Christian Weber
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Herr Staatsrat, in den vergangenen Jahren hat ja Daimler-Benz, das Nord-Werk, erhebliche Flächen von dem Instandhaltungswerk in Sebaldsbrück angekauft. Ist Ihnen bekannt, dass das Daimler-Benz Werk in Zukunft eine Option auf weitere Ankäufe von Flächen des Instandhaltungswerkes hat?
Sie schließen aber nicht aus, dass es zu weiteren Ankäufen von Daimler-Benz bei der Deutschen Bahn kommen könnte, zum weiteren Erwerb von Flächen beim Instandhaltungswerk, zum Beispiel alles, was im Umfeld der Lokhalle liegt?
Wann ist für Sie der Punkt erreicht, an dem das Instandhaltungswerk keine Überlebenschance mehr hat?
Heißt das, es ist also eine realistische Option für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Instandhaltungswerk für die
Perspektive in die Zukunft für sichere Arbeitsplätze?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! In Berlin wurde vor 130 Jahren Afrika unter den europäischen Kolonialmächten während der sogenannten Kongo-Konferenz aufgeteilt. Die Westsahara fiel 1885 an Spanien und sollte auf Druck der UNO 1975 endlich selbst über ihre Zukunft bestimmen können.
Statt der ersehnten Freiheit besetzten Marokko und Mauretanien das Gebiet und ein langer Befreiungskrieg unter Führung der Frente Polisario endete erst 1991 durch einen Waffenstillstand nach der Zusage der UNO, ein Referendum durchführen zu wollen. Vorbild war das erfolgreiche Namibia-Referendum, das am 20. März 1990 Afrikas vorletzter Kolonie die Freiheit brachte. Bremen hat seit Ende der Siebzigerjahre maßgebliche Befreiungsbewegungen wie die SWAPO, den ANC und die Frente Polisario bei ihren Einsätzen für Selbstbestimmung, Menschenrechte und gegen Apartheid humanitär und politisch unterstützt und dafür breite Unterstützung in der Bevölkerung erhalten.
Der konstruktive Druck vieler NGOs hat auch unser Parlament tief beeindruckt, zum Beispiel hat er zur Umwidmung des früheren Reichskolonialehrenma
les, eines zehn Meter hohen Backstein-Elefanten – ich bin letztens darauf hingewiesen worden, von 1932, und ich glaube, der Vorsitzende des Vereins ist unser Kollege Herr Saxe –, in Bremens Innenstadt in das Antikolonial-Denkmal im Rahmen des Namibia-Freiheitsfestes von 1990 geführt. In diesem Zusammenhang bekundete Bremen erneut seine Bereitschaft, die Anstrengungen der UNO für ein Referendum in der letzten Kolonie Afrikas fortzusetzen.
Meine Damen und Herren! Der Senat der Freien Hansestadt Bremen hat den in der Öffentlichkeit Deutschlands weit beachteten Solidaritätspreis, dessen erste Preisträger Winnie und Nelson Mandela waren, im Jahr 2013 Frau Aminatou Haidar zuerkannt. In ihrer Rede in der Oberen Rathaushalle beschrieb sie den unerträglichen Zustand in ihrer Heimat.
Ich zitiere: „Wir Sahauris, die unter marokkanischer Besatzung und Verwaltung leben, haben keine Geduld mehr. Unsere Rechte werden mit Füßen getreten. Wir werden marginalisiert. Wir profitieren nicht vom Rohstoffreichtum unseres Landes. Wir Sahauris leben hier als Menschen dritter Klasse. Alle unsere Rechte werden uns vorenthalten, ob wirtschaftlich sozial oder politisch.“
Meine Damen und Herren, wie sieht die Lage aus? Mitten in der Wüste, im Grenzgebiet zwischen Algerien, Mauretanien und Marokko und der Westsahara, warten seit über 30 Jahren etwa 200 000 Flüchtlinge. Sie sind von der Welt vergessen. Der größte Teil der Westsahara wurde von Marokko eingenommen, die Sahauris bekamen lediglich einen schmalen Streifen im Osten zuerkannt, getrennt durch einen 2 000 Kilometer langen verminten Sandwall.
Wolfgang Weisbrod-Weber war zwischen den Jahren 2012 und 2014 einer der Leiter des UNO-Einsatzes in MINURSO. Er schrieb uns in einem Grußwort für die morgige Veranstaltung, wie die Arbeit dort ist. Der größte Teil der Arbeit des MINURSO-Einsatzes besteht darin, die verminten Felder mit Streubomben zu entsorgen – unhaltbare Zustände, bei denen viele Sahauris ums Leben gekommen sind oder schwere Verletzungen davongetragen haben.
