Christa Matschl

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14/86 14/89

Last Statements

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Über die Medien wird der Eindruck erweckt, Gewalttätigkeiten von Männern gegenüber ihren Frauen und Kindern würden ständig zunehmen. Deshalb klingt der Antrag, über den wir heute zu entscheiden haben, auf den ersten Blick plausibel. Gewaltbereite und gewalttätige Männer sollen überall in Bayern mit Hilfe von Beratung und Therapieangeboten lernen, mit ihren Konflikten friedlich umzugehen. So einfach ist die Wirklichkeit leider nicht.
Lassen Sie mich zunächst anhand von vier Punkten einiges zu den Rahmenbedingungen sagen, damit die Komplexität dieses Themas deutlich wird. Gewalt in der Familie ist kein neues Phänomen. Nach allem, was wir wissen, hat die Gewalt in der Familie quantitativ nicht zugenommen, sie war früher nur stärker tabuisiert. Das heißt, es wurde nicht darüber gesprochen. Das ist heute zum Glück vorbei. Heute lernen die Opfer zunehmend, sich zu wehren und zu schützen. Das ist in Ordnung so.
Damit gelangt das Thema stärker in die Öffentlichkeit, und damit entsteht aber auch der irrige Eindruck, die Gewalttätigkeiten würden zunehmen.
Gewalt in der Familie geht beileibe nicht nur von Männern aus – Sie werden vielleicht lächeln. Eine Befragung im Jahr 1989 hat ergeben, dass jede vierte Frau und sogar jeder dritte Mann mit einem Partner zusammenlebt, der ihn schon einmal misshandelt hat. Hier möchte ich die psychische Gewalt in Familien und in Partnerschaften ansprechen. Gewalt von Frauen gegen Männer kommt in der Öffentlichkeit nicht vor, vielleicht weil den betroffenen Männern der Mut fehlt, den die Frauen inzwischen haben, nämlich in die Öffentlichkeit zu gehen und Hilfsangebote einzufordern. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht die Zielgruppe für Aktivitäten unzweckmäßigerweise einschränken, weil wir uns zu stark von der öffentlichen Meinung leiten lassen.
Gewalt in der Familie pflanzt sich oft von Generation zu Generation fort. Wer als Kind in einer Umgebung aufwächst, in der die Erwachsenen unfähig sind, ihre Konflikte friedlich auszutragen, ist oft als Erwachsener auch selbst dazu nicht in der Lage, weil er es einfach nicht gelernt hat. Es stellt sich die Frage, ob es sinnvoller ist, das Potenzial an Gewaltbereitschaft nicht schon im Kindesalter gezielt anzugehen, als erst dann tätig zu werden, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.
Vielleicht ist dann das Aufwand-/Nutzenverhältnis besser und sind die Erfolgsaussichten größer. In diesem Zusammenhang erinnere ich auch an die laufenden Initiativen der CSU-Landtagsfraktion und der Arbeitsgruppe Frauen „Rote Karte gegen Sex und Gewalt“. Dieses Antragspaket haben wir im letzten Jahr eingereicht und mussten feststellen, dass Initiativen oft daran scheitern, dass die Pressefreiheit und die Medienfreiheit vor dem Jugendschutz stehen.
Ich finde, es ist schlimm, dass es erst zu der Katastrophe von Erfurt kommen musste, um hier endlich Fortschritte zu erzielen. Es ist erwiesen, dass das Sozialverhalten labiler Jugendlicher von Horrorvideos und Computerspielen beeinflusst wird. Ich fürchte, solche Jugendlichen werden als Ehepartner und Eltern in Zukunft eine neue brutale Form der Gewaltbereitschaft in ihre Familien hineintragen; dem müssen wir vorbeugen.
