Dann stimmen wir zunächst über die Überweisung des Alternativantrags der AfD-Fraktion an den Ausschuss für Umwelt, Energie und Naturschutz ab. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Stimmen der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind
die Stimmen aller anderen Fraktionen. Stimmenthaltungen? Sehe ich keine. Damit ist diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Es gibt den Antrag zur Überweisung des Alternativantrags an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Wer möchte hier seine Zustimmung geben? Das sind die Stimmen aus der AfD-Fraktion. Gegenstimmen? Das sind die Stimmen aller anderen Fraktionen. Stimmenthaltungen? Sehe ich keine. Damit ist auch diese Ausschussüberweisung abgelehnt.
Zu Ihrer Erläuterung: Der Hauptantrag ist an den Ausschuss überwiesen, also stellen wir auch keine Beschlussfassung mehr zum Alternativantrag fest.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich darf Sie bitten, wieder Platz zu nehmen. Wir fahren fort in der Tagesordnung und rufen auf den Tagesordnungspunkt 13
Stärkung der thüringischen Wirtschaft durch verbesserte Außenhandelsbeziehungen zur Russischen Föderation Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/1643 -
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Jahr 2014 verhängte die Europäische Union Wirtschaftssanktionen gegenüber der Russischen Föderation. Im Januar dieses Jahres beschlossen die EU-Staats- und Regierungschefs, die sektoralen Wirtschaftssanktionen bis zum 31. Juli 2021 zu verlängern. Nach einer Analyse des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft vom September letzten Jahres ging der Handel mit Russland zwischen 2013 und 2019 in den östlichen Bundesländern prozentual deutlich stärker zurück als im Westen. Das Außenhandelsvolumen von Thüringen mit Russland betrug einst über 400 Millionen Euro. Seit den Sanktionen bis 2019 sank es um mehr als ein Drittel. Das sind herbe Verluste für die Thüringer Wirtschaft. Vor allem der wechselseitige Handel mit landwirtschaftlichen Gütern befindet sich auf einem konstant niedrigen Niveau.
Nicht nur das Handelsvolumen unseres Freistaats mit der Russischen Föderation ist betroffen. Die Sanktionen wirken sich auch negativ auf die Reisen von russischen Bürgern nach Thüringen aus. Die Zahl der Übernachtungen ging deutlich zurück. Das zieht einen Rattenschwanz nach sich, den Unternehmer, Landwirte, Gastronomen und zahlreiche Arbeitnehmer und Familien zu spüren bekommen. Traditionell bestehen zwischen vielen ostdeutschen Unternehmen, aber auch Familien und Russland starke Beziehungen. Diese Vorteile sollten wir nicht länger leichtsinnig aufgeben – schon gar nicht in diesen Zeiten. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen wir bessere Beziehungen zu Russland einfordern.
Die Russische Föderation zählt politisch wie wirtschaftlich zu den bedeutendsten internationalen Akteuren. Eine Entspannung und Normalisierung der Beziehungen muss daher nicht nur aus wirtschaftlichen Interessen, sondern auch aus politischen Gründen endlich wieder angegangen werden. Daneben entspricht eine Beendigung der Sanktionen dem ausdrücklichen Wunsch der überwältigenden Mehrheit der Thüringer Bürger, wie eine Umfrage aus dem Jahr 2019 bereits ergab. Als besonders erstrebenswert sieht die AfD-Fraktion Bemühungen der Landesregierung um eine enge Kooperation mit Tatarstan und speziell der Region um Kasan, wohin traditionell einige enge Beziehungen bestehen. Sie gilt als eine der wohlhabendsten Republiken der Russischen Föderation und nimmt nach Moskau die zweite Stelle in der wirtschaftlichen Entwicklung ein. Dort sollte die Landesregierung aus unserer Sicht für den Tourismus in Thüringen werben, denn wir hoffen alle, dass die Tourismusbranche schnellstmöglich wieder durchstarten kann.
Zudem gilt es weiterhin, das bislang ungenutzte Potenzial des Flughafens Erfurt-Weimar zu aktivieren. Der Flughafen Erfurt-Weimar stellt insbesondere für meinen geschätzten Kollegen Stefan Möller, einen gebürtigen Erfurter, eine absolute Herzensangelegenheit dar.
So könnte der Flughafen Erfurt-Weimar unter anderem über Fracht- und Passagierflüge für den Austausch mit der Russischen Föderation etabliert werden.
