Protocol of the Session on June 19, 2009

Dann hatten wir in dem Prozess Zeugen. Da haben wir die Mitglieder des Aufsichtsrats und die unterteile ich mal in zwei Kategorien. Da sind es zum einen diejenigen in den Aufsichtsräten, die aus den Thüringer Ministerien stammen. Diese, bevor sie im Ausschuss aussagten, hatten natürlich vorher eine Generalprobe. Da hatten sie wahrscheinlich zu üben, wie der Text sein sollte, den sie im Untersuchungsausschuss

von sich geben sollten. Wieso komme ich darauf? Weil fast alle Personen unisono die gleichen Texte von sich gegeben haben. Nicht nur das, sie haben den Untersuchungsausschuss gar nicht angeschaut, immer mit Blick in Richtung Regierungsbank, und haben sich für jeden Satz, den die gesagt haben, das nötige Kopfnicken abgeholt. Wenn ich jetzt dorthin schaue, bekomme ich gewiss kein Kopfnicken. Das erwarte ich aber auch gar nicht.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Kopf- schütteln!)

Kopfschütteln, das ist aber in Ordnung, denke ich. Bei Fragen, die nicht vorhersehbar waren, waren sie überhaupt nicht mehr auskunftsfähig, allesamt hatten plötzlich Amnesie - schon merkwürdig!

Dann gibt es die Mitglieder im Aufsichtsrat, die von außen kommen. Bei allgemeinen Dingen waren sie sehr redselig, schön. Da waren aber keine Inhalte zu erfahren. Jedes Mal, wenn es in das Detail ging, hatten sie dieselbe Krankheit: Amnesie. Dann gab es die Zeugen der Mitarbeiter am Flughafen. Aber diese Mitarbeiter sind durch das ganze Theater, was hier geschehen ist, schon in Mitleidenschaft gezogen worden; gegen zehn von ihnen waren Anklagen anhängig wegen Mittäterschaft. Die sind dann - und da sage ich „gut so“ - fallen gelassen worden. Aber was sagen denn diese Mitarbeiter? Alle am Flughafen wussten von den Fälschungen, selbst die Praktikanten! Nur der Aufsichtsrat nicht, die Gesellschafter nicht, alle Relevanten wussten nichts. Alle die für Kontrolle zuständig waren, wussten es nicht, aber die Praktikanten haben es gewusst. Das ist schon eine merkwürdige Geschichte.

Dann haben wir es mit Organen zu tun, die das ganze Theater hätten verhindern können, wenn sie denn ihren Aufgaben gerecht geworden sind. Welche sind denn das? Gesellschafter und Aufsichtsrat. Aber schauen Sie sich die Besetzung der Aufsichtsräte an: einerseits, ich habe es eben schon gesagt, fast ausschließlich in Ministerien arbeitende Personen. Die kontrollieren sich doch nicht selbst. Dazu zähle ich auch, obwohl er kein Ministerieller ist, den Herrn Kallenbach, vorher gut versorgt mit einer guten Stelle, zum Schweigen verdammt, hat er gut eingehalten, alles ist gut. Von denen war nichts zu erwarten. Der Gesellschafter wusste ja sowieso nichts, wollte auch nichts wissen; Aufsicht, was soll das? Kontrolle brauchen wir nicht, wir haben fähige Leute eingestellt. Dann gab es eine Innenrevision. Erst war sie ewig nicht besetzt und dann hat diese Innenrevision ihre Aufträge vom Geschäftsführer bekommen. Der Geschäftsführer wird die Innenrevision nicht damit beauftragen, einmal zu überprüfen, ob er Passagierzahlen fälscht. Also, auch dieses Organ versagt. Dann gibt es noch den Fördermittelgeber. Der Fördermittel

geber hätte genauer hinschauen können, wenn er gewollt hätte, und er hätte die Abrechnung zeitnah durchführen müssen. Das hat er aber nicht gemacht, Jahre später werden die Verwendungsnachweise angeschaut; auch da war nichts zu erwarten.

