Jörg Stroedter
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hoffe, dass ich die nächste gute Nachricht, die Sie eingefordert haben, Herr Präsident, jetzt bringen kann. SPD und Linke beantragen als Aktuelle Stunde „Neues Ladenöffnungsgesetz schafft Klarheit und Rechtssicherheit für Handel und Verbraucher“. Ich glaube, das ist eine Erfolgsstory.
Wir ziehen die richtigen Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und legen ein neues und gutes Ladenöffnungsgesetz vor, und das auch trotz aller Kritik, die es im Vorfeld gegeben hat, rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft, sodass auch dort sich niemand Sorgen machen muss.
Ich will einige Punkte nennen. Wir haben weiterhin zehn offene Sonntage. Auch da hat es manches Fragezeichen gegeben. Ich finde gut, dass wir das haben. Wir haben acht Sonntage, die durch die zuständige Senatsverwaltung festgelegt werden, und zwei Sonntage durch die Bezirksämter aufgrund besonderer Ereignisse wie Jubiläen, Straßenfeste und andere. Wir haben gesichert, dass zwei Sonntage im Advent geöffnet sein werden. Mit Sicherheit – ich greife da nicht voraus – wird der vierte Sonntag dabei sein. Das ist der Sonntag, den sich der Handel, aber auch zunehmend die Verbraucher wünschen, denn da wird am meisten eingekauft. Es wird letzten Endes immer später eingekauft.
Wir haben auch sichergestellt, Herr Kollege Dietmann, dass der Handel lange in Vorbereitung weiß, wann geöffnet ist. Wir werden ein halbes Jahr vorher die Daten festlegen, sodass es daher Planungssicherheit gibt.
Wir haben, was die Bahnhöfe betrifft, eine erweiterte Reisebedarfslösung gefunden, die dazu führt, dass auf allen Fernbahnhöfen, also Hauptbahnhof, Ostbahnhof, Südkreuz, Gesundbrunnen und Spandau sowie auf Bahnhöfen mit besonders langlaufenden Regionalzügen wie Zoo, Friedrichstraße, Alexanderplatz, Potsdamer Platz, Wannsee, Lichterfelde-Ost und Lichtenberg Waren des täglichen Verbrauchs, insbesondere Erzeugnisse für den allgemeinen Lebens- und Haushaltsbedarf, Reisegepäck, Reisetaschen, Fan- und Geschenkartikel sowie Sehhilfen angeboten werden,
zu Deutsch, alles außer Schuhe und Kleidung. Ganz eindeutig. Wir hätten uns, ich sage das auch so deutlich, als SPD-Fraktion natürlich vorstellen können, dass man den Hauptbahnhof komplett geöffnet hätte.
Das wollen die Kollegen hören. – Aber man muss auf der anderen Seite sagen: Wir haben natürlich jetzt eine hohe Rechtssicherheit dadurch, dass wir alle Bahnhöfe gleichgestellt haben.
Der Antrag der CDU im Wirtschaftsausschuss hatte das Problem, dass es eine reine Lex Hauptbahnhof war, und alle anderen Bahnhöfe wären dann geschlossen gewesen. Das gehört auch zu der Debatte. Das wissen die Kollegen, was ich damit meine.
Wir haben weiterhin die Sonderregelung für den Flughafen Tegel. Auch das ist wichtig. Was mir besonders wichtig ist, ist, gerade in Zeiten, wie wir sie im Augenblick in der Debatte haben, wenn man sich Stuttgart anschaut, was sich da abspielt, dass wir einen Konsens haben.
Wir haben hohe Unterstützung bekommen und Zusammenarbeit bei der Erstellung des Gesetzes sowohl durch die IHK, durch den Einzelhandelsverband, durch die Kirchen als auch durch Verdi. Es ist eigentlich kaum noch vorstellbar, dass man das überhaupt hinbekommt, dass alle mitziehen. Und wenn man das Echo jetzt sieht, dass alle Verbände und Organisationen sich dahinterstellen, dass wir ein positives Medienecho haben, dann können wir das sehr gut nicht nur verkaufen, sondern das zeigt, das ein Konsens in unserer Gesellschaft möglich ist. Ich möchte mich ausdrücklich bei den einzelnen Organisationen und Verbänden bedanken, dass sie gemeinsam an diesem Gesetz mitgewirkt haben.
