Wolfhard Ploog

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ausgang dieses Antrages war ein Besuch des Eingabenausschusses im Haus III der Vollzugsanstalt Glasmoor, das ist das sogenannte Abschiebehafthaus. Das war für uns im Eingabenausschuß wichtig, weil wir uns jede Woche am Montag mit einer Vielzahl von Fällen beschäftigen, von Menschen, denen ein endgültiges Bleiben bei uns nicht erlaubt ist, die abgeschoben werden müssen – welch schreckliches Wort eigentlich –, und einige von diesen sitzen eben auch in der sogenannten Abschiebehaft in Glasmoor. Deshalb war es für den Ausschuß natürlich besonders wichtig, einmal zu sehen, unter welchen Verhältnissen diese Menschen, die unter einem starken seelischen Druck stehen, dort die Zeit verbringen müssen, die ihnen noch bleibt, damit sie nach Hause gebracht werden, weil sie nicht bereit waren, vorher freiwillig auszureisen.
Nun sind die Zeiten, die dort in aller Regel verbracht werden, für diese Menschen nicht sehr lang.Aber wer sich einmal vorstellen kann, nur einen Tag ausschließlich fremdbestimmt zu sein, dadurch, daß man ihm alle Freiheiten nimmt, der kann sich vielleicht auch in die Lage hineinversetzen, wie es aussieht, vier Wochen lang so etwas ertragen zu müssen, und das ist auch für uns ganz besonders wichtig gewesen.
Was wir dort festgestellt und gesehen haben, ist auch im Vorspann zum Antrag geschrieben. Ich will hier nicht alles wiederholen, aber die Bedingungen dort sind rechtsstaatlich natürlich einwandfrei. Daran gibt es gar keinen Zweifel. Aber wenn Sie sich vorstellen, daß dort nicht überwiegend alte Personen sind, die auch nicht mehr mobil sind, sondern in aller Regel, jedenfalls in der Momentaufnahme, die wir Ihnen schildern können, waren es mehr oder weniger junge Männer in einem Alter, in dem man nach Bewegung drängt, wo man sich ausarbeiten oder austoben möchte, und die dann zu sechst in seelenlosen Räumen untergebracht sind. Ich weiß, daß es dort kein Vollzug, sondern eine Sicherungshaft ist.Man kann auch nicht zuviel machen, aber das bißchen, das man vielleicht machen könnte, ist uns in Gedanken aufgekommen.
Das ist auch für mich ein zentraler Punkt, gehört zu haben, daß diese Menschen von den 24 Stunden, die der Tag nun mal bietet, abzüglich der Ruhepausen maximal zwei Stunden Freigang haben. Wenn man dann bedenkt, daß das junge Leute sind, die vielleicht sonst in der Freizeit rumtoben oder zumindest Sport machen, sich dort aber nur auf einem relativ begrenzten Gebiet bewegen können.
Weil sie nicht freiwillig ausgereist sind, aber darum geht es nicht, sondern es geht darum, daß wir für die Bedingungen, unter denen sie hier bei uns die letzten Wochen verbringen, verantwortlich sind.
Ich finde, es ist nicht zuviel verlangt, wenn wir diesen Leuten zumindest auch die Möglichkeit bieten, sich sportlich zu betätigen, einmal abgesehen von dieser Form der Haft. Aber ich beklage sowieso seit langem mit meiner Fraktion, daß auch in den anderen Anstalten die Gefangenen abends eher vom Kartenspielen und Fernsehen müde ins Bett fallen als von der Arbeit oder sonstiger körperlicher Betätigung. Ich finde, man muß diesem Bewegungsdrang auch einen Raum geben. Das war für mich persönlich jedenfalls ein ganz wichtiger Punkt, daß sie sich auch einmal austoben können, und zwar sportlich betätigen.
