Jochen Haselbacher
Appearances
Last Statements
Frau Ministerin, können Sie nach dem, was Sie heute Morgen hier ausgeführt haben und was auch der Presseberichtserstattung zu entnehmen war, einmal sagen, welche Förderkriterien bisheriger Art Sie für falsch halten, wo Sie andere Ansätze suchen und was im Einzelnen anders werden soll?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wenn man in der politischen Diskussion immer wieder auf die Einflüsse des Autoverkehrs auf die Umwelt hinweisen muss, so erscheint mir dieser Antrag zu diesem Zeitpunkt überflüssig. Ich möchte sogar so weit gehen und sagen: In der augenblicklichen, zum Teil verzweifelten Situation vieler Menschen und Betriebe, die im weitesten Sinne aufs Kfz angewiesen sind, ist dieser Antrag sogar zynisch.
Menschen kämpfen infolge der hohen Spritpreise um ihre persönliche Existenz. Viele Familien, die auf den Pkw angewiesen sind, um den Arbeitsplatz zu erreichen, überlegen händeringend, wie sie die enorm gestiegenen Spritpreise in ihrer familiären Finanzplanung berücksichtigen können. Täglich überlegen sehr viele Mitbürgerinnen und Mitbürger gerade unter Kostengesichtspunkten genauestens, welches Verkehrsmittel sie zur Erledigung
ihrer Aufgabe wählen sollen, und verzichten, wo immer dies möglich ist, auf das Auto. Wenn in einer solchen Situation gerade die Grünen, die an dieser Misere ja nicht ganz unschuldig sind, den Menschen, die eben tagtäglich überlegen, wie sie den hohen Spritpreisen entgehen können, empfehlen „Ihr könnt ja Freitag in acht Tagen einmal das Auto stehen lassen“, dann ist das eine Verhöhnung der durch diese enorme Spritpreiserhöhung betroffenen Menschen.
Diese Empfehlung ist auch deshalb zynisch, weil diese Möglichkeit überall dort, wo der ÖPNV vorhanden ist, wegen der hohen Spritpreise schon längst genutzt wird; diejenigen aber, bei denen der ÖPNV so nicht vorhanden ist, müssen diese Empfehlung als Hohn und Spott empfinden. In der aktuellen Situation sollten die Grünen ihren Antrag also zurückziehen, da durch ihre Ökosteuerbelastung die Menschen dort, wo sie es können, den ÖPNV bereits nutzen oder dort, wo sie den ÖPNV nicht nutzen können, diesen Vorschlag als höhnisch empfinden.
Ich bin der Auffassung, dass derartige Anträge erst dann Sinn machen, wenn das System des ÖPNV so weit und so gut ausgebaut ist, dass der Vorschlag „autofreier Tag“ auch eine echte Chance auf Verwirklichung hat.
Bei der Gelegenheit darf man vielleicht einmal darauf hinweisen, dass Niedersachsen allein 1 Milliarde DM Kfz-Steuer einnimmt und durch die Regionalisierung der Bahn über mehr als 800 Millionen DM verfügen kann.
Sicherlich gibt es noch weitere Gesichtspunkte. Herr Wenzel, Sie haben eben die EXPO angesprochen. Ich halte diesen Termin gerade wegen der EXPO für außerordentlich unglücklich.
Bedenken Sie die mittlerweile glücklicherweise steigenden Besucherzahlen auf der EXPO! Oder wollen Sie den verbesserten Besucherstrom jetzt bremsen, um anschließend wieder rückläufige Besucherzahlen kritisieren zu können?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, mir passt auch die Art des Antrags deshalb nicht, weil er meines Erachtens wieder einmal Dirigismus, Gängelei der Bevölkerung und Besserwisserei ausdrückt. Lassen Sie die Menschen doch vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Situation selbst entscheiden! Die Menschen wissen viel besser als die Grünen,
was für sie unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Verhältnisse, unter Berücksichtigung ihres Engagements für die Umwelt, unter Berücksichtigung ihres Wohnorts und ihrer möglichen Reisestrecke gut ist und welches Verkehrsmittel für sie gut ist.
Fazit: Der Antrag ist überflüssig; er ist zumindest in der augenblicklichen Situation zynisch. Die Bevölkerung ist verantwortungsbewusst genug, um gerade umweltrelevante Sachverhalte zu berücksichtigen. Der ÖPNV muss in vielen Bereichen erst einmal die Voraussetzungen für einen reduzierten Autoverkehr schaffen. In einem so sehr vom Auto abhängigen Land wie Niedersachsen darf es nicht immer wieder Kampagnen gegen das Auto geben. Abschließend - das ist für mich persönlich sehr wichtig -: Die Grünen sollten endlich aufhören, die Menschen immer wieder bevormunden zu wollen und ihnen immer und überall ihre zum Teil nicht nachvollziehbaren Überlegungen und Vorstellungen aufzwingen zu wollen.