Protocol of the Session on June 1, 2023

(Heiterkeit DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Ja, ja!)

ist es bei Fachkräftemangel nicht eine natürliche Bewegung. Sie haben ja heute sogar oder auch irgendein Kollege hat die Systematik von Preisbildung durch Angebot und Nachfrage hinreichend beschrieben. Und wenn ich mal reinschaue, bin ich ganz nahe beim Kollegen Henkel. Dass Sie nicht selber darauf kommen, dass irgendetwas an der Systematik nicht stimmen kann, wenn Sie eben eine Landesvergabeberatungsstelle brauchen, also, das ist ja schon kafkaesk, was Sie machen. Das ist, man würde vielleicht sagen, Potemkinsches Dorf, was Sie hier tun. Sie bauen Dinge auf, die am Ende niemand umsetzen kann. Das muss sich doch logisch schon widersprechen, dass Sie damit das Ziel, die Lebensrealitäten von Menschen zu verbessern, gar nicht erreichen werden, sondern Sie überfordern diejenigen, die sich bemüht an Gesetzgebung halten wollend Auftragnehmer suchen. Und das sagen Ihnen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in diesem Land. Das sagen sogar Teile der Verwaltung. Und wir hatten die Diskussion

zur Vergabe der digitalen App, der Familien-App im Ausschuss – eine Katastrophe, was da geliefert worden ist, weil es so komplex war, dass sich einer darauf beworben hat und dann lieber die Finger davongelassen hat. Deswegen geht das auch nicht vorwärts, sodass das ganze Verfahren noch mal neu aufgesetzt werden kann.

Also: Familien, gute Familienpolitik, gute Lösung ade! Danke, Rot-Rot-Grün!

(Zwischenruf Abg. Dr. Lukin, DIE LINKE: Das stimmt doch gar nicht!)

Das kann doch nicht die Aufgabe …

(Zwischenruf Abg. Schubert, DIE LINKE: Bleiben Sie doch mal bei der Sache!)

Ich war bei der Debatte dabei, wo wir die Kolleginnen und Kollegen auch im Ausschuss dazu angehört haben. Aber das ist ja nur ein Beispiel gewesen. Sie verschärfen das ja auch noch. Wir haben heute Morgen darüber gesprochen, warum es ein ungutes Gefühl in unserer Gesellschaft gibt. Vielleicht liegt es eben daran, dass Sie im Glauben, das Richtige und auch das Gute zu tun, überpacen und Sie tun das auch wieder hier im Vergabegesetz.

(Zwischenruf Abg. Henfling, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das liegt auch an der FDP!)

Denn jetzt müssen zukünftig öffentliche Auftraggeber nach § 17 das Einhalten der Vorgaben des Vergaberechts kontrollieren. Und jetzt sagen Sie mir mal, wie das funktionieren soll. Es fehlt mir die Phantasie, wie aus dem guten Wollen gute Politik werden kann.

(Unruhe DIE LINKE)

Ganz ehrlich, ich bin ziemlich enttäuscht. Ich dachte, Sie hätten sich auch weiterbewegt, nämlich hin zu einer klugen Politik. Das ist heute leider der Nachweis, dass Sie eher den Schritt weiter davon weg gehen.

Auch wir wollen das natürlich im Ausschuss diskutieren, aber wir haben uns sehr schwergetan, hier in irgendeiner Position was Positives zu finden, also nicht eine Sache. Auch die verpflichtende Teilnahme von Kommunen an der digitalen Vergabeplattform – das ist heute ja schon möglich, das machen übrigens auch schon Kommunen – ist keine Begründung. Ich weiß noch nicht mal, was Sie wollten, außer vielleicht die Gewerkschaften zu befrieden ein Jahr vor der Landtagswahl. Aber so wird das wahrscheinlich keine Mehrheit für Ihren Gesetzentwurf geben, zumindest nicht mit Stimmen der FDP. Vielen Dank.

(Beifall Gruppe der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Montag. Jetzt hat sich für die AfD-Fraktion Herr Aust noch mal zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja schon spät für uns alle und da kann es sein, dass bei dem einen oder anderen Abgeordneten schon mal Halluzinationen aufkommen. Bei Herrn Schubert war das gerade gleich dreifach der Fall. Erstens, Sie seien die Speerspitze des Fortschritts. Das Einzige, was diese Thüringer Landesregierung hier hervorgebracht hat, ist, dass Sie die Speerspitze der Deindustrialisierung in Deutschland sind,

(Beifall AfD)

wie man aktuell in Brotterode eben sehen kann. Das Zweite ist, Sie haben gesagt, na ja irgendwie soll die AfD angeblich dagegen sein, dass wir einen fairen Wettbewerb sicherstellen. Das genaue Gegenteil ist der Fall, das habe ich auch ausgeführt. Die Frage ist nur, wer mit der Aufgabe betraut wird, diesen fairen Wettbewerb sicherzustellen: Ist es die staatliche Bürokratie oder sind es die einzelnen Unternehmen, die damit belastet werden? Und das lehnen wir ab?

