Herbert Mirbeth
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Kollege hinter mir hat, während Sie, Frau Berg, den Gesetzentwurf begründet haben, gemeint: Deutsche Regelungswut wird befriedigt. Ich sage es mit anderen Worten: Sie erliegen mit dieser Initiative Ihrer Regelungsfreudigkeit.
Im Grundanliegen stimme ich Ihnen zu. Wir sind völlig einer Meinung, dass es eine immer größere Zahl von Seniorinnen und Senioren gibt, dass diese demographische Entwicklung eine angemessene Einflussnahme dieses Bevölkerungsteils notwendig macht und dass wir natürlich auch daran mitwirken sollen, dass diese Ein
flussnahme erfolgt. – Bis dahin können wir Ihnen zustimmen.
Nicht zustimmen können wir Ihnen, wenn Sie eine Verpflichtung vorsehen wollen. Sie haben es selber angesprochen. Dort, wo es gewünscht wird, gibt es bereits Seniorenbeiräte. In Bayern sind bereits 150 Seniorenbeiräte eingerichtet worden. Es gibt eine Bekanntmachung des Ministeriums dazu, die eine Hilfestellung, eine Anleitung zur Einrichtung von Seniorenbeiräten beinhaltet. Diese werden dort, wo es die einzelnen Gemeinden für richtig und notwendig befinden, auch eingerichtet.
Wir sind der Meinung, dass man der Vielfalt der Möglichkeiten, die draußen in der kommunalen Landschaft besteht, Rechnung tragen sollte. Denken Sie zum Beispiel an die kommunalen Agenda-Prozesse. In diesem Rahmen besteht durchaus auch für Senioren die Möglichkeit, Initiativen zu starten und sich einzubringen. Oder denken Sie an die Möglichkeiten bei der Bürgerbeteiligung, beim Bürgerentscheid oder beim Bürgerantrag, die erweitert worden sind. Dies sind alles Bereiche, in denen auch im Rahmen der Seniorenarbeit die Möglichkeit besteht, Einfluss auszuüben.
Sie haben die Selbstverwaltung angesprochen, Frau Berg. Ich habe schon die Sorge, dass Sie mit einer Verpflichtung für Gemeinden über 5000 Einwohnern in den Kern der Selbstverwaltung eingreifen. Zurzeit steht es ja jeder Gemeinde frei, einen Seniorenbeirat einzurichten. Aber wenn Sie eine Verpflichtung schaffen, müssen Sie gleichzeitig Kompetenzen einräumen. Sie haben es angesprochen. Damit greifen Sie aber in den Kern der kommunalen Selbstverwaltung ein. Es ist wirklich die Frage, ob das Selbstorganisationsrecht der Kommunen hierdurch möglicherweise sehr stark berührt wird.
Deshalb sind auch die kommunalen Spitzenverbände gegen Ihre Initiative. Sie haben sich gegen Ihren Vorstoß hin zu einer Verpflichtung ausgesprochen. In diesen Wochen finden die Aufstellungsversammlungen für die Kommunalwahlen statt. Dort sollte man vor allem tätig werden – das gilt für jede Gruppierung; für Sie genauso wie für uns – und dazu beitragen, dass ältere Mitbewohner gute Listenplätze erhalten, damit sie mitwirken können. Ich glaube – das werden wir auch in der Ausschussberatung zum Ausdruck bringen –, dass Sie von einem falschen Ansatz ausgehen. Sie wollen eine direkte Wahl und eine Verpflichtung für die Kommunen und gehen von Bevölkerungsgruppen aus. Wenn Sie diesen Ansatz weiterdenken, dann müssten Sie beispielsweise auch den jungen Menschen einen Beirat geben, der gewählt wird, dann müssten Sie einen verpflichtenden Ausländerbeirat einrichten und so weiter.
