Alfred Sauter
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich bleibe bei dem, was ich im Zusammenhang mit der LWS immer gesagt habe: Ich war dort Aufsichtsratsvorsitzender – nicht der einzige übrigens –, ich trage die politische Verantwortung. Dazu stehe ich, dazu bekenne ich mich in aller Form.
Deshalb habe ich bei den Gesprächen in der Staatskanzlei im Juli 1999 von mir aus auch meinen Rücktritt angeboten. Dieser Rücktritt ist nicht angenommen worden. Damit war die Angelegenheit erledigt, und es war klar, dass es sich bei meinem Rücktrittsangebot um kein Dauerangebot handelt,
sondern dass dies bezogen war auf das damalige Gespräch.
Natürlich habe ich mir auch stets die Frage gestellt, meine Damen und Herren, ob ich subjektiv Schuld trage. Den Untersuchungsausschuss, so unangenehm er für einen persönlich auch sein mag, habe ich begrüßt, weil er die Möglichkeit geboten hat, allem intensiv nachzugehen und die Dinge im Detail aufzuarbeiten.
Ich bin weiterhin der Ansicht, dass ich mir in meiner Tätigkeit in der LWS nach den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses nichts vorzuwerfen brauche und dass mir auch nichts vorgeworfen werden kann.
Ich bedanke mich für die kritische und auch faire Behandlung im Untersuchungsausschuss. Der Dank gilt den Kolleginnen und Kollegen, die dort mitgearbeitet haben, ebenso wie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit denen man ja auch gelegentlich in Kontakt gestanden hat, und natürlich auch den Vorsitzenden.
Ich möchte nochmals in Erinnerung rufen, dass bei allen Diskussionen und Gutachten das Argument der marktbedingten Einflüsse auf die Jahresergebnisse zwar genannt wurde, dass aber nirgendwo auch nur annähernd der Versuch gemacht wurde, dies zu quantifizieren. Es ist teilweise angeklungen, dass es vergleichbare Unternehmen gegeben hat, die im Osten Deutschlands bei Erfolgen bzw. Misserfolgen ein ähnliches Schicksal erlitten haben. Es wäre aus meiner Sicht wert gewesen, dies auch quantitativ zu untersuchen. Der überwiegende Teil des bei der LWS entstandenen Verlustes war von dem Aufsichtsrat, dem ich angehört habe, nicht mehr zu beeinflussen, weil alle Entscheidungen, die in der Konsequenz zu diesen Verlusten geführt haben – einerseits die Grundstückskäufe, andererseits die Bauvorbereitung und -durchführung – zum damaligen Zeitpunkt bereits erfolgt waren bzw. sich die Objekte in der Durchführung befanden.
Die wichtigsten der von mir von Anfang an vertretenen Positionen haben sich in vollem Umfang bestätigt. Erstens habe ich nicht gegen einen Ministerratsbeschluss verstoßen. Zweitens sind die Aufsichts- und Kontrollpflichten von mir nicht verletzt worden. Wenn man heute zu der Überzeugung gelangt, dass man aus heutiger Sicht das eine oder andere hätte anders machen können, nehme ich dies zur Kenntnis. Ich weiß zwischenzeitlich auch, dass man aus heutiger Sicht damals das eine oder andere hätte anders machen können.
Der 1994 gefasste Ministerratsbeschluss hat eine ganz wesentliche Rolle gespielt. Erstens hat Herr Kollege Prof. Dr. Gantzer insofern Recht, als es ein Berichtsauftrag war. Zweitens handelte es sich, soweit dieser Berichtsauftrag überhaupt Gebote enthalten hat, um das Gebot, die Trägerbaugeschäfte zurückzuführen. Soweit der Berichtsauftrag ein Verbot beinhaltet hat, war es das, Spekulationsgeschäfte zu betreiben. Eigentlich wird damit unterstellt, dass Spekulationsgeschäfte zu einem früheren Zeitpunkt zulässig gewesen seien, wenn sie für die Zukunft untersagt werden sollen. Ich sah weder das eine noch das andere. Es sind weder vor 1994 noch danach Spekulationsgeschäfte gemacht worden.