Aus diesen Gründen wollen wir als AfD-Fraktion ein Ende der Russlandsanktionen und fordern die rotrot-grüne Landesregierung auf, sich auf Bundesebene gegen weitere Sanktionen auszusprechen sowie die thüringisch-russischen Beziehungen aufzufrischen.
Indem zahlreiche deutsche Politiker der russischen Regierung überheblich mit erhobenem Zeigefinger begegnen, lösen wir keine Konflikte. Wir kurbeln so auch unsere wirtschaftlichen Beziehungen nicht an, die wir gerade jetzt so dringend brauchen. Darum brauchen wir einen Schritt auf Russland zu und müssen die Russlandsanktionen beenden. Vielen herzlichen Dank.
Die Landesregierung hat angekündigt, von der Möglichkeit eines Sofortberichts gemäß § 106 Abs. 2 der Geschäftsordnung keinen Gebrauch zu machen. Damit eröffne ich die Aussprache und als Erster erhält Abgeordneter Bühl für die CDU-Fraktion das Wort.
Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kollegen, liebe Frau Präsidentin, bei dem vorliegenden Antrag der AfD-Fraktion hat man schon bei der Einbringung gemerkt, dass der AfD eine Differenzierung im Russlandverhältnis sehr schwerfällt.
Man merkt eindeutig, dass dort eine sehr große Einseitigkeit vorherrscht, die sich auch in diesem Antrag hier eindeutig niederschlägt.
Ich will das Ganze ein ganzes Stück differenzierter betrachten. Ja, natürlich hat Thüringen, haben gerade die neuen Länder eine traditionell enge Bindung auch in Richtung Russland. Natürlich ist uns das auch wichtig, dass wir mit den Menschen dort im Gespräch sind, dass wir auch die Wirtschaft eng verzahnt halten, weil es enge Verzahnungen über die Jahrzehnte gibt. Aber auf der anderen Seite dürfen wir eben auch nicht vergessen, dass zwischen den Menschen und der Regierung, die sie aktuell regiert, doch ein deutlicher Unterschied ist und dass wir – und das fordern Sie ja in ihrem Antrag – mit der Aufhebung aller Sanktionen nämlich diese Regierung auch irgendwo gleichstellen und anerkennen, dass diese Regierung sich in Sachen Menschenrechte Verfehlungen eingehandelt hat in den letzten Jahren, die einfach nicht unwidersprochen stehen bleiben dürfen.
Wir sehen das Verhältnis mit Alexei Nawalny, wir sehen, was in den letzten Monaten dort passiert ist. Wir sehen einen massiven Truppenaufbau der Russen. Wir haben den Überfall russischer Truppen gesehen, wo Gebiete annektiert wurden. Das ist zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg eine Annexi
on von Gebieten gewesen. Das darf nicht unwidersprochen bleiben. Deshalb sind die Sanktionen auch eingeführt worden und man muss auch sagen, es ist ja auch Sanktion und Gegensanktion. Auch die Russen haben Sanktionen gegenüber EUVertretern ausgesprochen und der Kurs der gefährlichen Provokation, den Russland in den letzten Jahren gefahren hat, der setzt sich ja fort. Das müssen wir eindeutig auch sagen und müssen wir auch eindeutig benennen, dass diese russische Regierung in Sachen Menschenrechte doch deutliches Nachholpotenzial hat. Das will ich ganz klar sagen: Wir brauchen Klarheit, wir brauchen aber auch Dialog. Zu dieser Unterscheidung, zu dieser Differenzierung scheint die AfD-Fraktion vorliegend nicht fähig zu sein.
Aber ich will das auch noch ein Stückchen fortsetzen. Wir wollen durch Sanktionen natürlich auch Verhaltensänderungen der russischen Regierung befördern und deswegen sind diese Sanktionen so lange nötig,
Auf der anderen Seite sehen wir natürlich auch, dass Brücken nicht abgebrochen werden dürfen, dass wir eine enge Bindung zu Russland, die sich über Jahrzehnte aufgebaut hat, weiterhin brauchen, weil sie eben auch im wirtschaftlich gegenseitigen Interesse ist. Wir haben auf der einen Seite 46 Prozent Exporte in die EU von Russland und auf der anderen Seite 38 Prozent Importe aus der EU. Da sieht man, dass es faktisch eine gegenseitige Abhängigkeit von Russland und der EU gibt, die auch zum gegenseitigen Nutzen sein kann. Aber es muss eben auch klar angesprochen werden, was nicht geht.