(Beifall AfD)

Und drittens, zum Thema „Umverteilung“, dass ich das gestern ganz grundsätzlich verneint hätte. Zunächst einmal spricht schon mal eine ganze Reihe von Anträgen dagegen. Wir haben nichts ganz grundsätzlich gegen Umverteilung, sondern erstens geht es um Maß und Mitte, das ist etwas ganz Entscheidendes, dass diejenigen, die diesen Sozialstaat finanzieren, nicht überlastet werden dürfen. Und zweitens ist die Frage, wer eigentlich von dieser Umverteilung profitiert. Und das soll nach unserer Ansicht eben nicht die ganze Welt sein, sondern ganz spezifisch unsere eigenen Leute und damit machen wir nächstes Jahr auch Wahlkampf. Vielen Dank.

(Beifall AfD)

Vielen Dank, Herr Aust. Jetzt hat sich für die Fraktion Die Linke Herr Abgeordneter Schubert noch mal zu Wort gemeldet.

Herr Montag, ich bin nicht enttäuscht, denn die Rede, die Sie hier gehalten haben, ist genau das, was wir erwartet haben: Der neoliberale Sprech, wie er all die Monate von Ihnen hier produziert wurde, ohne tatsächlich mal auf die Fragen einzugehen, die vor uns stehen. Warum haben wir denn einen Fachkräftemangel in diesem Land?

(Zwischenruf Abg. Aust, AfD: Wegen Ihrer Bildungspolitik!)

Warum haben wir denn an dieser Stelle diesen notwendigen Transformationsbedarf auch politisch zu organisieren? Wie können wir denn tatsächlich dieser Zukunft begegnen? Das, was Sie uns hier wieder entgegenhalten, ist der übliche neoliberale Sprech. Sie wollen deregulieren, Sie wollen die Regeln abbauen und Sie sind der Überzeugung, der Markt regelt alles von selbst. Dieser Überzeugung sind wir explizit nicht und deswegen haben wir eine Novellierung des Thüringer Vergabegesetzes vorgelegt, was eine Weiterentwicklung bedeuten kann.

Kollege Schubert, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Montag?

Am Ende meiner Redezeit, Herr Präsident.

Dass Sie das nicht hören wollen, ist mir schon klar. Aber Sie müssen sich doch mal ehrlich machen. Wenn Sie sagen, Sie wollen im Ausschuss diese Fragen diskutieren und uns hier befragen, wie oft wir denn anwesend waren bei den Debatten zum Vergabegesetz, dann muss ich Sie mal zurückfragen: Wissen Sie eigentlich, wie oft die FDP anwesend ist in den Debatten im Ausschuss?

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Ob Sie zugehört haben, habe ich gefragt!)

Fragen Sie doch mal Ihre Referentin, wie viel Zeitanteile ein Vertreter Ihrer Gruppe den Ausschussdiskussionen tatsächlich beiwohnt, geschweige denn sich dort zu Wort meldet.

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Wir sind da, wenn es wichtig ist!)

Sie müssen selber mal versuchen, Herr Montag, nicht immer nur große Blasen zu beschreiben, sondern Anspruch und Wirklichkeit in Ihrer Person zusammenfinden zu lassen, damit wir konzentriert über Inhalte diskutieren können.

Jetzt können Sie gern noch Ihre Frage stellen.

(Abg. Montag)

Danke, dass ich Ihnen eine Frage stellen darf. Erst mal Danke für das Lob, dass ich als Vertreter einer liberalen Partei liberale Positionen beziehe.

(Zwischenruf Abg. Bilay, DIE LINKE: Partei- soldat!)

Dann aber doch noch zur Frage: Würden Sie sagen, dass die Vorgaben des Vergabegesetzes – ich nehme jetzt mal die 13,50 Euro, die hier vorgeschlagen sind, aus – unnötig sind, weil die Vorgaben allgemeingesetzliche Regelungen enthalten, wie aus dem Arbeitsschutz, aus dem Arbeitszeitgesetz usw. usf.? Diese Regeln gelten ohnehin. Warum also diese Extranormierung?

Das glauben wir nicht, Herr Montag. Das beweisen auch die Vergabegesetze in anderen Bundesländern, übrigens auch in solchen, wo die FDP in Regierungsverantwortung war oder ist. Das ist doch kein Argument.

(Zwischenruf Abg. Montag, Gruppe der FDP: Wir haben es abgebaut in NRW!)

