Rosely Schweizer

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Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Einbringung des Gesetzes zur Mittelstandsförderung wird einem langjährigen Anliegen der kleinen und mittelständischen Betriebe in BadenWürttemberg Rechnung getragen.
Das MFG von 1975 musste aktualisiert werden, und es musste den neuen Anforderungen einer völlig veränderten Wirtschaftswelt im Jahr 2000 angepasst werden. Ich plädiere dafür, dass man in Zukunft nicht mehr ein Vierteljahrhundert wartet, bis eine solche Anpassung dann stattfindet.
Was ist der Mittelstand? In diesem Gesetz wurde die Definition der EU übernommen: Unternehmen mit bis zu 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 40 Millionen Euro. Das sollte aber keine starre Grenze sein. Vieles in der Wirtschaft ist flexibel, und wenn ein Unternehmen darauf achten müsste, den 251. Mitarbeiter nicht mehr einzustellen, nur um in dieser Kategorie zu bleiben, wäre dies sicher nicht in unserem Sinne.
Ein mittelständischer Unternehmer sagte einmal: Belässt man dem Mittelstand die notwendigen Mittel, hat er ohne staatliche Hilfe einen unglaublich festen Stand.
Dieses Ziel ist leider auch mit der letzten Steuerreform bei weitem nicht erreicht worden.
Daher brauchen wir weiterhin ein Mittelstandsförderungsgesetz. Ich persönlich halte es für völlig unlogisch, dem Mittelstand die Mittel durch Steuern abzuknöpfen, um sie ihm anschließend als Fördermittel wieder zufließen zu lassen.
Der Mittelstand will keine Subventionen. Das haben die Gespräche in der Enquete immer wieder ergeben. Aber die Rahmenbedingungen sollten so sein, dass er wegen seiner geringeren Größe nicht benachteiligt ist. In Deutschland wird immer das Bundesland die Nase vorn haben, das die größenbedingten Nachteile der KMU am intelligentesten ausgleichen kann. Dazu gehört auch, dass die öffentliche Hand eigene wirtschaftliche Betätigung so weit wie möglich zurückschraubt und auf die private Wirtschaft überträgt. Ehrlich gesagt, kann ich es nicht verstehen, dass die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft in der Anhörung meinte, sie sei gegen den Rückzug des Staates, Privatisierung und Deregulierung seien nicht erstrebenswert. Da kann ich nur sagen: Sie ist völlig ahnungslos. Wenn die Gewerkschaft ahnungslos ist, dann wird es immer gefährlich.
Zum Ausgleich größenbedingter Nachteile gehört aber auch ein gutes Beratungswesen. Die Großen haben eine Steuerabteilung. Sie haben eine Umweltabteilung, eine Rechtsabteilung, eine Energiezentrale. Die kleinen und mittleren Unternehmen brauchen verlässliche Ansprechund Beratungspartner für diese Probleme. Dabei sollten die Kammern und Verbände sicher Anlaufstellen sein. Sie sollten diese Arbeit, die die beratenden Berufe ausüben können, aber nie dauerhaft übernehmen.
Jawohl. – In der Vergabeordnung ist nicht nur das Ob, sondern auch das Wie für die Vergabe der öffentlichen Hand geregelt. Bei einem Vergabevolumen von mehreren Milliarden sollten unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen immer eine faire Chance haben. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen sollten aber auch ihrerseits den Bedürfnissen der Bauherren Rechnung tragen und zum Beispiel Bietergemeinschaften bilden. Je mehr sie zusammen anbieten, desto größer sind ihre Chancen. Aber auch da ist noch sehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten und Beratungsbedarf vorhanden.
Die Neufassung des MFG ist überfällig. Ich bin froh, dass wir sie in dieser Legislaturperiode noch auf den Weg bringen. Sie wird von vielen erwartet. Sie ist durch die Enquete intensiv begleitet worden. Die CDU stimmt dem Gesetzentwurf zu.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte ganz kurz noch einmal auf ein paar Dinge eingehen. Es ist nicht richtig, dass Herr Capezzuto die ganze Zeit dabei gewesen wäre.
Daher kann er auch ein paar Dinge nicht wissen.
Die neue Definition der KMUs, die neuen Größenordnungen haben wir in der Enquete besprochen. Da waren Sie noch nicht dabei.
Natürlich geht es darum. Es geht darum, was jetzt letztlich drin steht. Dass die freien Berufe drin sind, war eine Forderung der Enquete. Dass Existenzgründung und Betriebsübergabe gleichberechtigt enthalten sind, war eine Forderung der Enquete. Dass Beratung ein Schwerpunkt wird, war eine Forderung der Enquete.
Die Enquete zieht sich also eigentlich durch das ganze Gesetz hindurch, und wenn Sie es lesen, werden Sie es sehen.
