Protocol of the Session on May 8, 2009

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Genau!)

Wir hatten eine Debatte am 3. April. Im Antrag der SPD in der Drucksache 4/4652 wurden dann zumindest Grundzüge über die Verwendung der Modulationsmittel deutlich. Sie sollten da mal Ihr Haus, Herr Zeh, auf Vordermann bringen. Aber wichtig dabei ist, das Allerwichtigste ist doch, dass die umgeschichteten Mittel - Sie haben vorhin von zusätzlichen Mitteln gesprochen, diese Zusätzlichkeit will ich mal ganz vorsichtig in Zweifel stellen, es handelt sich eher um eine Umschichtung, Umwidmung von Mitteln -, auch wirklich in Thüringen bleiben. Die anderen Länder, wie Bayern, Baden-Württemberg, stehen schon in den Startlöchern, wenn wir nicht ausschlafen an dieser Stelle.

Meine Damen und Herren, wenn ich schon einmal beim Zitieren bin, Herr Minister, eine Formulierung hat mich wirklich geradezu wütend gemacht. Ich zitiere das mal frank und frei heraus: „Die Thüringer Landesregierung nimmt sich des Themas Armutsbekämpfung vor allem bei Kindern offensiv an. Als EU-Projekt wird unter anderem eine Medienkampagne angestrebt, die über das gesamte Jahr 2010 wirksam werden soll.“ Ja, verehrter Herr Minister Zeh, ich will Ihnen sagen, damit werden Sie keinem einzigen der über 60.000 in Thüringen lebenden armen Kinder helfen können. Das ist ja geradezu ein Witz, was Sie da veranstalten. Eine bessere Bildung von klein an, die nicht sozial selektiert, z.B. kostenloses Mittagessen, das hilft Kindern aus der Armut

und nicht eine „angestrebte Medienkampagne“.

(Beifall SPD)

Damit bin ich bei einem Thema, das uns Sozialdemokraten in ganz Europa besonders am Herzen liegt und das ich in Ihrer Erklärung entweder gar nicht oder nur ansatzweise wiederfinde, dem Thema „Das soziale Europa“. Wir Sozialdemokraten wollen, dass das Wirtschaften auf europäischer Ebene in eine soziale und politische Ordnung eingefasst ist. Bislang hatte Marktöffnung Vorrang vor politischer Marktgestaltung. Wie wichtig Letzteres ist, zeigt uns die von der weltweiten Finanzkrise ausgelöste Krise unserer sozialen Marktwirtschaft, in der das Soziale, das muss man leider konstatieren, in den letzten Jahren in den Hindergrund gerückt ist. Wir wollen auf der gesamten europäischen Ebene diese Schieflage beseitigen und deshalb setzen wir uns für eine europäische Sozialunion ein, die den gleichen Rang wie die Wirtschafts- und Währungsunion haben muss. Wir wollen die Menschen davon überzeugen, dass Europa keine Gefahr, sondern eine Chance für den sozialen Grundkonsens und die gelebte Solidarität in unseren Gesellschaften darstellt.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, auch muss das soziale Europa der Zukunft ein Europa der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein. Auch dazu habe ich nichts gehört in dieser Erklärung. Mitbestimmung auf europäischer Ebene ist für uns das Zukunftsthema. Die Rechte der europäischen Betriebsräte sollen nach unserer Vorstellung ausgebaut werden. Übrigens, nebenbei bemerkt, ein solches Vorhaben würde auch hilfreich sein für eine angestrebte europäische Lösung bei der Rettung der Firma Opel.

