Protocol of the Session on December 11, 2003

Wir haben den umwelttechnischen Maschinen- und Anlagenbau nach Brandenburg geholt. Ein Beispiel ist Vestas in Lauchhammer mit mittlerweile 450 neuen Arbeitsplätzen.

Wir verfügen über eine ganze Reihe erfolgreicher innovativer Recycling-Unternehmen. Eine Neuansiedlung aus jüngster Zeit sind die Scanrub Reifenwerke in Oranienburg mit 80 neuen Arbeitsplätzen.

Wir haben das pharmazeutische Gewerbe und die Medizintechnik in Brandenburg modernisiert und erweitert. In diesem Jahr fanden bei Altana, ebenfalls in Oranienburg, 100 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Stelle.

Wir haben mittlerweile eine moderne Medien- und Kommunikationswirtschaft aufgebaut. Dazu haben eBay in Kleinmachnow mit 500 und Oracle in Potsdam mit fast 250 neuen Arbeitsplätzen beigetragen. Auf dem Gelände der ehemaligen DEFA in Babelsberg haben sich 100 neue Medienunternehmen angesiedelt. Internationale Filmproduktionen wie „In 80 Tagen um die Welt“ haben sich für unsere Studios in Brandenburg entschieden.

Der Raum Potsdam hat außerdem mit 4 000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Verhältnis zur Einwohnerzahl mittlerweile die größte Wissenschaftsdichte der Bundesrepublik Deutschland.

Andere wichtige Investitionen lassen sich nur noch kursorisch aufführen: Die Hamburger AG in Schwarze Pumpe, die Holzwerke - das ist ein richtiges Holzzentrum geworden - in Baruth und Falkenhagen, Iris Ceramica in Vetschau, Campina in

Elsterwerda, die Mineralquellen in Bad Liebenwerda und vieles andere mehr.

Meine sehr verehren Damen und Herren, das Engagement der von mir hier namentlich genannten Unternehmen mobilisierte seit 1990 eine Investitionssumme von mehr als 1,5 Milliarden Euro. Das ist nicht nur eine beeindruckende Zahl, sondern auch Beleg dafür, dass wir beim Strukturwandel vorankommen. Wer in unserem Land ortskundig ist und die Entwicklung der angesprochenen Standorte verfolgt hat, kann sehen, dass sie sich in ganz unterschiedlichen Regionen Brandenburgs vollzieht.

Dass unsere Wachstumsdynamik insgesamt seit 1998 so unbefriedigend verläuft, liegt zum großen Teil auch an der seit Jahren - gerade in unserem Land - stark rückläufigen Entwicklung der Baubranche. Dies überlagert andere durchaus mutmachende Tendenzen. Das produzierende Gewerbe wächst stetig. Mit 3,6 % lag Brandenburg auch im Jahr 2002 deutlich über dem Durchschnitt der Bundesrepublik. Deshalb lohnt sich das Werben und Argumentieren für unseren Standort, für das Land Brandenburg. Das Scheitern von zwei überwiegend privat finanzierten Projekten in Frankfurt (Oder) und in Brand sowie die Probleme mit einem weiteren Projekt, dem Lausitzring, den wir überwiegend mit öffentlichen Mitteln angeschoben haben, darf das Image Brandenburgs nicht allein bestimmen. Wir sind ein Land, das in weit größerem Maße erfolgreiche Projekte vorweisen kann - vom namhaften Weltkonzern über den soliden Maschinenbauer bis zur Neugründung aus der Universität heraus. Die nur negative Wahrnehmung entspricht nicht der Wirklichkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das kann uns nicht kalt lassen. Das geht uns alle an. Für eine der Realität entsprechende Wahrnehmung müssen wir kämpfen, und zwar alle.

Die Landesregierung steht natürlich an vorderster Stelle in der Verantwortung und muss es sich gefallen lassen, mit allem, was sie tut, an hohen Maßstäben gemessen zu werden. Dem wollen wir auch gerecht werden. Wenn wir Innovationsgeist und Kreativität, Courage und Tatkraft im Land wollen, muss auch die Landesregierung innovativ und zukunftsgerichtet handeln. Wenn wir von den Tarifparteien fordern - und das tun wir -, den Standort durch flexiblere Arbeitszeitmodelle, durch produktivitäts- und konjunkturorientierte Lohnabschlüsse zu stärken, dann gilt das - das kann nicht anders sein - natürlich auch für den öffentlichen Dienst. Wenn wir von den Menschen mehr Eigenvorsorge für das Alter erwarten, um die junge Generation nicht über Gebühr zu belasten - das ist der Hintergrund, den wir nicht aus den Augen verlieren dürfen -, muss auch der Staat selbst durch Kostenbewusstsein, Effizienz und Sparsamkeit überzeugen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das erfordert Zusammenhalt und Loyalität aller Ressorts. Die Haushaltsdisziplin bleibt zwingend. Auch das ist nicht nur Aufgabe der Finanzministerin, sondern gemeinsame Verpflichtung aller Ressorts und aller Fraktionen in diesem Parlament. Durch die Modernisierung des Haushaltsrechts, insbesondere durch die Bildung von Budgets für Personal- und Sachausgaben sowie auch die Möglichkeit zur Rücklagenbildung, haben wir al