Das tun wir auch, aber wir wollen das den Gemeinden nicht verpflichtend vorschreiben, sondern wollen dies als freiwillige Möglichkeit dort, wo es in den Kommunen für richtig angesehen wird. In Bayern haben wir zum Beispiel den Sicherheitsbeirat, der vielfältig in Anspruch genommen wird. Er ist auf die Sache bezogen. Dort, wo etwas auf die Sache bezogen ist, halten wir so etwas für
richtig, aber nicht als Verpflichtung, sondern als eine Möglichkeit im Rahmen des kommunalen Geschehens. Wir sollten nicht mehr verpflichtend regeln, als nötig ist, sondern wir sollten die vorhandenen Instrumente in ihrer Vielfalt nutzen. Wir sollten für die Kommunen keine Verpflichtung aufbauen.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Das Wort hat Frau Schopper, bitte.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wörner, Sie wollen weg von der Dose, das wollen wir auch. Die Frage ist nur, auf welchem Weg wir dazu kommen.
Herr Kollege Herrmann hat es auf den Punkt gebracht. Die Frage ist, worin der ökologische Gesamtansatz besteht. Sie haben die ganze Diskussion heute und auch in der zurückliegenden Zeit mit Argumenten des Wettbewerbs geführt. Der Ausgangspunkt ist aber die Verpackungsverordnung, woran ich insbesondere die GRÜNEN erinnern möchte. Es handelt sich somit um eine umweltpolitische Zielsetzung, der Wettbewerbsschutz ist
nicht die Ausgangssituation. Es stellt sich also die Frage, wie man unter ökologischen Gesichtspunkten die Stützung des Mehrwegs erreichen kann. Alles andere wäre, um die „FAZ“ zu zitieren, weder öko noch logisch.
Ausgangspunkt und Grundlage muss die Frage sein, was ökologisch vorteilhaft und was ökologisch nachteilig ist. Das Mehrwegsicherungssystem der Bayerischen Staatsregierung ist in doppelter Hinsicht ein ökologischer Ansatz. Es ist richtig, und es ist konsequent, dass man von einer Mindestabfüllmenge in umweltverträglichen Verpackungen ausgeht. Hier ist ein Anteil von 77% geplant. Das ist sehr beachtlich. Bei den Mehrwegverpackungen liegt der Anteil bei rund 70%.
Sie haben das etwas heruntergespielt. Mit diesen Planungen sind durchaus drastische Sanktionen verbunden. Das Literingproblem wird damit in Angriff genommen.
Damit komme ich zu den Trittinschen Schwachstellen. Man muss deutlich herausstellen: Was passiert, wenn die Lenkungswirkung, die Sie dem Dosenpfand unterstellen, nicht eintritt? Sie verzichten mit Ihrer Novellierung auf eine Mehrwegquote. Dies muss immer wieder deutlich herausgestellt werden. Sie verzichten auf eine garantierte Abfüllmenge in Mehrwegverpackungen. Wenn das Dosenpfand nicht funktionieret, dann haben Sie keine Mechanismen mehr. Das muss deutlich gemacht werden. Zielt Ihr ganzes Bemühen nur darauf ab, möglichst viel Dosenrecycling zu erreichen? Das müssten Sie einmal deutlich sagen. Es muss eine Wiederbefüllungsquote erreicht werden.
Der Bund Naturschutz stellt in der Süddeutschen Zeitung vom 2. Februar 2001 fest, eine konsequente Förderung von Mehrwegverpackungen durch das Pfandsystem lässt sich nicht nachweisen. Möglicherweise wird das Pfand zum Bumerang für unser Mehrwegsystem. Das Beispiel Schweden ist schon ein paar Mal angesprochen worden.
Ein anderer Kollege hat vor kurzem gemeint – und die Gefahr müssen wir wirklich ernst nehmen –, dass der Verbraucher das Dosenpfand möglicherweise als ökologischen Ablass betrachtet und meint, er habe mit der Zahlung des Dosenpfandes seine umweltpolitischen Verpflichtungen erfüllt.
Frau Biedefeld, wir brauchen uns heute von Ihnen nicht sagen zu lassen, wer bayerische Interessen vertritt.