Wir glauben, dass letzten Endes alle Beteiligten – Handel, Angestellte und Kunden – zufrieden sein können. Wir haben ein gutes Ladenöffnungsgesetz. Ich gestatte mir zu sagen: Auch dieses Gesetz ist wieder ein Beweis für die Handlungsfähigkeit dieser Koalition. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Opposition beantragt heute als Aktuelle Stunde das Thema „Berliner Vergabegesetz: ein Beitrag für soziale Gerechtigkeit durch Mindestlohn und weitere ökologische und soziale Standards“. Bekanntermaßen kämpft die SPD seit Langem für die Einführung des Mindestlohns. Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Senat am Dienstag den zweiten Anlauf unternommen hat, den Mindestlohn als verbindliches Kriterium für die Vergaben der öffentlichen Hand gesetzlich zu verankern. Mit diesem Schritt greift Berlin das Interesse einer Mehrheit der Menschen in Deutschland auf. Eine aktuelle Umfrage von Infratest Dimap im Auftrag des DGB stellt fest, dass 85 Prozent der Menschen in Deutschland die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns unterstützen. Auch die übergroße Mehrheit der CDU- und FDP-Wähler steht hinter dieser Forderung. Es kann nicht sein, dass immer mehr Menschen für Dumpinglöhne von 3 oder 4 Euro pro Stunde arbeiten und damit gezwungen sind, als Aufstockung zusätzlich Leistungen vom Staat zu erbitten.
Das ist für die betroffenen Menschen erniedrigend. Wer 40 Stunden pro Woche arbeitet, muss von seiner Arbeit leben können. Deshalb ist es richtig, dass der Senat hierfür eine EU-rechtskonforme Regelung in den Gesetzesentwurf aufgenommen hat und die Einführung eines Mindestlohns von 7,50 Euro festschreibt.
Ein gesetzlicher Mindestlohn ist in 21 europäischen Ländern gängige Praxis, ohne dass hierdurch Arbeitsplätze verloren gegangen sind. Leider konnte in der großen Koa
lition dank des Widerstands der CDU kein gesetzlicher Mindestlohn vereinbart werden, sondern nur in einzelnen Branchen konnten mit Hilfe des Entsendegesetzes vernünftige Lösungen gefunden werden. Es ist schon erstaunlich, dass eine Partei mit einem C im Kürzel Probleme mit einer menschenwürdigen Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern hat.
Genauso erstaunlich ist es, dass eine Partei wie die FDP, die sonst immer nach Privatisierung ruft und die Selbstheilungskräfte des Marktes beschwört, es hier für normal hält, den Staat Zusatzleistungen erbringen zu lassen. Die Menschen in Deutschland sind es leid, weiter mit neoliberalen Worthülsen abgespeist zu werden. Wir brauchen Unternehmer, die ihre Mitarbeiter nicht nur unter Kostenaspekten betrachten, sondern ihrer sozialen Verantwortung, die sich aus dem Grundgesetz ergibt, verpflichtet sind. Hierzu gehört selbstverständlich eine leistungsgerechte und menschenwürdige Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Die Koalition hat bereits im März 2008 mit dem Beschluss des Berliner Abgeordnetenhauses über ein neues Vergabegesetz ihren politischen Willen unter Beweis gestellt. Leider hat der Europäische Gerichtshof am 3. April 2008 in dem sogenannten Rüffert-Urteil die Gesetze anderer Bundesländer – und damit auch unser Gesetz – teilweise außer Kraft gesetzt. Wir als SPD halten Mindestlöhne für ein unverzichtbares Element für ein funktionierendes gesellschaftliches Miteinander. Wir sind froh, dass wir heute erneut über das Berliner Vergabegesetz sprechen können, und ich möchte Sie ausdrücklich bitten, für das Thema der Koalition zu stimmen. Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Angst der FDP, nach den Bundestagswahlen wieder nur als Oppositionspartei dazustehen, muss unglaublich groß sein.