Dass das Trägerbaugeschäft, was neue Baumaßnahmen anbelangt, zurückgeführt worden ist, ist eindeutig. Aber nachdem der Ministerratsbeschluss keinen Baustopp beinhaltet hat – dies ist von mir zum Ausdruck gebracht worden –, kann die Missinterpretation, die der Oberste Rechnungshof in meine damalige Einlassung im Aufsichtsrat zu projizieren versucht hat, weder logisch noch zulässig sein, wenn ich sage, es wird im bisherigen Umfang weitergemacht. Denn zu dem Zeitpunkt, als wir dies im Aufsichtsrat diskutiert haben, waren längst die Weichen dafür gestellt, dass wir nicht mehr exzessiv nach vorne, sondern kontrolliert nach rückwärts marschieren werden. Trotzdem ist dies vom Obersten Rechnungshof unzulässigerweise in den Raum gestellt und von der Staatskanzlei auf 86 Seiten richtig gestellt worden: in der Zusammenfassung findet sich das in einem Satz wieder anders. Aber es steht fest, dass kein Verstoß gegen einen Ministerratsbeschluss stattgefunden hat. Bei gebotener Sorgfalt hätte dies im Sommer 1995 ohne große Gutachten relativ schnell festgestellt werden können, insbesondere wenn man geprüft hätte, welche
dieser Entscheidungen in meine Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender gefallen ist.
Kontrolle und Aufsichtspflichten: Der eine oder andere scheint vergessen zu haben, dass die Verluste erstmals im Jahre 1996 sichtbar wurden. Die Konsequenz dessen, was hierzu gesagt wurde, ist zumindest in Teilbereichen deshalb nicht gegeben, weil offensichtlich niemand bereit ist zu akzeptieren, dass das Tauschgutachten vom März 1994 auch für mich bis zum Jahre 1996 gegolten hat, das a) beinhaltet hat, dass sich die LWS mit ihrem Ostgeschäft auf einem guten Weg befindet, dass b) dieses Ostgeschäft die Begründung dafür darstellt, dass der Tausch vorgenommen werden könnte, um die Wertgleichheit darzustellen, und dass c) aus diesem Ostgeschäft wenigstens Gewinne in einer Größenordnung von 12,5 Millionen DM im Jahr zu erwarten sein werden. All dies stand so im Gutachten.
Ich habe mit dem Gutachten, das man mir nie gezeigt hat, nichts zu tun. Ich habe nur gehört, dass in diesem Gutachten diese 12,5 Millionen DM stehen, und dies natürlich geglaubt. Zwischenzeitlich hat sich auch herausgestellt, dass es im Gutachten so gestanden hat.
Nachdem wir 1996 mit relativ geringen Verlusten konfrontiert wurden, habe ich – dies war aus damaliger Sicht geboten – Folgendes getan: Erstens haben wir eine Arbeitsgruppe eingesetzt; zweitens haben wir eine Unternehmensberatung beauftragt; drittens haben wir den Geschäftsführer gewechselt; viertens haben wir einen neuen Abschlussprüfer bestellt; fünftens haben wir ein neues Unternehmenskonzept erarbeitet und sechstens habe ich selbst dafür gesorgt, dass ein großes Projekt, das noch im Raum stand und in Augsburg unbedingt verwirklicht werden sollte, gestoppt wurde. Aus heutiger Sicht war es mehr als richtig und in diesem Zusammenhang unumgänglich, dass dieses Projekt gestoppt worden ist.
Natürlich konnte der Aufsichtsrat erst zu diesem Zeitpunkt Entscheidungen treffen. Die Entscheidungen, die der Aufsichtsrat getroffen hat, waren einerseits professionell und andererseits in sich schlüssig. Wenn sie nicht von Erfolg gekrönt waren, dann deshalb, weil man zum damaligen Zeitpunkt nur noch einen Beitrag dazu leisten konnte, Verluste zu minimieren. Aber man konnte nicht mehr dazu beitragen, dass keine Verluste mehr auftreten würden, da dafür die Situation bereits zu prekär war.
