Protocol of the Session on September 9, 2020

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete! Heute diskutieren wir über den Gesetzentwurf zum ersten Medienrechtsänderungsstaatsvertrag in der Drs. 7/6252.

Ja, Herr Minister, von Sachsen-Anhalt gehen kritische Signale aus. Tatsächlich können sie dazu führen, dass der Rundfunkbeitrag eben nicht steigt, auch wenn die KEF in ihrem Bericht zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten eine Erhöhung empfohlen hat. Die Rundfunkgebühr soll nämlich tatsächlich um 86 Cent steigen. Von Einsparungsmaßnahmen in den Funkanstalten kann hierbei keine Rede sein. Wer sich Intendanten mit astronomischen Gehältern leistet, wer sich Redakteure mit übertariflichen Gehältern leistet, der kann nicht - wir sagen ausdrücklich: nicht - von Konsolidierung sprechen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung)

Die Beratung im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien hat gezeigt,

dass die Intendanten jetzt noch einmal eine Erhöhung wollen, damit sie später Einsparungsmaßnahmen treffen können.

Auf die Frage der AfD-Fraktion hin, ob die Intendanten bereit wären, eine Erhöhung ihrer Gehälter, die ganz deutlich über dem Tarif liegen, einzufrieren oder auf eine solche zu verzichten, wurde nur ausweichend geantwortet, dass die Rundfunkräte dies entscheiden würden. Wer bei einem monatlichen Gehalt, wie es zum Beispiel Tom Buhrow erhält, von ca. 32 500 € - ich wiederhole: 32 500 € im Monat - nicht bereit ist, auf eine Gehaltserhöhung zu verzichten oder diese einzufrieren, der kann beim besten Willen auch keine Einsparpotentiale für seine Rundfunkanstalten durchsetzen, da er es anscheinend gar nicht will. Die einzige Ausnahme ist die Intendantin des MDR Frau Wille.

Die CDU-Fraktion im Landtag von SachsenAnhalt muss die Hosen runterlassen:

(Zuruf: Na?)

Hält sie ihr Wort

(Zuruf: Nee!)

oder lässt sie sich am Ende doch weichkochen?

(Zuruf)

Steht die Union zu dem Landtagsbeschluss in der Drs. 7/2400, in dem Sie, liebe Koalition, selbst Folgendes festgestellt haben - ich zitiere aus der Drucksache -:

„Der Landtag bestätigt vorhergehende Beschlüsse, dass sich an dem Grundsatz der Beitragsstabilität auch über das Jahr 2020 hinaus nichts ändern soll.“

(Zustimmung - Zuruf: Genau!)

„Vor dem Hintergrund der Reformdebatte zur zukünftigen Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks sollten Einspar

potenziale generiert werden, sodass die Einnahmen von jährlich 8 Milliarden € ausreichend sind, um dem Auftrag nach § 11 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages nachzukommen.“

Nun sollen wir im Parlament noch einmal eine Erhöhung beschließen, damit die Reformen, die groß angekündigt worden sind, irgendwann einmal umgesetzt werden? - Also, das ist wirklich sehr hanebüchen.

Es bleibt also abzuwarten, ob insoweit gegen den Willen der Bürger und für eine Erhöhung votiert wird. Die SPD-Fraktion und die Fraktion der GRÜNEN haben bereits signalisiert, dass sie der Erhöhung des Rundfunkbeitrages um die geforderten 86 Cent zustimmen wollen.

Aus einer INSA-Umfrage vom März 2020 unter den Bürgern des Landes geht Folgendes hervor: 39 % der Befragten sehen die Höhe des Beitrages als viel zu viel an; 29 % finden, der Beitrag ist zu hoch; 28 % sagen, er ist angemessen; nur jeweils ein Prozent findet ihn zu niedrig bzw. viel zu niedrig.

(Zurufe)

Also, liebe Kollegen der CDU-Fraktion: Akzeptieren Sie den Willen der Bürger? Nehmen Sie auch die Erkenntnisse aus Ihrer Umfrage wahr und ernst und gehören nicht zu den 2 % der Menschen, die die Rundfunkgebühren für zu niedrig halten?

(Zustimmung - Zuruf)

Liebe Kollegen! Wir brauchen keine weitere Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Wir brauchen eine Reformierung des Rundfunks. Er muss auf seine Kernaufgaben reduziert werden. Wir brauchen eine Marktliberalisierung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei der die Nutzer entscheiden, was sie sehen wollen und was nicht und wofür sie bezahlen wollen und wofür nicht. Eine Studie der Universität Münster bringt zutage, dass ohnehin die meisten Nutzer auf Netflix, Amazon Prime, YouTube oder ähnliche Anbieter ausweichen und zu ihrem Nutzungsverhalten angeben, dass sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nur kaum oder gar nicht konsumieren.

(Zustimmung)

Zum Schluss bleibt festzustellen, dass die CDUFraktion im Landtag zeigen muss, ob sie es ernst meint oder ob sie eben doch nur der zahnlose Tiger ist. Sie muss zeigen, ob sie außer Pressemitteilungen herauszugegeben auch handelt und kritische Reden hält oder ob sie die Erhöhungen durchwinkt. Es bleibt auch die Frage, wie gewichtig die Aussagen des Generalsekretärs Sven Schulze sind, der sagte:

„Nicht nur deshalb ist es wichtig, dass die geplante Erhöhung des Rundfunkbeitrages nicht kommen wird. Die CDU in SachsenAnhalt wird das verhindern.“

(Zustimmung)

Ich bin auch sehr gespannt auf den Redebeitrag des Herrn Kurze, der in der Vergangenheit in dasselbe Horn geblasen hat. Ist er ein Mann, der sein Wort hält, oder ist er es nicht?

