Protocol of the Session on December 12, 2014

Es wird sicherlich auch lernende Richtlinien geben. Und wenn die Richtlinien denn lernen, dann sollten sie, wenn sie überarbeitet werden, nach den Vorstellungen der meisten und fast aller gerechter, sachdienlicher, einfacher und missbrauchssicherer sein. Ich denke, darin sind wir uns alle einig.

Wir sind uns auch darin einig, dass es bei dieser Frage auch klare Trennungen zwischen der Exekutive und der Legislative gibt, aber wir als Landtag auch die Aufgabe haben, die Exekutive kontrollierend zu begleiten oder die begleitende Kontrolle derselben zu sein. Deshalb werden wir das aufrufen und sind froh, dass im Ministerium daran bereits gearbeitet wird.

Ich möchte nicht unbedingt mit denen, die das überarbeiten, tauschen; denn all das, was schon gesagt worden ist - auch das, was Frau Kollegin Dalbert gerade noch einmal zu den Museen ausgeführt hat -, muss in die schwierige Gemengelage des EU-Beihilferechts und aller Freihandelsabkommen - der Minister hat es ausgeführt - eingefügt werden. Das betrachte ich durchaus als eine Herausforderung.

Im Kulturkonvent - ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als wir darüber diskutiert haben - hat man noch einmal aufmerksam die Forderungen bzw. Erwartungen verlesen, die dort in die Diskussion einfließen sollen.

Jetzt werde ich für heute den Koalitionsfrieden endgültig zerstören, indem ich eine direkte Überweisung beantrage.

(Zustimmung bei der SPD)

Herr Kollege Miesterfeldt, das mit der direkten Überweisung war ein Versprecher von mir. Sind Sie für Direktabstimmung oder sind Sie für Überweisung?

Der Kollege Schellenberger hat sich, glaube ich, versprochen. Er hat gesagt: Wir stimmen dem Antrag zu. Dann haben Sie das mit der „direkten Überweisung“ gesagt, und ich fand das gut. Deswegen habe ich das jetzt mehr humoristisch aufgegriffen. Also ich meine die Überweisung.

Wir sind uns einig - Frieden gerettet -: Überweisung.

(Herr Dr. Schellenberger, CDU: Wir sind uns einig!)

Gut. - Der Kollege Gebhardt hat auf einen weiteren Redebeitrag verzichtet.

Dann stimmen wir jetzt über die Drs. 6/3648 ab. Es ist die Überweisung in den Bildungsausschuss beantragt worden. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen. Damit ist der Antrag überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 17 beendet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie uns mit dem Tagesordnungspunkt 18 fortfahren:

Erste Beratung

Breitbandausbau - Sachsen-Anhalt auf die digitale Überholspur bringen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3651

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/3692

Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/3694

Einbringer ist Herr Herbst. Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fast schon ein Dauerbrenner hier im Landtag. Alle Jahre wieder. Denn alle Jahre wieder lässt sich leider auch konstatieren: Langsames Internet gehört zu den größten Ärgernissen unserer Zeit, zu Hause am Schreibtisch oder am Arbeitsplatz. Besonders oft ärgert man sich, meine Damen und Herren, in Sachsen-Anhalt darüber.

Das Land Sachsen-Anhalt belegt beim Breitbandausbau im Bundesvergleich den letzten Platz. Das ist nichts Neues; vielmehr hat das fast schon Tradition. Wir meinen, meine Damen und Herren, das ist eine schlechte Tradition. Mit schlechten Traditionen sollte man brechen, und man bricht am besten damit, indem man auch an der Zielsetzung etwas verändert.

Deswegen bringen wir Ihnen heute einen schlanken, schlichten Antrag zur Abstimmung, in dem es ausschließlich um eine Veränderung der Zielsetzung geht, nämlich darum, dass wir als Land

Sachsen-Anhalt nicht hinter den Bundeszielen herhinken, sondern diese Bundesziele als verpflichtend für unser Bundesland anerkennen und deswegen umsatteln von einer Zielsetzung schnelles Internet - also 50 Mbit/s plus - bis 2020 auf zwei Jahre vorher und damit den Ausbau auf schnelle Netze nicht ins nächste Jahrzehnt vertagen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Bei den niedrigsten Geschwindigkeiten zwischen 1 und 6 Mbit/s sind wir fast, aber auch nur fast im Bundesdurchschnitt. Je stärker die Bandbreite ansteigt, desto stärker geht die Schere zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Bund auseinander.

Meine Damen und Herren! Das macht mir große Sorge; denn wenn diese Entwicklung so ist, dass sich die Schere immer weiter öffnet, dann heißt das, dass das auch in den nächsten Jahren so weitergeht. Ich frage mich: Wo wird dabei Schluss sein? Denn schnelle Netze werden immer weiterentwickelt und auch die Übertragungsgeschwindigkeiten werden sich immer weiter erhöhen. Das heißt, wenn diese Tendenz nicht aufhört, dann wird Sachsen-Anhalt in diesem Fall die rote Laterne behalten. Das wollen wir nicht, meine Damen und Herren.

