Peter Strobel

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Kollegin Elke Eder-Hippler hat es eben schon gesagt: Die Novellierung des saarländischen ÖPNV-Gesetzes ist auf den Weg gebracht. Wir haben dazu ein zustimmendes Nicken von der Ministerin gesehen. Diese Novellierung in 2014, wie sie auch von den Aufgabenträgern gefordert ist - es gibt zum Beispiel eine Resolution des Kreistages St. Wendel, in der das gefordert wird -, ist also auf den Weg gebracht. Die Novelle soll den Interessen der Aufga
benträger, der Leistungserbringer und natürlich auch den Fahrgästen und damit den Nutzern Rechnung tragen. Was die PIRATEN vorschlagen, ist eine sozialistische Organisation des ÖPNV mit dem Ziel des Fahrens „für umme“.
Auf den wesentlichen Unfug Ihres Gesetzes möchte ich noch eingehen. Sie haben zum Beispiel in § 2 den fahrscheinlosen Transport gefordert. Das bedeutet, ich übersetze es einmal und Sie können das auch gleich als Wahlkampfslogan verwenden: ÖPNV für lau. Das ist offenbar das, was Sie uns damit näherbringen wollen. Bisher ist der ÖPNV eine freiwillige Aufgabe im Rahmen der Daseinsvorsorge. Die PIRATEN wollen daraus jetzt eine Pflichtaufgabe der Kommunen machen. Ich bin mir ganz sicher: Die werden vor Freude in die Luft springen und Ihnen applaudieren. Das ist eine ganz besondere Beglückung, die Sie den Kommunen an der Stelle zuteil werden lassen. In § 3 - und da stellen sich mir gleich die Nackenhaare - definieren Sie den Begriff der Leitmobilität. Und da werde ich ganz unruhig. Einer liberalen pluralistischen Gesellschaft eine Leitmobilität aufs Auge drücken zu wollen, das ist nicht mehr sozialistisch, das ist schon kommunistisch.
Und deswegen erfahren Sie wahrscheinlich auch die Zustimmung von der LINKEN. Die erklärt dann noch, dass das sowieso alles steuerfinanziert werden soll, getreu dem Motto der LINKEN: Freibier für alle. Dass Sie hier zustimmen, war eigentlich klar.
Der wesentliche Unterschied zwischen dem, was wir denken und dem, was Sie denken, ist doch wohl, dass Sie den Verkehr ideologisch bearbeiten und wir bearbeiten das Thema Verkehr vollkommen ideologiefrei. Bei uns hat das Auto eine Bedeutung, bei uns hat der Fußgänger eine Bedeutung, bei uns hat der Radfahrer eine Bedeutung, bei uns hat der ÖPNV eine Bedeutung. Und alle Verkehrsteilnehmer werden von uns gleichberechtigt betrachtet. Das ist der große Unterschied zwischen Ihnen und uns.
Dazu will ich einmal beispielhaft anhand der Stadt Saarbrücken ein paar Erläuterungen abgeben. Dort sind jeden Tag mehr als hunderttausend Pendler unterwegs. Das schaffen Sie nicht mit Zügen und Bussen allein, das schaffen Sie nicht mit Autos allein. Wir brauchen dafür einen Mobilitätsmix. Nur ist man schon damals hingegangen innerhalb der Stadt und hat gesagt, wir machen es dem Auto schwerer. Früher gab es einmal die grüne Welle bei 50 km/h und der Verkehr ist damals tatsächlich geflossen. Heute gibt es sogenannte Pförtnerampeln. Ich frage Sie einmal: Was ist für die Menschen in der Stadt bes
ser? Wenn der Verkehr einigermaßen fließt, in Ruhe und langsam, oder wenn es ständig staut?
Rad fahren innerhalb der Stadt Saarbrücken ist gefährlich. Da enden Radwege plötzlich im Nirwana. Auch das Radwegenetz in der Stadt Saarbrücken muss verbessert werden. Auch der ÖPNV in Saarbrücken ist keine echte Alternative. Der Anteil der öffentlichen Verkehrsmittel liegt in Saarbrücken unter 13 Prozent. Das ist Kleinstadtniveau. In vergleichbaren Städten liegt er zwischen 19 und 25 Prozent. Ich kann Ihnen auch sagen, woran das liegt. Ich habe nämlich einmal einen Versuch gemacht. Von dort, wo ich wohne, brauche ich mit dem Auto bis zum Winterberg sieben Minuten, wenn es schlecht läuft. Wenn ich mit Bus und Bahn von dort, wo ich wohne, zum Winterberg will, dann fahre ich eineinhalb Stunden, weil ich zigmal umsteigen muss und weil das einfach nicht funktioniert. Wenn man das möchte, dann muss man das verbessern.