Wir haben in Thüringen deutliche Verbindungen, ob das der Maschinenbau ist, ob das andere Wirtschaftszweige sind. Wir haben deswegen ja auch als CDU-Fraktion frühzeitig gefordert, dass man sich auch, was den Impfstoff Sputnik V betrifft, dort eng anlehnen sollte. Das machen auch andere Bundesländer wie zum Beispiel Bayern. Aber wenn man jetzt auf den Antrag schaut, den Sie hier gestellt haben, liebe AfD-Fraktion, dann muss man sich schon fragen, der erste Teil mit dem Handelsvolumen, okay, das ist ja nur eine Feststellung. Aber wenn Sie zum Beispiel fordern, dass der Flughafen regelmäßige Flugverbindungen zwischen Erfurt/Weimar und Zielen der Russischen Föderation etablieren soll, dann frage ich mich, ob Sie sich mit
Ich will ganz klar sagen: Wir sind Verfechter dieses Flughafens, wir wollen ihn auch erhalten, aber ob es nun gerade die erste Priorität ist, Flüge nach Russland aufzubauen, das weiß ich nicht. Denn wir suchen für den Flughafen ja gerade auch andere Verbindungen, Verbindungen, die vielleicht den Thüringern in ihrem täglichen Alltag näherliegen. Ich glaube, dass es da gerade wichtig ist, dass wir gerade auch den Thüringern Möglichkeiten bieten, ihren Sommerurlaub von Erfurt aus verbringen zu können, und ob da unbedingt die russischen Ziele die erste Destination sind und sich diese Flüge rechnen würden, das wage ich doch arg zu bezweifeln.
Was die enge Kooperation mit der Region Kasan betrifft: Die gibt es. Ich komme aus Ilmenau. Ich weiß, wir haben enge Verbindungen der Universität Ilmenau mit Kasan. Das ist nichts, was Sie extra fordern müssen. Das passiert übrigens auch trotz der Sanktionen, das halten wir auch am Leben. Es gibt regelmäßige Reisen, es gibt auch Städtepartnerschaften, die sich neu entwickeln. Elgersburg hat zum Beispiel erst jetzt eine Städtepartnerschaft mit einer Nachbarstadt von Kasan geschlossen. Das sind wichtige Sachen, die entwickeln sich, die brauchen wir nicht einfordern, die passieren auch trotz der Sanktionen, weil die Menschen die Verbindungen suchen und die Menschen suchen die Verbindungen trotz der russischen Regierung.
Wenn man jetzt den dritten Punkt anschaut – Bundesebene, weitere Verlängerung der russischen Importsanktionen abschaffen –, wie gesagt: Wenn sich Russland bewegt, wenn sich die Regierung in Richtung Menschenrechte bewegt, dann wird man auch darüber sprechen können, aber nicht, wenn sich weiter Truppenbewegungen vollziehen, wenn man sieht, dass dort Bürgerbewegungen unterdrückt werden. Das kann von uns nicht unwidersprochen bleiben und deswegen wird es diese Sanktionen auch brauchen. Deswegen können wir diesem Antrag, wie Sie ihn hier vorgelegt haben, liebe AfD-Fraktion, nicht zustimmen. Ich hoffe, ich habe es differenziert genug auseinandernehmen können. Wir werden ihn aber auch nicht ablehnen, sondern wir werden uns enthalten, weil wir sehen, dass die Verbindung zu Russland, zu den Menschen in Russland für uns wichtig ist. Aber das geht augenscheinlich aktuell mit dieser Regierung in Russland nicht so einfach. Vielen Dank.
Vielen Dank. Als Nächster erhält Abgeordneter Müller von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer am Livestream, wir beschäftigen uns mit einem schon etwas älteren Antrag der AfD mit der Zielsetzung, den Außenhandel zwischen dem Freistaat Thüringen und der Russischen Föderation zu stärken bzw. wieder anzukurbeln. Die AfD begründet diesen Wunsch unter anderem mit der außerordentlichen Bedeutung Russlands für die Thüringer Wirtschaft. Wenden wir uns einmal den Exportzahlen der deutschen Wirtschaft zu. Zwischen 2008 und 2020 lagen die Exporte zwischen 20 und 38 Milliarden Euro, mit einem Maximum im Jahr 2012. In den zurückliegenden vier Jahren lag der Wert bei rund 25 Milliarden Euro pro Jahr – bundesweit gesehen. Der Thüringer Außenhandel weist dabei Volumina von rund 3,5 bis 4 Milliarden Euro auf. Davon entfallen rund 0,3 Milliarden Euro auf den Handel mit Russland, also gesamtwirtschaftlich gesehen eher unbedeutend. Im Gegensatz dazu werden mehr als 50 Prozent der in Thüringen produzierten Exportgüter innerhalb der Europäischen Union vermarktet. Im Verlauf der zurückliegenden Jahre hat sich die heimische Wirtschaft zunehmend besser auf die Sanktionen eingestellt. Sie hat alternative Märkte erschlossen, andere Produkte hergestellt und somit die Ausfälle weitestgehend kompensieren können. Warum in Gottes Namen also dieser Antrag der AfD?
