Wolfgang Staiger
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf dokumentiert in seiner Begründung, wenn man sie aufmerksam liest, eine gescheiterte Privatisierung. Wir haben hier etwas versucht, was uns nicht gelungen ist. Deshalb ist es auch richtig, die UMEG GmbH in eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts umzuwandeln. Das ist folgerichtig und vernünftig.
Dafür sprechen im Wesentlichen drei Punkte:
Erstens: Die Unternehmensstruktur, die Arbeitsplätze und die Arbeitsbereiche und damit die Wettbewerbsfähigkeit bleiben erhalten, und die Gewinne aus Aufträgen Dritter fließen dem Land zu.
Zweitens: Die Steuern werden gespart. Sie haben schon darauf hingewiesen.
Drittens – Herr Scheuermann, Sie haben versäumt, das zu sagen –: Die Gewinnausschüttung an private Mitgesellschafter entfällt. Diese haben mit ihren divergierenden Interessen die Arbeit der UMEG GmbH eher erschwert und dabei auch noch vom Geld der Steuerzahler profitiert. So deutlich muss man das darstellen.
Darum kann die Umwandlung der UMEG hier nicht umstritten sein. Dieser Schritt wird den Haushalt entlasten und an der qualifizierten Arbeit der UMEG nichts ändern.
Aus diesem Vorgang sollten wir eine Lehre ziehen: Die Privatisierung von Diensten und Einrichtungen der öffentlichen Hand kann kein Selbstzweck sein. Jeder Einzelfall muss gründlich geprüft werden. Auch ist nicht immer auf die Empfehlungen von Unternehmensberatern zu hören. Diese sind natürlich auch kritisch zu hinterfragen.
Wenn man dies alles berücksichtigt, bleibt dem Land Baden-Württemberg und seinen Steuerzahlern künftig erspart, privatisierte Unternehmen teuer zurückzukaufen. In diesem Zusammenhang würde mich noch interessieren, was der Erwerb der Geschäftsanteile gekostet hat.
Zusammenfassend: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In aller Kürze: Die SPD-Fraktion unterstützt den Gesetzentwurf der Landesregierung und begrüßt die Einrichtung einer Zentralen Koordinierungsstelle.
Wir erinnern uns mit Grausen daran, wie die vergangene Praxis ausgesehen hat. Wir wissen alle, dass es immer ein Riesengerangel um Zuständigkeiten gegeben hat, wenn wir unsere Verpflichtung aus 1994 wahrgenommen haben und die Rückführung illegaler Exporte vornehmen wollten. Es ging dabei auch darum, gescheiterte Exporte wieder in die Bundesrepublik zu verbringen. Um dieses Gerangel jetzt endgültig in geordnete Bahnen zu bringen, ist es notwendig, einen solchen Staatsvertrag zu haben und eine solche Zentrale Koordinierungsstelle einzurichten. Ich muss natürlich sagen: Es ist leider notwendig. Denn man kann sich ja auch vorstellen, dass diejenigen, die so etwas veranstalten, dafür verantwortlich sind. Aber oft sind sie leider nicht mehr festzustellen.
Wir fragen uns eigentlich nur, warum es so lange gedauert hat. Wir unterstützen vonseiten der Fraktion der SPD dieses Vorhaben und hoffen, dass es so schnell wie möglich umgesetzt wird.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich ist natürlich nichts einzuwenden gegen eine Privatisierung der Sonderabfallentsorgung Baden-Württemberg
und den Rückzug des Landes aus dem operativen Geschäft. Das ist keine Frage, auch für uns Sozialdemokraten nicht.
Es wurde aber schon die Frage aufgeworfen: Ist es der richtige Zeitpunkt? Herrschen die richtigen Bedingungen, und liegen die richtigen Voraussetzungen vor? Für uns ist es nämlich auch wichtig, für ein Vorhaben, das man etwas in die Zukunft projizieren muss, ein Konzept mit Perspektiven zu entwickeln, weil sich die Bedingungen auf diesem Markt durchaus verändern können, da durch Vermeidungs-, Verminderungs- und Verwertungsstrategien in diesem Bereich möglicherweise weniger Sonderabfall auf uns zukommt.
Wir wissen also nicht, wie das Konzept aussieht. Wir wissen nur, dass der Herr Umweltminister zunächst einmal zu der Sonderabfalldeponie Billigheim gesagt hat: „Länger als 20 Jahre soll sie nicht mehr laufen, eine neue suche ich nicht, und dann schaue ich einmal nach, wie die anderen Bundesländer möglicherweise einspringen.“ Ich weiß nicht, ob das die richtige, verantwortungsbewusste Haltung zu diesem Problem ist. Bei der Sonderabfallbeseitigung handelt es sich nämlich um einen besonders schwierigen Bereich der Abfallwirtschaft, der transparent und für die Öffentlichkeit nachvollziehbar organisiert werden muss, bei dem Interessen, Verantwortlichkeiten und Konsequenzen klar beschrieben werden müssen.