len Ressorts den Spielraum gegeben - und tun das zunehmend -, sich durch eigene, kreative Sparsamkeit beim Verwaltungsaufwand Gestaltungsspielraum für prioritäre Aufgaben zu erarbeiten. Ich begrüße ausdrücklich den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zum Haushaltsgesetz 2004, der genau diesen Ansatz nachhaltig unterstützt.

Wir werden Kurs halten beim sozialverträglichen Personalabbau im Zuge der Verwaltungsmodernisierung. Wir werden leistungsorientierte Steuerungsmodelle einführen und den Einsatz moderner Kommunikationstechnologie in der Verwaltung verbessern. Das alles dient dem Ziel, schneller, kreativer und effizienter zu werden. Wir tun dies, weil wir Luft für unsere Kernaufgaben brauchen und diese Aufgaben professionell und bürgerorientiert erledigen wollen.

Das Land intensiviert seinen Einsatz bei Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung, Technologietransfer und Gründerförderung. Wir haben deshalb den Forschungsbereich als einzigen von Kürzungen verschont. Investitionen in die Wissenschafts- und Forschungsstandorte sind gut für das ganze Land.

Wir stärken auch den Bildungsauftrag an Kindertagesstätten. Wir haben die pädagogischen Standards verbessert und Maßnahmen zur Verbesserung der Schulbildung ergriffen. Unter anderem - das wird immer wichtiger - wird Englisch jetzt ab der 3. Klasse angeboten. Wir müssen es schaffen, zu einem motivierenden Positivbild der Schule zu kommen. Das ist unser aller Aufgabe. Das ist eine gesellschaftliche Aufgabe, besonders für Lehrer, Eltern und Erziehende.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Wir brauchen mehr Engagement in den und für die Schulen und daran müssen wir uns alle beteiligen. Der Lehrerberuf muss wieder ein Beruf sein, von dem alle mit Hochachtung sprechen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die Verbesserung von Sprach- und Rechenkenntnissen und eine höhere Professionalität bei Erzieher- und Lehrertätigkeit sind unverzichtbar.

Ein gutes Modell ist das „Netzwerk Zukunft“, in dem fast die Hälfte aller weiterführenden Schulen in Brandenburg mit der Wirtschaft kooperiert. Jugendliche - das wird immer wichtiger bereiten sich praktisch auf das Berufsleben vor und Lehrerinnen und Lehrer - auch dies sollten wir nicht unterschätzen - bekommen einen direkten Einblick in den Bedarf nach Ausbildung.

Wir stehen auch zu unserer Verantwortung für die Infrastruktur. Bei allen Maßnahmen müssen wir in Zukunft allerdings genauer hinschauen und noch deutlicher Schwerpunkte setzen. Ein Schwerpunkt heißt, dass die Städte die Entwicklungsanker auch für den ländlichen Raum sind. Dörfer können als Wohnorte nur attraktiv sein, wenn in erreichbarer Nähe eine funktionierende Stadt ist, in der die Menschen einkaufen oder zum Arzt gehen können, in der sie ein kulturelles Angebot finden und die Kinder zur Schule gehen können. Anders wird das Land nicht funktionieren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Herausforderung unserer Haushalts- und Strukturpolitik lautet, mehr Mittel in den investiven Bereich zu lenken. Wir haben deshalb - nach durchaus heftigen Debatten - beschlossen, EU-Strukturfondsmittel in Höhe von 80 Millionen Euro in den nächsten drei Jahren zugunsten von Wirtschaft und Infrastruktur umzuwidmen.

Aber eines muss klar sein: Der Staat ist kein Ersatzunternehmer und Generalbürge für Investitionsrisiken. Wir vermitteln, wir katalysieren, wir stoßen an, wir geben Starthilfe. Die Förderkriterien sind klar definiert: Wir fördern nur dann, wenn die Wirtschaft selbst investiert. Wir modernisieren und erweitern die wirtschaftsnahe Infrastruktur vor allem mit Blick auf die Nachfrage der Unternehmer. Entwicklungsanstrengungen gegen den wirtschaftlichen Trend sind letztlich aussichtslos.

