Bernd Wegner
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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Professor Bierbaum, wenn wir schon einmal die Gelegenheit haben, über berufliche Bildung zu reden, müssen wir das wahrnehmen, auch wenn wir, so hoffe ich, bei diesem Thema einer Meinung sind. Von daher ist dies heute eine gute Gelegenheit, das noch einmal etwas deutlicher in den Fokus zu nehmen.
Der Kollege Stefan Krutten hat deutlich gemacht, was wir mit diesem Antrag wollen. Aus meinen zehnjährigen Erfahrungen als Vizepräsident der Handwerkskammer des Saarlandes möchte ich sagen, dass wir uns trotz all der Bemühungen, die wir eben teilweise schon angesprochen haben, uns immer noch am Anfang befinden. Ich glaube, dass wir alle noch lange, lange nicht zufrieden sind mit der Situation, wie wir sie im Moment haben.
Der Kollege Krutten hat deutlich gemacht, dass wir eine sehr geringe Jugendarbeitslosigkeit haben. Unser duales Ausbildungssystem hat eine hohe Akzeptanz. Wenn man sich die Gazetten ansieht, so ist festzustellen, dass das duale Ausbildungssystem Deutschlands überall gelobt wird. Was aber die Ausbildungszahlen von jungen Französinnen und jungen Franzosen betrifft, die hierherkommen und auf unserem Markt Chancen hätten, so stellt sich das noch sehr, sehr traurig dar, das ist erst in einem Anfangsstadium. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit diesem Thema auch nach außen dringen. Wir haben ja heute die deutsch-französische gemeinsame Geschichte, die Grenznähe beschrieben und von dieser Stelle aus viele gute Ansätze formuliert. Ich glaube, es ist wichtig, dass es uns gelingt, das duale Ausbildungssystem ein Stück weit nach Frankreich zu exportieren und viele junge Leute dafür zu interessieren.
Die Handwerkskammer des Saarlandes hat eine Partnerkammer in der Normandie. In jedem Jahr tauschen wir junge Menschen aus, die Praktika in den Unternehmen machen, im Bäckerhandwerk und in vielen anderen Handwerken, die dort 14 Tage, drei Wochen in Frankreich in den Unternehmen arbeiten. Im Jahr darauf kommen französische Auszubildende zu uns und schauen sich unser System an. Das Ergebnis ist immer sehr positiv, hat mit unglaublich guter Stimmung, mit Freundschaften, mit
sich entwickelnden Strukturen zu tun. Trotzdem stehen wir immer noch am Anfang.
Von daher bin ich der Landesregierung besonders dankbar, dass es uns gerade in den letzten anderthalb Jahren gelungen ist, hier den ein oder anderen Rahmen zu setzen. Ich nenne einmal die DeutschFranzösische Arbeitsagentur, die im November vergangenen Jahres ihre Arbeit aufgenommen hat. Unsere Ministerpräsidentin war in Bordeaux, beim Lycée Professionel, wo es um Luftfahrt geht. So etwas werden wir im Saarland auch haben, und zwar ein Lycée Professionel mit dem Schwerpunkt Automotive. Auch dort werden diese Beispiele aufgenommen und vorangetrieben.
Wenn ich mir die Saarbrücker Erklärung ansehe, die unter der Führung der Ministerpräsidentin mit dem zuständigen Minister aus Frankreich und aus Deutschland in Saarbrücken entworfen worden ist, an der letztlich auch Herr Masseret mitgearbeitet hat, wenn ich mir ansehe, welche guten Ansätze dort stehen, dann glaube ich, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Es ist schon angesprochen worden: Wir haben viele Unternehmen, die sich Gedanken machen. Michelin bietet Ausbildung nach französischen Standards an, aber auch da muss man sich den Bericht, den wir in der Zeitung gelesen haben, noch einmal vor Augen führen: 18 haben sich für die Ausbildung beworben, 16 kamen nicht infrage, weil sie die schulischen Rahmenbedingungen nicht erfüllen, und einer ist gar nicht erschienen. Wir müssen also unglaublich viel dafür tun, dass man auch in Frankreich erkennt, dass das duale Ausbildungssystem gut ist, dass der Nachbar ein guter Ausbilder sein kann. Aber wir müssen genauso unseren jungen Menschen sagen, dass das nicht nur eine Einbahnstraße ist. Auch in den französischen Gewerken, in den französischen Berufen hilft es unseren jungen Menschen, wenn sie Erfahrungen von dort mitnehmen. Ich glaube, dass gerade das ein wichtiger Punkt ist, der zeigt, dass wir offen sind, dass es nicht nur eine Einbahnstraße ist, sondern dass wir uns gegenseitig ausbilden.
Ich glaube, dass es eine sehr gute Geschichte ist, was der TÜV Nord mit der IHK und mit Meurthe-etMoselle gemacht hat: „die zweite Chance“. Da geht es um junge Menschen, die keinen Schulabschluss haben und an den Arbeitsmarkt herangeführt werden sollen, damit sie auf dem saarländischen beziehungsweise lothringischen Arbeitsmarkt eine Chance haben. Von daher sollten wir genau in diese Richtung weiterarbeiten. Wir haben hier auch eine Vorbildfunktion. Der Kollege Krutten hat eben bereits angedeutet, dass wir als Großregion - ähnlich wie Straßburg-Ortenau - eine Vorbildfunktion haben. Europa ist sehr groß und hat sehr viele Grenzregionen. Das, was wir hier auf den Weg bringen, hilft
nicht nur dem Saarland oder der Großregion, sondern wir sind damit auch ein Vorbild für die anderen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal bekräftigen, dass ich den Weg, den wir hier gehen, für den richtigen Weg halte. Wir haben Rahmenbedingungen gesetzt, die ganz wichtig sind, und wir brauchen jetzt auch die von Ihnen eben beschriebene Rahmenvereinbarung für die grenzüberschreitende Berufsausbildung, und zwar so schnell wie möglich. Ich bin mir sicher, dass die dafür zuständige Wirtschaftsministerin das vorantreiben und so schnell wie möglich auf den Weg bringen wird.
Wir sind auf einem richtigen Weg. Wir reden nicht nur darüber, dass man sich gegenseitig ausbilden könnte, sondern wir werden in der Zukunft damit wirklich auch beginnen können. Ich kann für die Handwerkskammer sagen, dass wir diese Projekte gerne unterstützen und dass wir dabei aktiv mitarbeiten. Ich glaube, dass das Parlament mit diesem Antrag den richtigen Ansatz verfolgt und dass wir das richtige Zeichen setzen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich, wenn Sie diesem Antrag zustimmen.