Die Bevölkerung hat ein Recht darauf. Und die Landesregierung hat durchaus die Pflicht, dafür zu sorgen, dass eine Beseitigungsinfrastruktur besteht bzw., wenn sie es nicht selber machen will, diese lückenlos überwacht und kontrolliert wird. Wir sollten uns in diesem Zusammenhang an die Skandale in den letzten Jahren erinnern.
In dem vorgelegten Vertragswerk zur Privatisierung der SBW sehen wir eine Reihe von Problemen. Kollege Scheffold hat sie zum Teil schon genannt. Ich fasse sie ganz kurz zusammen.
Erstens gibt es finanzielle Risiken im Zusammenhang mit dem Hamburg-Vertrag, dem Vertrag mit der AVG. Hier sind wir bei zurückgehenden Mengen durchaus finanziell beteiligt, und zwar über das Pönale, die Vertragsstrafe.
Zweitens: Wir sehen im Geschäftsinteresse der HIM auch die Gefahr, dass die SAD Billigheim schneller verfüllt werden wird, als vielleicht vorgesehen ist, und dass Sonderabfall aus anderen südlichen Bundesländern hier landet.
Drittens ist es für uns ein Problem der Kontrolle, der Quantität – also der Menge – und auch der Qualität des Sonderabfalls, der hier anfällt und auch genau überwacht werden muss.
Viertens sehen wir, dass die HIM eigentlich besonders günstige Konditionen hat, um aus dem Vertrag auszusteigen, und das Land wieder selbst das Risiko trägt.
Fünftens haben wir bei der Zuordnung der Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung eigentlich keine – für uns wenigstens befriedigende – klare Abgrenzung.
Zusammenfassend kann man dazu sagen: Alle Risiken für das Land, alle Vorteile für die HIM.
Diese und auch andere Bedenken hatten auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU und der FDP/DVP im Umweltausschuss. Warum sie der Veräußerung trotzdem zustimmten, wenn auch unter Aufrechterhaltung der Bedenken, ist für uns eigentlich unverständlich.
Es gibt natürlich die Vermutung, dass hier blind eine Privatisierungsideologie exekutiert wird, vollzogen wird, die
in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben ist, und jetzt gesucht wird, wo man Schritt für Schritt weitermacht, und das wäre ein weiterer Punkt.
Es ist auch so, dass man sich – Herr Kollege Glück hat es wohl in der Haushaltsdebatte so ausgedrückt; er ist leider jetzt nicht da – unter der Devise „weg damit“ von diesem, sage ich mal, anrüchigen Geschäft trennt.
Die „Stuttgarter Nachrichten“ titeln das so – ich zitiere –:
Land verkauft Müllfirma und legt dabei notfalls drauf.
Verantwortungsbewusste und verantwortungsvolle Politik sieht nach meiner Meinung aber etwas anders aus. Wir haben in Baden-Württemberg im Interesse und auf Druck der Industrie und des Gewerbes zur Standortsicherung, wie es immer so schön heißt, die bestehende Beseitigungsinfrastruktur aufgebaut, auch – und das muss man wissen, muss man sich in Erinnerung rufen – um eine viel teurere und uns sicher auch heute noch finanziell mehr belastende Sonderabfallverbrennungsanlage zu vermeiden. Ich erinnere an die Diskussionen um Böblingen und Kehl. Ich erinnere aber auch an Hüttlingen und all das, was in diesem Zusammenhang geschehen ist.
Wir sollten uns auf die zukünftige Entwicklung – auch unter Berücksichtigung der vom Ministerium geforderten Autarkie – mit einem Gesamtkonzept einstellen.
In diesem Zusammenhang, Herr Minister Müller, begrüßen wir übrigens die Antwort und auch die Einlassungen, die Sie zu dem Entwurf der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesumweltministeriums machen, die ja über die Verordnungsform eine Möglichkeit sucht, die Beseitigung sozusagen zurückzudrängen und mehr in die Verwertung zu gehen. Wir halten es schon für richtig, dass Klarheit und Rechtssicherheit herrschen, und da muss man bessere Wege finden, als es vielleicht vorgeschlagen ist. Allerdings kenne ich den Entwurf nicht.
Ich komme zum Ende. Wir hätten als Alternative durchaus auch Ansätze gesehen, mit der AVG in Hamburg zu verhandeln. Wir wissen, dass in diesem Bereich Verhandlungen sehr schwierig sind. Aber nicht zuletzt ist es natürlich auch im Interesse der Bevölkerung, die ja sehr sensibel darauf reagiert, wichtig, einen hohen Grad der Beseitigungssicherheit zu haben.
Für uns werden in diesem Vertragslabyrinth mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet, und, wenn Sie so wollen – ich bin gleich fertig, Herr Präsident –, kann man das – die Flugaffären sind ja zurzeit hinlänglich beschrieben – so umschreiben: Wir starten möglicherweise, wenn man diesen Vertrag unterzeichnet, zu einem abfallpolitischen Blindflug. Wir können dieser Form der Privatisierung, wenn man diesen Vorgang überhaupt so nennen kann, nicht zustimmen, auch nicht mit Bedenken.