Das ist doch kein Argument. Nein. Wir glauben, dass das notwendig ist. Vor diesem Hintergrund schlagen wir jetzt eine Novellierung vor. Die wollen wir mit Experten diskutieren. Wenn Sie sich daran beteiligen wollen, vielleicht sogar auch im Ausschuss, freuen wir uns darauf.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Vielen Dank, Herr Schubert. Ich sehe jetzt aus den Reihen der Abgeordneten keine Wortmeldungen mehr. Ich schaue in Richtung der Landesregierung. Bitte schön, Frau Staatssekretärin Böhler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Abgeordnete, die öffentliche Hand steht wie auch unser gesamtes Wirtschaftssystem vor großen Herausforderungen. Ob Digitalisierung, Fachkräftemangel oder Dekarbonisierung, all diese Themen berühren auch die öffentliche Verwaltung. Die Transformation der vielfältigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erfordert ebenso im Bereich der öffentlichen Beschaffung und der Vergabe ein Umdenken. Hinzu kommt, zunehmende Unsicherheiten, Lieferschwierigkeiten und plötzlich auftretende Krisen und Ereignisse, die kurzfristige Reaktionen einfordern, setzen das Vergaberecht und auch die Vergabestellen unter erheblichen Druck. Es ist also

unerlässlich, die Krisenfestigkeit des Vergaberechts insgesamt zu stärken, insbesondere vor dem Hintergrund des absehbaren Personalmangels. Auch in der öffentlichen Verwaltung sollten wir uns alle bemühen, im Ergebnis ein praktikables Vergabegesetz zu schaffen. Gleichzeitig sollen die öffentliche Beschaffung und Vergabe wirtschaftlich sein sowie soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen können, ohne dabei die Rechtssicherheit von Vergabeentscheidungen und die Arbeitsfähigkeit der öffentlichen Hand zu gefährden oder die Zugangshürden für den Mittelstand zu erhöhen.

Sehr geehrte Damen und Herren, im Frühjahr 2022 wurde – das wurde heute schon mehrfach gesagt – das Thüringer Vergabegesetz auf der Grundlage eines Landtagsbeschlusses durch externe Gutachter evaluiert. Die Ergebnisse dieser Evaluierung liegen Ihnen seit letztem Herbst vor. Diese Evaluierung hat angesichts des eingangs skizzierten Spannungsverhältnisses neben positiven Aspekten auch Kritikpunkte zum Vorschein gebracht. Auf der Basis der Ergebnisse der Evaluierung sprachen die Gutachter dabei fünf zentrale Handlungsempfehlungen aus. Einige wurden ja schon genannt. Ich nenne sie aber noch mal der Vollständigkeit halber: 1. Verschlankung und Entbürokratisierung des Thüringer Vergabegesetzes, 2. den vergabespezifischen Mindestlohn und die Berücksichtigung repräsentativer Tarifverträge in den strategischen Fokus nehmen, 3. Erhöhung der Anwendungswertgrenzen und Erhöhung der Wertgrenzen für den Direktauftrag, 4. weitestgehende Abschaffung der Formblätter und 5. Vereinfachung und Beschleunigung der Beschaffungspraxis durch Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung. Mit dem heute von Rot-Rot-Grün eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Thüringer Vergabegesetzes liegen dem Thüringer Landtag nunmehr zwei Gesetzentwürfe vor, die die Ergebnisse der Evaluierung aufgreifen und jeweils Änderungsvorschläge unterbreiten. Beide Gesetzentwürfe gilt es nun miteinander zu bereden. Aus meiner Sicht sollten Gemeinsamkeiten im Sinne eines handlungsfähigen Gesamtpakets miteinander identifiziert und verabredet werden. Uns erwartet also eine spannende Debatte im Ausschuss, aber auch hier im Plenum. Auf die Ergebnisse der geplanten Anhörung zu den beiden Gesetzentwürfen bin ich gespannt und ich freue mich auf die Diskussion. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Staatssekretärin. Es sind keine weiteren Wortmeldungen zu sehen. Damit kom

men wir jetzt zu dem einzigen vorliegenden Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft. Wer dieser Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind die Stimmen aus den Fraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, der SPD. Weitere Stimmen sehe ich nicht. Dann die Gegenstimmen. Keine. Enthaltungen? Das sind alle übrigen Stimmen des Hauses. Damit ist dem Antrag auf Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitale Gesellschaft stattgeben. Weitere Überweisungen waren nicht beantragt.

Bevor ich jetzt die Sitzung schließe, möchte ich noch darauf aufmerksam machen, dass Frau Präsidentin zu einer Anschlussveranstaltung eingeladen hat, für die ich ausdrücklich noch mal werben und auch danken möchte, und dass gleichzeitig der Freundeskreis Uruguay, der Wirtschaftsausschuss und der Mafia-Untersuchungsausschuss ebenfalls einen Termin haben. Es haben hoffentlich alle vernommen. Gleichwohl wünsche ich allen einen schönen Abend. Bis morgen früh wieder an der gleichen Stelle. Danke schön.

Ende: 19.02 Uhr