Roswitha Müllerwiebus

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Klimaveränderungen durch Nutzung fossiler Brennstoffe nehmen dramatische Ausmaße an. Häufigere und verheerende Wetterkatastrophen sind die Folge. Sie kosten Menschenleben und verursachen enorme wirtschaftliche Schäden. Als weitere Faktoren sind steigende Energiepreise und endliche Ressourcen zu nennen. Vor diesem Hintergrund werden dann schnell Rufe nach einem Comeback der Kernenergie laut, quasi als Heilsbringer für den Klimaschutz, obwohl der Ausstieg aus guten Gründen beschlossene Sache ist.
Aber auch wenn die Mär von einer billigen und sauberen Kernenergie immer wieder aufgewärmt wird, meine Damen und Herren von der Opposition: Falsche Behauptungen werden durch Wiederholung nicht richtiger.
Atomare Risiken und das unlösbare Problem der Endlagerung nuklearer Abfälle kann man nicht einfach ausblenden. Das wäre unverantwortlich. Der vermeintliche Kostenvorteil beruht auf staatlichen Forschungs- und Entwicklungsmitteln von weltweit sage und schreibe 1.000 Milliarden Dollar, wovon allein etwa 400 Milliarden € auf EURATOM entfallen. Hinzu kommt die wachsende Gefahr, die „friedliche“ Nutzung als Einstiegsmöglichkeit für den Bau von Atomwaffen zu nutzen, wie dies aktuell im Iran festzustellen ist.
Auch die Kernfusion, die von einigen als die Lösung aller Energieprobleme der Zukunft angesehen wird, würde nur den Teufel mit dem Beelzebub austreiben: noch teurer, noch zentralistischere Strukturen, radio
aktive Abfälle plus völlig unabsehbare Risiken. Auch in die Fusionsforschung fließt immer noch viel zu viel Geld.
Wegen dieser Fixierung auf die Atomenergie wurden die erneuerbaren Energien lange sträflich vernachlässigt. Das war ein fundamentaler Fehler.
Wo steht die CDU? Wissen Sie das eigentlich selber, meine Damen und Herren von der CDU? Sie eiern ja auch energetisch ganz schön herum. Laufzeitverlängerung der Atommeiler: Ja, Nein, vielleicht, wer weiß?
Da wird geschrieben und wieder gestrichen. Windenergie: Mal hü, mal hott. Da schaut keiner mehr durch. Ich bin gespannt, was Sie uns heute servieren werden.
Wir jedenfalls stehen für eine verlässliche Energiepolitik, für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, für technologische Kreativität und Innovation. Erneuerbare Energien sind die einzig vernünftige Alternative zur Kernenergie. Ihr Potenzial übersteigt unseren Bedarf um ein Vielfaches. Sie können sowohl Kernenergie als auch fossile Energie ersetzen. Mit dem Eneuerbare-Energien-Gesetz hat die rot-grüne Regierung in Deutschland dazu ein wichtiges und differenzierendes Instrument geschaffen und dieses Instrument greift.
Die SPD steht in Schleswig-Holstein seit langem für eine moderne, verlässliche Energiepolitik,
die den Atomausstieg als Chance für den Einstieg in technologische Erneuerung, umweltgerechtes Wirtschaften und nachhaltiges Wachstum versteht. Dieser Weg ist unter unserem langjährigen Energieminister Claus Möller schon jetzt zur Erfolgsstory geworden: 4.000 Arbeitsplätze und 25 % unseres Stroms aus Wind; im Jahr 2010 werden es 50 % aus erneuerbaren Energien sein.
Meine Damen und Herren, Sie sehen, Verlässlichkeit, gepaart mit Intelligenz, zahlt sich aus.
Moderne Energiewirtschaft heißt, im Verbund mit einer Effizienzoffensive das ganze Bündel der natürlichen Energieformen zu nutzen: Sonne, Wind, Wasser, Biomasse - wir haben es eben gehört - und auch Geothermie, je nach regionaler Stärke. Nicht auf ein Entweder-oder, sondern auf ein Sowohl-Als-auch kommt es an. Technologische Entwicklung bis hin zur Nutzung von Nanotechnologien ist ein zukunftssicherer Markt bei uns und weltweit.