Was muss man denn nun politisch feststellen?

1. Im Zeitraum zwischen 1999 und 2005 wurden am Flughafen Erfurt massiv Passagierzahlen manipuliert und gefälscht, um somit Subventionen des Freistaats zu erschleichen, im Jahre 2000 mindestens - Frau Doht hat es gesagt, es gibt unterschiedliche Zahlen, rechnen wir einmal zugunsten des Geschäftsführers -, sagen wir einmal, um die 19.000 wurden aufgestockt.

2. Die Manipulation der Passagierzahlen, insbesondere hinsichtlich der Bedingungen im Planfeststellungsbeschluss Ausbaustufe II, unter dem Gesichtspunkt gezielt vorgenommen, dass der weitere Ausbau des Flughafens und die dazu notwendigen Fördermittel an das Erreichen der Passagierzahlen von 5.000 pro Jahr geknüpft waren. 3. Der Gesellschafter und die Landesregierung als Mehrheitsgesellschafter und in seiner Rolle als Aufsichtsinstanz haben eine gewisse Mitverantwortung an der Manipulation der Passagierzahlen und der damit im Zusammenhang stehenden Fehlsubventionierungen des Flughafens Erfurt.

Die Gesellschafter und der Aufsichtsrat der Flughafen Erfurt GmbH sind mitverantwortlich für die Geschehnisse und Manipulation der Passagierzahlen, denn das, was Ex-Geschäftsführer Ballentin dort getrieben hat, nach eigenem Ermessen schalten und walten zu können, wie er wollte, ist der unzureichenden Kontrolle und der fehlenden Einflussnahme der entsprechenden Gremien geschuldet.

Was sagt denn die Staatsanwaltschaft in Mühlhausen dazu? Die stellt eindeutig Kontrolldefizite der FEG fest. Vor allen Dingen fallen ihr Zeitraum und Umfang der Manipulation innerhalb der FEG auf. Denen, die dafür zuständig waren, ist nichts aufgefallen. Es ist schon merkwürdig. Die erst nach Jahren durchgeführte Verwendungsnachweiskontrolle durch das Förderministerium hat die Tat erleichtert, wird dort festgestellt.

Ein weiteres Indiz für die Mitverantwortung des Freistaats als Hauptgesellschafter: Die Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 22.12.95 am 21. Februar 2007 dahin gehend, dass die Marke von 500.000 Passagieren pro Jahr geändert wurde, ganz einfach erklärt: Damit sollen ein Schwarzbau, der es bis dahin war, und mindestens rund 5 Mio. erschlichene Fördermittel legalisiert werden - ganz tolle Ge

schichte.

Ein weiterer Beleg für die Mitverantwortung, Herr Emde - Sie haben doch gesagt, da gibt es nichts: Nachweis der Verwendung der Fördermittel auf der Grundlage einfacher Verwendungsnachweise. Es stellt sich die Frage, welche Gründe es dafür gab, gerade bei dieser immensen Fördersumme einen einfachen Verwendungsnachweis zuzulassen. Die Landesregierung konnte die Frage nach der Rechtfertigung für die gewählte Prüfvariante nicht hinreichend beantworten und es bleibt der Beigeschmack des Vorsatzes zur Verschleierung des Tatbestands der Verschwendung von Förder- und damit Steuermitteln.