Ich sage Ihnen auch noch etwas zur derzeitigen Finanzsituation. In Saarbrücken zahlt jeder einen Zuschuss von 80 bis 100 Euro zum ÖPNV per anno. Diese Größenordnung ist mit Berlin vergleichbar. Aber jetzt frage ich Sie: Wie sieht denn das Angebot in Berlin aus?
Der Park-and-Ride-Zustand in Saarbrücken ist auch eine Katastrophe. Es gibt also einen sehr großen Handlungsbedarf, der zunächst einmal abgearbeitet werden muss, bevor man alles „für lau“ stellt. Ich habe es eben schon gesagt: Wir brauchen einen vernünftigen Mobilitätsmix, nicht aber eine „Leitmobilität“.
In den §§ 5 und 6 gehen Sie sodann auf die Organisation und die Aufgabenträgerschaft ein. Auch hier streben Sie sozialistische Strukturen an. Der Zweckverband Personennahverkehr ZPS und die Managementgesellschaft VGS übernehmen die Mittel und die Auftragsvergabe. ZPS und VGS verfügen über die Regionalisierungsmittel, die dann per Gusto verteilt werden sollen. Ob es noch Direktbetrauungen geben kann, dazu treffen Sie keine Aussage, das bleibt völlig unklar. Die Verkehrsunternehmen werden zu reinen Leistungserbringern degradiert und je nach Wohlwollen eingesetzt.
Mit § 12 kommen wir zur Finanzierung: Dieser Nahverkehrsbeitrag, das ist Sozialismus pur!
Alle Über-18-Jährigen, also rund 850.000 Bürgerinnen und Bürger, sollen das bezahlen. Ob eine Inanspruchnahme stattfindet oder nicht, das lassen Sie völlig außer Acht. Sie übersehen dabei auch die Frage, ob es den Betroffenen überhaupt möglich ist,
das zu nutzen, ob man also in einem Einzugsbereich des ÖPNV lebt.
Wie wird denn nach Ihrer Meinung die Möglichkeit der Nutzung gewährleistet? Bei einer erzwungenen Nutzung werden Sie ja wohl einiges gewährleisten müssen, was das Thema Taktung betrifft, was Fahrplanverdichtungen, Anschlüsse, zusätzliche Haltestellen angeht. Was sehen Sie für das Wochenende vor? Wenn ich ständig mit dem Bus und mit der Bahn fahren soll, dann erwarte ich auch, dass die 24 Stunden am Tag fahren. Dann kann man nicht einfach irgendwann den Betrieb einstellen. Das alles bringt Mehrkosten, die Sie mit Sicherheit auch nicht ansatzweise bedacht haben.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Stellen Sie sich einmal vor, ein Landwirt lebt mit seiner Familie im nördlichen Saarland. Er hat eine Frau, zwei schulpflichtige Kinder, er wohnt im Außenbereich. Zur Hauptstraße beträgt die Entfernung, sagen wir einmal, vier Kilometer. Bauen Sie nun dieser Familie eine neue Bushaltestelle an die Einmündung zur Hauptstraße? Holen Sie die Kinder zuhause ab, weil es unzumutbar ist, sie morgens vier Kilometer zur Haltestelle gehen zu lassen und abends wieder zurück? Was machen Sie denn mit solchen Einzelfällen?
Um eine auch nur annähernd Ihren Zielen entsprechende Versorgung zu erreichen, werden die Kosten und damit die Nahverkehrsabgabe in astronomische Höhen schnellen. Sie haben eben Zahlen genannt, aus denen die pure Hoffnung spricht. Sagen Sie doch einmal, was eine vierköpfige Familie künftig zahlen soll, wenn sie zum Beispiel auch noch ein 18-jähriges Kind hat! Sie haben eben gesagt, es würden wohl etwa 20 Euro sein. Das wären 720 Euro pro Jahr - ob man mit Bus und Bahn fährt oder nicht!
720 Euro! Das sind zwei Erwachsene und ein 18jähriges Kind. Sie können sich gleich wieder setzen, Herr Neyses, ich habe Ihre Frage beantwortet!