Einem Punkt muss ich auch widersprechen. Und das betrifft immer wieder diesen offenen Wettbewerb zwischen Betrieben in privater Rechtsform und Privaten. Dieser Wettbewerb kann niemals fair sein. Niemals! Denn ob zum Beispiel ein solcher Betrieb zur Bank geht oder ein Privater zur Bank kommt, das sind einfach zwei Paar Stiefel, und diese Stiefel muss man richtig beurteilen und dann einfach sagen, dass es nicht sinnvoll ist, dass sowohl Öffentliche wie Private auf dem gleichen Gebiet tätig sind.
Auch der Zugang zu Informationen in diesem ganzen Vergabebereich ist für Öffentliche einfach leichter als für die Privaten.
Insofern bin ich wirklich für fairen Wettbewerb, und der ist am ehesten in der freien Wirtschaft gegeben.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Große Anfrage Drucksache 12/1933 ist zwar in vielen Punkten schon überholt, aber sie zeigt doch einige Trends auf, die sich in den letzten zwei Jahren noch deutlich verstärkt haben. Sie haben das schon gesagt, Herr Deuschle: Es geht um den Trend zur grünen Wiese, den Trend zur Großfläche, den Trend zum Erlebnispark, zum Einzelhandel in Verbindung mit Großkinos, zu Sport- und Spaßeinrichtungen, Veranstaltungs- und Musical-Palästen in Kombination mit Handel.
Warum? Das hat mehrere Gründe. Der Mobilitätsgrad der Bevölkerung, und zwar aller Altersgruppen, hat sich sicher noch erhöht, und die Bequemlichkeit auch. Mit Sicherheit verändert sich der Lebensstil. Der Trend geht mehr dahin, dass wir nicht nur einkaufen wollen, sondern beim Einkaufen auch etwas erleben wollen. Wir wollen die Kombination zwischen Gastronomie, Einzelhandel und Freizeitangeboten, eben ein insgesamt spannendes Angebot. Auch die Arbeitszeiten haben sich verändert. Die Flexibilisierung der Arbeitswelt hat uns andere zeitliche Freiräume gegeben. Dadurch nehmen wir manchmal auch längere Entfernungen in Kauf. Außerdem nutzt der Konsument zunehmend die neuen Medien. Der Konsument wendet sich nicht nur den neuen Medien, sondern auch einer ganzen Reihe anderer Handelsschienen zu.
Wie reagiert der Handel jetzt auf diese Situation? Eine große Wirtschaftszeitung hat neulich geschrieben: „Der deutsche Lebensmittelhandel betreibt kollektiven Selbstmord.“ Das ist im Augenblick auch die Situation. Daran ist der Handel selber aber ganz intensiv beteiligt.
Es herrscht ein gnadenloser Preiskampf, sodass sehr viele aufgeben müssen, inzwischen nicht nur die Kleineren, sondern auch Große. Wenn Wal-Mart mit Metro verhandelt, dann reden wir von einer Kaufpreisvorstellung von 40 Milliarden Dollar. Das sind Größenordnungen, bei denen nur noch wenige auf der Welt mitbieten können.
Es geht also um Flächenzuwachs und Umsatzzuwachs, koste es, was es wolle. Das haben Sie schon gesagt. Der Konsument kann sich freuen. Man fragt sich: Sind 1,39 DM für ein halbes Pfund Butter unter Einstandspreis?
Eigentlich ja. Das Kartellamt hat versucht, dagegen vorzugehen. Letztes Jahr sind Metro und Rewe freigesprochen worden. Der Tiger ist zahnlos.
Als Produzenten zahlen wir inzwischen – das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen – „Auslistungsvermeidungsgelder“ oder „Umsatzankurbelungsrabatte“. In diesem Rabattdickicht kennt sich keiner mehr aus, und auch das Kartellamt kann nichts machen. Alle diese Nachlässe dürfen die Handelsketten auf die Preise aufschlagen, und damit können sie fast immer nachweisen, dass der Preis nicht unter den Einstandskosten liegt. Außerdem ist das ein Gebiet, auf dem sehr selten jemand klagt, weil sich diese Klage meistens wieder gegen einen selber wendet.
Was kann man machen? Der Wandel ist in allen Bereichen deutlich zu fühlen. Die grüne Wiese ist ja nicht qua Gesetz vorgegeben. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir den Wandel nicht innerhalb der Tore unserer Städte und Gemeinden vollziehen können.
Hier kann die Politik eingreifen. In den USA hat man FOCs gebaut, die versuchen, die Atmosphäre unserer Innenstädte künstlich herzustellen. Wir aber sehen nicht, was wir wertvolles Gewachsenes haben.
Lange Zeit hatten wir mit den hohen Mieten zu kämpfen. Sie haben es gesagt. Viele Handelsgeschäfte im Innenraum sind kaputt gegangen. Oft stehen Geschäfte leer. Damit gehen die Mieten herunter,
und es wird wieder interessanter, in die Innenstädte zu gehen.
Wir haben oft zu wenig Parkplätze, aber das kann man ändern. Die Verkehrsanbindung haben Sie angesprochen. Die Akzeptanz aller, auch der Anwohner, wächst, Freizeit, Gastronomie und Handel in den Innenstädten anzusiedeln und zu einer gemeinsamen Erlebniswelt zu machen.
Danke.