Der zweite Punkt ist, daß diese Menschen, die dort sind, natürlich immer noch eine Reihe von Fragen haben. Nun bin ich nicht so blauäugig, um zu glauben, daß sie all diese Fragen vorher nicht auch schon einmal gestellt haben. Aber wer sich in eine solche Situation hineinversetzen kann oder zumindest versucht, das zu tun, der weiß, daß diese Fragen immer wieder hochkommen, weil bei diesen Menschen natürlich auch Unsicherheiten vorhanden sind. Bei uns ist die Sicherheit gegeben, daß sie nach Hause müssen, aber die haben etwas anderes, und für sie ist immer noch viel zu regeln. Da bedarf es schon einer vernünftigen Betreuung. Es muß nicht alles sozialpädagogische Betreuung sein, es genügen auch Gespräche mit den vorhandenen Bediensteten dort, aber daran mangelt es in zweierlei Hinsicht.
Der Sozialpädagoge dort hat uns gesagt, er habe nur eine befristete und dann nur eine Teilzeitstelle, also eine halbe Stelle. Er könnte gut und gerne einen ganzen Tag dort arbeiten und wäre dann immer noch nicht fertig, jedenfalls nicht so, wie er sich eine Aufgabenerledigung vorstellt. An einer halben Stelle, finde ich, sollte es eigentlich nicht mangeln. Ich weiß, daß alles teuer bei uns ist, aber ich finde, darüber sollten wir einmal nachdenken.
Der zweite Punkt ist, daß wir seinerzeit haben mitbekommen müssen, daß bei Einrichtung der Abschiebehaft dort nicht ausschließlich voll ausgebildete Vollzugskräfte eingesetzt wurden, sondern daß man dort auch einen privaten Sicherheitsdienst zur Aufgabenerledigung mit herangezogen hat. Dagegen habe ich im Prinzip auch gar nichts.Was ich aber bei dieser Gelegenheit dort gehört habe, ist, daß möglicherweise die Qualifikation dieser Menschen, die vom Sicherheits- oder Wachdienst dorthin abgeordnet werden, nicht so ausgestaltet ist, daß sie vielleicht auch ein Gespräch mit diesen Menschen führen könnten. Die könnten dann, wenn wir schon nicht überall ausgebildete Vollzugs
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kräfte haben, einen Teil einer solchen Begleitung mit übernehmen.Vielleicht ist es auch von mir ein bißchen blauäugig, aber ich glaube nicht. Manchmal ist es auch nur wichtig, ein vernünftiges Gespräch angeboten zu bekommen. Wir kommen bei dem nächsten Tagesordnungspunkt noch darauf, daß bei den Wachdiensten eine Qualitätssicherung gegeben sein muß.
Ich weiß aus dem Land Nordrhein-Westfalen, die eine große Abschiebehaftanstalt in Düren haben, daß der dortige Unternehmer, der die Wachdienste stellt, eine solche Schule ins Leben gerufen hat, jedenfalls bietet er Fortbildungsmöglichkeiten an. Die Männer, die vom Wachdienst dort hinkommen, bekommen eine Unterweisung und, wenn es erforderlich ist, auch eine Nachschulung. Auch darüber könnte man zumindest nachdenken. Deswegen haben wir auch in unserem Antrag gefordert, daß es sich um ausgebildetes Personal handeln sollte. Das heißt aber nicht – damit wir nicht mißverstanden werden –, daß wir jetzt voll ausgebildete Vollzugskräfte haben wollen. Das tut wahrscheinlich gar nicht nötig.
Das Weitere lesen Sie in dem Antrag. Wieweit es möglich ist, die Saalbelegungen zu reduzieren, kann vielleicht auch von der Behörde oder dem Senat geprüft werden. Sechs Personen in einem relativ kleinen Raum, das ist nicht die Erfüllung aller Träume. Es soll dort kein Knast de Luxe gebaut werden, aber wenn man statt sechs Personen vielleicht vier Personen in diesen kleinen bescheidenen Räumen unterbringt, wäre das ein Fortschritt. Ich weiß zwar nicht, welche Kosten dort entstehen und ob wir mehr Personal brauchen, aber es muß zumindest geprüft werden. Zu den Möglichkeiten der sportlichen oder körperlichen Betätigung hatte ich schon etwas gesagt.