Es ist wirklich etwas ganz Neues, Frau Kollegin Kellner und Herr Prof. Dr. Gantzer, dass ich gemeinsam mit Herrn Kollegen Zeller den Landtag falsch informiert hätte.
Ich war bei Ihnen im Untersuchungsausschuss. Dies war eine der gestellten Fragen, und diese Frage habe ich beantwortet. Niemand in diesem Untersuchungsausschuss hat auf die von mir beantwortete Frage auch nur den Hauch einer Nachfrage anklingen lassen. Da Sie
das Protokoll zitieren, sage ich Ihnen aus eigener Erinnerung den Ablauf im Untersuchungsausschuss.
Nein, im Haushaltsausschuss; es geht darum, dass ich angeblich den Landtag falsch informiert hätte. Ich habe damals die wirtschaftliche Lage der LWS richtig dargestellt und gesagt, es habe sich ein hoher Wertberichtungsbedarf ergeben. Ich habe darauf hingewiesen, dass die hohen Verluste der Geschäftsjahre 1995 und 1996 das finanzielle Eigenkapital aufgezerrt hätten. Kapiert niemand, was es bedeutet, wenn ich sage, dass die hohen Verluste das finanzielle Eigenkapital aufgezehrt haben? Dies heißt natürlich, dass man sich in einer außenordentlich kritischen Situation befindet. Ich frage mich nur, warum dies damals im Haushaltsausschuss angeblich niemand so verstanden hat. Ich habe die Lage der LWS als „prekäre“ Situation bezeichnet.
Diese Darstellung hat für jeden klar erkennen lassen, dass sich die LWS zum damaligen Zeitpunkt – jetzt zitiere ich Herrn Rauscher – „auf der Intensivstation“ befunden hat. Ich habe mich in meinem Bericht nicht der bildhaften Sprache von Herrn Rauscher bedient, sondern habe eine nüchterne Darstellung der wirtschaftlichen Daten gegeben und den Status als „prekär“ bezeichnet. Meine Damen und Herren, worin liegt der Unterschied zwischen „auf der Intensivstation“ oder „prekär“? Beides bedeutet im Endeffekt das Gleiche.
Jetzt möchte ich gerne in Erinnerung rufen, was ich zur Zukunft der LWS gesagt habe. Meine Damen und Herren, ich bitte herzlich darum, dass eine Aussage von mir, in der ich mich auf andere beziehe, jetzt nicht ausschließlich auf mich fokussiert wird, was heute zweimal versucht worden ist. Ich zitiere, was ich damals im Haushaltsausschuss gesagt habe:
Die Geschäftsführung der LWS geht davon aus, dass 1997 ein ausgeglichenes Ergebnis erzielbar ist. Die vorgelegte Planung und die Verkaufszahlen sprechen dafür. Allerdings weiß niemand, wie sich die Situation im Herbst dieses Jahres darstellt.
Das ist mein Zitat. Ich lasse mir von niemandem vorwerfen, dass ich damals den Landtag falsch informiert hätte. Ich habe die Situation so dargestellt, wie sie mir aufgrund der Erkenntnisse der St. Gallener Managementberatung auf der einen Seite und aufgrund der Hinweise der Geschäftsführung auf der anderen Seite übermittelt worden ist. Obwohl die Geschäftsführung gesagt hat, bis zum Ende des Jahres ist alles in Butter, habe ich von mir aus noch gesagt: Aber es weiß niemand, wie sich die Situation im Herbst dieses Jahres darstellen wird. Da ist es wirklich grob verdreht, mir zu unterstellen, ich hätte damals das Parlament falsch informiert, da sich auf der einen Seite das Ganze auf die St. Gallener Managementberatung bezogen hat und andererseits Herr Rauscher, der damals deutliche Worte im Aufsichtsrat gefunden hat, das Sanierungskonzept der LWS positiv eingeschätzt hat. Er hat das unter anderem dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er in der Pressekonferenz, in der wir die neuen Verantwortungsträger bei der LWS vorge
stellt haben, erklärt hat, er glaube, dass es mit denen jetzt vernünftig weitergehen wird.
