Frank Sänger

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich die Möglichkeit habe, die Debatte über den Abschlussbericht des Neunten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu eröffnen, möchte ich diese Gelegenheit nutzen, um mich beim Vorsitzenden des Ausschusses, dem Kollegen Gallert, für seine umfangreiche Arbeit als Vorsitzender des Ausschusses und für seine heutige Berichterstattung zu bedanken.
Seit der Einsetzung des Untersuchungsausschusses im Mai 2004 gelang es ihm, die 23 Sitzungen des Untersuchungsausschusses souverän und fair zu leiten. Dies war nicht immer einfach, da insgesamt 20 Beweisbeschlüsse zu insgesamt 65 Zeugenvernehmungen geführt haben. Ich denke, dass ich diesen Dank auch im Namen der anderen im Ausschuss vertretenen Fraktionen aussprechen kann.
Zugleich schließe ich mich auch dem Dank an, den der Vorsitzende gegenüber dem Ausschusssekretariat, dem GBD und dem Stenografischen Dienst ausgesprochen hat. Die Herren des GBD sitzen auf der Besuchertribüne.
Meine Damen und Herren! Es ist uns gelungen, dem Plenum eine in allen drei Teilen einstimmig verabschiedete Beschlussempfehlung vorzulegen; keine der Fraktionen hat ein Minderheitsvotum abgegeben. Ich denke, wir können auch stolz sein, abseits der parlamentarischen Wahlkampfstreitereien einen Konsens in der Frage gefunden zu haben, ob und wie im Zusammenhang mit Beratungsdienstleistungen gegen das geltende Recht verstoßen wurde und wie diese Verstöße abgestellt werden können. Zum Zeitpunkt der Einsetzung des Untersuchungsausschusses wäre sicherlich niemand auf die Idee gekommen, dass ein derartiges Abschlussvotum überhaupt denkbar ist.
Die Arbeit im Untersuchungsausschuss hat sicherlich bei allen Kollegen zu der Erkenntnis geführt - für mich kann ich das so feststellen -, dass eine belastbare Sachverhaltsaufklärung und Beweiserhebung eine kollegiale und faire Zusammenarbeit im Bereich der Legislative voraussetzt, um Fehler im exekutiven Handeln seit 1994 aufzudecken und entsprechende Handlungsempfehlungen und Folgerungen abzuleiten. Letztlich wurde diese Erkenntnis auch dadurch gestärkt, dass alle derzeit im Landtag vertretenen Parteien seit 1994 in unmittelbarer oder mittelbarer Regierungsverantwortung stehen oder gestanden haben.
Meine Damen und Herren! Bei der Vergabe von Beraterverträgen an Dritte hat es neben zum Teil gravierendem individuellen Fehlverhalten einzelner Beteiligter insbesondere auch strukturelle Defizite und gleiche Verhaltensmuster gegeben. Diese strukturellen Defizite waren aber nicht einer Landesregierung allein zuzuordnen, sondern sie zogen sich quasi wie ein roter Faden durch den Bereich der so genannten Beraterverträge, bis die Kleinen Anfragen der Kollegen Dr. Hüskens und Dr. Püchel auch in Sachsen-Anhalt zu einem veränderten Problembewusstsein geführt haben.
Es ist richtig, dass im Abschlussbericht davon abgesehen wurde, jede einzelne Auftragsvergabe zu bewerten, sondern nur in Teil C in einer umfassenden und generellen Bewertung zur Vergabepraxis Stellung genommen wird.
Das vor uns erkannte individuelle Fehlverhalten einzelner Bediensteter wurde seitens des Vorsitzenden in einer Ausschusssitzung treffend mit den Worten auf den Punkt gebracht: „Wir haben ein Problem mit regierenden Ministerialräten.“ Dieses Phänomen, das beispielsweise zu der Posse führte, dass ein von der Hausleitung monierter Vertrag so lange zurückgehalten wurde, bis am Tag der Regierungsübernahme 2002 die Gelegenheit für den zuständigen Bediensteten günstig erschien, den Vertrag ohne Hausleitung allein zu unterschreiben,
dürfte aufgrund der von der Landesregierung getroffenen Maßnahmen - Staatsminister Robra ist darauf ausführlich eingegangen - hoffentlich der Vergangenheit angehören.