Meine Damen und Herren, wir wollen ein Europa der sozialen Gerechtigkeit mit fairen Teilhabechancen für alle Menschen. Dazu schlagen wir einen sozialen Stabilitätspakt mit klaren Vorgaben für die nationalen Sozial- und Bildungsstandards vor. Dabei geht es nicht um eine Absenkung von Standards, sondern um ein gleich hohes Niveau in ganz Europa. Das dauert lange, aber dicke Bretter muss man eben auch irgendwann einmal beginnen zu bohren. Das sind nur einige Vorstellungen, wie Sozialdemokraten sich ein gerechtes Europa vorstellen. Herr Zeh, Sie haben am Anfang zu Recht die Europaskepsis, manchmal auch die Europaangst beklagt. Wenn wir das soziale Europa außen vor lassen, so wie Sie es eben mit Ihrer Erklärung dokumentiert haben, dann werden wir diese Ängste nicht unterbinden. Die Ängste der Menschen sind in erster Linie soziale Ängste. Da müssen wir ran und das ist der Ansatz der SPD in ganz Europa. Dazu haben wir, nicht wirklich überraschend, heute nichts gehört.

(Beifall SPD)

Meine Damen und Herren, abschließend noch eine kurze Bemerkung zu einem Thema, über das wir auch hier im Hohen Hause des Öfteren uns die Köpfe heiß geredet haben, die Dienstleistungsrichtlinie. Herr Kollege Kubitzki hat es erwähnt, allerdings in einem anderen Kontext. Wir erinnern uns noch an die Debatten, ich will das nicht wiederholen. Abgesehen von den immerwährenden Bedenken Ihrerseits, Herr Kollege Kubitzki. Ich habe mich schon gefreut, Herr Zeh, wie Sie diese Richtlinie jetzt in den höchsten Tönen loben. Wenn ich da zurückdenke an den ursprünglichen Bolkestein-Entwurf, der der Ausgangspunkt der Debatte zu diesem Thema gewesen ist, der in seiner - das ist jetzt eine persönliche Wertung von mir - Marktradikalität nicht zu überbieten war; es hat Veränderungen gegeben und damit schließt sich der Kreis zu dem Beginn meiner Rede, als ich über das Europäische Parlament geredet habe. Es hat einen wahrhaft - entschuldigen Sie den Pathos -, aber wirklich wahrhaft heldenhaften Einsatz vieler Abgeordneter, vornehmlich der Fraktion der PSE, unter der Leitung von der Abgeordneten Evelyne Gebhardt gegeben und ihren sozialdemokratischen Mitstreitern. Durch ihr Engagement konnte ein Kompromiss wirksam werden, der im Übrigen, das sei Ihnen, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen der CDU hier im Haus, gesagt, von Ihrer Kanzlerin schon begrüßt worden ist, da haben Sie hier noch lange dagegen gewettert.

(Unruhe CDU)

(Beifall SPD)

Das nur nebenbei. Diese Einigung, meine Damen und Herren, auf Druck des Europaparlaments haben nicht wenige als den bemerkenswertesten Vorgang der letzten Legislatur in Europa betrachtet. Das kann fortgesetzt werden, wenn der Vertrag von Lissabon hoffentlich bald wirksam wird. Er stärkt die Möglichkeiten des Parlaments wie auch die Kontroll- und Interventionsmöglichkeiten der nationalen wie regionalen Parlamente oder Ebenen. Davon profitiert auch Thüringen.

Ganz zum Schluss, meine Damen und Herren, ich will Ihnen das wirklich nicht vorenthalten, habe ich ein Zitat gefunden zum Thema Europa. Es wird Sie nicht wundern, wenn ich an dieser Stelle Willy Brandt zitiere, natürlich, Willy Brandt hatte auch etwas zu Europa zu sagen und er hat es in seiner ihm eigenen Art getan. Er hat in Bezug auf Europa gesagt: „Mit den Europaverhandlungen verhält es sich wie mit dem Liebesspiel der Elefanten, alles spielt sich auf hoher Ebene ab, es wirbelt viel Staub auf und es dauert sehr lange, bis etwas dabei herauskommt.“ Danke schön, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD)

Das Wort hat jetzt Abgeordneter Bergemann, CDUFraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Besucher - jugendliche Besucher vorwiegend auf der Zuschauertribüne -, ich kann nur sagen, Herr Kollege Höhn, richtig historisch, Regierungserklärung im Thüringer Landtag zur Europapolitik. Das spricht für die Landesregierung und es schließt ja nicht aus, dass man das in anderen Ländern ähnlich machen könnte. Wenn man sich die Mühe macht, einmal nachzuschauen, wo intensiv über Europa debattiert und gesprochen wird, in welchen Landtagen wie viele Anträge eingebracht werden, wie man sich mit Europa auseinandersetzt, da hat Thüringen eine Spitzenfunktion.