In Fällen innerfamiliärer Gewalt sind Täter und Opfer oft kaum voneinander zu unterscheiden. Unterschiedliche Formen von Gewalt und Gegengewalt ergänzen sich zu einer komplexen Struktur. Beratung und Therapie eines einzelnen Familienmitglieds, zum Beispiel des Mannes, kann wenig ausrichten. Das gesamte Beziehungsgeflecht und alle Familienmitglieder müssen einbezogen werden, damit die Maßnahmen erfolgreich wirken können. Hier geht es also um die Veränderung des gesamten sozialen Normengefüges. Es hat wenig Sinn, an einer einzelnen Speiche zu zerren; das ganze Rad muss gedreht werden.
Sie merken, das Thema ist komplizierter, als es auf den ersten Schritt erscheint: Schnelle Lösungen mögen zwar
populär sein, aber ihre Wirkung ist zweifelhaft. Ich sehe, meine Redezeit ist zu Ende. Deshalb werde ich meine Rede kürzen.
Ich habe schon erwähnt, das Thema Gewalt in der Familie braucht einen ganzheitlichen Ansatz, der die gesamte soziale Struktur berücksichtigt. Die Komplexität der Problematik erfordert eine Vernetzung aller opfer- und täterzentrierten Maßnahmen.
Der vorliegende Antrag fordert den Aufbau eines flächendeckenden Beratungsangebotes für gewaltbereite und gewalttätige Männer auf der Grundlage des Passauer Modells, obwohl noch grundlegende Fragen offen sind. Wir wissen nicht, ob und welchen nachhaltigen Erfolg das Passauer Modell erbracht hat und welche Resultate die vergleichbaren Projekte in anderen Bundesländern aufweisen.
Gut, meine Rede war so lange, und ich habe entscheidend gekürzt. Ich glaube, das Thema ist sehr wichtig. Ich glaube, wenn wir heute nicht abstimmen, dann macht es auch nichts. Ich finde, das Thema ist so wichtig, dass wir es ausdiskutieren sollten.
Die entsprechenden Antworten liegen nicht vor. Ich beantrage, dass wir den Antrag ablehnen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Kinder sind unsere Zukunft; das wissen wir alle. Wir sind alle nicht glücklich darüber, dass Kindersegen oft mit materiellen Nachteilen verbunden ist. Wir sind auch nicht glücklich darüber, dass viele Kinder in materiell benachteiligten Verhältnissen aufwachsen müssen.
Armut muss nicht immer nur materiell sein. Arm sind auch Kinder, die unter ungünstigen Familienbedingun
gen aufwachsen. Nicht immer bedeutet ein geringes Einkommen der Erziehungsberechtigten auch eine soziale Benachteiligung für das Kind. Ein hohes Armutsrisiko haben Kinder von allein erziehenden Frauen. Armut von Kindern ist oft die Folge geminderter Erwerbs- und Einkommenschancen ihrer Eltern. Arbeitslosigkeit, Probleme des Konsum- und Marktverhaltens sowie besondere Lebensereignisse, wie etwa Scheidung, Gewalt in der Familie können dazu führen, dass Familien in Not geraten. Die Armut hat viele Gesichter. Viele Kinder leiden auch unter dem Verschwinden der Kindheit.
Der Freistaat Bayern gewährt seit 1989 ein eigenes Landeserziehungsgeld. Hiermit besteht die Möglichkeit, das Kind in den ersten drei Lebensjahren selbst zu betreuen. Das Landeserziehungsgeld beträgt monatlich maximal 256 Euro. Für dritte und weitere Kinder, die ab 2001 geboren sind, erhöht es sich auf monatlich bis zu 307 Euro.
Da der Bund nur für zwei Jahre Bundeserziehungsgeld bezahlt, gewährt Bayern im Anschluss daran für das dritte Lebensjahr des Kindes ein eigenes Landeserziehungsgeld.
Die Voraussetzung für die Gewährung des Landeserziehungsgeldes ist, dass der Antragsteller seit mindestens 12 Monaten vor Antragstellung seinen Wohnsitz in Bayern hat. Ausländische Eltern, deren Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, sowie türkische Staatsangehörige haben Anspruch auf Landeserziehungsgeld.
Das steht schon fest.
Im Jahre 2001 zahlte Bayern 304 Millionen an Landeserziehungsgeld. Ich meine, das ist eine enorme Leistung.
