Monika Gawron

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Verehrter Herr Ehlers, ich beglückwünsche Sie zu Ihren hellseherischen Fähigkeiten.Offensichtlich haben Sie göttlichen Beistand gehabt, als Sie schon vor drei Tagen wußten, was aufgrund unseres heutigen Beschlusses auf der Veddel passieren wird.
Sie haben aber gesagt, dies wird alles passieren. Aus dem Artikel der „Bild“-Zeitung vom 28. November schließe ich, daß Sie unseren Antrag annehmen wollen. Also: Nur zu!
Die heute zur Debatte stehende Halle ist ein Rest der zwischen 1901 und 1906 von der HAPAG auf der Veddel gebauten Auswandererstadt. Auf diesem Weg haben circa 3,6 Millionen Menschen Europa in Richtung Neue Welt verlassen. Diese Halle ist nicht nur in Hamburg, sondern deutschlandweit der letzte verbliebene Bau seiner Art.
Mit der Instandsetzung der Halle für die zukünftige Nutzung als Erinnerungsstätte wird Hamburg etwas in Europa Einmaliges bieten können, und zwar das Gegenstück zur Einwandererstadt auf Ellis Island vor New York.
Die Instandsetzung der Auswandererhalle ist nicht als einzelnes Faktum zu sehen, sondern muß vielmehr in einem größeren Rahmen betrachtet werden. Hamburg hat in den letzten Jahren viel getan, um die Erinnerung an seine Geschichte als einer der größten Auswandererhäfen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Es gibt neben ausgeschilderten Stadtrundgängen und Studienfahrten unter anderem auch die preisgekrönte, täglich von circa 13 000 Menschen besuchte Internetseite „Link To Your Roots“ mit der Möglichkeit, in den Passagierlisten nach den Namen der über Hamburg ausgewanderten Vorfahren zu suchen.
Ein Museum, das in der Auswandererhalle in Zusammenarbeit mit dem Museum für hamburgische Geschichte und dem Museum für Völkerkunde betrieben werden soll, wird eine wichtige und sinnvolle Ergänzung sein.
Heute leben auf der Welt circa 55 Millionen Menschen, deren Vorfahren Europa über Hamburg verlassen haben. Der größte Teil dieser Menschen ist in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Nicht von ungefähr findet sich dort häufig der Ortsname Hamburg.
Diese Menschen sprechen wir mit unseren Angeboten an, denn bekanntermaßen haben sie ein großes Interesse an ihrer Geschichte und ihrer Herkunft.Noch ist Hamburg, wie der amerikanische Generalkonsul Mister Lynch sagte, den Menschen in den USA unbekannt. Das soll sich ändern. Hamburg macht sich den Menschen bekannt, indem es ihnen hilft, nach ihren Wurzeln zu suchen.
Die Einrichtung dieses Museum ist in diesem Zusammenhang eine Einladung an die Menschen, sich ein Bild davon zu machen, wie das Leben damals war und welchen Weg ihre Vorfahren genommen haben.
Dabei werden die Nachfahren der Auswanderer auch ein Bild vom heutigen Hamburg erhalten, das sie mit nach Hause nehmen, um für Hamburg zu werben.
Wir werben heute in der Welt mit dem Slogan „Hamburg – Das Tor zur Welt“.Dieses Tor hat eine Geschichte, es wurde für viele Millionen Menschen zum Tor zur Welt. Die Auswandererhalle soll den Nachfahren der Auswanderer helfen, sich ihrer Vorfahren zu erinnern.
Die antragstellenden Fraktionen – ich hoffe, auch die CDUFraktion, nachdem sie sich so vehement dafür einsetzt – stehen nicht allein mit ihrer Ansicht, daß diesem Teil der Geschichte ein bleibendes Denkmal gebührt. Auch die CDU vor Ort macht sich Gedanken darüber, wie den Auswanderern ein bleibendes Denkmal gesetzt werden kann. Gegen ein derartiges Symbol ist nichts einzuwenden. Aber warum wollen wir nicht die letzte verbliebene Örtlichkeit, die einen Eindruck davon vermittelt, wie es damals wirklich war, zu diesem Denkmal werden lassen? Hinzu kommt, daß dadurch die touristische Attraktivität Hamburgs verbessert und somit Arbeitsplätze gesichert werden können.
Wer in den letzten Tagen die „Bild“-Zeitung gelesen hat, könnte meinen, die Veddel sei ein verlorener Stadtteil. Mit mir wohnen gemeinsam immerhin noch rund 6000 Bürge
rinnen und Bürger auf der Veddel, die – wie man auch in der „Bild“-Zeitung lesen kann – dort gerne wohnen.
Natürlich besteht auch ein lokales Interesse: Mit der Restaurierung der Auswandererhalle kann viel für den Stadtteil erreicht werden. In den Planungen für die weitere Nutzung der Auswandererhalle ist vorgesehen, daß dort Räumlichkeiten für Stadtteilaktivitäten zur Verfügung gestellt werden, die wir auf der Veddel dringend benötigen.Wir verbinden mit diesem Projekt die Hoffnung, die Infrastruktur und die Lebensqualität des Stadtteils zu verbessern.
Mit einem Ausländeranteil von über 60 Prozent ist die Veddel heute außerdem einer der Stadtteile, die in besonderem Maße Aufmerksamkeit und die Unterstützung der Stadt benötigen, um die heute anstehenden Probleme der Integration zu bewältigen. Auch dazu kann die Wiederherrichtung der Auswandererhalle einen Beitrag leisten.
Angesichts der aktuellen Haushaltslage will ich aber noch einige Worte zu den Kosten verlieren.Dieses Projekt ist mit geschätzten 3,5 Millionen DM natürlich sehr teuer.Von diesen Kosten plant die Stadt, im Rahmen der Revitalisierung der Veddel nur einen Bruchteil von 400 000 DM zu tragen. Eine Beteiligung des Bundes in Höhe von 600 000 DM wurde bereits zugesagt. Die restlichen Kosten müssen aus Spenden finanziert werden.
Damit das kein Wunschdenken bleibt, fordern wir den Senat auf, nach Wegen – eventuell kommt auch eine Verpflichtungsermächtigung in Betracht – zu suchen, die zeitnahe Umsetzung ermöglichen.
Daß es ausreichend interessierte Menschen gibt, hat der Wiederaufbau von „Ellis Island“ gezeigt. Für dieses Projekt sind 50 Millionen Dollar an Spenden- und Sponsorengeldern eingegangen.
Wir fordern den Senat auf, sich für die Umsetzung dieses Projektes einzusetzen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.