Rainer Podeswa
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Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Wir beraten den Dritten Nachtrag für das Haushaltsjahr 2016. Der Finanzausschuss hat dem Landtag die Annahme dieses Nach tragshaushalts empfohlen, was angesichts der Mehrheitsver hältnisse ja auch nicht verwunderlich, sondern eine pure Selbst verständlichkeit ist und nicht etwa nur eine Empfehlung dar stellt.
Auch die Gruppe der fraktionslosen Abgeordneten der AfD
ist natürlich für die im Dritten Nachtragshaushalt enthaltenen Unwetterhilfen für die betroffenen Bürger und Betriebe und für die Instandsetzung der betroffenen Infrastruktur. Wir hät ten uns allerdings gewünscht, dass der doch vergleichsweise geringe Betrag von 42 Millionen €, der, bezogen auf das Vo lumen des Staatshaushalts, kaum in Promille ausgedrückt wer den kann, durch Umschichtungen zur Verfügung gestellt wor den wäre. Solch eine verantwortungsvolle und sparsame Haus haltspolitik darf der Bürger aber offensichtlich auch von die ser Regierung nicht erwarten.
Der eigentliche Skandal ist allerdings die Unverfrorenheit, mit welcher die Unwetterkatastrophe und die notwendige Aufsto ckung der Lehrerschaft dazu missbraucht wird, den Bürgern
in Baden-Württemberg den ungebremsten Aufbau der Minis terialbürokratie zu verkaufen.
Allein in den letzten fünf Jahren ist die Anzahl der offiziellen Ministerialbeamten um über 300 auf heute 3 277 gestiegen. Nicht enthalten ist darin die Zahl der in die Ministerien abge ordneten Beamten; diese kommt noch zusätzlich dazu. Die neue Landesregierung beweist bereits: Sie ist nicht besser als die alte.
Sie genehmigt sich 98 neue Stellen in der Landesverwaltung mehr – einfach so. Die Bürger auf der Straße schütteln den Kopf darüber. Dass es hier nur um politisches Postengescha cher geht, ist Gott sei Dank auch dem letzten Bürger klar.
„Realsatire“, haben Sie gesagt, Herr Kollege Hofelich. Die „Heilbronner Stimme“ spricht vom Jahrmarkt der Eitelkeiten. Jedes Mal, wenn ich die „Heilbronner Stimme“ in die Hand nehme, wundere ich mich, dass sie nicht in grüner Farbe druckt.
Aber selbst diese Zeitung weiß, was hier läuft.
Herr Ministerpräsident Kretschmann versucht, den Bürgern das Ganze dann als „schlanken Nachtrag“ zu verkaufen. Er behauptet, dass nach sorgfältigster Prüfung nur der minimals te, absolut notwendige Personalaufbau in die Planung einge flossen sei.
Eine ganz besonders pikante Note bekommen die Ausführun gen von Herrn Ministerpräsident Kretschmann dann aber durch die Ausführungen von Herrn Volker Stich. Meine sehr geehr ten Herrn Kollegen Abgeordneten, natürlich kennen Sie Herrn Volker Stich. Kennen Sie ihn nicht? Dann will ich ihn Ihnen vorstellen. Er ist der Vorsitzende des Beamtenbunds in Ba den-Württemberg.
Was sagt der Vorsitzende des Beamtenbunds? Also, was sagt ein Alkoholiker, wenn Sie ihm ein Viertele oder einen Schnaps anbieten? Wahrscheinlich sagt er Ja. Und was sagt der Vorsit zende des Beamtenbunds, wenn Sie ihn fragen, ob neue Be amtenstellen benötigt werden? Natürlich sagt er Ja. Aber was sagt Herr Stich? Er kenne keine Engpässe in den Landesmi nisterien. Das ist ein wörtliches Zitat.
Noch einmal: Der Vorsitzende des Beamtenbunds kennt kei ne Engpässe in den Landesministerien. Was muss man sich als einfacher Abgeordneter da denken?