Herr Lindner! Sie werden sich wahrscheinlich jetzt gleich aufpumpen, aber ich sage Ihnen: Anders kann ich mir nicht erklären, dass Sie jetzt hier die alte, abgenutzte Rote-Socken-Kampagne der CDU wieder auflegen und sich nicht einmal zu schade dafür sind zu behaupten, SPD und Linkspartei seien die Wegbereiter von Linksextremismus und Chaotentum. Ihnen gehen die Nerven durch, weil Sie auch die Zahlen kennen und wissen, dass Sie am Sonntag wieder scheitern werden. Das heißt: wieder vier Jahre Opposition!
Politisch motivierte Straftaten können und werden wir nicht dulden. Dabei ist es egal, ob diese Straftaten mit
vermeintlich linker oder rechter politischer Überzeugung begründet werden. Doch wer das In-Brand-Setzen von Autos mit den immer wieder stattfindenden brutalen Angriffen von rechtsradikalen Schlägern auf Menschen gleichsetzt, wie zuletzt bei dem brutalen Überfall von Neonazis in Friedrichshain, der verharmlost die Gefahr, die von Rechtsradikalen ausgeht.
Wir tun das nicht, und deshalb ist die SPD für ein neues NPD-Verbotsverfahren.
Die Regierung aus SPD und Linkspartei arbeitet in Berlin verlässlich und erfolgreich zusammen. Wir haben die dringenden Probleme der Stadt angegangen und arbeiten gemeinsam daran, dass sich Berlin vernünftig weiterentwickelt – anders als CDU und FDP, die nicht mehr als pauschale, überzogene Kritik und keine Konzepte für die Stadt hervorbringen und die CDU, die die alte Westberliner Mentalität auszeichnet.
Nein! – Zum Beispiel in der Bildungspolitik, in der CDU und FDP mit ideologischen Scheuklappen verhindern wollen, dass endlich die Perspektivlosigkeit von Schülerinnen und Schülern an den Hauptschulen beendet wird. Wir werden mit der Schulstrukturreform die Schulen an die veränderten Anforderungen der Großstadt Berlin anpassen und sie so fit machen für die Zukunft.
Wir haben Prioritäten im Haushalt gesetzt. Im Doppelhaushalt wird fast drei Mal so viel für Bildung ausgegeben wie der Gesamthaushalt steigt. Wir schaffen die Kindertagesstättengebühren ab und geben zusätzliche Mittel in den universitären Bereich. Wir setzen auf gut gebildete und ausgebildete Köpfe in dieser Stadt.
Vor allem aber setzen wir auf die wirtschaftliche Kraft Berlins. Neben dem Schlüsselprojekt, dem Flughafen BBI, bei dem in der Region langfristig bis zu 40 000 Arbeitsplätze entstehen, setzen wir auf die Förderung neuer Wachstumsbranchen. Wir werden weiter daran arbeiten, dass möglichst viele Berlinerinnen und Berliner einen sicheren und anständig bezahlten Arbeitsplatz haben. Das ist dann der Unterschied zu Ihnen! Denn das, was Sie rot-rote Klientelpolitik nennen, sehr geehrte Damen und Herren der Fraktion der FDP, das ist die notwendige Reaktion auf die tatsächliche Lebenssituation und auf die Nöte der Menschen in unserer Stadt.
Wer sich wie Sie hauptsächlich mit der Frage beschäftigt, wie man die Vermögenden in diesem Land noch weiter entlasten kann, der verliert leider den Blick dafür, wie die Situation vieler Menschen tatsächlich ist. Niedriglohnempfänger, Langzeitarbeitslose werden an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Und die FDP diskutiert, ob die Miete mit Nebenkosten 378 Euro oder 360 Euro als angemessen anzusehen ist. Das ist die Situation, wie sie die FDP diskutiert!