(Beifall CDU)

Ich habe mir, Herr Kubitzki, mal die Mühe gemacht, weil Sie das ja auch in Ihrem Beitrag vorhin mehrfach angesprochen haben, in den Ländern, wo Sie in der Verantwortung mit sind, da findet Europa überhaupt nicht statt. Schauen Sie da mal nach, was sich da an europapolitischen Anträgen, geschweige denn von Erklärungen der Landesregierung zu dieser Thematik nachlesen lässt. Das ist mehr als dürftig. Sie haben in Ihrem Beitrag eingangs, nachdem der wahltaktische Teil vorbei war, wo Sie völlig daneben lagen, ja versucht, zumindest noch etwas Positives abzugewinnen, haben sich an Ihrem Eurobarometer langgehangelt in Ihrem Redebeitrag. Das Eurobarometer hat seine Daten voriges Jahr von März bis Mai 2008 erfasst, in diesem 90-seitigen Papier, was man nachlesen kann. Das ist nun doch nicht mehr so hochaktuell, aber viele Zahlen stimmen, da gebe ich Ihnen recht. Was natürlich nicht stimmt bei Ihnen, das ist der ganze Grundtenor, der sich durch Ihren Redebeitrag gezogen hat, wo Sie am Ende noch mal klargemacht haben, wir lehnen den Vertrag von Lissabon ab. Warum Sie ihn ablehnen - ich will das jetzt nicht weiter kommentieren.

Wer den Europaparteitag DER LINKEN verfolgt hat, hat ja deutlich zur Kenntnis nehmen können, dass Sie das als militaristisches und als neoliberales Pamphlet abgetan haben. Und - Kollege Höhn hat es gesagt - diejenige Dame, Frau Kaufmann, die sich gewagt hat, aus Ihrer Sicht für den Vertrag von Lissabon zu stimmen, ist weg vom Fenster. Die progressiv nach vorn gehen, weil sie sagen, wir brauchen diesen Vertrag von Lissabon, um gerade das, was

Sie an manchen Stellen noch monieren, da will ich noch gar nicht sagen, dass das alles falsch ist, aber ohne diesen Vertrag wird das nie zustande kommen. Deshalb muss man einfach auch mal in sich gehen und muss sagen, ob man solche Menschen einfach hinten runterfallen lässt? Zu Ihrer Ehrenrettung muss ich sagen, dass die Damen und Herren der neuen Länder, die auf diesem Parteitag waren aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und so, sich doch dort etwas anders verhalten haben, das darf man an der Stelle vielleicht auch noch mal erwähnen.

(Zwischenruf Abg. Becker, SPD: Nur manche, nicht alle.)

Manche, gut. Aber trotzdem, das ist ja ein vernünftiger Ansatz, den sollten Sie in Ihren Reihen mal verfolgen und Europa verstehen. Die Bürger müssen es verstehen, da kann man wirklich nur sagen, d.h. ganz klar dem Vertrag zustimmen, denn sonst wird das so nichts werden.

Ich will gleich, weil ich bei Ihnen bin, noch mal darauf zurückkommen, weil Sie auch das Thema der Mindestlöhne angesprochen haben in diesem Kontext. Das ist nicht so, dass sich die CDU dort völlig danebenbenimmt, sondern im Gegenteil, wir sagen ganz klar, branchenbezogene Mindestlöhne ja. Wir wissen ganz genau, wie wir über das Entsendegesetz jetzt aufgenommen worden sind.

(Zwischenruf Abg. Dr. Scheringer-Wright, DIE LINKE: Branchenbezogen ist falsch.)

Frau Scheringer, Sie verstehen davon nichts.