Lassen Sie mich hier China als Beispiel erwähnen. China will seine Wirtschaftskraft vervierfachen, aber lediglich unter Verdoppelung des Energieeinsatzes. Das ist ein Riesenmarkt für Effizienztechnologien. Ob im Wärme-, Kraftstoff- oder Strombereich: Energieeinsparung ist eine noch längst nicht ausgeschöpfte Energiequelle. Neben Wind, Sonne und Biomasse wird auch Geothermie in Zukunft eine besondere Bedeutung zukommen, und zwar auch bei der Stromerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung, zum Beispiel mittels des Kalina-Kreislaufes für niedrigere Temperaturen. Sehr positiv sind in diesem Zusammenhang die Bemühungen der Stadtwerke Kiel zum Bau eines Geothermiekraftwerkes zu beurteilen. Sie verdienen unsere Unterstützung.
Es kommt darauf an, mehr zu dezentralen Strukturen zu kommen, denn auch das bedeutet Effizienz.
Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. - Da Energie dezentral verbraucht wird, muss sie auch dezentral erzeugt werden.
Meine Damen und Herren von der Opposition, verwenden Sie Ihre Energie ruhig darauf, weiter rückwärts zu rudern. Wir werden die Energien der Zukunft weiterentwickeln - für Klimaschutz, Arbeitsplätze und Wirtschaftskraft.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eben wurde von CDU und FDP gesagt, wir müssten das Thema Klimaschutz diskutieren. - Richtig, genau deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.
Denn wir müssen dieses Thema diskutieren. Die Schlussfolgerung, die von Ihnen immer kommt, dass das nämlich nur mit der Kernenergie gehe, ist einfach nicht richtig. Das ist nicht richtig.
Die regenerativen Energien - an dem Punkt haben sie auch Recht - sind heute noch nicht in der Lage, die Kernenergie und die fossilen Energien zu ersetzen. Aber wir müssen Schritt für Schritt in diese Richtung gehen, damit sie in Zukunft dazu in der Lage sind.
Die Enquetekommission hat ermittelt, dass das bis 2050 möglich ist. Wenn wir gar nicht erst Schritte in diese Richtung machen, kommen wir natürlich nie dahin. Aber genau das wollen wir.
Wenn Sie sagen, ich hätte das noch nicht richtig verstanden, kann ich dieses „Lob“ eigentlich nur zurückgeben. Die natürlichen Energieformen, die Natur liefert uns das fünfzehnhundertfache aller Energien, die wir brauchen. Strom, Wärme, Kraftstoffe - das Potential ist da. Wir nutzen es bisher jedoch nur zu einem ganz geringen Teil.
Ich habe eben gesagt - das habe ich in der Kürze der Zeit aber natürlich nicht aufschlüsseln können -, dass wir das als Bündel von ganz vielen Einzelmaßnahmen sehen müssen. Darin liegt die Intelligenz, darin liegt auch der Vorteil für unser Land. Es sind dezentrale Strukturen, die wir stärken müssen, in einem Bündel von Maßnahmen: Effizienzeinsparung, erneuerbare Energien - das ganze Spektrum. Das ist unsere Wirtschaftskraft und das müssen wir machen, um auch Arbeitsplätze vor Ort zu schaffen, um für Klimaschutz, für Nachhaltigkeit einzutreten. Aufgabe von Politik ist es auch, für Nachhaltigkeit zu sorgen, damit auch die Menschen morgen in unserem Land noch leben können.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Steigende Energiepreise sind gerade aktuell wieder sehr besorgniserregend. Ob Öl, Gas - allein e.on hat gerade 10 % Steigerungen angekündigt - oder Strom: Die Menschen haben mit Recht Sorge, hier zusätzlichen Belastungen ausgesetzt zu sein, denen Sie - zumindest kurzfristig - nicht ausweichen können. Dazu kommt auch die Belastung unserer Wirtschaft mit den negativen Folgen für die anziehende Konjunktur. Die Strompreise in Deutschland gehören zu den höchsten in Europa und sollen nach dem Willen der großen Energiekonzerne weiter erhöht werden, wenn auch zumindest vorerst von e.on nicht.