Ich habe gestern genau zu Ihnen geschaut, als der Herr Ministerpräsident die Erfolge beim Länderfinanzausgleich herausgestellt hat.
Sie haben hier nicht die Hände gerührt, Sie haben keinen Applaus gespendet.
Hier sind bayerische Interessen vertreten worden. Sie haben sich vorher dagegen gewehrt. Als wir vor einiger Zeit über die Fortschreibung des Landesentwicklungsprogramms diskutiert haben, aber dem Straßenbau, den wir gegenüber dem Bund durchsetzen wollen, haben Sie sich hier verweigert. Bayerische Interessen werden von Ihnen nicht vertreten.
Sie sprechen im übrigen von einem Dosenberg. Dieser Dosenberg entsteht nicht in Bayern, sondern nördlich des Mains.
Wenn Sie davon ausgehen, dass wir einen Mehrweganteil bei Bier von 81% haben und der Anteil der Bierdosen nur 15,3% beträgt, dann müssen Sie den Vergleich mit Schleswig-Holstein ziehen, wo über 41% des Bieres in Dosen abgefüllt wird. Gehen Sie doch mit Ihren Aktionen dorthin, wo die Dosenberge entstehen.
Wir brauchen eine fachlich ausgereifte, praxisgerechte Lösung. Wir brauchen eine ökologisch ausgerichtete Lösung, und wir brauchen nicht den Zeitdruck. Der Zeitdruck führt uns zu falschen Lösungen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Scharfenberg und Herr Wörner, wenn Sie Ihre Begründung mit einem Spontispruch einleiten, so zeigt das, dass Ihre Argumentation ideologisch eingefärbt ist.
Damit kommen wir in der Sache keinen Schritt weiter.
Ihr Dringlichkeitsantrag – das unterstreiche ich – ist darauf ausgerichtet, die mittelständischen Brauereien in Bayern zu unterstützen. Dass Sie dabei auch die bayerische Seele entdeckt haben, ist uns neu, aber es freut uns jedenfalls. Es gäbe viele andere Gelegenheiten für Sie, die bayerische Seele zu entdecken.
Aber, meine Damen und Herren, Ihr Ansatz ist marktorientiert und nicht ökologisch orientiert. Wir sind für beide Ansätze, und es gibt bei uns mit Sicherheit keinen Dosenfan und keine Dosenlobby.
Man muss auch sehen, dass das angekündigte Dosenpfand, welches seit neun Jahren als Damoklesschwert über uns hing, nicht die Wirkung entfaltet hat, welches es hätte entfalten sollen. Möglicherweise war das Dosenpfand also nicht so wirkungsvoll. Herr Wörner, in Ihren eigenen Reihen wurde dies auch so gesehen. Frau Biedefeld hat erst vor kurzem gesagt, ein Zwangspfand schade mehr, als es nütze. Auch darüber sollten Sie einmal mit Frau Biedefeld reden. Herr Wörner, Sie haben weiter gesagt, volkswirtschaftlich gehe die Rechnung mit dem Dosenpfand auf. Ich kann Ihre Rechnung nicht nachvollziehen. Für die Betriebe, welche die Investitionen für die Einführung des Dosenpfands vornehmen müssen, geht die Rechnung nicht auf. 20000 Automaten sind notwendig. Alleine in Bayern sind für diese Umstellung 500 Millionen DM zu investieren. Sie erreichen damit nur, dass man die Verlässlichkeit des Gesetzge
bers unterstellen kann. Die Einführung des Dosenpfands dient auch nur der Gewissensberuhigung.
Stellt das Dosenpfand aber auch eine Lenkungsmaßnahme dar? Diese Fragen müssen Sie sich selbst stellen. Frau Scharfenberg, vielleicht betrachten viele Menschen, welche 50 Pfennige Pfand für eine Dose bezahlen müssen, dieses Pfand psychologisch nur als das Freikaufen von irgendwelchen ökologischen Verpflichtungen.