Ich denke, es spricht für das Problembewusstsein dieser Landesregierung und für unseren Abschlussbericht, dass sich die von der Landesregierung ergriffenen Maßnahmen mit unseren Handlungsempfehlungen oder Schlussfolgerungen weitgehend decken.
Das von mir schon erwähnte individuelle Fehlverhalten wurde im Übrigen nicht dadurch erzeugt, dass es keinen festen rechtlichen Rahmen für die Vertragsvergabe gegeben hätte. Ganz im Gegenteil: Man muss zur Entlastung vieler Landesbediensteter auch zugestehen, dass der rechtliche Rahmen äußerst komplex, undurchschaubar und interpretationsfähig ist. Es bedarf der Schaffung eines einfachen rechtlichen Rahmens durch den Bundesgesetzgeber und durch die EU oder zumindest der Umsetzung und Kontrolle des nicht immer einfachen Rechtes möglichst durch eine zentrale Stelle.
Meine Damen und Herren! Zum Abschluss meiner Rede möchte ich auf ein Problem aufmerksam machen, auf das der Ausschuss erst in seiner letzten Sitzung bei der Bearbeitung des Teils C gestoßen ist: Unter Punkt 2 d ist dort ein Prüfauftrag zur Errichtung einer Zentralstelle vorgesehen, die die Vergabe von Aufträgen an Dritte prüft. Streitig war und ist, inwieweit Landesbeteiligungen auch in den Zuständigkeitsbereich dieser Zentralstelle fallen könnten, da hierbei gesellschaftsrechtliche Regelungen oder Interessen Dritter, die ebenfalls an der Gesellschaft beteiligt sind, berücksichtigt werden müssen.
Die Vergabe eines Beratervertrages im Zusammenhang mit dem Flughafen Cochstedt hat unlängst für entsprechende Schlagzeilen gesorgt. Hier müssen wir uns als Parlamentarier aber bewusst werden, dass der nicht erst seit dem Jahr 2002 zu beobachtende Trend zur Ausgründung, Privatisierung oder Rechtsformänderung und der damit verbundenen Nutzung der Vorteile des Privatrechtes auch den Nachteil mit sich bringt, dass eine parlamentarische Kontrolle oder ein Einfluss nur noch sehr eingeschränkt möglich ist.
Meine Damen und Herren! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Ich möchte Sie bitten, sich der Beschlussempfehlung des Ausschusses anzuschließen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Demokratie verlangt nicht absolute Tugendhaftigkeit, sondern die Unantastbarkeit der Regel. Diese Grundregel finden wir auch in Artikel 2 Abs. 4 unserer Landesverfassung wieder. In dieser verfassungsrechtlichen Bestimmung ist verankert, dass die vollziehende Gewalt, also die Exekutive, an Recht und Gesetz gebunden ist.
Dem Neunten Parlamentarischen Untersuchungsausschuss unseres Landtages wird nach der Einsetzung die Aufgabe zukommen, zu klären, inwieweit durch die Staatskanzlei oder andere Ministerien oder juristische Personen des öffentlichen Rechts oder Privatrechts, an denen das Land Sachsen-Anhalt beteiligt ist, Recht und Gesetz verletzt wurden.
Konkret werden wir uns mit Verträgen über Beratungsleistungen auseinander setzen müssen, die möglicherweise abgeschlossen wurden, ohne dass die notwendigen rechtlichen Vorgaben erfüllt worden sind. Den Begriff der rechtlichen Vorgaben haben wir in unserem Einsetzungsantrag bewusst so weit gefasst. Darunter sind also nicht nur das Haushaltsrecht, die Landeshaushaltsordnung und das Vergaberecht im engeren Sinne zu verstehen; vielmehr wird auch die Einhaltung verwaltungsinterner Vorschriften, wie zum Beispiel die Antikorruptionsrichtlinie, zu prüfen sein.