Ist Herr Volker Stich schlicht unwissend? Vertritt er die Be amtenschaft schlecht? Oder wurde durch die neue Landesre gierung einfach nur ganz besonders sorgfältig gesucht, wo man noch neue Stellen finden kann?
Herr Kretschmann, für wie dumm wollen Sie die Bürger ei gentlich verkaufen? Wäre es nicht einfach besser gewesen, den Bürgern reinen Wein einzuschenken und es als Naturge setz darzustellen, dass nach jeder neuen Wahl selbstverständ lich Wahlhelfer, Freunde, Unterstützer bedacht werden müs sen
und ein Stellenaufbau schon aus diesen Gründen völlig un vermeidlich ist? Wenn man auf die vergangenen zwei, drei Jahrzehnte zurückblickt, erkennt man, dass es in Baden-Würt temberg zwischenzeitlich tatsächlich schon Tradition gewor den ist, dass nach jeder Wahl die Beamtenschaft aufgestockt wird.
Aber wenigstens wissen wir jetzt, dass das ein unvermeidli ches Naturgesetz ist. Und Naturgesetze kann man natürlich mathematisch abbilden.
Deshalb können wir die Bürger von dieser Stelle hier heute auch schon trösten. Es ist ganz einfach auszurechnen, wie oft die Bürger in Baden-Württemberg noch wählen gehen müs sen, bis wir griechische Verhältnisse haben.
Die schwarz-gelbe CDU, Entschuldigung, die schwarz-rote CDU,
die grün-schwarze CDU macht dabei natürlich auch noch be reitwillig mit.
Im Jahr 2011 betrugen die Steuereinnahmen des Landes Ba den-Württemberg 27,3 Milliarden €. Im Jahr 2015 waren es
bereits 32,9 Milliarden €. Im letzten Nachtragshaushalt wur den die Steuereinnahmen mit 34,5 Milliarden € beziffert. Das ist von 2011 bis 2016 eine Steigerung um 26 %.
Trotzdem musste die grün-rote Regierung in den Jahren 2013 und 2014 gleich zwei Mal in deutlicher Höhe Schulden auf nehmen. Die alte Landesregierung hat es nicht geschafft, auch nur ein einziges Mal in größerem Umfang Schulden zu tilgen. Sie, meine Damen und Herren, verspielen die Zukunft unse rer Kinder, denn auf Schuldenbergen können keine Kinder spielen. Und es geht gerade so weiter. „Aber für unsere Kin der tun wir alles, damit Baden-Württemberg jeden Tag ein bisschen besser wird.“
Ich bin zwar noch brandneu im Landtag, aber diese Phrase, Herr Abg. Schwarz, habe ich von Ihnen wahrscheinlich jetzt schon ein ganzes Dutzend Mal gehört.
Sie haben im Nachtragsetat für die Kinder in unserem Land 631 weitere Stellen im Zuständigkeitsbereich des Kultusmi nisteriums vorgesehen: 320 Lehrer an Grundschulen, 111 neue Stellen an Gymnasien für Verbesserungen in der Oberstufe und 200 Stellen für Lehrkräfte, die in Vorbereitungsklassen Flüchtlingskinder unterstützen sollen. Wer möchte dazu schon Nein sagen?
Es wird darüber geredet, dass die Lehrerstellen im Nachtrags haushalt dringend gebraucht werden. Das wird richtig sein. Ich habe mir aber auch den Bericht des Rechnungshofs ange sehen. Anfang des Jahres 2015 waren 146 Lehrer aus dem Lehrbetrieb genommen und in das Kultusministerium abge stellt worden; angeblich sind es aktuell über 160. Die Lehrer müssten in der Schule arbeiten, anstatt im Ministerium tätig zu sein. Dann müsste man vielleicht auch weniger Lehrer ein stellen.
Wenn jetzt 1 500 neue Stellen im Polizeidienst geschaffen werden, hoffe ich, dass davon nicht ein großer Teil zur Ver schönerung des Innenministeriums vorgesehen ist.