Frau Scharfenberg, sie sollten einmal zur Kenntnis nehmen, dass es eine Ökobilanz II des Umweltbundesamtes gibt. Ich habe in Ihren Ausführungen davon überhaupt nichts gehört. In dieser Ökobilanz II wird ausgeführt, dass Einweggetränke im Karton, soweit sie nicht mit CO2 abgefüllt werden, mit der Mehrwegflasche durchaus auf eine Ebene gestellt werden können. Die Trennungslinie zwischen umweltverträglich und nicht umweltverträglich läuft nicht mehr unbedingt zwischen Einweg- und Mehrwegverpackungen. Wir müssen vielmehr unterscheiden zwischen ökologisch vorteilhaft und ökologisch nachteilig. Die Aufgabe ist viel schwieriger als das, was Sie gezeigt haben. Sie müssen empirische Untersuchungen anstellen und die entsprechenden Erhebungen auswerten. Sie müssen bestimmte Erfahrungen auswerten. Mir sind ganz andere Zahlen geläufig als die, die Sie aus Schweden genannt haben.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage? – Bitte, Frau Kollegin.
Natürlich ist mir das bekannt. Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Ziel ist es, dass wir ein ökologisches System insgesamt installieren können. Wir müssen davon ausgehen – das müssen Sie sich doch einmal vor Augen führen –, dass die Verpackungsverordnung in ihrer jetzigen Fassung ausschließlich der Stabilisierung des Mehrweganteils dient. Sie stellt aber nicht ab auf die ökologisch vorteilhaften Verpackungen. Die technischen Veränderungen in der Verpackungsindustrie und die Veränderungen an den Materialien werden einfach nicht berücksichtigt. Deshalb ist auch das Kriterium der Abfüllmenge, welches von Rheinland-Pfalz in die Diskussion eingebracht worden ist, interessant. Mit der Abfüllmenge wird den neueren technischen Entwicklungen bei der Verpackungsindustrie Rechnung getragen. Sie kennen die bayerische Haltung. Danach soll die Abfüllmenge nicht 23 Milliarden Liter, sondern 24 Milliarden Liter umfassen.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch darauf hinweisen, dass auch durch die Europäische Union eine Einschränkung erfolgt ist. Es wurde eine Anhörung gefordert mit dem Ziel, möglicherweise Klage zu erheben. Wir brauchen eine feste europäische Regelung. Wir brauchen eine ökologisch abgestimmte Regelung. Ihr Antrag zielt darauf nicht ab.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Weitere Wortmeldungen? – Herr Dr. Runge, bitte.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat vier Anträge vorgelegt. Ich darf kurz darauf eingehen. Zum einen geht es um die Schaffung einer Koordinationsstelle für Friedensaktivitäten. Es soll zwar eine Anschubfinanzierung durch den Freistaat Bayern stattfinden, aber das Land soll inhaltlich überhaupt nicht mitreden dürfen. Ich finde das sehr bemerkenswert.
Weiter soll eine Stiftung für Friedensförderung initiiert werden. Ich darf darauf verweisen, wir haben vor ungefähr einer halben Stunde einen Antrag meiner Fraktion im Rahmen der Bemühungen um eine neue Sozial- und Bürgerkultur behandelt. Dabei ging es darum, dass Möglichkeiten eröffnet werden, Stiftungen zu initiieren und mehr privates Kapital anzuziehen. Insofern kommen wir Ihrem Antrag bereits entgegen.
Sie haben soeben ausführlich erklärt, Sie wollen erreichen, dass Schulen Informationen über Konfliktlösungsstrategien – ich komme darauf zurück – erhalten. Diesbezüglich findet bereits sehr viel statt. Außerdem wollen Sie erreichen, dass eine Institutionalisierung der Friedensarbeit in Bayern erfolgt.