Als wir dort vom Hof fuhren, hatte ich die Möglichkeit, zwei Frauen mitzunehmen, die dort ihre Freunde oder Bekannten besucht und sich beklagt hatten, daß die Besuchsmöglichkeiten nicht ausreichend wären. Jetzt haben die Angehörigen oder Freunde die Möglichkeit, alle zwei Wochen drei Stunden Besuch zu bekommen. Das könnte man vielleicht auch einmal prüfen, ob das noch mehr sein kann.
Zu dem Antrag der Gruppe REGENBOGEN möchte ich einige wenige Worte sagen. Sie möchten, daß auch für Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen weitere Besuchsrechte eingeräumt werden. Wir haben hier an Angehörige gedacht. Ob Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen nun diejenigen sind, die diese Leute so intensiv betreut haben, um sie dort zu besuchen, weiß ich nicht. Vielleicht könnte es hilfreich sein, daß sie dort eine begleitende oder betreuende Arbeit aufnehmen. Aber zunächst einmal paßt das nicht zu meinem Antrag. Ich will mich dem aber nicht versagen. Oftmals sind solche Initiativen auch hilfreich für das Personal. Das müßte aber untersucht werden.
Ihren weiteren Punkt möchte ich nicht mit aufnehmen, weil der mit dem Antrag rein gar nichts zu tun hat. Ob nun eine Abschiebehaft beantragt oder darauf verzichtet wird, das ist nicht mein Ding. Das lehnen wir deshalb auch ab.
Meine Damen und Herren, ich darf das noch einmal zusammenfassen. Es kommt uns bei der Betreuung während dieser kurzen Aufenthaltszeit auf mehr Professionalität an. Es geht aber auch darum, einiges vielleicht sinnvoller zu machen. Ich will aber nicht sagen, daß das, was dort gemacht wird, unsinnig wäre, sondern ich glaube, daß dort mit Engagement gearbeitet wird.Das ist auch kein Vollzug, wie wir ihn sonst bieten, aber die Besichtigung und die Ge
spräche, auch die Auskunft der Anstaltsleitung, haben gezeigt, daß man in einem bestimmten Rahmen über Verbesserungsmöglichkeiten nachdenken kann. Insofern bitte ich um die Annahme des Antrages, wobei ich weiß, daß der Antrag an den Rechtsausschuß überwiesen werden soll. Dem stimme ich dann auch zu.
Meine Damen und Herren! Herr Klooß, ich weiß nicht, ob wir uns mißverstanden haben oder aneinander vorbeireden, denn ich habe gar nicht kritisiert, daß dort private Wachdienste tätig sind.Ich habe nur gesagt, daß sie oftmals nicht die Qualifikation haben, die sie haben müßten, um dem Vollzugspersonal auch Aufgaben abzunehmen. Die sollen natürlich nicht über unmittelbaren Zwang und ähnliche Maßnahmen entscheiden. Ich weiß auch, wie dort die Dinge verteilt sind. Wenn das zur Klarstellung genügt, bin ich froh.
Dann möchte ich noch eines sagen. Ihnen kann man aber auch gar nichts recht machen.Immer wenn wir mal eine Sache haben, über die wir uns im Grundsatz einig sind, daß man da etwas machen könnte, dann müssen Sie erst einmal alles kaputtmachen.In dem Antrag steht, daß man den baulichen Zustand überprüfen solle, um festzustellen, auf welche Weise die Saalbelegung reduziert werden könne. Das ist doch ganz einfach. Das ist die Frage, ob ich noch ein oder zwei Container mehr hinstellen kann oder nicht.
Dann sagen Sie, da rätsel ich lange.Hätte ich geschrieben, wir wollen das machen, hätten Sie gesagt, wir haben kein Geld. Ich finde das immer so schade, denn gerade Dinge wie Strafvollzug und Abschiebevollzug eignen sich doch eigentlich nicht zum Parteienstreit. Das geht doch um die Menschen, die uns anvertraut sind.
Dann ist es doch besser, wir machen es so. Wenn ich Sie da mißverstanden haben sollte, tut mir das leid, daß ich das von dieser Stelle aus noch einmal so deutlich gesagt habe, aber wenn wir uns einig sind, freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuß. – Vielen Dank.