Herr Siegmund, ich habe bisher die Argumentation der AfD-Fraktion so verstanden, dass das Coronavirus ähnlich zu behandeln sei wie der Grippevirus und Sie damit sozusagen eine
Verharmlosung der eigentlichen Gesundheitsauswirkungen beschreiben. Ich habe nicht die Grippewellen und Grippeinfektionen verharmlost oder das, was dort in den Krankenhäusern passiert ist. Das waren genauso dramatische Szenen, wo wir genauso gekämpft haben,
(Zuruf: Aber ohne Zwangsmaßnahmen! - Matthias Büttner, AfD: Darum schließen wir auch alles! So ein Quatsch! Leute!)
weil nämlich Intensivmediziner zum Teil ausgefallen sind, weil Pflegekräfte erkrankt sind und wir eine ebenso schwierige Situation hatten und sehr viele Tote zu verzeichnen hatten, auch bei Grippeinfektionen. Diese Dramatik potenziert sich bei dem Coronavirus weiter, deswegen müssen wir auch die Intensivstationen und die Krankenhäuser stärker schützen.
Frau Ministerin, Ihre Argumentationen gelten auch für die Situation im Jahr 2018. Trotzdem ging meine Frage dahin: Wir hatten damals doppelt so viele Todesfälle in Deutschland - doppelt so viele! -, obwohl ein Impfstoff zur Verfügung stand. Warum waren diese Maßnahmen bei den Verhältnissen damals nicht erforderlich?
Die zweite Frage in diesem Zusammenhang: In Berlin haben wir im Moment eine 100-fach erhöhte Selbstmordrate im Vergleich zum Vorjahr - eine 100-fach erhöhte! Die Zahlen für Sachsen-Anhalt fragen wir gerade in einer Kleinen Anfrage bei Ihnen ab. Finden Sie die Maßnahmen verhältnismäßig?
Zu Ihrer ersten Frage: Wir gehen gerade deshalb auch so gewissenhaft und präventiv bei dem Coronavirus vor, weil wir eben befürchten, dass wir sonst erneut eine Welle mit so vielen Toten erleben werden. Wenn Sie einmal - deswegen habe ich die Triagezentren erwähnt - über die Grenzen Deutschlands blicken, sehen Sie - wenn Sie nicht auch behaupten, dass es in den Öffentlich-Rechtlichen nur Fake News gibt -, wie die
Situation in den Krankenhäusern in der Schweiz ist, wie sie in Österreich ist, wie sie in Italien wieder ist - dort ist es besonders bedrückend, weil sie dort schon eine Welle mit sehr vielen Toten gehabt haben - und wie sie, glaube ich, seit gestern auch in Moskau ist. Das ist schon erschreckend. Ich denke, da leiden Sie wirklich an einem Realitätsverlust.
(Zurufe: Sie hat wieder nicht geantwortet zu den 20 000 Fällen! Wie immer! - Weil sie es nicht weiß!)
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau Ministerin Grimm-Benne, Sie wohnen in Schönebeck im Salzlandkreis. Sie legen dar, wie schlimm das alles ist. Ich frage Sie, ob Sie wissen, wie viele Intensivbetten im Salzlandkreis belegt sind, wie viele frei sind und wie viele Leute beatmet werden.
- Das muss sie nicht wissen. - Ich frage Sie - das ist ein Kreis mit ungefähr 200 000 Einwohnern -: Ab wann würden Sie von einer pandemischen Lage sprechen? Wenn mehr als zehn Intensivbetten belegt wären? Oder mehr als fünf? Wie definieren Sie das für sich? - Das wäre eine spannende Frage für mich.
Die zweite Frage ist: Wie rechtfertigen Sie die Maßnahmen in Bezug auf die Kreise und das Land? - Wir haben gehört, dass der Ministerpräsident in dem „MZ“-Artikel gesagt hat, dass die Zahlen bei uns nicht so hoch sind, dass wir einen Lockdown brauchten, aber dass es ein Akt der nationalen Solidarität - so hat er das genannt - ist. Wie bewerten Sie die Maßnahmen, die getroffen werden, im Verhältnis zu der Zahl der Infizierten und zu der Zahl der Personen, die intensiv betreut werden?
(Robert Farle, AfD: Wir tun alles voraus- schauend! - Tobias Rausch, AfD: Lasst sie doch mal antworten!)
Je weniger Infizierte wir haben, je eher wir Maßnahmen schon im Vorfeld der Krankenhausaufenthalte ergreifen, damit nicht so viele Menschen schwer erkranken, desto mehr schützen wir im Grunde genommen unser Gesundheitssystem
und wir schützen vor allen Dingen unsere Bevölkerung. Ich möchte nicht warten, bis unsere Intensivbetten zulaufen und wir dann tatsächlich solche schwierigen Entscheidungen treffen müssen, welche Personen beatmet werden dürfen und welche nicht.
Ich bin auch sehr stolz auf die Situation im Landkreis. Aus den Lageberichten des Landes geht sehr deutlich hervor, dass wir sowohl die Zahl der Infizierten abfragen, als auch die Zahl derjenigen, die sich in Quarantäne befinden. Wir wollen die Gesundheitsämter unterstützen, damit die Nachverfolgung nach wie vor gut funktioniert, damit wir nicht so viele Fälle in den Krankenhäusern haben. Sie wissen, dass wir noch sehr gute Zahlen haben hinsichtlich der Situation der Intensivbetten. Mein Ziel ist, dass das auch so bleibt.
Ja. - Ich will festhalten, dass bei uns im Salzlandkreis die Genesungsrate bei 99,5 % liegt. 99,5 % aller mit Corona Infizierten überleben dieses Virus.
Das ist die offizielle Statistik des Salzlandkreises, die der zuständige Mitarbeiter des Landkreises immer wieder verschickt. Ich frage Sie jetzt, ob Sie bei uns wirklich an einem Lockdown wegen einer pandemischen Lage festhalten wollen bei einer Krankheit, bei der bei uns im Landkreis eine Überlebensquote von 99,5 % besteht. Ich frage mich, ob das eine Pandemie ist.
Ich möchte Ihnen eines deutlich machen. Sie sprechen immer von denen, die gesund und genesen sind. Ich sage immer: Diejenigen, die genesen sind nach der pandemischen Lage, die sind noch lange nicht gesund, die haben überlebt. Es gibt ganz Berichte in den Lokalnachrichten, in denen viele, viele Menschen ihr Schicksal dargestellt haben.
Das waren nicht nur die über 80-Jährigen oder über 90-Jährigen, sondern das waren Menschen, die vorher Leistungssport gemacht haben, die vorher mitten im Leben standen. Die haben das zwar überlebt und sind möglicherweise genesen, aber es ist noch nicht geklärt, ob sie Spätfolgen haben werden.
Frau Ministerin, uns eint insbesondere die Sorge um die Schwere der Herausforderungen. Sie haben eben darauf hingewiesen: Nicht alle, die genesen sind, sind wieder gesund. Nun ist die Lage bei uns im Bundesland zumindest momentan erfreulicherweise überdurchschnittlich gut. Haben Sie aus dem Gespräch mit den Gesundheitsministerkollegen aus anderen Bundesländern Kenntnis darüber, dass unter den Genesenen ein deutlicher Anteil von ehemaligen Patienten ist, die ihren Beruf noch nicht wieder ausüben können, die sozusagen berufsunfähig sind, und dass unter diesen auch eine relativ große Gruppe von Ärzten und Pflegern ist?