Wir reden hier nicht über den Dritten Nachtragshaushalt. Wir reden hier über den Umgang der alten Regierung und den Um gang der neuen Regierung mit Steuergeld. Als AfD müssen wir eindeutig sagen:
Es wird hier offensichtlich nicht auf den Cent geschaut, es wird hier auch nicht auf den Euro geschaut, es wird noch nicht einmal auf die Millionen Euro geschaut.
Wir müssen das komplette Ausgabenverhalten des Landes Ba den-Württemberg von Grund auf infrage stellen. Wir müssen endlich den immer wieder beschworenen, auch von meinen Vorrednern beschworenen Konsolidierungskurs einschlagen. Seit Jahren wird nur darüber geschwätzt. Meine sehr verehr ten Damen und Herren von der Regierung, nur Schwätzen und Mauscheln tut es nicht. Vielleicht sollten wir allmählich an fangen zu schaffen.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen Abgeordnete! Heu te ist ein schöner Tag. Es ist ein schöner Tag für die Bürger und Betriebe in diesem Land. Denn heute ist der erste Tag des Jahres, an dem sie das Geld, das sie verdienen, auch ins eige ne Portemonnaie stecken können und es ihnen nicht vom Staat abgenommen wird.
52,9 % ist die Staatsquote, die der Bund der Steuerzahler aus gerechnet hat. Aber der Staat lässt uns ja großzügig 47,1 % für die eigene Tasche.
Heute sind wir hier, um über den eingebrachten Nachtrags haushalt zu diskutieren. Wir sprechen heute nicht über den Ersten, auch nicht über den Zweiten Nachtragshaushalt. Heu te sprechen wir über den Dritten Nachtragshaushalt.
Wenn man weise, vorausschauende Politik an der Zahl der Nachtragshaushalte messen würde, käme man sicherlich – fai rerweise gesagt: für die alte, grün-rote Regierung – nicht zu einem sehr schmeichelhaften Ergebnis.
Die AfD fordert, dass sich die Politik ganz selbstverständlich an der Zukunft orientiert und realistische Landeshaushalte auf stellt, die nicht wiederholt korrigiert werden müssen.
Ja, ja, aber die Umweltkatastrophe! Was für eine Katastro phe? 47-tausend Millionen € umfasst das Volumen des Staats haushalts. Wir haben gerade gelernt, dass 42 Millionen € – al le Maßnahmen kombiniert, einschließlich der Maßnahmen für die Instandsetzung der Landesstraßen – der Umweltkatastro phe geschuldet sind. Wir sehen ganz selbstverständlich – wie jeder hier im Haus – die Notwendigkeit, den betroffenen Bür gern sowie den betroffenen Betrieben und Landwirten zu hel fen.
Aber können Sie einmal angeben, wie viel die 42 Millionen € vom Volumen des Staatshaushalts ausmachen? Das sind null Komma soundso viel Promille, in Prozent sind es dann null Komma null null. Ist es wirklich notwendig, dafür einen Nach trag zu machen? Oder hätte man erwarten können, dass ein Staatshaushalt mit einem Volumen von 47 Milliarden € hier genug Flexibilität aufweist, um möglicherweise wirklich ein mal irgendwo umzuschichten und zu sparen?
Natürlich ist die AfD für die Unterstützung der durch die Um weltkatastrophe betroffenen Bürger und Betriebe.
Natürlich sind wir für den Bahnhalt in Merklingen. Natürlich sind wir für die Verbesserungen im Bereich von Grundschu len, Realschulen und Gymnasien.
Aber darüber unterhalten wir uns hier ja überhaupt nicht. Hier geht es eben nicht um die Unwetterhilfe. Im Windschatten der sogenannten Unwetterhilfe sollen vielmehr die zusätzlichen globalen Mehrausgaben in Millionenhöhe für Personal und für 98 zusätzliche Ministerialbeamte abgenickt werden. Da bei sind hier selbstverständlich nur sieben Zwölftel dieser Per sonalkosten eingepreist, und selbstverständlich müssen wir hier die Folgekosten – wie schon mehrere Vorredner ausge führt haben – berücksichtigen, die um ein Vielfaches höher sind als die im Nachtragshaushalt in der Summe angegebenen 9 Millionen €.