Vier große Konzerne beherrschen 80 % des Strommarktes. Insbesondere die Netzzugangsentgelte der deutschen Netzmonopolisten gelten als deutlich überhöht. Preisabsprachen werden vermutet. Die Monopolkommission stellt fest, dass die Verbändevereinbarungen gescheitert sind und dass das kartellrechtliche Instrumentarium nicht ausreicht, um die Preise in den Griff zu bekommen. Strom behört in den Bereich der Daseinsvorsorge. Der Staat ist also in der Pflicht,
regulierend einzugreifen, wenn die vorhandenen Strukturen einen fairen Wettbewerb verhindern. Das Bundeskabinett hat nun einen Entwurf zur Neufassung des Energiewirtschaftsgesetzes beschlossen. Um einen echten Wettbewerb zu ermöglichen, ist es aus unserer Sicht notwendig, darin noch drei Belange zu berücksichtigen:
Erstens. Die Vorabgenehmigung von Stromtarifen für Haushalte und Kleinbetriebe muss es wie bisher auch in Zukunft geben. Anreize zu niedrigen Preisen müssen über ein sinnvolles Vergleichsmarktkonzept gegeben werden.
Zweitens. Das Netz ist das letzte Monopol der Energiewirtschaft. Die Entgelte für die Netznutzung sind in Deutschland so hoch wie sonst nirgendwo und gelten als gleichmäßig stark überhöht. Eine Regulierungsbehörde, die wirklich sinkende Preise erreichen will, braucht Biss. Dazu bedarf es nach unserer Auffassung einer Vorabgenehmigung der Entgelte.
Eine Missbrauchsregelung, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, halten wir nicht für ausreichend, denn um ihn nachzuweisen, braucht man die Daten der Konzerne. Das ist ein mühsames Verfahren. Bei einer Vorabgenehmigung sind diese Daten jedoch Voraussetzung.
In jedem Fall - ob bei Vorabgenehmigung oder nachträglicher Missbrauchsregelung - sind die gleichmäßig überhöhten Netzkosten der Netzmonopolisten als Vergleichskriterium wertlos. Hier müssen EU-weite Vergleiche angestellt werden.
Drittens fordern wir, dass die Netznutzungsentgelte auf der Grundlage einer nachprüfbaren knallharten Kosten- und Erlösbewertung berechnet werden.
Meine Damen und Herren, die Sicherheit der Netze gilt oft als Totschlagargument für die hohen Preise. Fakt ist, dass wir mit einem durchschnittlichen Stromausfall von nur 15 Minuten pro Jahr einen extrem guten Stand haben, und das, obwohl die Investitionen in die Stromnetze in den vergangenen acht Jahren von 3,6 auf 2 Milliarden jährlich gesunken sind. Inklusive der Rücklage für Notfälle wird durch die hohen Gebühren ein Vielfaches erwirtschaftet.
Die zweite oft gehörte Behauptung ist: Die Umlage für erneuerbare Energien und Kraft-Wärme-Kopplung sind an den hohen Preisen schuld. Hier stimmen CDU und FDP gern ins Lied der Stromkonzerne ein.
Aber lassen wir einfach die Zahlen sprechen: Bei einem Verbrauchspreis von 19,2 ct/kWh entfallen 6,2 ct auf die Stromnetze - das sind 33 % -, während auf die Umlage laut Erneuerbare-Energien-Gesetz nur 0,52 ct - das sind 2,7 % - entfallen; das ist weniger als ein Zehntel der Netzgebühren.
Im extrem hohen Anteil der Netzgebühren liegt das Potenzial zur Kostenreduzierung.
Hier gilt es anzusetzen. Circa 1,5 ct/kWh sind dabei drin - doppelt so viel wie EEG-Umlage und KWKFörderung zusammen.
Monopole im Strombereich sind durch eine falsche Energiepolitik in der Vergangenheit möglich geworden, wohin die CDU ja - wie wir heute Morgen gehört haben - wieder will.
Mit dem Bau von Großkraftwerken - sowohl auf fossiler als auch auf nuklearer Grundlage - sind zentrale Strukturen entstanden. Mit der Kernenergie glaubte man das Ei des Kolumbus der Energieversorgung gefunden zu haben. Dieses Ei ist ganz schön faul, meine Damen und Herren von der CDU, nämlich teuer und gefährlich.
Auch wenn man die Mär von der sauberen und billigen Kernenergie immer wieder aufwärmt - wahr wird sie dadurch nicht.
