Hermann Leeb

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der federführende Ausschuss hat am 16. Mai diesen Antrag behandelt, also wenige Tage vor dem 23. Mai, an dem Schadensersatzansprüche Geschädigter gegen den Freistaat Bayern eventuell verjährt wären. Wir hatten eine wenig gesicherte Beratungsgrundlage. Denn einerseits war am Vortag der Fragestunde seitens des Staatsministers Schnappauf mitgeteilt worden, nach rechtlicher und fachlicher Prüfung
gehe sein Haus davon aus, dass Schadensersatzansprüche gegen den Freistaat Bayern nicht gegeben seien. In den Beratungen des Ausschusses wurde allerdings aus Kollegenkreisen vorgetragen, man wisse, dass einzelne Geschädigte zwischenzeitlich Klage erhoben hätten unter Hinweis auf ein gegenteiliges Privatgutachten. Wir waren natürlich im Unklaren darüber: Gibt es Schadensersatzansprüche gegenüber dem Staat oder nicht? Wir konnten letztlich nicht gesichert entscheiden.
Wir sind allerdings der Auffassung gewesen, dass eine Entscheidung entsprechend dem ursprünglichen Antrag wohl nicht möglich sein würde, und zwar deshalb, weil, wenn es um Schadensersatzforderungen an den Staat geht, sich der Staat und der Bürger gleichgeordnet gegenüberstehen und es von vornherein nicht als unanständig gelten kann, dass sich auch der Staat aus Gründen des Rechtsfriedens auf die Einrede der Verjährung beruft, zumal höchstwahrscheinlich auch haushaltsrechtliche Grundsätze gegen einen ausdrücklichen und generellen Verjährungsverzicht sprechen würden.
Auf der anderen Seite wussten wir natürlich auch, dass in zeitlichem Zusammenhang mit der Unwetterkatastrophe die Staatsregierung den Betroffenen zugesichert hatte, sie wolle nach Möglichkeit schnell und unbürokratisch helfen. Wir sind dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass, wenn tatsächlich ein vorwerfbares schuldhaftes Verhalten von Bediensteten des Staates vorliegen würde und damit die rechtlichen Voraussetzungen für einen Amtshaftungsanspruch gegeben wären, es unbillig sein könnte, dass diejenigen, die fristgerecht Klage erhoben haben oder einen Prozesskostenhilfeantrag gestellt haben, zur Befriedigung ihres Anspruchs kommen könnten, während diejenigen, die aus welchen Gründen auch immer keine Klage eingereicht haben, unter Umständen leer ausgehen würden.
Deswegen haben wir eine Formulierung gefunden, die abweichend vom Ausschussbeschluss zur Abstimmung gestellt werden soll. Sie geht davon aus – Frau Kollegin Werner-Muggendorfer hat es teilweise zitiert –, dass die Staatsregierung aufgefordert wird, unter bestimmten Voraussetzungen die Verjährungseinrede nicht ohne weiteres geltend zu machen.
Diese Voraussetzungen sind:
Erstens. In den anhängigen Verfahren wird rechtskräftig ein schuldhaftes, vom Freistaat Bayern zu vertretendes und für den jeweiligen Schaden ursächliches Fehlverhalten von Gewicht festgestellt.
Zweitens. Es besteht eindeutige Vergleichbarkeit hinsichtlich der Sach- und Rechtslage.
Drittens. Die Frage des Verzichts auf die Verjährungseinrede wird in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände sachlich geprüft.
Das bedeutet im Klartext nicht von vornherein einen automatischen Verzicht für jedermann, der hier Ansprüche geltend macht, sondern ein eventueller Verzicht auf die Einrede der Verjährung kommt dann in Betracht, wenn zuvor eine Amtspflichtverletzung von Bediensteten
des Freistaats Bayern festgestellt wurde, wenn die Ansprüche, um die es im Einzelfall geht, vergleichbar sind mit den gerichtlich entschiedenen Ansprüchen und wenn auch sonst die besonderen Umstände dafür sprechen, dass der Staat sich nicht auf die Verjährung beruft.
Wir gehen davon aus, dass so verfahren werden kann und bitten, im Sinne dieser so gefundenen Kompromissformel abzustimmen.