei der Diskussion über den Haushalt haben wir darüber gesprochen, dass es vorn und hinten nicht reicht. Sicherlich, so ist es. Das Tischtuch ist nun einmal zu kurz.

Ich habe die Grafiken geholt, die wir alle kennen und die zeigen, wie sich die Einnahmesituation in den nächsten zehn Jahren entwickeln wird, aus denen ersichtlich ist, dass wir in wenigen Jahren etwa 20 bis 25 % weniger Geld haben werden und entsprechend bei den Zuweisungen und Zuschüssen, aus denen auch die Mittel für den Landesjugendplan gezahlt werden, einsparen müssen. Ich habe den Vertretern des Landesjugendrings gesagt: Eure Aufgabe ist es, jetzt die Strukturen so zu verändern, dass wir auch dann noch eine vernünftige Jugendarbeit machen können. Anschließend bewegte sich die Diskussion in sehr guten Bahnen. Man ging vernünftig miteinander um und hat gemeinsam darüber diskutiert.

Herr Abgeordneter Lunacek, Sie sind am Ende Ihrer Redezeit.

Lassen Sie mich bitte noch drei Sätze sagen. - Bei den Haushaltsberatungen sind wir offen für alles, was Arbeit schafft, bürgerschaftliches Engagement stärkt und die Haushaltskonsolidierung voranbringt. 2019 wird oft als bedrohliches Ende der Solidarpakt-Ost-Förderung angesehen. Lassen Sie uns doch gemeinsam darauf hinarbeiten, dass das gemeinsame Bundesland Brandenburg-Berlin mit seiner boomenden Hauptstadtregion in der Mitte, mit einem der wichtigsten Flughäfen im Zentrum Europas und mit einem lebendigen Mittelstand 2019 auf dem Sprung vom Nehmerland zum Geberland im Länderfinanzausgleich ist. Dieses Ziel ist erreichbar; die Potenziale haben unsere Menschen und hat unser Land.

(Beifall bei der CDU)

Lassen Sie uns mutige Entscheidungen treffen. Am Mute hängt der Erfolg. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Lunacek. - Wir kommen damit zur Abstimmung über die einzelnen Vorlagen.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Drucksache 4/620 - an den Ausschuss

für Haushalt und Finanzen zur federführenden Beratung und an alle übrigen Fachausschüsse zur Mitberatung. Wer dieser Empfehlung folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist dieser Vorschlag mehrheitlich angenommen.

Auch in Bezug auf den Finanzplan für die Jahre 2004 bis 2008, Drucksache 4/670, wird Überweisung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur federführenden Beratung und an die Fachausschüsse zur Mitberatung empfohlen. Wer diesem Vorschlag folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist auch diese Empfehlung angenommen.

Zum Haushaltsstrukturgesetz 2005 - Drucksache 4/621 - empfiehlt das Präsidium ebenfalls die Überweisung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen zur federführenden Beratung und an alle übrigen Ausschüsse zur Mitberatung. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch dieser Empfehlung ist gefolgt worden.

Damit sind diese drei Vorlagen beschlossen und ich schließe den Tagesordnungspunkt 3.