(Unruhe DIE LINKE)

(Beifall CDU)

Über das Entsendegesetz sind die Branchen aufgenommen worden und das ist unsere Mission, das ist in den Bereichen, gerade weil Sie auch noch mal die Freizügigkeit der Arbeitnehmer angesprochen haben, natürlich wichtig. Wir wissen alle, wir brauchen in diesem Land in der Perspektive Fachleute, wir brauchen Fachkräfte, aber man muss auch hinschauen und muss die Realitäten anerkennen. Es hilft uns nichts, wenn alles aufgemacht wird, der Markt wird überschwemmt in den Bereichen, wo dann mit Dumpinglöhnen gearbeitet wird. Deshalb haben wir gesagt, ein Entsendegesetz, Mindeslöhne an den Stellen, wo man das verhindern kann. Vielleicht mal so viel dazu.

(Beifall CDU)

Herr Höhn, vielleicht sollten Sie mal nachlesen, wie die Strategie von Barcelona ausgesehen hat. Da war

meines Wissen Herr Verheugen, ausgewiesenes SPD-Mitglied, auf einer ganz anderen Welle. Der hat dort vorangestellt, Wirtschaft, Technologie und Wissenschaft der Länder auf ein Niveau zu bringen als Grundlage für eine europäische Entwicklung, die uns nach vorn bringt durch die Aufnahme der Länder. Übrigens sind heute vor fünf Jahren zehn neue Länder dazugekommen. Da war nicht von Sozialunion die Rede. Eines ist auch klar, das wissen Sie ganz genau, dass man, wenn man das tut, an der einen Stelle absenken muss, um das andere Niveau anzuheben. Voraussetzung dafür ist, dass wir es in diesem Europa hinbekommen, im Bereich der Wirtschaft, der Technologie gleiche Bedingungen herzustellen. Das war das oberste Ziel und Herr Verheugen, SPD, erster Vorreiter. Sie sollten mal nachlesen, was drinsteht.

(Beifall CDU)

(Zwischenruf Abg. Höhn, SPD: Das steht aber einem sozialen Europa nicht entge- gen.)

(Zwischenruf Dr. Zeh, Minister für Bun- des- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei: Das stimmt überhaupt nicht, Herr Höhn.)

Das werden wir durch den Vertrag von Lissabon an manchen Stellen natürlich auch erhalten. Sie haben es sicher auch gelesen, das Europäische Parlament hat sich vor wenigen Stunden, kann man fast sagen, zu dieser sozialen Agenda auch noch mal positioniert in bestimmten Fragen. Aber wissen Sie, weil Sie das auch Herrn Minister Zeh vorgeworfen haben, Sie wissen doch, wie Europa tickt. Sie saßen zwar nicht im Ausschuss der Regionen, aber mein Kollege Fritz Schröter und ich, wir waren dort oft genug. Wenn Sie dort mal ein Thema ansprechen, dann drehen sich die Briten rum und sagen, Thüringen, das ist hier so eine Region in Deutschland, wer ist denn das überhaupt. So einfach ist es eben nicht, es ist nicht nur schwarz/weiß, sondern, um das durchzusetzen, da sieht es eben ganz anders aus.

Herr Minister Zeh, ich will einfach mal nutzen, dass wir 30 Tage vor der Europawahl heute von Ihnen eine Regierungserklärung gehört haben, ich sage Ihnen danke, aber auch Ihrem Vorgänger im Amt,

(Beifall CDU)

Minister Wucherpfennig, weil einfach klar ist, dass wir hier auch was vorzuweisen haben in diesen Jahren. Herr Kollege Höhn hat auf einige Dinge hingewiesen, Herr Kubitzki, glaube ich, auch, aber allein von der Großen Anfrage der CDU-Landtagsfraktion über die europäischen Strategien und Leitlinien der