Die Landesregierung und die Minister reden immer nur von „Gürtel enger schnallen“. Den Gürtel enger schnallen, das schon, aber gemeint ist grundsätzlich, den Gürtel der Bürger enger zu schnallen.
Sind Ihnen rund 2,4 Milliarden € strukturelles Haushaltsdefi zit noch nicht genug? Ist es bei um 40 % gestiegenen Steuer einnahmen in der letzten Legislaturperiode nicht möglich ge wesen, die Last zukünftiger Generationen zu reduzieren und einen Konsolidierungspfad einzuschlagen? Nein, die Schul den wurden sogar noch erhöht. Aber reden wir an dieser Stel le nicht über Milliarden – –
Wir können in Baden-Württemberg froh sein, dass wir in der Summe nur 47 Milliarden € Schulden haben; das ist sehr richtig. Mein Sohn wird sich getröstet fühlen.
Aber reden wir einmal nicht über Milliarden, reden wir auch nicht über Millionen. Reden wir einfach über 44 000 € – also prozentual schon gar nichts mehr, wahrscheinlich null Kom ma null null null irgendwas Prozent. Sie, Herr Ministerpräsi dent, genehmigen sich 44 000 € mehr Mittel für Verwaltungs aufgaben – dies natürlich zusätzlich zu den ohnehin schon üp pigen 250 000 €, die im Haushalt standen. Das sind in der Summe 294 000 €. Wissen Sie eigentlich, was der Deutsche als sogenannter Urlaubs- und Reiseweltmeister pro Kopf und Jahr für Urlaub ausgibt? 1 000 €. Diese 1 000 € muss er vor her einplanen und kann sich anschließend auch nicht einfach zusätzliches Geld genehmigen. Die Bürger planen nämlich frühzeitig mit ihren Ausgaben.
Wir dürfen also sehr gespannt sein, ob es noch einen Vierten Nachtragshaushalt geben wird, ob noch mehr vom wertvollen Steuergeld für eine Politik der Kurzsichtigkeit ausgegeben
wird, ob wir uns noch weiter von der Einhaltung der Schul denbremse entfernen. Im Jahr 2020 müssen alle Bundeslän der die Schuldenbremse einhalten. Aber der Traum davon, die Schuldenbremse einzuhalten, rückt in weite Ferne.
Das liegt natürlich auch an Ihrer Politik, Herr Kretschmann. Sie bauen 98 zusätzliche Stellen in den Ministerien auf. Gleichzeitig wird, wenn das Geld dann nicht reichen sollte, schon daran gedacht, eventuell die Steuern zu erhöhen, und die einzige Steuer, deren Erträge dem Land direkt zufließen, ist die Grunderwerbsteuer. An sie wird man – wie bereits zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode – wieder herange hen. Wollen wir nicht hoffen, dass es so weit kommt. Wollen wir vielmehr hoffen, dass sich für junge Familien der Erwerb eines Eigenheims nicht wieder verteuert, sondern dass wir durch eine Änderung der Politik hier zu einem Konsolidie rungskurs kommen. Hier setze ich nun wirklich meine Hoff nung auf Ihren Einfluss, auch auf Ihren Einfluss, Herr Abg. Wald.
Bei einem strukturellen Defizit in Milliardenhöhe sollten wir wirklich nicht auch noch 98 Stellen zusätzlich schaffen, nur um Ministerien aufzublähen. Das müsste auch durch Um schichtungen und durch Qualifizierungsmaßnahmen möglich sein.
Baden-Württemberg ist das Land der Häuslebauer, ist das Land der Selbstständigen. Sie, sehr geehrter Herr Minister präsident, machen daraus das Land der Ministerialbürokratie. Sie bringen Parteiklientel in Lohn und Brot und nehmen das Risiko auf sich, dass sich in den nächsten Jahren der Grund erwerb für junge Familien möglicherweise verteuert.
Vielen Dank.