Ein weiterer Beleg: Trotz der allgemeinen Nebenbestimmungen zur Projektförderung, die Bestandteil des Zuwendungsbescheids in Punkt 1.6 sind, die die verbindliche Regelung enthalten, dass Zuwendungen weder abgetreten noch verpfändet werden dürfen, wurden die Forderungen aus dem Zuwendungsbescheid an zwei Banken abgetreten. Dies war nur deswegen möglich, weil die entsprechende Bestimmung kurzerhand aus dem Investplan gestrichen wurde. Also machte die Landesregierung den Weg frei, damit unkontrolliert und unbeaufsichtigt Fördermittel an den Flughafen fließen können. Die während des Förderzeitraums nicht verbrauchten Fördermittel in Höhe von rund 9 Mio. € wurden dann auf ein separates Sonderkonto des Flughafens überwiesen. Üblich ist im Zuwendungsgeschehen, dass nicht verbrauchte Fördergelder an den Zuwendungsgeber, also an den Freistaat Thüringen, zurückgeführt werden. Auch dieser Fördergrundsatz wurde gebrochen.

Weiterhin die Zahlung 100.000 DM an den Geschäftsführer, Herrn Ballentin, im Jahr 2001. Wofür? Gehaltserhöhung und Steigerung seiner jährlichen Tantiemen und Sonderzahlung in Höhe von 100.000 DM, zahlbar noch im Jahr 2001. Wofür? Die Staatsanwaltschaft Mühlhausen sagt, wofür. Sie sagt, diese Sonderzahlung ist Prämie für das Erreichen der Passagierzahlen von 500.000. So hat sie es gewertet. Die Landesregierung schwankt in ihrer Begründung für die Rechtfertigung dieser Zahlung zwischen Vorauszahlung für zu erwartende Leistungen und Anerkennung für geleistete Arbeit. Oder war es eine Zielprämie?

Weitere Ungereimtheiten: Forderungskaufverträge. Kurzzeitig war die Staatsanwaltschaft daran, weil das Gerücht kursierte, es haben sich Leute daran bereichert, denn das ist für die Banken ein Auftrag zum Gelddrucken. Da kann man nebenbei eventuell noch sich selbst beteiligen. Das ist dann leider eingestellt worden. Wer weiß, was da noch alles war. Eine Ungereimtheit in diesem Prozess.

Die interne Vergaberichtlinie hat dazu geführt, dass Aufträge gar nicht nach draußen gegangen sind. Die wurden mal eben an Bekannte, Verwandte, gute Freunde vergeben - tolle Geschichte. Woanders hätten Sie dazwischengehauen.

Eine noch: Rückforderungen, die dann auch irgendwann fällig waren, wurden mit nicht ausgezahlten Subventionsmitteln beglichen. Wo gibt es denn so etwas? Hier gibt es das, hier gibt es alles.

Wie war denn das Verhalten der Sprecher der Landesregierung im Untersuchungsausschuss? Ich will es Ihnen sagen - wenig Bereitschaft seitens der Landesregierung, bei der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Die Beantwortung von Auskunftsersuchen und auch der Umfang der Beantwortung von Nachfragen in den Sitzungen des Untersuchungsausschusses ließen darauf schließen, dass diese Landesregierung und deren Beauftragte wenig oder überhaupt kein Interesse an der Aufklärung untersuchungsrelevanter Tatsachen hatten. Vielmehr entstand der Eindruck, dass man der Klärung des Untersuchungsgegenstands keinerlei Aufmerksamkeit schenkt und den Informationsumfang auf das notwendige Maß beschränkt. Das ist das, was übrig bleibt. Sie haben hier politischen und moralischen Schaden erzeugt - diese Landesregierung, der Aufsichtsrat und die Gesellschafter. Da sagen Sie, alles war gut, alles ist toll. Das können wir leider nicht feststellen.

Schlussfolgerung: Frau Doht hat sie schon gesagt. Aber eine Schlussfolgerung, Frau Doht, will ich noch hinzusetzen. Man muss sich einmal die Besetzung von Aufsichtsräten in Landesgesellschaften ansehen. Wenn man weiterhin will, dass nicht kontrolliert wird, dann muss man so weitermachen, eigene Leute hineinsetzen, die kontrollieren sich nicht selbst. Genau das wollen Sie, aber Sie dürfen es hoffentlich bald nicht mehr. Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Abgeordnete Doht.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Emde, sich hier hinzustellen und zu sagen, dem Land ist kein Schaden entstanden, das geht doch schon etwas an der Realität vorbei. Dann bitte ich Sie schon, noch einmal in den Bericht hineinzuschauen, weil ich die Zahlen auch vorgetragen habe. Das betrifft nur den Untersuchungszeitraum.