Erinnern wir uns: Der Außenhandel mit Russland ging aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen Russland durch die Europäische Union zurück. Und erinnern wir uns bitte auch an den Grund der Sanktionen: Nach der Annexion der Krim 2014 begann die Europäische Union mit Sanktionen gegen Russland. Kollege Bühl hat es gerade schon benannt: Es war die erste Besetzung eines Teils eines autonomen Staats durch Russland nach Ende des Kalten Krieges. Es ging erstens um Sanktionen gegen die russische Wirtschaft, vor allem in den Bereichen Energie und Verteidigung. Zweitens wurden Sanktionen gegen Personen verhängt, die für die Annexion der Krim und für den Krieg in der Ukraine verantwortlich gemacht werden. Um es noch einmal zusammenzufassen: Russland hat widerrechtlich einen Teil der Ukraine besetzt und annektiert. Da ist es umso erstaunlicher, dass Russland und die annektierte Krim den Abgeordneten der AfD seit 2014
offensichtlich als besonders rege frequentiertes Reiseziel dienen – egal ob Sie dabei als sogenannte neutrale Wahlbeobachter der völkerrechtswidrigen Abstimmung auf der annektierten Krim beiwohnen, sich in anderen schwierigen Regionen Russlands umsehen oder für den russischen CoronaImpfstoff werben. Mehr als hundert Reisen führten die Vertreter der AfD seit 2015 in die umkämpften Gebiete der Ost-Ukraine, auf die Krim, in den Kaukasus oder auch nach Weißrussland. Nicht wenige dieser Reisen wurden über russische Quellen finanziert und übrigens, meine Damen und Herren, auch wieder ein Beispiel der Vorteilsnahme durch Abgeordnete der AfD. Und nun, meine Damen und Herren, setzt sich die AfD wieder einmal als Oberlobbyist für bessere Kontakte oder Beziehungen nach Russland ein, dieses Mal etwas niedriger angesiedelt, für die Thüringer Wirtschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Fakt ist, keine ausländische Regierung untergräbt derart Deutschlands Sicherheit und Wohlstand wie die Putins. Sich dem Kreml anzudienen, wie die AfD es mit ihren Reisen, ihren Anträgen und ihren Initiativen tut, sollte selbst dieser Partei unwürdig sein. Dabei ist eines festzustellen: Russland und seine Bevölkerung sind nicht das Ziel der Sanktionen und es ist absolut bedauerlich, dass die anhaltenden politischen Spannungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Russischen Föderation auch die Beziehungen zwischen den Völkern vergiften. Es ist die kleine Clique um Präsident Putin, die den europäischen Demokratien feindlich gesinnt ist. Sie treiben einen Keil in die europäische Staatengemeinschaft und wieder einmal versucht die AfD, ihre eigenen Ziele, ihre Ablehnung des europäischen Gedankens mit dem sich Andienen bei Präsident Putin durchzusetzen. Wie menschenverachtend und niederträchtig muss die AfD sein, die sich mit dieser Bande gieriger, skrupelloser und nationalistischer Autokraten einlässt! Wie naiv oder egoistisch muss eine Parteiführung sein, um sich diesen Leuten als Werkzeug und Handlanger anzudienen und in der Erwartung eines Vorteils Schaden für Deutschland in Kauf zu nehmen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Verhalten der AfD lässt mich wieder einmal fassungslos zurück. Das deutschlandfeindliche Verhalten der AfD sollte aber auch der eigenen Wählerschaft zu denken geben.
(Zwischenruf Abg. Cotta, AfD: Sie wollen das Wort „Deutschland“ aus Ihrem Wahlpro- gramm streichen!)
An den Ursachen der Sanktionen hat sich nichts geändert und daher werden wir, Bündnis 90/Die Grünen, den Antrag der AfD ablehnen. Und im Übrigen, Herr Aust, Wandel durch Handel mit Russland ist gescheitert.