Sie können doch gar nicht sagen, ob es 800 Euro sein werden oder 1.000 oder 1.200 Euro. Das können Sie doch überhaupt nicht beantworten! Und was ist mit den Behinderten und den Senioren? Zocken Sie die auch ab? Zahlen die auch? Sie haben ja
eben gesagt, alle würden zahlen. Wer ist denn „alle“? Sind das alle 850.000 Einwohner über 18 Jahre? Das haben Sie nirgends, an keiner Stelle, definiert.
Als Fazit ist zu sagen: Das sozialistische ÖPNV-Gesetz der PIRATEN ist unsozial, in seiner Finanzierung kaum kalkulierbar, es ist absolut willkürlich. Deswegen wird es von uns abgelehnt. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Ensch-Engel! Unter der Überschrift „Bezahlbare Strompreise für alle“, die Sie heute gewählt haben, präsentieren Sie uns nunmehr zum dritten Mal einen Antrag zum selben Thema.
Es wird Zeit für etwas Neues. Seien Sie doch einfach einmal ein bisschen kreativer!
Eines muss ich allerdings sagen. Zumindest ökologisch ist Ihr Antrag absolut sinnvoll. Es ist eine besondere Form des Recyclings, die Sie heute wieder vorgeführt haben. - Mit Ihrer Forderung nach einer Strompreisaufsicht und damit einhergehender Strompreisregulierung fordern Sie einmal mehr planwirtschaftliche Strukturen. Denen erteilen wir wie bei jedem Mal eine klare Absage.
In Ihrer Antragsbegründung schreiben Sie, dass die Strompreise in den letzten Jahren stetig gestiegen sind. Das führen Sie einerseits zurück auf die Kosten der Energiewende, was sicher richtig ist, und andererseits auf den Wegfall der Genehmigungspflicht für Stromtarife aufgrund der Außerkraftsetzung der Bundestarifordnung Elektrizität im Jahr 2007. Sie suggerieren damit, die Stromversorger würden sich seit dem Entfallen der Genehmigungspflicht die Taschen vollstopfen. Aber die Stromversorger sind eben nicht nur die großen vier, sondern auch ganz viele Stadt- und Gemeindewerke. Sie sind sozusagen im Volkseigentum; das wünschen Sie sich normalerweise doch immer so. Die sollen sich nach Ihrer Meinung tatsächlich die Taschen vollstopfen? Das ist - gelinde gesagt - grober Unfug.
Im Gegenteil. Die meisten haben doch das Problem, dass sich ihre Anlagen nicht mehr rechnen und sie dadurch in eine Schieflage geraten. Das konnte man hervorragend in Saarbrücken beobachten. Wir können doch froh sein, dass unsere Stromversorger insbesondere mit ihren grundlastfähigen, zumeist fossilen Kraftwerken eine Grundversorgung gewährleisten. Nur dadurch gelingt es doch, den Vorrang erneuerbarer Energien bei der Einspeisung zu gewäh
ren und flexibel zu reagieren, ohne die Versorgung zu gefährden. Das zu steuern, ist alles andere als trivial. Davor muss man den Hut ziehen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass es für das Bereithalten von grundlastfähiger Energie zukünftig eine Vergütung geben muss. Dann rechnen sich vielleicht auch wieder moderne, effiziente und umweltschonende Gaskraftwerke, wie sie viele Stadtwerke gebaut haben; diese müssen derzeit bei jeder produzierten Kilowattstunde draufzahlen.
An der Stelle will ich einen Punkt des GRÜNEN-Antrages abarbeiten, Herr Ulrich. Es betrifft Ihren ersten Punkt. Sie fordern die Rücknahme der Ausnahmeregelung für energieintensive Unternehmen. Der Kollege Hans Peter Kurtz hat Ihnen eben schon gesagt: Sie wollen der saarländischen Industrie an die Wäsche gehen.
Doch. Genau so ist es. - Das werden wir nicht zulassen. Das Saarland ist und bleibt ein Industrieland. Das soll es auch bleiben. Deswegen müssen wir wettbewerbsfähig sein und brauchen vernünftige Strompreise. So sieht es aus!
Ich freue mich schon.
Sehen Sie! Genau an der Stelle sind Sie schief gewickelt, denn diese Unternehmen, die derzeit in den Genuss der Vergünstigungen kommen, bewegen
sich in einem harten internationalen Wettbewerb und müssen dort bestehen.
Jedes Mal, wenn ein solches Unternehmen ins Gras beißt, bedeutet das für den saarländischen Arbeitsmarkt nichts Gutes. Diese Entwicklung stoppen wir im Keim. Nichts anderes tun wir. Es ist mir klar, dass Sie das nicht verstehen.