Mir geht es vor allem um die Förderung kleiner und mittlerer Betriebe,
denn sie sind in der Summe diejenigen, die die meisten Arbeitsplätze schaffen. Da haben Sie in der Vergangenheit nichts gemacht, Herr Kollege Lindner!
Umso wichtiger ist das entschlossene und besonnene Handeln in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise gewesen. Der Senat hat mit einer deutlichen Aufstockung der Investitionsmittel einen engagierten Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet.
Die Verdoppelung des Schulsanierungsprogramms hat den kleinen und mittleren Handwerksunternehmen in der Krise neue Aufträge verschafft.
Herr Kollege Gram! Ich weiß, dass die Reinickendorfer CDU zittert, das kann ich jeden Tag auf der Straße erleben.
Im Rahmen des Konjunkturpakets haben wir 632 Millionen Euro in Bildung und Infrastruktur investiert. Das lässt sich sehen! Man kann auch in anderen Bereichen sehen, was die Regierung erreicht hat. Das alles – das sage ich bewusst – in einer Regierung mit der Linkspartei. Ihre roten Socken, die Sie an der Stelle immer bringen, die können Sie einpacken, denn Sie müssten langsam merken, dass das niemand, Herr Lindner, niemand in der Stadt mehr interessiert.
Trotzdem sage ich Ihnen, dass es auf Bundesebene nach der Bundestagswahl – das weiß die Linke auch – keine Zusammenarbeit der SPD mit der Linkspartei geben wird.
Da gibt es eine ganze Reihe von Gründen, die Sie nicht hören wollen, die ich Ihnen aber gern heute noch einmal aufzähle. Der entscheidende Punkt ist dabei die Außen-
und Sicherheitspolitik. Eine Partei, die wie die Linkspartei faktisch die Auflösung der Nato fordert, den LissabonVertrag zur europäischen Entwicklung ablehnt,
ist für die SPD auf Bundesebene nicht koalitionsfähig.
Nein! – Wir haben in Berlin eine Koalition mit der Linkspartei, in der die Linke eine pragmatische, an den Problemen der Menschen und der Stadt orientierte Politik macht. Davon ist die Linkspartei aus meiner Sicht auf Bundesebene noch meilenweit entfernt.
CDU und CSU versuchen, diesen Wahlkampf ohne inhaltliche Aussagen zu machen.
Das ist das Programm: Angela Merkel als Person, keine Inhalte. „Wir haben die Kraft“ – das soll reichen. Die Leute merken aber immer mehr täglich auf der Straße, dass Sie etwas versprechen, aber es nicht halten werden. Sie merken, dass Sie keine Inhalte haben und dass Sie das, was Sie versprechen, nicht bezahlen können.
Ihr Steuerprogramm kostet geschätzte 20 Milliarden Euro zusätzlich. Das sind Mindereinnahmen, die nicht zu finanzieren sind. Übertroffen werden Sie nur noch von der FDP. Herr Lindner wird uns wahrscheinlich wieder erklären, dass der Aufschwung die Steuereinnahmen sprudeln lässt. Fakt ist, dass 80 Milliarden Euro Mindereinnahmen allein als Folge der geplanten Reduzierung der Einkommensteuer zu verzeichnen sind. Das ist unseriös und ist nicht finanzierbar.
Bei Ihnen werden vor allen Dingen Spitzenverdiener entlastet. Mehr als 20 000 Euro sollen sie weniger Steuern zahlen. Das tut Ihnen vielleicht gut, Herr Lindner, aber der breiten Masse in dieser Stadt definitiv nicht.