Nun zum Verhalten des ORH: Ich weiß, dass man an dieses Thema normalerweise nur mit spitzen Fingern herangeht. Dazu habe ich keine Veranlassung, auch deshalb nicht, weil ich keine Gefahr laufe, demnächst in einer anderen Angelegenheit von denen wieder in die Mangel genommen zu werden. Zu Beginn standen die Ermittlungen und die Prüfungsmitteilungen des ORH. Eine Vielzahl der Behauptungen, die darin aufgestellt worden sind, sind ohne qualifizierte Begründung abgegeben worden und haben sich als falsch erwiesen. Der ORH hat mir keine Gelegenheit gegeben, die gegen mich erhobenen Vorwürfe aufzuklären. Zunächst zum Vorwurf des Verstoßes gegen den Ministerratsbeschluss: Das Staatsministerium der Finanzen hat gegenüber dem ORH unmissverständlich erklärt, dass „bei der Umsetzung der Vorlage, der der Ministerrat im August 94 zugestimmt hatte, keine den Absichten des Kabinetts entgegenstehende Interpretation vorgenommen wurde“. Der ORH erklärte dazu, dass er diese Auffassung nicht teilt. Er hat apodiktisch für sich ein Auslegungsmonopol in Anspruch genommen, obwohl er mit dem ganzen Hergang nichts zu tun hatte, nichts davon gewusst hat und sich nach meiner Überzeugung auch nicht ausreichend informiert hat. Dennoch hat er mit die Ursache dafür geschaffen, dass die Diskussion überhaupt so entstanden ist, weil er falsch interpretiert hat, was so nicht aufrechtzuerhalten ist.
Der ORH hat in einer selten rufschädigenden Art und Weise Raum für Spekulationen geschaffen. Im Zusammenhang mit dem Verkauf des Objekts Chemnitz/ Schlosscarree stellte der ORH in seinen Prüfungsmitteilungen Folgendes fest:
Unter Renditegesichtspunkten ist der vorgenannte Verkauf auch für die jetzige Geschäftsleitung nicht verständlich. Der Oberste Rechnungshof hält daher eine neutrale Prüfung der gesamten Umstände, die zu diesem unwirtschaftlichen Verkauf geführt haben, für dringend erforderlich.
Durch diese Bemerkung des ORH wurde Spekulationen Tür und Tor geöffnet. Der ORH hat selbst nichts dazu beigetragen, um die Angelegenheit aufzuklären, obwohl doch gerade er die neutrale Institution ist, die so etwas untersuchen und aufklären müsste. Nein, meine Damen und Herren, es bedurfte eines Gutachtens des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgericht Prof. Dr. Seidl, und es bedurfte der Zeugeneinvernahme im Untersuchungsausschuss, bis eindeutig nachgewiesen war, dass dieser Verkauf korrekt abgewickelt worden ist. In diesem Zusammenhang wurden schließlich mir gegenüber Verdächtigungen erhoben, dass irgendwo – unter der Hand oder sonstwie – etwas gelaufen wäre. Die Aufklärung hätte der ORH ebenfalls, und zwar ohne unzumutbaren Arbeitsaufwand, vornehmen können. Es wäre seine Aufgabe und seine Verpflichtung gewesen, dies zu tun, anstatt jemanden in die Ecke zu stellen und ihn preiszugeben, indem ihm, was auch immer, unterstellt wird. Es ist unverantwortlich, gerade von Seiten des ORH Verdächtigungen in den Raum zu stellen, dann genüsslich abzuwarten, was geschieht, anstatt selbst
aufzuklären, insbesondere, wenn man über alle Voraussetzungen und Möglichkeiten verfügt, um dies zu tun. Bezeichnenderweise hat der ORH dann seine Bemerkung, die ich vorher zitiert habe, im Abschlussbericht nicht mehr erwähnt.