(Zwischenruf Abg. Emde, CDU: Sie dürfen nur das zitieren, was ich auch gesagt habe.)

(Heiterkeit im Hause)

Doch, doch, ich habe mir schon gemerkt, was Sie gesagt haben.

Die betrafen ja nur den Untersuchungszeitraum. Schauen wir doch mal in die Zukunft. Wir haben ein Konzept zur wirtschaftlichen Betreibung des Flughafens Erfurt liegen, wo das Land mit einigen Millionen Euro jährlich dabei ist, um ihn überhaupt betreiben zu können. Das ist doch auch eine Wirkung davon, dass er zu groß gebaut ist und an den realen Verhältnissen in Thüringen vorbeigebaut wurde.

Ich will auch sagen, dass wir einige Dinge, die die Mehrheit im Ausschuss anders gesehen hat, etwas kritischer sehen. Deswegen bin ich jetzt auch noch einmal für meine Fraktion hier vor an das Pult, um einige Sachen klarzustellen. Für uns haben die Untersuchungen ein erschreckendes Bild der Kontrolle der Flughafen Erfurt GmbH durch das Land ergeben und auch ein erschreckendes Bild, wie die Kontrolle öffentlicher Mittel erfolgt. Alle Kontrollen des Landes haben nicht die Manipulationen verhindern oder aufdecken können. Jeder hat sich auf den anderen verlassen, dass der vorher schon geprüft hat. Die Kontrolltätigkeit war von einem unerschütterlichen Vertrauen gegenüber dem Geschäftsführer und dadurch durch eine hohe Erfolgsgläubigkeit gekennzeichnet. Es gab viele Einschränkungen und viel Oberflächlichkeit bei der Kontrolle und Prüfung des Handelns der FEG. Dies hat in der Gesamtheit dazu geführt, dass die Kontrolltiefe nicht als ausreichend angesehen werden kann.

In besonderer Weise haben sich die mangelhafte Koordination und damit die mangelnde Wahrnehmung der Interessen des Landes im Rückzug des Staatssekretärs Richwien von seinem Aufsichtsratsvorsitz manifestiert. Es gab zur Vorbereitung dieser wichtigen Entscheidung in einer für das Unternehmen schwierigen Zeit von keiner Stelle eine inhaltliche Abstimmung weder mit einer Fachabteilung noch mit dem Minister Trautvetter.

Auch in der Nachbereitung des Rücktritts erfolgte darauf keine Reaktion des Freistaats. Als Staatssekretär hätte Herr Richwien für die Koordination jedoch selbst sorgen müssen. Stattdessen hat er die FEG in der Not im Stich gelassen und der FEG und dem Land in dieser Lage ein gravierendes Nachfolgeproblem beschert. Der Rücktritt von Staatssekretär Richwien vom Aufsichtsratsvorsitz war aus unserer Sicht eine klare Konsequenz aus der Kenntnis der Manipulation. Die Begründung, dass nach Einwei

hung der Straßenbahnlinie zum Flughafen seine Tätigkeit im Aufsichtsrat nicht mehr notwendig sei, die er zur Erklärung des Rücktritts angeführt hat, ist völlig unplausibel und lebensfremd und sie kann nicht den sich geradezu aufdrängenden Zusammenhang zwischen der Kenntnis der Passagierzahlen und dem Rücktritt widerlegen.