Natürlich. Bayern steht im Ländervergleich dank einer jahrzehntelangen soliden Finanzpolitik und der Verantwortung der CSU gut da. Deshalb können wir uns auch einiges leisten.
Lachen Sie mich aus oder lachen Sie mich an?
Sehr schön.
Die frühere Bundesregierung hat hervorragende Leistungen in der Familienpolitik erbracht. Das ist einmal zu erwähnen. Ich erinnere an das Erziehungsgeld, den Erziehungsurlaub und an die Erhöhung des Kindergeldes um 50 auf 220 DM bereits im Jahre 1998. Die rotgrüne Bundesregierung hat das Kindergeld wegen der Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts zur Familienpolitik vom 10.11.1999 für die ersten und zweiten Kinder nur um 50 DM erhöht und die dritten und weiteren Kinder vergessen. Auch das muss gesagt werden.
Nach dem Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung haben sich die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen für Familien mit mehr als drei Kindern seit dem Amtsantritt von Rot-Grün erheblich verschlechtert. Das ist so. Sie haben auch vergessen, Mehrkinderfamilien zu bedenken.
Haushaltspolitische Zwänge können uns nicht davon abhalten, familienpolitisch neue Akzente zu setzen. Als ein solcher Akzent ist unser Ziel anzusehen, ein einheitliches Familiengeld von 600 Euro für Kinder bis drei Jahre, 300 Euro für Kinder von drei bis 18 Jahren und 154 Euro für volljährige Kinder in Ausbildung bis zum 27. Lebensjahr vorzusehen. Mit dem Familiengeld verfolgen wir zwei Ziele: Alleinerziehende und junge Familien werden finanziell kräftig unterstützt, um sie in vielen Fällen aus der Sozialhilfe zu holen. Die Hilfen für die Kinder und deren Eltern werden zusammengefasst und damit überschaubarer sowie leichter zu handhaben. Das hilft gerade den Berechtigten aus den unteren sozialen Schichten, ihre Ansprüche wirklich geltend zu machen und schafft Verwaltungsvereinfachung. Natürlich kann wegen des Kostenvolumens die Verwirklichung des Familiengeldes nur stufenweise erfolgen.
Wir wissen alle: Es reicht nicht, den Familien Geld in die Hand zu geben. Wir müssen auch die Infrastruktur in Bezug auf die Kinderbetreuung deutlich verbessern, denn das ist die Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Schon heute investiert der Freistaat Bayern jährlich mehr als 500 Millionen Euro in diesem Bereich. Das zeigt, wie wichtig uns dieses Thema ist.
Auf unsere Leistung bei der Betreuung der drei- bis sechsjährigen Kinder können wir stolz sein. Wir können in Bayern praktisch jedem Kind einen Kindergartenplatz anbieten. Es fehlt aber an Betreuungsmöglichkeiten für die unter Dreijährigen und für Schulkinder bis zur 10. Klasse. Hier setzt das 300-Millionen-Euro-Programm der Bayerischen Staatsregierung und der CSU-Fraktion an. Bis 2006 werden wir 5000 neue Betreuungsplätze für Kleinkinder und 25000 Plätze für Schüler in Horten und Einrichtungen zur Nachmittagsbetreuung schaffen. Damit erreichen wir eine durchschnittliche Versorgungsquote von 7% für Kleinkinder und 15% für Schüler. Das ist nach heutigen Erkenntnissen ausreichend für den vorhandenen Bedarf.
Ich werde etwas verkürzen: Sie sehen, wir nehmen unsere Verantwortung für unsere Kinder sehr ernst. Gerade in Zeiten knapper Kassen sind zwei Dinge gefragt: Durchsetzungsvermögen und der politische Wille zu einer Schwerpunktbildung für unsere Kinder und Familien sowie Phantasie und Flexibilität, um mit den vorhanden Mitteln eine optimale Wirkung zu erzielen.
Stellen wir uns den Herausforderungen und setzen wir sie um, für unsere Kinder und eine gute Zukunft. Danke.