Wir haben aber nicht zu prüfen oder zu bewerten, ob personalrechtliche Maßnahmen gegen Bedienstete der Landesverwaltung, denen Rechtsverstöße im Zusammenhang mit Auftragsvergaben vorgeworfen werden,
konsequent oder notwendig sind. Dies ist allein eine Frage, die in den Kernbereich der Exekutive gehört.
Meine Damen und Herren! Die öffentlich bekannt gewordene Art und Weise der Vergabe von Beraterverträgen im Zusammenhang mit der Gründung des Landesbetriebs Limsa hat dem Parlament von Sachsen-Anhalt verdeutlicht, dass es in einem sensiblen Bereich wie der Landesverwaltung nicht auszuschließen ist, dass gegen das geltende Recht verstoßen wurde.
Durch die Beantwortung der im Zusammenhang mit Beraterverträgen gestellten Kleinen Anfragen der Abgeordneten Herrn Dr. Püchel in Drs. 4/1468 und Frau Dr. Hüskens in Drs. 4/1469 konnte das berechtigte Interesse des Parlaments und der Öffentlichkeit an der vollständigen Aufklärung der Vergabe von Beraterverträgen noch nicht befriedigt werden. Im Gegenteil: Für meine Fraktion kann ich feststellen, dass die Antwort der Landesregierung eher mehr Fragen aufgeworfen hat, als letztlich beantwortet wurden. Dies betrifft insbesondere die Haushaltsjahre zwischen 1994 und 2002.
Aus diesem Grund ist es geboten, eine umfassende Aufklärung im Rahmen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu ermöglichen. Eine umfassende parlamentarische Aufklärung ist aber nur möglich, wenn wir uns nicht auf den Sachverhalt Limsa beschränken, ohne jedoch jeden Vertrag zu prüfen, da dies die Möglichkeit eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses bei weitem übersteigen würde.
Ich möchte betonen, dass diese selbst gewählte Einschränkung dem Ziel der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Ausschusses geschuldet ist und nicht einer Vertuschung dient; denn alle Verträge unterliegen der Prüfung durch den Landesrechnungshof und den Rechnungsprüfungsausschuss. Deren Ergebnisse werden unsere Arbeit unterstützen.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns entschieden, uns neben dem Limsa auf die öffentliche Auftragsvergabe durch das Kultusministerium oder einer Hochschule des Landes Sachsen-Anhalt mit dem Vertragspartner Schnell & Partner und durch das Ministerium der Finanzen im Zusammenhang mit der Beschaffung, Einführung und Weiterentwicklung des Systems Hamissa zu konzentrieren.
Die Konzentration auf die genannten drei Sachverhalte ist aber nicht abschließend. Die weitere Klärung wird erfolgen durch die Prüfung von Verträgen, die im Einzelfall oder als Folgevertragskonstruktion einen Nettoauftragswert von 200 000 € überschreiten. Bei der Überschreitung des Schwellenwertes von 200 000 € müssen Beraterleistungen bekanntermaßen europaweit ausgeschrieben werden.
Ich denke, dass die gemeinsame Antragstellung durch alle im Landtag von Sachsen-Anhalt vertretenen Fraktionen deutlich macht, dass alle Fraktionen an einer umfassenden Aufklärung interessiert sind und die genannten Sachverhalte geeignet sind, eine grundsätzliche Aufklärung zu ermöglichen. Ich verbinde die gemeinsame Antragstellung von SPD, PDS, FDP und unserer Fraktion mit der Hoffnung, dass die Zusammenarbeit im Ausschuss fair und offen erfolgen wird. Die CDU-Fraktion ist hierzu bereit. - Sehr verehrte Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Budde, Sie sprechen von ruinösem Wettbewerb in diesem Land Sachsen-Anhalt. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich meine, nicht der ruinöse Wettbewerb, sondern die fehlenden Aufträge sind das Thema.
Deshalb meine Frage an Sie: Kennen Sie den festgelegten Mindestlohn und wissen Sie, wie der kalkulierte Mittellohn im Durchschnitt dieses Landes aussieht? Dann wissen Sie letztlich auch, ob es einen ruinösen Wettbewerb gibt.