Unstrittig ist jedenfalls, dass der Anstieg der Strompreise aufgrund des EEG gebremst werden muss. Das gilt sowohl für die privaten Haushalte, als auch für den gewerblichen Bereich. Ich nenne an der Stelle auch die kleinen und mittleren Unternehmen, die eben nicht in den Genuss einer Vergünstigung kommen. Die haben ja die entsprechenden Mehrkosten zu tragen. Damit aus der EEG-Umlage kein Teufelskreis wird, muss neben dem Vertrauensschutz für Altanlagen die Absenkung der Förderung der erneuerbaren Energien in diese Überlegungen einbezogen werden. Es geht um einen Maßnahmenmix, den Energieminister Gabriel zügig vorlegen muss.
Die Energiewende ist ein gesamtgesellschaftliches Projekt. Der Atomausstieg war von einer überwältigenden Mehrheit der Bundesbürger gewollt. Diese Energiewende verbrauchsorientiert zu gestalten und damit die Finanzierung eben über den Strompreis zu organisieren, war gesellschaftlicher Konsens und kein konzeptioneller Fehler, wie Sie das eben geschildert haben, Frau Ensch-Engel.
Eine Umstellung auf eine Steuerfinanzierung wäre unsozial und würde zu Fehlanreizen mit Blick auf den Stromverbrauch führen. Dass dazu Ihr Allzweckfinanzierungsinstrument Vermögenssteuer zum Einsatz kommen würde, war auch klar. Frau Ensch-Engel, mit Verlaub, natürlich hat jeder einzelne eine Möglichkeit, seinen Stromverbrauch zu beeinflussen. Das zeigen die Erfolge jeder einzelnen Energieberatung. Man kann nicht sagen, eine bestimmte Personengruppe kann nichts sparen. Da machen Sie sich die Sache viel zu einfach!
In Ihrer Begründung schreiben Sie, dass der Strompreis an der Strombörse seit Jahren sinkt. Was steigt, sind aber weniger die Gewinne der Energieversorger, sondern die staatlichen Aufschläge. Der Nettostrompreis eines durchschnittlichen 3-Personen-Haushaltes, der sich aus Erzeugung, Transport und Vertrieb zusammensetzt, ist nach dem Wegfall der Genehmigungspflicht von 2008 bis 2012 um rund 7,5 Prozent gestiegen. Das entspricht in etwa der Inflation in diesen Jahren. Die Steuer- und Abgabenlast inklusive EEG ist im gleichen Zeitraum um 35 Prozent gestiegen und macht inzwischen mehr als 50 Prozent des gesamten Bruttostrompreises
aus. Sollte eine staatliche Strompreisaufsicht nach Ihrem Willen also vornehmlich über die staatlichen Aufschläge wachen? Die Strompreisbildung muss weiterhin in einem marktwirtschaftlichen Kontext geschehen und die staatliche Steuer- und Abgabenlast - insbesondere die EEG-Umlage - muss gebremst werden.
Noch ein Wort zu den Stromsperren, die Sie wieder in Ihrem Antrag erwähnt haben. In Saarbrücken wurde 2012 ein Modell zur Vermeidung von Stromsperren eingeführt, das es in Nürnberg in ähnlicher Form schon seit 2008 gibt. Im Kern hat es den Datenaustausch zwischen Energieversorgern und Sozialbehörden mit dem Ziel, Stromsperren zu vermeiden. Im September 2012 und in der heutigen Ausgabe des Wochenspiegels hat die LINKE im Saarbrücker Stadtrat dieses Modell gelobt und es als ihr Projekt verkauft. Die Landtagsfraktion der LINKEN hat festgestellt, es ginge in die richtige Richtung. So habe ich das in Erinnerung beziehungsweise so habe ich es im Protokoll nachgelesen. Die LINKE im Regionalverband hat jetzt am 05. Februar erklärt, sie hege Zweifel an der Wirksamkeit des Modells. Das Modell sei in weiten Teilen wirkungslos und damit gescheitert. Vielleicht finden Sie in Ihrer Partei in den nächsten Tagen eine einheitliche Meinung dazu.
Alles in allem: Eine Strompreisregulierung nach Ihrem planwirtschaftlichen Modell, Frau Ensch-Engel, ist jedenfalls sinnlos. Ihren Antrag lehnen wir ebenso ab wie den Antrag der GRÜNEN; den Antrag der GRÜNEN heute zum ersten Mal und ihren zum dritten Mal. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.