Dieser Einnahmeverzicht hätte gravierende Folgen für unseren Staat. Bei Investitionen, bei öffentlichen Dienstleistungen, bei der sozialen Sicherung, überall würde es Kürzungen geben. Das wäre sozialer Kahlschlag, das ist Ihre Politik! CDU/CSU und FDP versprechen die massiven Steuererleichterungen und wissen genau, dass schon jetzt die Steuermindereinnahmen so hoch sind, dass die
Haushalte komplett verschuldet sind. Wir benötigen einen handlungsfähigen Staat. Deshalb ist es sinnlos, solche Versprechen abzugeben.
Im Antrag von Bündnis 90/Die Grünen steht sehr viel Richtiges. Deshalb unterstützen wir ihn.
Aber die schwarz-gelben Steuerpläne müssen verhindert werden. Ich sage jetzt einmal deutlich, worum es am Sonntag geht: Schwarz-Gelb, das bedeutet eine Regierung ohne solidarischen Lastenausgleich. Steuererleichterungen gibt es nur für diejenigen, die es ohnehin schon besser haben.
Schwarz-Gelb, das bedeutet, dass es weiter unanständige Löhne für Geringverdiener und keine Mindestlöhne gibt, die die Existenz von Arbeitnehmern sichern. SchwarzGelb bedeutet die Aushöhlung der Sozialversicherung, die Privatisierung der Krankenversicherung und die Kopfpauschale, Ihr altes Modell. Schwarz-Gelb bedeutet, dass auch in Zukunft Manager Millionengagen kassieren und anschließend ihre Unternehmen gegen die Wand fahren können und dass das auch noch steuerlich abgesetzt werden kann.
Schwarz-Gelb bedeutet, dass die Atomkraftwerke unbegrenzt weiterlaufen, obwohl niemand weiß, wohin mit dem Strahlenmüll. Schwarz-Gelb bedeutet das Ende des solidarischen Lastenausgleichs, es bedeutet Niedriglöhne und die Beseitigung von Arbeitnehmerrechten. Deshalb muss Schwarz-Gelb verhindert werden. Ich bin sicher, die Berlinerinnen und Berliner sind am Sonntag so schlau, das zu verhindern. Dass sie wissen, dass das so ist, macht Ihnen große Sorgen, Herr Lindner! Denn das hieße vier Jahre weiter Opposition. Viel Vergnügen im Deutschen Bundestag! – Vielen Dank!
Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion begrüßt die Entscheidung des Berliner Senats vom 27. Mai 2008 ausdrücklich – so lange ist es her, und so verspätet kann man heute darüber sprechen –, das ICC bei laufendem Betrieb abschnittsweise zu sanieren und zu modernisieren. Wir sind froh, dass mithilfe der drei Gutachten, die im Sommer 2007 in Auftrag gegeben wurden, eine Entscheidungsgrundlage dafür geliefert wurde, in welchem Zusammenhang die Frage zu klären war, mit welchem Raum- und Funktionsprogramm die Anforderungen der Messe am besten erfüllt werden. Wir glauben, dass die drei neuen Gutachten – anders als frühere Untersuchungen – einen echten Vergleich zwischen der Sanierung des ICC und einem Neubau am Standort der Deutschlandhalle erbracht haben. Es ist kein Geheimnis, dass sich sowohl der Wirtschaftssenator als auch die Messe Berlin den Neubau eines Kongresszentrums gut hätten vorstellen können. Manches Gutachten diente auch dazu, diesen Standpunkt der Messe zu untermauern. Es ist leichter für die Messe, ein neues Kongresszentrum zu bauen und das alte bis dahin ohne Einschränkungen weiter zu benutzen, als das bestehende Gebäude bei laufendem Betrieb über mehrere Jahre zu sanieren. Aus unserer Sicht war und ist der entscheidende Punkt für die getroffene Entscheidung, dass es für das ICC keine seriöse Nachnutzungskonzeption gab. Ein kompletter Abriss des ICC wäre praktisch schon wegen der Stadtautobahn undurchführbar und mit Sicherheit extrem teuer gewesen. Bei einem Teilabriss wären auch hohe Kosten entstanden, und das vorhandene Rest-ICC als Shoppingmeile zu nutzen, wäre ganz indiskutabel gewesen und zulasten
der Einzelhandelsgeschäfte in der Kantstraße gegangen. Andere Vorschläge wie ein Einmotten des ICC waren erst recht absurd.