Meine Damen und Herren, der ORH hat mir im gesamten Verfahren keine Gelegenheit gegeben, zu den erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen. Die unmittelbare Stellungnahme war mir nicht möglich, weil meine Stellungnahme zu den Prüfungsmitteilungen des ORH an das Finanzministerium ging und das Finanzministerium diese Stellungnahme nicht weitergeleitet hat. Ich weiß nicht, warum das so war, aber es war so. Die Feststellung des ORH, dass es wegen fehlender Auskunftspersonen nicht möglich war aufzuklären, ist so nicht zutreffend. Ich habe gegenüber dem ORH meine ständige und uneingeschränkte Bereitschaft erklärt, an der Aufklärung mitzuwirken. Der ORH hat dieses Angebot lediglich in der Form wahrgenommen, dass zwei Mitarbeiter des ORH zu Beginn der Untersuchung auf meine Veranlassung hin ein Gespräch mit mir geführt haben und die bei mir befindlichen Akten durchgesehen haben. Zur Aufklärung der gegen mich vom ORH erhobenen Vorwürfe ist kein Mitarbeiter der Behörde zu einem späteren Zeitpunkt auf mich zu gekommen. Diese Vorgehensweise spricht für sich und lässt nachhaltige Zweifel an einer objektiven und unvoreingenommenen Prüfung aufkommen. Das ging sogar so weit, dass von dem Gespräch, das zwei Mitarbeiter des ORH mit mir geführt haben, seitens des ORH ein Aktenvermerk angefertigt worden ist, der mir bis zum heutigen Tag nicht zur Verfügung gestellt wurde.
Durch die Berücksichtigung der von mir von Anfang an vorgetragenen Darstellung hätten sich die zu Unrecht erhobenen Vorwürfe ohne Zweifel bereits im Vorfeld aufklären lassen.
Man denkt gelegentlich darüber nach, wie es weitergehen soll und ob man aus den Vorgängen etwas lernen kann. Ich habe mir auch Gedanken darüber gemacht, wie man die Rechte von betroffenen Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern in einem Ausschuss unter Zuhilfenahme unseres Untersuchungsausschussgesetzes und der Untersuchungsausschussgesetze anderer Länder stärken kann. Jeder weiß, dass man dann, wenn man in einem Untersuchungsausschuss politische Verantwortung zuweisen will, zunächst einmal sauber recherchieren muss. Es bedarf der Rationalität und der Transparenz. Wenn festgestellt werden soll, ob jemand eine persönliche Verfehlung begangen hat, bedarf es entsprechender Grundlagenmaterialien. Deshalb muss allen Betroffenen zunächst einmal rechtliches Gehör gewährt werden.
Sie müssen eine Stellungnahme abgeben können, die zu berücksichtigen ist. Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht nicht darum, diesen Personen ein Aussageverweigerungsrecht einzuräumen. Das sieht das Untersuchungsausschussgesetz schon vor. Es geht um
etwas anderes. Wir brauchen ein Untersuchungsausschussgesetz für die Leute, die nicht schweigen wollen, sondern die reden möchten. Wir müssen ihnen die Gelegenheit geben, zu einem frühen Zeitpunkt etwas sagen zu können, wenn sie dies wollen. Für mich geht es im Einzelnen darum, dass im Untersuchungsausschuss ein Betroffener – und in diesem Zusammenhang muss die Betroffenenstellung anders definiert werden, als es jetzt der Fall ist – das Recht auf eine zusammenhängende Sachdarstellung bekommen muss, und zwar zeitlich gesehen vor den Zeugen. Der Betroffene muss auch das Recht haben, bei der Beweiserhebung anwesend zu sein. Oder glauben Sie, dass es besonders lustig ist, wenn man nachher alle Zeitungen durchliest, um in etwa mitzubekommen, was im Untersuchungsausschuss los war, in den man nicht hinein darf? Die Zeitung aber darf man lesen, um herauszufinden, was sich dort abgespielt haben könnte.