Landesregierung, die Erweiterung der Leitlinien, all diese Dinge haben wir hier und auch im Ausschuss sehr umfangreich besprochen und diskutiert. Wenn dann immer beklagt wird, vor allen Dingen von Herrn Kubitzki, die Informationen fehlen und wir sind da nicht beteiligt, dann darf ich mal sagen, die Landesregierung hat uns schon informiert und wir wissen, dass sie a) nach Artikel 23 Grundgesetz im Bundesrat ihre Verpflichtungen wahrnimmt und dass sie uns nach Artikel 67, wenn man Absatz 4 noch mal konkret nachliest, auch über Angelegenheiten informiert, die von staatstragender Bedeutung sind. Wir haben in den Ausschüssen häufig über diese Fragen gesprochen, was im AdR passiert ist. Wir haben vorab die Ankündigung bekommen, wie werden die Themen sein, die im Ausschuss der Regionen besprochen werden. Dann haben wir uns darauf eingestellt, haben den Bericht gehört, haben diskutiert. Also, ich meine schon, dass wir als Parlament, aber natürlich auch die Landesregierung in der Frage eigentlich in den letzten zurückliegenden fast fünf Jahren eine gute europapolitische Arbeit geleistet haben. Allen ist natürlich klar, da machen wir auch keine Ausnahme, dass die Zahlen einem ein bisschen Angst machen können und dass die Europawahlen in ihrer Bedeutung natürlich einen ganz anderen Stellenwert haben als Landtagswahlen oder Bundestagswahlen, das ist doch unstrittig. Sie haben die Zahlen in der Wahlbeteiligung genannt, da muss man mal schauen, wir haben das auch nicht umsonst gekoppelt Kommunalwahl mit Europawahl, auch da haben manche gesagt, warum machen die das zusammen. Natürlich haben wir das auch gekoppelt an Wahlen, dass wir die Menschen bitten, auch zur Wahlurne zu gehen, das zu nutzen. Man hat natürlich auch einen Effekt dabei, wenn man Kommunalwahlen mit Europawahlen zusammenlegt, weil wir schon glauben, dass es nach wie vor besonderer Bemühungen bedarf. Herr Minister Zeh hat gesagt 1,9 Mio. in Thüringen, europaweit 375 Mio. Wahlberechtigte. Das zeigt schon, dass wir uns hier anstrengen müssen und dass parlamentarische Demokratie nicht so einfach ist.

Genau vor 30 Jahren wurde das erste Parlament gewählt 1979. Die damals beteiligten Akteure wussten schon, warum sie sich zusammenschließen für ein Europa mit Visionen. Visionen und Ziele, Herr Kubitzki, waren auch Ihre Vorwürfe im Rahmen dieser Regierungserklärung. Da kann ich nur sagen, Sie haben da nicht gut zugehört. Wenn Sie die noch einmal in Ruhe nachlesen, hat der Minister natürlich auch klare Ziele benannt, die wir vorhaben, aber immer im Rahmen des Möglichen. Wir tun ja immer so, als wenn wir hier in diesem Parlament in Europa das große Sagen haben. Das ist ein ganzes Stück komplizierter und deshalb bin ich auch froh, dass wir insgesamt durchaus die Chance haben, diese Plattform heute zu nutzen, wir als Parlament, die Re

gierung, möglicherweise auch, dass nach außen hin einmal positiv berichtet wird über das, was vor uns steht. Ich will die Zahlen nicht alle wiederholen, aber wir wissen, wie die Gesetzgebung in Europa läuft, wie die Richtlinien entstehen. Da bin ich natürlich schon sehr bei Kollegen Höhn, der da sagt, es gibt bestimmte Dinge, das vielzitierte Gurkenbeispiel, diese Verordnung, ich glaube, 1677/88 ist es, die es nicht mehr gibt. Aber es gibt eben nach wie vor noch diese sogenannte Gemüseverordnung, in die Tomaten, Äpfel oder Birnen fallen, die gibt es noch. Nur den Krümmungsradius der Gurken gibt es jetzt nicht mehr. Da hätte man auch ganze Arbeit leisten müssen. Aber ich will noch einmal sagen - das hat der Minister, glaube ich, nicht so tief beleuchtet - Bodenschutzrahmenrichtlinie, ein ganz großer Erfolg für uns in Thüringen, dass wir das hinbekommen haben. Aber was macht die Europäische Union an manchen Stellen auch heute, wenn ich an die sogenannte OptOut Sammelklagenproblematik denke? Da kündigt die Kommissarin an, sie wird möglicherweise ähnlich nach amerikanischem Beispiel Sammelklagen in Europa einführen. Wenn wir das noch bekommen, dann werden wir uns alle wundern, wo diese Entwicklung hingeht. Das kannst du den Menschen nicht rüberbringen und das ist auch schwierig, das den Leuten zu sagen, zumal einfach auch 36 Prozent eine mangelnde Transparenz beklagen. Das ist schon ein hoher Wert. Ich meine, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen an der Stelle einfach auch noch einmal schauen, wie hat die Landesregierung die Verantwortung wahrgenommen. Ich danke ausdrücklich auch dem Ministerpräsidenten, dass er mit seinem Kabinett als eines der wenigen Länder nach Brüssel fährt.

