Josef Zengerle

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Ich bedanke mich dafür, dass in diesem Hohen Hause auch das Thema Milch behandelt werden kann. Ich bedanke mich vor allem auch bei der Fraktion dafür, dass sie diesen Dringlichkeitsantrag unterstützt. Wir haben derzeit bei den Milchbauern und insgesamt in der Milchwirtschaft sehr viel Unruhe. Milch ist nicht nur ein gesundes Nahrungsmittel, sondern auch ein bedeutendes Produkt und natürlich ein Wirtschaftsfaktor in Bayern. 57000 bäuerliche Familienbetriebe erzeugen in Bayern über 7 Millionen Tonnen Milch. 57000 Bauernfamilien erzielen ihr Einkommen damit aus der Erzeugung des Rohstoffes Milch. Über das Milchgeld wird ihre Arbeit entlohnt. 121 Verarbeitungsbetriebe mit ca. 14300 Mitarbeitern und einem Umsatz von 7,2 Milliarden e zeigen, dass Milch in Bayern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist.
2001 hatten wir den sogenannten BSE-Effekt zu bewältigen. Die Verbraucher sind vom Fleisch abgekommen und haben in sehr großem Umfang Milchprodukte, vor allem Käse, gekauft und verzehrt. Dies hat dazu geführt, dass der Verbrauch von Milchprodukten um 20% angestiegen ist. Aufgrund vieler Maßnahmen kam in Bayern das Vertrauen zum Fleisch wieder zurück, der Absatz bleibt aber bei den Mengen, die sich im Lauf des Jahres 2000 stabilisiert haben, und so wie es aussieht, wird nicht mehr verzehrt und gegessen.
Ich möchte die Preisentwicklung für die Milcherzeuger einmal in Cent darstellen. Wir haben in Bayern eine sehr verzwickte Konstellation. Es gibt den bayerischen Erzeuger-Orientierungspreis, und dieser Orientierungspreis richtet sich nach Fetteinheiten und Eiweißgehalt. Ich möchte das jetzt nicht im einzelnen schildern. Danach jedenfalls wird dieser Preis aufgebaut. Im September 2001 lag er bei 29,5 Cent. Er ist bis Aprils 2002 auf 27,2 Cent zurückgegangen. Er beträgt jetzt also um 2,4 Cent weniger. Aufgrund einer bestimmten Marktsituation hat sich nun neben dem Erzeuger-Orientierungspreis, der auf der bayerischen Butter- und Käsebörse errechnet
wird, auch der freiwillige Verwertungszuschlag der Molkereien um zwei bis drei Cent reduziert. Das heisst, den bayerischen Milchbauern fehlen derzeit 5 Cent. Vielleicht kann man mit 10 Pfennigen mehr anfangen. Das bedeutet 18 bis 20% weniger Einkommen. Daher bitte ich schon das Hohe Haus um Verständnis dafür, dass die Milchbauern um ihre Existenz fürchten und in einer Zeit, in der alle von Lohnerhöhungen in Höhe von 6,5% reden, ihre Existenzsorgen kund tun.
Nach der ersten Reaktion, als die Milchbauern bei Müller-Milch demonstriert haben, war ich überrascht über eine Pressemeldung des Kollegen Starzmann, dass diese Entwicklung mit dem Verkauf von Weihenstephan zu tun habe. Natürlich haben viele Faktoren einen maßgeblichen Anteil an der derzeitigen Entwicklung.
Im Zusammenhang mit der Agenda 2000 wurde eine Quotenerhöhung in Südeuropa beschlossen. Das heißt Mehrproduktion. Gerade die Molkereien, die stark in Italien engagiert sind, spüren das derzeit gewaltig. Dazu kommt der Euro als „Teuro“. Das heißt, der Druck des Handels und der Discounter auf die Molkereien wächst derzeit gewaltig.
Das ist kein Widerspruch. Der Handel drückt derzeit die Preise ganz gewaltig.
Bei bestimmten Produkten. Für das Leitprodukt Milch ist derzeit eine Preissenkung ausgehandelt. Das kann ich belegen. Ich bin verantwortlich bei den AllgäuerLand-Käsereien. Unsere Händler kommen derzeit mit um 18% niedrigeren Ergebnissen beim Produkt Milch zurück.
Genau das ist das Problem, Herr Dr. Dürr. Die Molkereien verdienen weniger und können dann den Milchpreis nicht mehr bezahlen. Insgesamt ist im Handel ein Umsatzrückgang um 4% zu verzeichnen.
Die Politik muss alles tun, damit die Marktinstrumente wieder genutzt werden. Ich appelliere an die Bundesregierung, vor allem an die Bundesministerin für Verbraucherschutz und Landwirtschaft, dass die Marktordnungsinstrumente wieder voll genutzt werden, beispielsweise die Exporterstattungen, innergemeinschaftliche Absatzbeihilfen und die Intervention.
Mit Sicherheit ist das momentan ein wichtiges Instrument. Ich lade Sie ein, kommen Sie einmal in eine Molkerei im Allgäu: Nicht nur bei den großen, sondern auch bei den kleinen Molkereien quellen die Lager über. Die Molkereien wissen nicht mehr, wie sie ihre Produkte loswerden sollen. Deshalb muss auf dem Absatzmarkt ein Ventil geöffnet werden. Das haben wir in unserem Antrag umfangreich formuliert. In diesem Antrag haben
wir eine große Sorge zum Ausdruck gebracht. Die Entscheidung zur Quotenaufstockung im Rahmen der Agenda 2000 sollte aufgrund dieser Situation überdacht werden.
Aufgrund der WTO-Gespräche ist es möglich, Käse in Drittländer zu exportieren. Dieses Ventil muss die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Brüssel wieder öffnen. Aufgrund der prekären Situation gilt es, die Mittel für eine Marktentlastung voll auszunutzen. Wir brauchen aus der Sicht der bayerischen Landwirte langfristig eine Milchmengenbegrenzung durch ein geeignetes Instrument. Über die Form kann man diskutieren. Nur so – das ist das Allerwichtigste – ist flächendeckende Landwirtschaft in einem benachteiligten Gebiet wie Bayern sicherzustellen.
Ich bitte um Unterstützung für den Antrag. Mir wurde in den Vorgesprächen signalisiert, dass die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN den Antrag unterstützen mit der Maßgabe einer Änderung. Am Schluss des dritten Absatzes soll es heißen: „Darüber hinaus soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich für die Fortführung der EU-Milchmengenregelung über 2008 hinaus einzusetzen, um die flächendeckende Landbewirtschaftung besonders in den benachteiligten Gebieten auch in Zukunft sicherzustellen.“
Ich hoffe, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, dass Sie heute diesem Antrag nicht nur zustimmen, sondern auch bei der Bundesregierung den nötigen Druck machen, damit dieses Anliegen unterstützt wird. Ich bedanke mich und bitte um Ihre Unterstützung für diesen Antrag.