Wir bringen heute einen Antrag zum Waldschutz und zum Pflanzenschutz ein. Das liegt uns sehr am Herzen, weil wir uns - wir haben das mehrfach ausgeführt - zu einer nachhaltigen und multifunktionalen Forstwirtschaft bekennen. Wir haben uns gemeinsam mit unserem Koalitionspartner auch schon mehrfach für eine Beschleunigung der Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel, die im Forstbereich verwendet werden sollen, ausgesprochen.
Diese Situation hat sich nach wie vor nicht entspannt. Deshalb stellen wir heute diesen Antrag und nehmen darin auch die berechtigten Interessen der Waldeigentümer im Land auf. Denn wir haben sehr häufig die Frage - das geht sicherlich allen Kolleginnen und Kollegen so, die sich in diesem Bereich bewegen -, was mit unserem Wald passiert und wie die Zukunftsaussichten sind.
Denn wir haben durchaus vor dem Hintergrund des Klimawandels und der steigenden Anzahl von Tagen mit Extremwettererscheinungen im Wald eine Zunahme von Kalamitäten. Eine Kalamität ist - für diejenigen, die nicht so im Thema stehen - eine Massenerkrankung von Waldbeständen, die zu großflächigen Ausfällen führt und mit wirtschaftlichen Folgen verbunden ist.
Wir hatten innerhalb unserer Landtagsitzungen auch schon in anderer Weise darüber gesprochen, dass wir hier etwas tun müssen, dass wir den Wald erhalten und mehren wollen. Das ist ein Beitrag dazu.
Solche Kalamitäten sind entweder wetterinduziert, also äußern sich in Sturmschäden oder Schneebruch, bzw. indirekt über den Befall mit Schädlingen oder auch beides gemeinsam. Schädlinge sind etwa Nonnen, Kieferneule oder Schwammspinner. Wer einmal mitbekommen hat, wie unangenehm der Eichenprozessionsspinner sein kann, der weiß es zu schätzen, dass es Mittel gibt, um Abhilfe zu schaffen.
dass in der Letzlinger Heide mittlerweile auf einer Fläche von etwa 4 000 ha - das sind etwa 10 % der Waldfläche dieses Forstamts - deutliche Fraßschäden vorhanden sind.
Das führt dazu, dass kein Austrieb der äußerlich intakten Knospen stattfindet und dass Sekundarschädlinge Fuß fassen. In diesem konkreten Fall war es ein Pilz, der eigentlich im Mittelmeerraum beheimatet ist, der sich durch die Klimaveränderungen aber mittlerweile auch bei uns eingenistet hat. In der Folge mussten 200 ha Wald geschlagen und 400 ha stark durchforstet werden.
Jeder, der ein bisschen Ahnung davon hat, kann sich vorstellen, was das heißt. Deswegen werden wir um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln im Wald nicht herum kommen. Dabei ist wichtig, dass es auf wissenschaftlicher Basis geschieht, und dass nicht irgendein Hersteller solcher Mittel auf seinen Prospekt schreibt, alles ungefährlich, alles unproblematisch.
Wir wollen uns mit diesem Thema verstärkt auseinandersetzen. Wir wollen uns auch darüber berichten lassen, was das Land bisher unternommen hat und was vonseiten der Waldbesitzer unternommen worden ist, damit wir ein klares Bild bekommen. Deshalb sollten wir auch prüfen, ob es in besonderen Fällen Unterstützungsleistungen geben kann.
Auf der Bundesebene gehen wir davon aus, dass die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln überprüft wird, weil die Verfahren mittlerweile zu lange dauern und auch zu kompliziert sind. Der Wald sollte nicht das Nachsehen haben, nur weil man sich möglicherweise nicht einigen kann.
Denn federführend ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Dieses muss das Einvernehmen mit dem Umweltbundesamt herstellen und sich mit dem Julius-Kühn-Institut und mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung ins Benehmen setzen. Wer die deutsche Bürokratie kennt - wir haben heute schon mehrfach darüber gesprochen -, der weiß genau, wie lange das dauert. Dann ist der Wald leer gefressen, bevor irgendein Mittel zugelassen wird.