Frau Kollegin Paulig, wir stimmen darin überein – Sie haben es deutlich unterstrichen –, dass die Bemühungen um ein friedliches Zusammenleben der Menschen im Zentrum der politischen Auseinandersetzung zu stehen haben. Wenn Sie so wollen, sind diese Bemühungen ähnlich wie der Umweltschutz eine Querschnittsaufgabe. Hierin kann ich Ihnen zustimmen. Aber – hier muss man beginnen, Ihre Motive zu hinterfragen – Sie tun so, als wäre alles, was Sie beschreiben, erst durch Ihre Anträge anzustoßen und als wären bisher überhaupt keine Bemühungen in Bayern und in der Bundesrepublik hinsichtlich einer Friedensarbeit auf verschiede
nen politischen Feldern und im Zusammenleben der Menschen und Völker vorhanden. Sie tun so, als wäre ein Neuanfang notwendig.
Sie ignorieren das, was täglich an unseren Schulen und Universitäten stattfindet. Sie ignorieren das, was in Vereinen an friedlichem Training und an Schulung im Zusammenleben erfolgt. Sie ignorieren auch das, was in den Verbänden und den politischen Stiftungen aller Parteien zur Verwirklichung der Menschenrechte und einer gerechten Welt getan wird. Denken Sie nur an die Diskussionen zur Agenda 21. Hier findet unheimlich viel statt, was Ihrem Anliegen entspricht. In Schulen und in allen gesellschaftlichen Gruppen wird Toleranz trainiert. Das alles ist letztlich Friedensdienst, den Sie mit Ihren Anträgen fördern wollen.
Frau Paulig, ist es nicht auch Friedensdienst, dass das Land Bayern 60000 bis 70000 Menschen aus den Bürgerkriegsgebieten aufgenommen hat? Das ist eine ungeheure Leistung nicht nur der Institutionen, sondern auch der bayerischen Bevölkerung insgesamt, der nicht nur materielle, sondern auch menschliche Opfer zugemutet wurden und werden.
Nicht angesprochen haben Sie – jedenfalls habe ich es nicht gehört – den Friedensdienst der Bundeswehr. Sie haben den Friedensdienst der Bundeswehr auf dem Balkan überhaupt nicht erwähnt.
Es hat mit der Reform der Bundeswehr nichts zu tun, dass unsere Soldaten, wie sie in den letzten Tagen lesen konnten, bis zu einem halben Jahr von ihren Familien getrennt sind, um Friedensdienst zu leisten. Das ist praktizierter Friedensdienst.
Sie haben nichts anderes zu sagen, als dass sich zwei Friedensfachkräfte in Prizren aufhalten. Das ist Ihr Beitrag gewesen. Dass Tausende bayerischer Soldaten dort sind, erwähnen Sie in diesem Zusammenhang überhaupt nicht, wobei wir Verständnis dafür haben, dass es Ihnen schwer fällt, die Friedensleistung der Bundeswehr auf dem Balkan anzuerkennen, weil Sie die Diskussionen in der Vergangenheit mit den Themen der Wehrdienstverweigerung und der Entmilitarisierung bestritten haben. In Prizren auf dem Balkan und überall dort, wo sich heute unsere Soldaten aufhalten und Friedensarbeit leisten, könnten diese Soldaten nicht stehen, wenn sich Ihre politischen Ideen durchgesetzt hätten.
Sie haben auch innerhalb Ihrer eigenen Partei Probleme; die sind noch nicht ausgestanden.
Frau Kollegin Paulig, ich darf Ihnen aber auch den Dank dafür aussprechen, dass Sie den Dienst der bayerischen Polizei im Kosovo erwähnt haben. Herzlichen Dank dafür. Ich möchte auch meinerseits deutlich unterstreichen, dass dort eine enorme Leistung der bayerischen Polizei und aller Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten erbracht wird.