(Beifall CDU)

Auch das ist ein wichtiger Punkt, dort vor Ort zu erscheinen, die Gespräche in und mit den Generaldirektionen, mit den Kommissaren … Europa funktioniert nur so, wenn man sich kennt, wenn man miteinander vor Ort spricht und nicht, wenn man dann über irgendwelchen Schriftverkehr Dinge lösen will. Das passt so nicht. Wir waren ja auch mit dem Ausschuss in Brüssel und haben dort auch gemerkt, an der Stelle passt es vielleicht auch noch einmal gut hinein, man kann ja so sagen, unser Frühwarnsystem, unser Thüringer Büro in Brüssel, das natürlich vorab auch einmal reflektiert und aufnimmt, was passiert dort in Brüssel, die Informationen an die Landesregierung weiterreicht und man dort sehr zeitig weiß, wo der Fahrplan hinläuft. An der Stelle auch einmal der Frau Holeschovsky ein Dankeschön mit ihrem Team vor Ort in Brüssel, weil ich glaube, Sie leisten dort gute Arbeit, auch das, was man abrufen kann, wenn man sich die Mühe macht, in die schriftlichen Informationen, die vorliegen. Ich glaube, das hilft uns allen weiter.

Sagen will ich noch ein paar Worte zur Europawoche, in der wir ja mittendrin sind - 2. bis 10. Mai, seit vielen Jahren. Ich glaube schon, dass diese Europawoche ihren Erfolg hat. Man kann über manche Dinge streiten, wie können wir Europa näher an die Menschen heranbringen. Aber wir waren z.B. als Arbeitskreise im Bereich Justiz, Bund, Europa alle draußen vor Ort in Schulen. Ob wir da in Meuselwitz im Gymnasium waren oder in Hildburghausen oder in Ruhla im Gymnasium oder in Jena, unsere Leute, die Europapolitik betreiben, waren draußen. Man glaubt es ja gar nicht, wenn man nicht selbst dort ist vor Ort, wie wissbegierig junge Menschen sind. Die kommen auch auf den Punkt, die wollen ganz konkrete Fragen beantwortet haben. Etwas Besseres kann nicht passieren. Wenn die Europawoche, die wir gerade hier in Thüringen durchführen, mit mehreren Themen und Veranstaltungen thüringenweit unterwegs ist, in allen größeren Städten, überall laufen dort Aktionen. Sie kennen die Broschüre, die die Thüringer Staatskanzlei dort erstellt hat, wo man auch mal nachlesen kann, wenn man sich dafür interessiert. Ich will mal ein paar nennen: „Du hast 2009 die Wahl!“ - Erstwählerprojekt - das hat der Minister angesprochen - oder „Mobil in Europa - ich bin dabei!“ - das ist so ein typisches Thema, wo junge Leute sich informieren, wie kann ich in Europa studieren, wie kann ich in Europa lernen, welche Möglichkeiten habe ich - immer eine wichtige Veranstaltung. Studienfahrten nach Brüssel werden angeboten. Es gibt z.B. die Jahresveranstaltung zum EFRE 2009. Minister Reinholz wird das in Kontinuität durchführen, das kommt erst noch demnächst in Zusammenarbeit mit der IHK. Es wird der Generaldirektor Regionalpolitik Herr Ahner mit dabei sein, wo sich die Menschen bei uns, die draußen vor Ort mit den Programmen arbeiten, informieren - auch eine tolle Veranstaltung. Dann gibt es den Schülerwettbewerb in Schulen „Ideen für Europa“ oder „Europa-Camping - Schullandheim Jena“. Das sind alles so Dinge, die man mit aufsuchen kann, wo man mit jungen Leuten ins Gespräch kommt. Ich glaube, das ist Aufgabe von allen hier, denn man kann sich das immer einfach machen und in dem großen Rahmen Europa schimpfen, weil das nicht funktioniert oder an der Stelle nicht geht, aber die kleine Arbeit vor Ort, die Beteiligung der Leute, die Begeisterung der Leute hervorzurufen, das ist doch genau der Punkt.