Problematisch ist es auch, dass die Bekämpfung von Schadinsekten über Luftfahrzeuge mittlerweile sehr stark reglementiert ist. Ich sage es ganz offen: Ich sehe Pflanzenschutzmittel im Wald eigentlich nur als Ultima Ratio an. Aber gegenwärtig haben wir Situationen, in denen wir ohne sie nicht auskommen.
Zur Situation ganz konkret. Für den Forst war bis zum Ende des vergangenen Jahres nur noch Dimilin 80 WG für die Applikation mit Luftfahrzeugen zugelassen. Danach gilt noch einmal eine Verbrauchsfrist. Das heißt, bis Mitte nächsten Jahres kann das Mittel eingesetzt werden. Aber wir haben
bis dahin keine Bestandsgefährdungsprognose. Damit ist es nicht mehr möglich, dass dieses Mittel nach dem Ablauf dieser Zeit eingesetzt werden kann.
Die anderen Mittel, „Dimilin S“ und „Karate Forst flüssig“, sind zwar formal zugelassen, aber in der Praxis ist das sehr schwierig. Wir hatten bis zu einer Einigung mit den genannten Stellen ein problematisches Zulassungsverfahren. Die Anwendungsmöglichkeiten sind eingeschränkt gewesen.
Also, ich wiederhole es: Im Kalamitätsfall sind diese Auflagen nicht zu erfüllen. Das heißt also, wir sind auf der einen Seite dafür, dass sehr hohe Standards im Zulassungsverfahren gelten. Das ist gut und richtig. Aber auf der anderen Seite führen sie halt dazu, dass bestimmte Probleme im Wald nicht gelöst werden können. Deswegen brauchen wir einen vernünftigen Ausgleich.
Das Land kann allerdings jetzt eingreifen und in Ausnahmefällen die Anwendung dieser Mittel zulassen. Das werden wir auch in Abstimmung mit unserer Forstlichen Landesanstalt tun, die uns in der Beziehung entsprechend berät.
Wir brauchen eine verstärkte Zusammenarbeit, auch mit den Produzenten solcher Mittel, und wir brauchen verlässliche Rahmenbedingungen; denn wir haben es mittlerweile mit einem ähnlichen Prozess wie in der Pharmazie. Es werden keine neuen Antibiotika mehr hergestellt, weil es sich angeblich nicht lohnt, weil angeblich die Bedingungen dafür nicht vorhanden sind. Hierbei ist es für die Firmen ähnlich; sie wissen nicht, ob die Mittel, die sie herstellen, letztlich in Gebrauch genommen werden können.
Ich denke, neue Herausforderungen erfordern neue Handlungsrichtlinien. Lassen Sie uns daher gemeinsam ein Zeichen für die Forst- und Holzwirtschaft im Land setzen! Sie ist ein sehr großer und wichtiger Bestandteil unseres Wirtschaftssystems.
Danke sehr, Kollege Geisthardt für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Aeikens.
Doch zuvor können wir Damen und Herren des Bundesfreiwilligendienstes Sangerhausen bei uns begrüßen. Seien Sie recht herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schutz unserer Wälder ist der Landesregierung ein wichtiges Anliegen. Deshalb begrüße ich diesen Antrag der Regierungsfraktionen außerordentlich.
Wir wissen, dass das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln im Wald seit Jahren auf einem außerordentlich niedrigen Niveau erfolgt. Selbst in Jahren mit Schädlingsvorkommen sind in der Regel weit weniger als 1 % der Waldfläche eines Bundeslandes betroffen.
Die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln, auch aus der Luft, beschränkt sich dabei auf Schadereignisse, die ganze Bestände bedrohen, zum Beispiel beim Eichenprozessionsspinner, der neben einem hohen Baumschädigungspotenzial auch ein hohes gesundheitsgefährdendes Potenzial besitzt.