Wir sollten nicht länger dazu schweigen, dass Afrikas letzte Kolonie vom Nachbarn Marokko militärisch besetzt, seine Rohstoffe massiv ausgebeutet und Menschenrechte in den besetzten Gebieten ohne internationale Überwachung brutal verletzt werden.
Meine Damen und Herren! Seit 30 Jahren verhindert Frankreich im Weltsicherheitsrat, dass die Überwachung der Menschenrechte in das MINURSO-Mandat aufgenommen wird. Europa schweigt dazu und nimmt kaum zur Kenntnis, dass Marokko nach seinem Austritt aus der Afrikanischen Union isoliert ist und die Demokratische Arabische Republik Sahara von zahlreichen Staaten Afrikas – zuletzt Südafrika,
Nigeria, Kenia und Namibia – völkerrechtlich anerkannt wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Selbst der Appell des Präsidenten des Panafrikanischen Parlamentes vom November 2013 an das Europäische Parlament, das bevorstehende Protokoll zur Erneuerung des Fischereiabkommens zwischen Marokko und der EU zu verhindern, scheiterte leider an der Mehrheit im europäischen Parlament. In Zukunft zahlt die EU weiterhin Millionen Euro an Marokko, damit europäische Fischer auch in den Gewässern vor der Westsahara fischen dürfen; ein eklatanter Bruch des Völkerrechts, gegen den ich mit meinem Schreiben an den Präsidenten des Europäischen Parlaments und auch an viele deutsche Abgeordnete leider vergeblich interveniert habe.
Zu meinem Erschrecken musste ich aus zahlreichen Reaktionen große Unkenntnis über den Konflikt und deutliches Desinteresse an einer Lösung entnehmen. Bischof Tutu hat recht, wenn er sagt, dass es keine Neutralität im Unrecht gibt. Schweigen macht mitschuldig.
Deutschland überlässt das Problem Frankreich und Spanien, den stärksten Unterstützern und Nutznießern der marokkanischen Besatzungspolitik. Schlimmer noch, es unterstützt durch die Erklärung von Rabat die deutsch-marokkanische Freundschaft ohne Erwägung des Westsaharakonflikts. Dennoch, es gibt Bewegung. Der Europäische Gerichtshof annullierte im Dezember 2015 das im Frühjahr 2012 geschlossene Handelsabkommen der Europäischen Union mit Marokko. Der Grund war die Einbeziehung des Territoriums der Westsahara. In der Rücknahme der bisherigen Vereinbarung wurde erstmals festgestellt, dass Marokko kein Recht habe, über die Bodenressourcen der Westsahara zu entscheiden. Die Organisation Polisario wurde als Vertreter der Sahauris anerkannt.
Im Jahr 2013 gab der UN-Generalsekretär die Empfehlung, die Beobachtung der Menschenrechtslage in das MINURSO-Mandat aufzunehmen, obwohl die MINURSO die Aufgabe zur Abhaltung einer Volksabstimmung im Namen trägt, darf sie nur den Status quo überwachen, und in den Flüchtlingslagern um Tindouf wird die Flüchtlingsgeneration angesichts des politischen Stillstands, fehlender Arbeitsmöglichkeiten und beruflicher Perspektiven zunehmend ungeduldig. Gerade wegen neuer Sicherheitsrisiken in Nordafrika und in der Sahelzone wäre eine Lösung des jahrzehntealten Westsaharakonflikts unter Berücksichtigung des völkerrechtlich gebotenen Selbstbestimmungsrechts mehr als überfällig.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich und Frau Dr. Müller laden Sie gemeinsam ein, morgen an der
Veranstaltung „40 Arredas“ teilzunehmen, auf der auch der Namibische Botschafter sprechen wird, seine Exzellenz Andreas Guibeb, und ich sage noch einmal: Im April 2013 war der marokkanische Botschafter zum Antrittsbesuch in der Bremischen Bürgerschaft, und wir hatten ein offenes, konkretes Gespräch, auch zu dieser Thematik. Bedauerlicherweise vertrat er in einem Schreiben, das er mir vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit dem „Weser-Kurier“ und Gunther Hilliges geschickt hat, noch ausdrücklich die Position, dass die Sahararegion schon immer zu Marokko gehört hat. Also, meine Damen und Herren, da ist noch ein dickes Brett zu bohren. Gehen wir es an! Ich wünsche mir, dass morgen viele von Ihnen an der Veranstaltung teilnehmen.
Liebe Frau Präsidentin, ich danke Ihnen, dass Sie mich nicht abgeklingelt haben!