Wie ich bereits vorher sagte, glaube ich, es ist meine Aufgabe, das Motiv dieser Anträge zu hinterfragen. Dabei ist es durchaus interessant, dass Sie auf der einen Seite eine Friedensstiftung auf Bundesebene einrichten wollen, und zwar noch in diesem Haushaltsjahr, während Sie andererseits den Entwicklungshilfeetat gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner um 650 Millionen DM geschmälert haben. Das muss man Ihnen einfach vorhalten, denn dieses Geld ist doch vor allem dafür da, Hilfe für den Frieden auf dieser Welt zu leisten. Wenn diese Haushaltskürzungen im Rahmen Ihrer Verantwortung geschehen, dann ist das doch hochinteressant.
Die Zeitschrift „Focus“ hat im Zusammenhang mit diesen Bemühungen, die auf Bundesebene von den GRÜNEN, aber auch von Rot-Grün initiiert werden – diese Anträge sind nur ein Ausfluss dessen, was die GRÜNEN auf Bundesebene bewegen wollen –, von einem Selbstbedienungsladen und einem linken Biotop gesprochen, das den rot-grünen Koalitionsfrieden sichern soll. Was Sie mit diesen Anträgen wollen, Frau Paulig, ist doch nichts anderes als ein Versuch, die Basis Ihrer Partei zu befrieden. Dazu leisten wir aber keinen Dienst.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um die Änderung des Landesplanungsgesetzes und des Landesentwicklungsprogramms. Die SPD hat im Umweltausschuss insbesondere die Eile beklagt, die an den Tag gelegt worden ist. Ich meine, liebe Kollegin Biedefeld, die SPD hat im Umweltausschuss eine Chance vertan, weil sie sich verweigert und nicht zugestimmt hat. Sie haben aber heute noch eine Chance – Sie können heute nämlich den Fehler aus der Sitzung des Umweltausschusses korrigieren; Sie können heute zustimmen.
Es ist Morgen, und man sollte den Tag gut beginnen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, im Wesentlichen geht es darum, dass eine Änderung des Raumordnungsgesetzes in die bayerische Landesplanung umgesetzt wird. Bisher konnten raumordnungswidrige Planungen nur auf zwei Jahre befristet verhindert werden. Nach der Änderung ist dies dann unbefristet möglich. Die Fortschreibung ermöglicht auch die Einbeziehung projektbezogener Ziele. Da geht es zum Beispiel um den Forschungsreaktor in Garching. Wir wollen eine landesplanerische Vertiefung erreichen und wollen dieses Großforschungsgerät für den Wissenschaftsstandort Bayern sichern. Es geht aber auch um bedeutende Infrastrukturmaßnahmen, zum Beispiel um die ICE-Strecke Nürnberg – Erfurt – übrigens das einzige bayerische Schienenverkehrsprojekt aus dem Projekt deutsche Einheit – oder um die ICE-Strecke München –
Stuttgart. Ich kann mich erinnern, dass Herr Kollege Güller – ich sehe ihn jetzt leider nicht – vor einiger Zeit in der „Süddeutschen Zeitung“ beklagt hat, dass hier nichts vorangeht. Er hätte jetzt Gelegenheit mitzustimmen und diese Dinge mit auf den Weg zu bringen. Es geht auch um Autobahnmaßnahmen, zum Beispiel die A 94 und die A 99, und um weitere Projekte, die ich jetzt im Einzelnen nicht aufführen will.
Der Änderungsantrag der GRÜNEN – dies will ich unterstreichen – geht sogar noch weiter in die Tiefe. Wir sind der Meinung, dass dies nicht notwendig ist, weil keine raumbedeutsame Planung vorgesehen ist. Es handelt sich um regionale Maßnahmen. Das bestätigt aber im Grunde genommen die Richtigkeit des Gesetzentwurfes, Prioritäten zu setzen.