(Zuruf: Oh! - Weitere Zurufe)

Wir werden Ihr Verhalten genau beobachten und feststellen, ob Sie den nötigen Mut aufbringen, Herr Kurze, diese Entscheidung nicht mitzutragen und die Erhöhung nicht durchzuwinken. Mit der AfD-Fraktion wird es keine Erhöhung der Beiträge geben. Eine Zustimmung zu der Zwangs

finanzierung lehnen wir grundsätzlich ab. - Vielen Dank.

(Beifall)

Vielen Dank, Herr Abg. Rausch.

(Zuruf)

Ich sehe keine Wortmeldungen. - Wir kommen zum nächsten Debattenredner. Für die SPD-Fraktion spricht der Abg. Herr Hövelmann. Langsam hat es sich eingespielt und die Redner wissen, dass sie etwas warten müssen, bevor sie nach vorn zum Rednerpult kommen. - Sie haben nunmehr das Wort, Herr Hövelmann.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Parlament befasst sich derzeit mit zwei Medienstaatsverträgen. Das führt bei Außenstehenden hin und wieder zu Verwirrung. Der eine Vertrag dient der Modernisierung der Medienordnung in Deutschland. Er soll den Rundfunkstaatsvertrag ablösen und setzt EUVorgaben wie die Diskriminierungsfreiheit, auch bei der Auffindbarkeit von Angeboten im Netz, durch. Auch geht es um Jugendmedienschutz über den klassischen Rundfunk hinaus. Für die Medienordnung in Deutschland ist er mit Blick auf unser digitales Leben eigentlich der wichtigere Staatsvertrag. Während diese 159 Seiten umfassende Vorlage in der Öffentlichkeit kaum Beachtung findet, ist es bei den elf Seiten des anderen Staatsvertrages anders. Der Satz - ich zitiere - „In § 8 wird die Angabe ,17,50‘ durch die Angabe ,18,36‘ ersetzt.“ bestimmt ausschließlich die Mediendebatte, zumindest in unserem Bundesland.

Meine Damen und Herren! Damit kommt schnell unter die Räder, welchen Wert der öffentlichrechtliche Rundfunk insbesondere für unsere Demokratie hat. Für die Nationalsozialisten war es nämlich ein Leichtes, den damals zentralisierten Staatsfunk der Weimarer Republik für ihre Zwecke der Propaganda und der Indoktrination zu instrumentalisieren. Unsere dezentralen und durch Beiträge finanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind dagegen ein Garant dafür, dass die Willensbildung eben nicht vom Staat gelenkt wird. Zugleich setzt er dem Einfluss privater Geldgeber deutliche Grenzen.

(Zustimmung)

Welche Auswirkungen eine ausschließlich auf private Medien setzende Gesellschaft hat, können wir in anderen Ländern sehen. Nicht zuletzt die Situation der öffentlichen Diskussionen in den USA und die dortige Lage sollten uns Warnung genug sein.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nur diese finanzielle und vor allem politische Unabhängigkeit garantiert unabhängigen Journalismus und unabhängige Programmgestaltung.

(Zuruf)

Journalistinnen und Journalisten eines unabhängigen Rundfunks sollen schließlich die Regierenden - die Regierungen und die Parlamente - durch eine kritische Berichterstattung begleiten sowie kontrollieren und nicht umgekehrt die Regierenden die Journalisten und den Rundfunk.

Man muss nicht mit jedem Programminhalt zufrieden sein, den die Öffentlich-Rechtlichen über den Bildschirm und durch den Äther senden. Man muss ihn aber als Teil der Programmvielfalt akzeptieren. Maßstab sind nicht der persönliche Geschmack und schon gar nicht die politische Opportunität des Programms, sondern seine Vereinbarkeit mit den jeweiligen Programmgrundsätzen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Mich hat es doch etwas irritiert, als es der Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalt und der medienpolitische Sprecher der CDU-Fraktion kürzlich geschafft haben, gleichzeitig die politische und die finanzielle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage zu stellen. Sie haben doch tatsächlich einen einzelnen Satirebeitrag des „Funk“-Netzwerkes zum Anlass genommen, die Ablehnung der Erhöhung des Rundfunkbeitrages zu begründen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ihre Kritik am gesendeten Satirebeitrag ist selbstverständlich zulässig, vielleicht sogar begründet. Aber der Versuch, über die Finanzierung auf die Programminhalte einzuwirken, überschreitet eine rote Linie und ist geeignet, die Rundfunkfreiheit zu untergraben.

(Zustimmung - Zurufe)

Dass sich der Deutsche Journalistenverband genötigt sah, hierbei von Drohungen und Versuchen von Zensur zu sprechen, ist nicht weniger als ein medienpolitischer Flurschaden für unser Land.

Verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, Sie haben Ihrem Anliegen, die Beitragsanpassung zu verhindern, einen Bärendienst erwiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits geurteilt, dass - ich zitiere - „eine Entscheidung über Zeitpunkt, Umfang oder Geltungsdauer der Gebührenfestsetzung nicht zu Zwecken der Programmlenkung oder der Medienpolitik“ benutzt werden darf.

(Zustimmung)

Dem Entscheidungsspielraum der Länderparlamente in der Beitragsfrage sind äußerst enge Grenzen gesetzt. Als SPD-Fraktion stehen wir