Jeden Entwicklungsansatz - sei es ein Gewerbegebiet oder eine technologische Innovation - müssen wir von den realistischen Marktchancen her beurteilen. Nur mit einer so ausgerichteten Förderpolitik und zielgenauen Treffern kommen wir zum Erfolg. Die sich daraus ergebende Herausforderung lautet, die Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft, Gemeinden, Kreisen und Land genau mit dieser Zielrichtung zu verbessern. Wachstumspotenziale, die wir haben, müssen wir entschlossener zu politischen Prioritäten machen. Das heißt auch, dass wir in Zeiten Not leidender Haushalte auf rein konsumtiven Politikfeldern, ob wir es wollen oder nicht, zurückstecken müssen. Prioritätensetzung ist nur dann etwas wert, wenn sie haushaltspolitisch konsequent umgesetzt wird.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für den Standort Brandenburg ist Investorenbegleitung lebenswichtig. Wir setzen uns daher mit allen Aspekten auseinander, die von Investoren und Wirtschaftsinstituten negativ bewertet werden. Wir müssen in den Verwaltungen kürzere Bearbeitungszeiten durchsetzen und - ich sprach schon davon - unnötige Regularien abschaffen.

Wir werden uns des Weiteren dafür einsetzen, dass Polizei und Justiz gemeinsam die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Brandenburg gewährleisten und dass Investoren ihre Rechte im Bedarfsfall - auch das ist ein Standortfaktor - schnell erlangen und durchsetzen können.

Für die Investorenbegleitung setzen wir professionelle Projektteams der ZAB und der Investitionsbank des Landes ein. Es gibt viele Investoren, die unseren Ansiedlungsservice mittlerweile hoch schätzen. Allen anderen, die Grund zur Klage haben - die gibt es leider auch -, gebe ich hier und heute mein Wort, dass wir nichts schleifen lassen werden. Wo es noch hakt, werden wir den Fortschritt prüfen und, wo nötig, deutlich nachsteuern.

Meine Damen und Herren! Unsere Grundorientierung muss es sein, Investitionen verlässlich zu begleiten und in kürzester Frist möglich zu machen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Um noch deutlicher zu werden: Vordringlich ist der Flughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld. Wir stehen bei der Luftfahrtbranche, die für die Region immer wichtiger wird,

im Wort, dieses zentrale Infrastrukturvorhaben zu verwirklichen. Das Planfeststellungsverfahren wird in der ersten Hälfte des nächsten Jahres abgeschlossen sein. Bis dahin steht der Finanzplan der Flughafengesellschaft für den Ausbau. Die Verhandlungen mit unseren Partnern Bund und Berlin werden wir mit aller gebotenen Konzentration intensivieren.

(Zuruf von der PDS: Noch zehn Jahre!)

Mein Ziel ist es, den Erfolg des Flughafenausbaus ohne Wenn und Aber zu sichern.

(Beifall bei SPD und CDU)

Auch in Sachsen, Bayern und Hessen wurden die internationalen Flughäfen nicht privat finanziert. Das sollten wir nicht aus dem Blick verlieren. Die öffentliche Verantwortung für solche Infrastrukturvorhaben ist die Regel, nicht die Ausnahme.

Aber in Leipzig, München und Frankfurt (Main) gibt es eine Regionalpolitik aus einem Guss. Wenn Berlin und Brandenburg als deutsche Hauptstadtregion verlässlich zusammenarbeiten, dann gelingen Infrastrukturvorhaben, Unternehmensansiedlungen und Netzwerkbildungen besser, schneller und reibungsloser. Das ist für unsere Region lebenswichtig. In dem Maße, wie uns das gelingt, werden Berlin und Brandenburg zusammenwachsen. Die Länderneugliederung - auch das schält sich jeden Tag deutlicher heraus - steht in ganz Deutschland auf dem Prüfstand. Überall gilt es, größere, stärkere und bessere Einheiten zu finden.