Ein Zusammenhang zwischen Manipulationsvorwürfen und dem Rücktritt drängt sich insbesondere im Hinblick auf den Zeitpunkt des Rücktritts auf. Zum Zeitpunkt der Erklärung des Rücktritts am 22. Juni 2005 waren Herrn Richwien die Manipulationen aufgrund eines anonymen Schreibens vom 30. Mai 2005 bekannt. Die Vorwürfe waren aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht öffentlich. Selbst die als Zeugen vernommenen Mitglieder des Aufsichtsrats haben übereinstimmend erklärt, von den Vorwürfen erst am 6. August 2005 aus der Zeitung erfahren zu haben. Die Vorwürfe waren somit lediglich intern im Ministerium bekannt. Andererseits drohten jedoch die Vorwürfe bald öffentlich zu werden und damit die weitere mediale Aufarbeitung. So war es in einer solchen Situation plausibel, wenn sich Staatssekretär Richwien als politischer Beamter aus dem Verantwortungsbereich zurückziehen wollte, um nicht mit den Vorwürfen politisch in Zusammenhang gebracht zu werden. Das allein erklärt die Eile des Rücktritts. Unabhängig davon war es im Hinblick auf die große politische Bedeutung der Vorwürfe jedoch unerklärlich, dass Herr Richwien die ihm bekannten Vorwürfe bei der Entscheidung zum Rücktritt völlig außer Acht gelassen hat. Entweder hätte gerade die zu erwartende schwierige Situation für die FEG ihn veranlassen müssen, das Amt fortzuführen und die FEG nicht kopflos zu überlassen, oder Herr Richwien hätte offensiv erklären müssen, dass er durch seinen Rücktritt jeden Anschein vermeiden wolle, die Aufklärung der Vorwürfe als Aufsichtsratschef zu behindern. Allerdings wäre auch dann eine rechtzeitige Vorbereitung und Koordination der Nachfolge dringend geboten gewesen. Stattdessen rechtfertigte Herr Richwien seinen Rücktritt inhaltlich ausschließlich mit der Fertigstellung der Straßenbahn und mit allgemein bereits seit Jahren erhobenen Hinweisen des Rechnungshofs. Die hat aber ansonsten in den Aufsichtsräten noch keiner aus dieser Landesregierung zur Kenntnis genommen. Diese ganze Argumentation schien uns doch ziemlich erbärmlich. Wie selbst CDU-Kollegen Herrn Richwien zumindest andeutungsweise ins Stammbuch schreiben, ist ihm vorzuwerfen, dass er durch sein Verhalten die Interessen des Landes an einer wirksamen Koordination und Abstimmung der Kontrollrechte sowie die Interessen des Aufsichtsrates nicht beachtet hat. Er hat es durch sein Verhalten unmöglich gemacht, dass rechtzeitig die Nachfolge im Aufsichtrat koordiniert und vorbereitet werden konnte, und das in einer sehr schwierigen Situation.

Zusammenfassend ist zum Rücktritt festzustellen, Staatssekretär Richwien hat damit als leitender Beamter als auch vom Land entsandtes Mitglied im Aufsichtsrat seine Pflichten verletzt. Er hat bei seiner Entscheidung ganz offensichtlich nicht beachtet, dass bei der Kontrolle privatrechtlicher Landesgesellschaften besondere Grenzen zu beachten sind. Weil Herr Richwien selbst als leitender Beamter für die Wahrnehmung der Interessen des Landes zu sorgen hatte, ist es völlig unverständlich, dass er offenbar die Niederlegung als rein persönliche Entscheidung aufgefasst hat. Jeder andere Bedienstete in der Landesverwaltung hätte sich so ein Verhalten sicher nicht leisten können.

Für uns bleibt nur festzustellen, der Staatssekretär hat beim Aufziehen erster dunkler Wolken über dem Flughafen versucht, sich heimlich ins Trockene zu bringen. Er hat damit als Aufsichtsratschef allerdings wenig Größe bewiesen. Es wäre ein offensiver Umgang mit den massiven Problemen für die FEG geboten gewesen, stattdessen wurde der Rücktritt in aller Heimlichkeit vollzogen in der Hoffnung, dass das Gewitter vorübergehe und der Herr Staatssekretär nicht nass werde. Das jedoch ist gründlich misslungen.