Unsere Energiepolitik ist die Alternative zur Kernenergie und zur Nutzung fossiler Energieträger. Schritt für Schritt werden wir konsequent den Weg zu erneuerbaren Energien mit Effizienzsteigerung und Speichertechnologien gehen. Dieser Weg zu erneuerbaren Energien ist in Schleswig-Holstein auch wirtschaftlich und für den Arbeitsmarkt zur Erfolgsstory geworden, wie Frau Ministerpräsidentin Heide Simonis im Juni bei der Vorstellung des Energieberichts eindrucksvoll belegt hat.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich nehme es Ihnen ja nicht übel, dass Sie die Win-WinSituation von Arbeit, Wirtschaft und Klimaschutz noch nicht erkannt haben; bei so viel Schatten fällt der Durchblick natürlich schwer. Aber legen Sie Ihr Schattenkabinett beruhigt zur Seite; Sie werden es nicht brauchen. Sie können sich auf uns verlassen. Wir sorgen mit unserer Ministerpräsidentin Heide Simonis und unserer Politik für Helligkeit, damit
Schleswig-Holstein auch in Zukunft im Lichte des Erfolgs scheinen kann.
Im Hinblick auf den Änderungsantrag des SSW wollen wir unserer Regierung den Spielraum lassen, in echte Verhandlungen einzutreten. Deswegen lehnen wir diesen Änderungsantrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Soeben wurde das Problem der mangelnden Netzversorgung angesprochen. Darauf möchte ich kurz eingehen.
Mit den erneuerbaren Energien wollen wir ja gerade mehr dezentrale Versorgung realisieren. Wenn ich mich jetzt einmal auf Strom beschränke, so wird die
ser dezentral verbraucht, also soll er auch möglichst dezentral erzeugt werden.
Dann brauchen wir nicht diese Riesenkapazitäten an Leitungen, wie wir sie im Moment haben. Das ist das Ziel.
Herr Kubicki, ich sage auch noch einmal in Ihre Richtung: Wenn wir uns überlegen, was Energie überhaupt ist und woher sie kommt, so kann ich im Grundsatz sagen: Ich will genau das, was Sie auch wollen, nämlich die Kernenergie nutzen, aber ich will sie nicht da nutzen, wo Sie sie nutzen wollen, nämlich auf der Erdoberfläche, sondern ich will sie dort nutzen, wo die Natur sie hingesetzt hat. Das ist einmal auf der Sonne, die ja unser Fusionskraftwerk ist.
Die Sonne versorgt uns mit ihrer Energie. Es ist überheblich, diese Technik, die die Natur eingerichtet hat, die unser Leben auf der Erde erst ermöglicht, nachmachen und besser machen zu wollen.
Das geht schief. Das haben wir erfahren. Deswegen wollen wir aussteigen.
Zum Zweiten wollen wir unser Kernkraftwerk Erde nutzen.
Im Erdmittelpunkt ist die Kernspaltung gut aufgehoben. Dort passiert sie und dort versorgt sie uns über Geothermie mit Energie. Auch das wollen wir verstärkt nutzen. Dieser gesamte Mix ist es eigentlich, der es ausmacht. Gucken wir mehr auf die Natur, darauf, was die Natur für uns eingerichtet hat, und nutzen wir das, ohne es nachmachen zu wollen!
Wenn hier immer angeführt wird, Windenergie sei nichts wegen der 80 Offshore-Anlagen: Das ist ein Materialproblem; das hat nichts mit der Windenergie an sich zu tun. Diese Windkraftanlagen sind aus nicht so resistentem Material hergestellt. Das heißt noch lange nicht, dass der Weg zu erneuerbaren Energien nicht richtig ist.
Es wird immer gesagt: Die Anzahl wird nie ausreichen. Es wird irgendwann einmal ausreichen.
Vorhin ist schon gesagt worden: Irgendwann werden wir damit 100 % Energieversorgung haben. Wir müssen immer gucken: 100 % wovon? Deswegen heißt
der Weg auch: Energieeffizienz, Energie einsparen. Dann haben wir nämlich mehr Nutzen aus weniger Energieeinsatz.
Denn Energiesparmaßnahmen erhöhen die Energiemenge, die wir zur Verfügung haben. Wenn wir nur halb so viel Energie einsetzen müssen, um das zu erreichen, was wir für den industriellen Nutzen erreichen wollen, dann haben wir schnell einen doppelt so hohen Anteil an erneuerbaren Energien. Das ist der Weg, den wir weiter einschlagen wollen.