Darüber hinaus wurde das ICC mehrfach als bestes europäisches Kongresszentrum ausgezeichnet. In den nächsten Jahren ist es bereits sehr gut bebucht. Das ICC hat in vielen Bereichen, insbesondere in der Medizin, die Rolle eines Weltmarktführers. Dies bedeutet, sogar ein unsaniertes ICC ist heute schon ein finanzieller Gewinn für unsere Stadt. Hinzu kommen Imagegewinn und Werbewirksamkeit durch die weltweite Berichterstattung.
Es muss leider auch festgestellt werden, dass die Debatte der vergangenen Jahre – und es waren viele Jahre – über Sanierung bzw. Abriss des ICC dem Ruf Berlins als führende Kongressstadt geschadet hat.
Umso wichtiger ist es jetzt, nach der getroffenen Entscheidung den positiven Blick nach vorn zu richten. Umso bedauerlicher ist es, dass Teile der Opposition eine negative Diskussion um die Lösung der Finanzierungsfragen im Zusammenhang mit der Sanierung des ICC entfacht haben.
Die Aussage von Wirtschaftssenator Harald Wolf ist richtig, dass eine absolute Kostensicherheit auf der Grundlage der bisher vorliegenden Ideen bzw. Massenstudie nicht abgegeben werden kann. Dies wäre bei jedem anderen Bauvorhaben und jeder anderen Sanierung eines vorhandenen Gebäudes nicht anders.
Ganz unverständlich war aus meiner Sicht die Position der IHK zu der vom Senat getroffenen Entscheidung. Gerade die IHK hatte sich in der leidigen Debatte zum Flughafen Tempelhof, die auch heute wieder eine Rolle spielte, immer dafür ausgesprochen, den Flughafen unverändert zu erhalten. Dort wurden nicht nur rechtliche, sondern auch wirtschaftliche Gründe beiseitegeschoben. Beim ICC nun heißt es aus Sicht der IHK: Hier wird viel Geld für ein Westberliner Wahrzeichen ausgegeben.
Seltsam, seltsam! – Natürlich ist eine Sanierung bei laufendem Betrieb über viele Jahre keine einfache Angelegenheit. Eine Sanierung über einen Zeitraum von ca. sechs Jahren ist jedoch schon deshalb absolut zwingend, weil nur so sichergestellt werden kann, dass der Kongressbetrieb ohne größere Einschränkung weiterlaufen kann. Der Vorteil einer längerfristigen Sanierung liegt auch darin, dass sich die Kosten auf insgesamt drei Doppelhaushalte verteilen werden.
Bei der der Senatsentscheidung zugrunde liegenden Variante 2 der neuen Gutachten belaufen sich die Kosten der Sanierung des ICC auf 182 Millionen Euro. Weitere 58 Millionen Euro würden erst benötigt, wenn eine Erweiterung des ICC zur Erfüllung des idealtypischen Raumprogramms erfolgte. Gegebenenfalls gehört hierzu
ein gesondertes Brückenbauwerk über den Messedamm. Eine solche Vernetzung mit dem Messegelände könnte von großem Vorteil sein. Man wird dann prüfen müssen, inwieweit das ehemalige Parkhaus entsprechend umgebaut werden kann, falls wir es für sinnvoll halten.
Das ICC wird nach der Sanierung modern und zeitgemäß sein. Die Messe Berlin wird ein zukunftsfähiges Kongresszentrum erhalten. Wir gehen davon aus, dass der einmalige Baukörper des ICC längst nicht mehr nur ein Symbol für das alte Westberlin, sondern ein bedeutendes Wahrzeichen für unsere ganze Stadt ist, auf das wir alle stolz sein können. – Danke!