(Beifall SPD)

Punkt 2, auf den ich noch mal eingehen möchte: Es gab eine völlig mangelhafte Kommunikation zwischen Mitarbeitern der Luftsicherheitsbehörde und dem Ministerium. Die unmittelbar gegenüber dem Verkehrsministerium weisungsgebundenen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Luftsicherheitsbehörde haben von den Manipulationen alle gewusst und alle ehrenamtlichen Mitarbeiter der Luftsicherheitsbehörde haben auch an den Manipulationen mitgewirkt, das ist durch Zeugenaussagen im Ausschuss sehr deutlich geworden. Bei den Hauptamtlichen ist es zumindest wahrscheinlich, es konnte aber nicht nachgewiesen werden, dass Mitarbeiter der Luftsicherheitsbehörde das Ministerium informiert hatten. Allerdings hat das Ministerium auch alles dafür getan, dass eine solche Information verhindert wurde. Die Regeln zur Kommunikation zwischen den Mitarbeitern der Luftsicherheitsbehörde und dem Ministerium waren mangelhaft. Bedenklich war das völlige Abschotten des Ministeriums gegenüber den am Flughafen beschäftigten Mitarbeitern der Luftsicherheitsbehörde. Zudem war jeglicher Kontakt für die Mitarbeiter mit einem hohen arbeitsrechtlichen Risiko verbunden, da die Mitarbeiter am Flughafen angestellt waren und keine Bediensteten des Landes waren und jeder Versuch einer Kontaktaufnahme wurde durch das Ministerium, durch Herrn Nelles, sofort dem Verkehrsleiter am Flughafen gemeldet. Wenn es hier ein offenes Vertrauensverhältnis gegeben hätte, wären die Manipulationen sehr viel eher

aufgeflogen.

Zum Ausbau und zur Förderung insgesamt: Die Mitglieder der SPD-Fraktion widersprechen der Auffassung der Ausschussmehrheit, dass keine Anhaltspunkte bestanden, dass der Freistaat Thüringen den Ausbau der zweiten Ausbaustufe und dessen Förderung auch zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt hätte, wenn das Kriterium der 500.000 Passagiere nicht erreicht worden wäre.

(Beifall SPD)

Angesichts der Entwicklung der Passagierzahlen in den Jahren 2000 bis heute war es vielmehr betriebswirtschaftlich zweifelhaft, an der verkehrspolitischen Grundsatzentscheidung des Masterplans festzuhalten und einen Ausbau auf 1 Mio. Passagiere fortzusetzen und zu fördern. Es stellt sich die Frage, ob es wirtschaftlich sinnvoll war, eine Infrastruktur am Flughafen zu schaffen, die der Flughafen unterhalten muss, aber auf absehbare Zeit nicht braucht. Und ich sage, es war wirtschaftspolitisch völlig unsinnig.

(Beifall SPD)

Die betriebswirtschaftliche Vernunft sowie das haushaltsrechtliche Gebot der wirtschaftlichen und sparsamen Mittelverwendung hätten es geboten, die politische Grundsatzentscheidung infrage zu stellen. Insbesondere ist dies anzunehmen, da die Entwicklung der tatsächlichen Passagierzahlen seit 2000 tendenziell rückläufig war. Es war damit absehbar, dass bis zum Jahr 2010 die Zielmarke des Masterplans, nämlich 1 Mio. Passagiere, weit verfehlt würde.