Alle diese in der Fortschreibung enthaltenen Maßnahmen sind im Bundesverkehrswegeplan von 1992 mit herausragender Bedeutung aufgeführt. Erst vor wenigen Tagen haben Staatsminister Dr. Wiesheu und Staatssekretär Regensburger eine ganze Liste von Maßnahmen und Projekten für die Fortschreibung des Straßenverkehrsplans und des Verkehrsplans insgesamt vorgelegt. Enthalten ist in dieser Änderung auch eine Fortschreibung des Energieprogramms Bayern, nämlich der Verzicht auf zehn Standorte für Wärmekraftwerke: fünf für fossile Brennstoffe, fünf für Kernkraftwerke. Sie interpretieren falsch, wenn Sie meinen, dies wäre der Einstieg in den Ausstieg aus der Kernenergie. Dies ist gerade nicht der Fall, sondern dieser Verzicht ist der Ausdruck des Verantwortungsbewusstseins für eine reale Energiepolitik im Hinblick auf die Erkenntnis einer verlangsamten Strombedarfsentwicklung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich wieder zu den Verkehrsprojekten zurückkommen. Wir müssen aus bayerischer Sicht auf den Bund Druck ausüben. Wir wollen den Bund für die Maßnahmen, die bereits seit 1992 im Verkehrsentwicklungsplan enthalten sind, nicht aus der Verantwortung entlassen. Nach Auffassung meiner Fraktion müssten wir hier eigentlich an einem Strang ziehen und müssten Sie uns unterstützen. Dass Sie bei der Auseinandersetzung zu diesen Themen in der Sache nichts anderes zu sagen hatten als Kompetenzgerangel, und dass Sie darauf hinwiesen, dass Bayern hier nicht zuständig wäre, ist höchst erstaunlich.
Wir sind der Meinung, dass das Raumordnungsgesetz nicht nur einen Sicherungsauftrag, sondern auch einen Entwicklungsauftrag hat, und dass man im Rahmen der Landesplanung und der Raumordnung Prioritäten zu setzen hat. Wir wollen vor allem erreichen, dass die Beachtenspflicht in besonderer Weise unterstrichen wird. Die Teilfortschreibung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes und der Landesentwicklung enthält raumbedeutsame Planungen. Das heißt, die Bundesbehörden sind künftig bei ihren Entscheidungen, zum Beispiel bei der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans 2000, an die Beachtung dieser Maßnahmen gebunden. Deshalb sind wir der Meinung, dass diese Fortschreibung nicht früh genug auf den Weg gebracht werden kann. Selbstverständlich ist uns bewusst, dass wir den Bundestag bzw. den Bundesgesetzgeber im
Budgetrecht nicht festnageln können. Doch dies wäre gerade Ihre Aufgabe; denn Sie haben die Möglichkeit, bei Ihrer Bundestagsfraktion Einfluss darauf zu nehmen, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Offensichtlich nicht, oder Sie wollen keinen Einfluss ausüben; dies kann natürlich auch sein. Ich erinnere daran, dass hier vor einiger Zeit über die Arbeitsmarktpolitik in Nürnberg gesprochen worden ist und hierzu Vorwürfe erhoben worden sind. Heute geht es um den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Bayern, und da haben Sie die Chance, Einfluss auszuüben, Ihren Beitrag einzubringen und Ihren Fehler von der Sitzung im Umweltausschuss zu korrigieren.
Ich komme aus der Oberpfalz. Der Bezirksvorsitzende der Oberpfalz, Dr. Albert Schmid, hat vor kurzem zur Frage: Woran liegt es eigentlich, dass wir aus dem 28-Prozent-Getto nicht herauskommen? gemeint, dies könne nicht bloß genetische Gründe haben. Insofern stimme ich ihm zu.
Wir sind nicht aufgerufen, Ihnen Ratschläge zu geben, wie Sie aus Ihrem 28-Prozent-Getto herauskommen. Aber Sie haben heute die Möglichkeit, hierzu Ihren Beitrag zu leisten und die Interessenswahrer Bayerns zu sein; denn auch Sie haben einen Wählerauftrag für dieses Ziel. Wenn Sie Ihre Parteiinteressen vor Landesinteressen stellen, dürfen Sie heute nicht zustimmen.