Wenn eine akute Gefährdung des Eichenbaumbestandes und der Verlust von ganzen Eichenwäldern drohen, kann der Eichenprozessionsspinner auf der Grundlage des Pflanzenschutzrechts bekämpft werden. Ich meine, es ist vernünftig, meine Damen und Herren, dass man in solchen Fällen Pflanzenschutzmittel einsetzen darf.
In diesem Jahr gab es eine erfolgreiche Koordinierung der Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners und des damit verbundenen Einsatzes von Luftfahrzeugen mit dem Ministerium für Gesundheit und Soziales. Ich danke dem Kollegen Bischoff ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit auf diesem Gebiet.
Meine Damen und Herren! Wir wollen auch in Zukunft unsere Eichenwälder schützen und Gesundheitsschutz betreiben. Die Notwendigkeit von Bekämpfungsmaßnahmen bzw. eines Pflanzenschutzmitteleinsatzes im Wald ergibt sich aus der Auswertung von Kontroll- und Monitoringmaßnahmen. Diese Maßnahmen werden durch die Nordwestdeutsche Forstliche Versuchsanstalt koordiniert und durch das Landeszentrum Wald durchgeführt.
Alle Waldbesitzer werden durch das Landeszentrum Wald, insbesondere durch die Waldschutzbeauftragten der Betreuungsforstämter, über die Maßnahmen zeitnah informiert. Nach dem Vorliegen der Ergebnisse und deren anschließender Auswertung wird entschieden, ob eine Bekämpfung notwendig ist.
Grundsätzlich ist eine Bekämpfung nach Pflanzenschutzrecht auch in Naturschutzgebieten möglich. Hier werden nach entsprechender Vorprüfung und Abstimmung mit den Naturschutzverbänden Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt. Davon haben wir in der Vergangenheit auch schon Gebrauch machen müssen. Hierbei erfolgt aber auch eine Einzelfallprüfung unter Abwägung der Schutzgüter. Auch das ist vernünftig.
Herr Geisthardt hat bereits dargelegt, wie kompliziert die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist. Es handelt sich hierbei um ein außerordentlich aufwendiges Verfahren. Wir sollten uns - das finde ich im Antrag richtig formuliert - bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass dieses bürokratische Verfahren verschlankt wird.
Darüber hinaus werden wir im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes sowie der Lückenindikation entwickeln, die mit den Pflanzenschutz- und Forstbehörden der Länder sowie Vertretern der Wirtschaft und Verbände gemeinsam erarbeitet werden sollten.
Wir stehen mit allen Beteiligten in engem Kontakt und in engen Abstimmungen. Allerdings muss man auch konstatieren, dass die Einflussmöglichkeiten der Pflanzenschutzbehörden sowie der Forstverwaltungen der Länder zurzeit eher begrenzt sind.
Im Rahmen eines nationalen Aktionsplanes sollen verbesserte Lösungen unter Einbeziehung der Pflanzenschutz- und Forstbehörden erarbeitet werden, auch unter Einbeziehung der Naturschutzbehörden. Wir wollen dann Lösungen im Einzelfall umsetzen. Nach meinem Eindruck ist eine Zusammenarbeit zwischen Industrie, zuständigen Landesbehörden und den Zulassungsbehörden bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln bereits vielfach gegeben, aber durchaus verbesserungsfähig.
Das Verfahren zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist eindeutig durch Bundes- und EU-Recht geregelt, sollte aber auch eindeutig vereinfacht werden. Trotz der komplizierten rechtlichen Situation wird die Landesregierung das Anliegen des Landtages gern aufgreifen und sich auch weiterhin für einen effektiven und wirksamen Waldschutz zugunsten unserer Wälder einsetzen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, jetzt hätten Sie sich fast versprochen und wollten doch Regierungsantrag sagen. Nein, er ist schon von den Koalitionsfraktionen.
Hätten wir einen ähnlichen gestellt, ach herrje, dann wären doch gleich wieder Vokabeln gekommen wie Schaufensterantrag.
Das Thema ist aber sehr ernst. Deshalb wollen wir uns gern damit befassen. Allerdings, Herr Kollege Geisthardt, ein Selbstbefassungsantrag im Ausschuss hätte es auch getan.