Die Anfang 2007 erfolgte Streichung der Nebenbestimmung der 500.000 Passagiere im Planfeststellungsbeschluss kann nicht als Argument dafür herangezogen werden, dass ein Ausbau auch ohne 500.000 Passagiere erfolgt wäre. Die Streichung der Nebenbestimmung war notwendig, um den bis dahin rechtswidrigen Schwarzbau nachträglich bauplanungsrechtlich zu legitimieren, nichts anderes war die Streichung der 500.000. Anderenfalls hätte sich nämlich die Frage gestellt, ob die Baumaßnahme auch unter Verwendung öffentlicher Mittel zurückgebaut werden muss, und zudem hätte die FEG die erhaltenen Fördermittel zurückzahlen müssen. Dies wäre verkehrspolitisch und betriebswirtschaftlich noch weniger vertretbar gewesen als der nicht notwendige Ausbau selbst. Wir sind auch der Meinung, es bestand die Pflicht zur Überprüfung der Passagierzahlen durch das Ministerium; soweit die Ausschussmehrheit diese Pflicht zur Überprüfung pauschal verneint, können wir dem so nicht folgen. Das Ministerium hatte als zuständige Planfeststellungsbehörde die Pflicht zu prüfen, ob die Bedingungen des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere die Zielgröße der 500.000

Passagiere, erfüllt waren.

(Beifall DIE LINKE, SPD)

Die im Rahmen der Zeugenbefragung bzw. von der Landesregierung vorgetragenen Argumente für einen angeblich reduzierten Prüfungsumfang der Passagierzahlen sind so auch unzutreffend bzw. lebensfremd. Es trifft nicht zu, dass eine solche Pflicht insbesondere die Möglichkeit zur Vorlage von Belegen zur Überprüfung der Passagierzahlen nicht gegeben war. Insbesondere war es für diese Überprüfung unerheblich, dass für die Förderung der Baumaßnahmen eine vereinfachte Verwendungsnachweiskontrolle zugelassen war. Die Einschränkungen des vereinfachten Verwendungsnachweises waren hierfür nicht entscheidend, denn letztendlich war das Erreichen der 500.000 Passagiere nicht Bestandteil des Verwendungsnachweises, sondern stand schon vor Ausreichung der Fördermittel. Sich hierauf zurückzuziehen, dass ein vereinfachter Verwendungsnachweis nötig war, hat nichts mit der Überprüfung zu tun, ob die 500.000 Passagiere wirklich erreicht waren. Diese Überprüfung ist nicht erfolgt, die ist unterlassen worden.

(Zwischenruf Abg. Mohring, CDU: Es klatscht keiner.)

Es gab auch genügend Anhaltspunkte dafür, die Passagierzahlen - Sie können ja mal klatschen, Herr Mohring - tatsächlich vertieft nachzuprüfen.

Wenn ich noch mal zu den Ansatzpunkten für die vertriefte Prüfung, vertiefte Prüfung - ja, das Ministerium hat die Prüfung vertrieft, sie wurde völlig vertrieft. Wenn man die Passagierzahlentwicklung seit 1995 und den sprunghaften Anstieg der Zahlen für die Förderung im Jahr 2000 zugrunde legt, 1999 betrug die dem Aufsichtrat mitgeteilte Passagierzahl 406.890 Passagiere. Im Jahr 2000 wurden dann 509.038 Passagiere mitgeteilt, das war der höchste Anstieg an Passagierzahlen seit 1994 - um über 30 Prozent nach einer mehrjährigen Stagnationsphase in den Vorjahren. Hier schwankten die Passagierzahlen immer zwischen 300.000 und ca. 350.000. Auch in den Jahren danach hätte das wachsende Ausmaß der Fälschung immer mehr auffallen müssen. Im Jahr 2004 wurden - wie im Bericht festgestellt - ca. 60.000 Passagiere in die Statistiken gemogelt, das sind stolze 12 Prozent der tatsächlich beförderten Passagiere. Das hätte den Aufsichtsorganen auffallen müssen. Die sich daraus ergebende atypische hohe Auslastung einiger Linien- bzw. Charterflüge war nach Auffassung von Zeugen eklatant. Auch die unerklärliche Zunahme der Flugbewegungen auf dem Papier, die aber nicht am Himmel feststellbar war, hätte doch irgendjemandem einmal auffallen müssen.