Europaschultag 9. März war ein europaweiter Tag. Viele waren in den Schulen. Ich weiß, Frau Ministerin Walsmann zum Beispiel auch, weil wir zusammen natürlich auch im Ausschuss arbeiten. Das sind auch solche Dinge, wo man einfach sagen muss, mitmachen, mithelfen, das kann uns nur gemeinsam gelingen.

Ein wichtiger Gesprächspunkt in diesem Kontakt mit jungen Menschen ist der Vertrag von Lissabon

- das ist gar keine Frage -, dann kommt die Öffentlichkeitsarbeit und die Sprachenpolitik auch immer in die Diskussion, weil das doch die entscheidenden Barrieren für Europa sind, die möglicherweise auch die ältere Generation sowieso hat, aber wo die Chancen bei jungen Menschen ungleich höher sind, als mancher sie von uns hatte. Das weiß doch jeder selber. Man hat Russisch in der Schule gelernt, aber wenn ich die Beziehung zum Land nicht herstellen kann, zu den Menschen, dann hat sich die Begeisterung in Grenzen gehalten. Das ist heute anders. Heute ist Europa offen, die Grenzen sind weg, man kann sich dort informieren. Es gibt Partnerschaften. Ich will an der Stelle auch noch mal reinhaken, 15 Jahre Picardie in dieser Woche, in der Staatskanzlei eine tolle Veranstaltung, ein Empfang. Dort waren französische Kinder, Jugendliche, Musikgruppen, Kultur, Wirtschaft da. Der Ministerpräsident hat dort mit Claude Gewerc über die Fragen der Bildung an Schule und Hochschule, über Forschung, über Jugend gesprochen. Da gibt es gute Entwicklungen mit dieser Partnerregion. So könnte man Mahle Polska nennen, man könnte andere Regionen nennen. Das ist doch genau der Punkt.

Für meine CDU-Fraktion ist unstrittig, dass dieser Vertrag von Lissabon Zustimmung findet, allein weil natürlich für uns auch Beteiligungsrechte größer werden. Ich denke nur an Subsidiaritätsklage oder an das Subsidiaritätsfrühwarnsystem, wichtige Faktoren, die man einfach nutzen muss. Hoffnungen macht das schon ein bisschen. Sie haben es alle mitbekommen, der Senat in der tschechischen Republik hat jetzt dem Vertrag zugestimmt. Gut, dann hat Herr Klaus sich jetzt noch mal dazu positioniert und ein bisschen Wasser in den Wein gegossen. Aber ich glaube, das Signal nach außen ist europaweit positiv aufgenommen worden. Das wird seinen Erfolg nicht verhehlen. Klar ist, die Polen warten noch darauf, bis alle unterzeichnet haben. Unser Bundesverfassungsgericht wird sich Anfang Juni, soweit ich weiß, mit dieser Frage beschäftigen, dann wird das auch in Deutschland so weit sein, so dass wir Hoffnung haben können, im Oktober über ein zweites Referendum in Irland möglicherweise dann zum Anfang nächsten Jahres diesen Vertrag zu haben, der Voraussetzung ist für unsere weitere Entwicklung.

Herr Kubitzki, ich weiß nicht, ob ich Sie vorhin falsch verstanden habe, weil Sie die Franzosen und Holländer genannt hatten, die haben die Verfassung abgelehnt, aber den Vertrag zum Referendum haben nur die Iren abgelehnt, dass man das nur noch mal vielleicht so richtigstellt.