Wir brauchen ein Beweisantragsrecht, ein Fragerecht und ein Recht auf Akteneinsicht. Diese Rechte finden sich in Gesetzen anderer Länder wieder. Ich erwähne in diesem Zusammenhang Baden-Württemberg, das Saarland und Sachsen. Darüber muss man nach meiner Ansicht reden.
Gestatten Sie mir eine letzte Bemerkung zum ORH. Auch vom ORH muss den Betroffenen rechtliches Gehör gewährt werden. Der ORH hat mir in diesen Tagen Akteneinsicht verweigert. Wenn der ORH für sich richterliche Unabhängigkeit in Anspruch nimmt, dann muss er auch richterliche Pflichten wahrnehmen. Dazu gehört der rechtsstaatliche Grundsatz auf rechtliches Gehör. Dieser rechtsstaatliche Grundsatz auf rechtliches Gehör ist mir in diesem Fall nicht zuteil geworden.
Das ist etwas anderes. Da unterstellen Sie richterliche Unabhängigkeit, da müssen Sie das Ganze etwas anders sehen.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist das Eine. Das Zweite ist, dass der Betroffene in einem solchen Fall Akteneinsicht bekommen muss. Es kann doch nicht im Interesse des Obersten Rechnungshofs sein, dass er sich hinter seinen Akten versteckt und damit Argwohn und Nachfragen aufkommen lässt. Wenn sich der ORH nicht öffnet, wird er als neutrale Institution nicht anerkannt bleiben. Transparenz muss auch für den ORH oberstes Gebot sein, gerade für den Obersten Rechnungshof. Da er es von allen verlangt, dann muss das Gebot der Transparenz, der Offenheit und der Offenlegung für ihn in besonderem Maße gelten.
Was im Moment an Wagenburgmentalität an den Tag gelegt wird, führt innerhalb kürzester Zeit zu einem gravierenden Autoritätsverlust des Obersten Rechnungshofs.
Der ORH hat im Moment noch das Glück, dass sich die meisten nicht trauen, etwas gegen ihn zu sagen, weil sie besorgt sind, sie könnten irgendwann in sein Visier geraten. Aber im Moment, meine Damen und Herren, haben sie jemanden vor sich, der etwas leichter redet. Es gibt kein Unfehlbarkeitsdogma für den Obersten Rechnungshof. Auch dort sitzen Menschen, die sich irren können. Der LWS-Bericht ist dafür ein bedauerliches, aber leider nicht das erste Beispiel.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss kommen. Warum wollte ich mich nicht mit dem Rücktritt abfinden? Erstens, weil ich ihn schon angeboten hatte und er nicht angenommen wurde; zweitens, weil ich nicht für die Rolle des Sündenbocks tauge, schon gar nicht in dieser Sache; drittens, meine Damen und Herren, weil mich der Umgang von Mensch zu Mensch zutiefst verletzt hat; viertens, weil meine Selbstachtung und mein Sinn für Gerechtigkeit es nicht zugelassen haben, Schuld auf mich zu nehmen, die ich nicht zu tragen hatte.
Ich blicke aber nicht im Zorn zurück. Ich blicke nach vorne, zuversichtlich und gestärkt. Jeder, der meinem Blick nicht ausweicht, wird in mir weiter einen offenen Gesprächspartner finden. Jeder, der mir einen Ball zuspielt, wird mich als Mannschaftsspieler erleben. Nachdem ich gestern gelesen habe, dass ich in einer zerrütteten Ehe lebe, möchte ich festhalten: Ich habe keinen Scheidungsantrag gestellt. Ich habe den geschützten Bereich der ehelichen Wohnung unfreiwillig verlassen.
Ich möchte mich jetzt zu den gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften nicht äußern. Das passt wirklich nicht in diesen Zusammenhang, meine Damen und Herren.
Ich möchte auch festhalten, dass bei nicht einvernehmlichen Scheidungen die Trennungszeit drei Jahre beträgt. Diese drei Jahre sind noch nicht abgelaufen. Während dieser Zeit kann der Scheidungsantrag zurückgenommen werden, logischerweise nur vom Antragsteller, und wenn es sein muss, unter Zuhilfenahme von Mediation.