Der Metropolenraum macht uns in der Relation allerdings noch die geringsten Sorgen. Die Landeshauptstadt ebenso wie Teile von Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spreewald - Sie alle kennen die Daten - entwickeln sich ermutigend. Aber was wird aus der Region Ostbrandenburg, die einen schweren Rückschlag hinnehmen musste? Wir werden uns weiterhin mit aller Kraft für unseren Technologiestandort Frankfurt (Oder) einsetzen; denn - das geht manchmal unter das IHP hat nichts von seiner Leistungsfähigkeit eingebüßt. Das Institut arbeitet mit einer beeindruckenden Zahl internationaler Hightechunternehmen zusammen. Dieses Potenzial werden wir sichern und ausbauen. Wir lassen die peripheren Regionen unseres Landes nicht außer Acht.

(Zuruf von der PDS: Neuhardenberg!)

Es wird manchmal übersehen, dass vier der größten Unternehmen Brandenburgs ihren Sitz fern von Berlin haben. Wir wissen aber auch: Die demographische Entwicklung im ländlichen Raum fordert uns heraus. Die Landesregierung bereitet einen ersten Bericht über die Auswirkungen von Bevölkerungsrückgang und Alterung vor, den wir Anfang kommenden Jahres dem Landtag zuleiten. Er wird alle Politikbereiche umfassen. Aus den Erkenntnissen werden wir konkrete Antworten entwickeln. Wir müssen über Ressortgrenzen hinweg die Kräfte bündeln und gemeinsam die erforderlichen Schwerpunkte politischer Gestaltung setzen.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Wiebke [SPD])

Wir müssen durch gute Arbeit darauf achten, dass aus den unabwendbaren Strukturverschiebungen keine Zukunftsängste entstehen. Wir wissen: Für die Menschen aus den dünner besie

delten Räumen des Landes ist das einzige, was wirklich hilft, Arbeit und damit Erwerbsperspektive. Alles andere können wir uns in diesem Kontext fast schenken.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Viele Menschen werden längere Wege zu ihren Arbeitsstätten zurücklegen müssen. Aber ein Abhängen von den Entwicklungen, was viele Brandenburgerinnen und Brandenburger beispielsweise in der Uckermark und der Prignitz befürchten, darf es nicht geben. Dafür brauchen wir allerdings kreative Ansätze, die ihre Chancen auch und vor allem aus der jeweiligen Region ziehen; denn bei allen Schwierigkeiten und Problemen, die wir haben, bleibt eines wahr: Unser Land ist wunderschön und an vielen Stellen unverbraucht. Zahlreiche Entwicklungsansätze sind in diesem Jahrhundert möglich. Klassische Landwirtschaft ist nur einer davon. Dieser Wirtschaftszweig ist in unserem Land stabil. Wir hatten in den letzten Jahren hier so gut wie keine Insolvenzen zu verzeichnen. Die Wirtschaft auf dem Land hat eine Zukunft. Dazu tragen auch der Anbau nachwachsender Rohstoffe, beispielsweise - dieses Zeichen kommt gerade aus den letzten Tagen - für die Bioethanolproduktion im PCK Schwedt, oder die Nahrungsmittelverarbeitung bei. Eine wachsende Zahl von Menschen - übrigens eine größere Zahl, als wir noch vor zehn Jahren dachten - lebt heute mit und vom Tourismus. Wir lassen nicht locker: Wir brauchen alle und geben niemanden auf. Wir wollen gemeinsam weiterkommen. Wir wollen die innere Einheit unseres Landes Brandenburg bewahren. Das müssen und werden wir gemeinsam schaffen.

Mit der Osterweiterung der Europäischen Union im Jahr 2004 steht uns ein zentrales Datum bevor. Wir müssen das Augenmerk für die Märkte ganz in unserer Nähe, die Märkte Osteuropas, schärfen. Unser Nachbar Polen ist inzwischen nach den USA unser zweitwichtigster Exportmarkt. In der Außenhandelsverflechtung verzeichnen wir deutliche Zuwächse. Enderzeugnisse mit höherer Wertschöpfung machen einen immer größeren Anteil am Export aus. Wir werden unsere Unterstützung für exportorientierte Unternehmen fortsetzen, dabei helfen, den Zugang ins Ausland zu öffnen, und die Markterschließung fördern.

Wir müssen unsere Aufmerksamkeit aber auch nach innen richten; denn gerade für kleinere Unternehmen sind Rahmenbedingungen zu schaffen, die europaweit konkurrenzfähig sind. Auch das verbindet sich mit der Erweiterung der Europäischen Union. Das betrifft die Steuersätze, die Vereinfachung des Steuersystems, die Senkung von Lohnnebenkosten und den Abbau von Bürokratie. Die entsprechenden Reformen auf Bundesebene erfordern deshalb eine intensive positive Begleitung durch die Landesregierung. Wir werden unsere Interessen auch als kleines Land zu wahren wissen.