Nur etwas mehr als 30 % der Haushalte in Sachsen-Anhalt verfügen über schnelles Internet mit 50 Mbit/s oder mehr. Ich weiß, dass die Landesregierung sagt: Breitband, schnelles Internet beginnt irgendwie schon bei 2 Mbit/s.

Nur seien wir doch einmal ehrlich, meine Damen und Herren: Damit kann man zu Hause und auch als Unternehmer überhaupt nichts anfangen. Da fühlt man sich an das Ende der 90er-Jahre zurückversetzt. Damit kann man nicht arbeiten, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nur 30 % der Haushalte in Sachsen-Anhalt verfügen über schnelles Internet. Das heißt gleichzeitig: 70 % der Haushalte in Sachsen-Anhalt sind unterversorgt. 70 % der Menschen haben nicht die Möglichkeit, zeitgemäß zu kommunizieren und die Chancen der digitalen Gesellschaft in vollem Umfang zu nutzen.

Wir begreifen schnelles Internet auch als Daseinsvorsorge für unsere Bevölkerung. Wenn man sagt „In 70 % der Fälle ist diese Daseinsvorsorge nicht erfüllt.“, dann läuft etwas falsch. Dann müssen wir uns gemeinsam anstrengen, damit dieser gefährliche Trend umgekehrt wird, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Der freien Persönlichkeitsentfaltung werden in Sachsen-Anhalt durch mangelnde Infrastruktur Grenzen gesetzt. Das klingt vielleicht etwas drastisch; es ist aber so. Diese Infrastruktur sind heute eben keine Straßen, keine Brücken und keine Autobahnen mehr - höchstens Datenautobahnen -, sondern das ist die digitale Infrastruktur, die diese gefährlichen Grenzen setzt.

Der ländliche Raum wird dabei noch stärker benachteiligt als die städtischen Gebiete. In den städtischen Gebieten sind meist 50 % mit schnellem Internet versorgt, wobei man auch dort in der Praxis Abstriche machen muss.

Ich wohne in der Magdeburger Innenstadt. Ich habe kein schnelles Internet über ein Telekom-Netz. Es geht im Jahr 2014 überhaupt nicht, dass man in der Magdeburger Otto-von-Guericke-Straße nicht schnell im Netz surfen kann, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Das trifft nicht nur auf Magdeburg zu - das weiß ich -, auch andere urbane Gegenden sind davon betroffen.

Aber auf dem Land sieht es noch schlimmer aus. Dort sind nur 12 % der Haushalte mit schnellem Internet versorgt. Das heißt, ganze Regionen - gerade die sensiblen ländlichen Regionen - werden von der Entwicklung abgehängt.

Denken Sie an die Altmark, wo jetzt gerade ein regionaler Zweckverband in der Gründung ist. Ich persönlich habe überhaupt nichts gegen regionale Zweckverbände, nur ich sage - deswegen bin ich demgegenüber kritisch eingestellt -: Es ist eigentlich Aufgabe des Landes, das zu organisieren. Wenn dafür regionale Zweckverbände gegründet werden, dann kann das immer nur eine Notlösung sein. Wir können die Kommunen in diesen Gebieten nicht dazu zwingen, auf solche Konstrukte zurückzugreifen, meine Damen und Herren.

In Dessau-Roßlau, im Landkreis sieht es auch sehr schlecht aus. Nur 2,6 % der Haushalte sind mit 50 Mbit/s plus versorgt und nur 6 % mit bis zu 30 Mbit/s. Es sieht wirklich nicht gut aus. Ich könnte jetzt über die Landkreise so weitererzählen. Das werde ich Ihnen ersparen, Sie kennen die Situation vor Ort bestens.

Meine Damen und Herren! Das Ganze hat verheerende Folgen für die Entwicklung unseres Landes. Wir sind nicht nur bundesweit, sondern auch im europäischen Vergleich weit abgeschlagen. Wir schreiben mittlerweile zwar in Ausschreibungen unsere Leistungen für alle möglichen Dinge - eigentlich für alles - europaweit aus, aber wir bieten letztlich, was die digitale Infrastruktur angeht, europaweit die schlechtesten Bedingungen. Das kann so nicht weitergehen. Sachsen-Anhalt ist daher nur eingeschränkt wettbewerbsfähig.

Schnelle Internetverbindungen sind längst kein weicher Standortfaktor mehr, sondern wirklich ein harter Standortfaktor. Sie können darüber entscheiden, ob sich Unternehmen ansiedeln oder nicht bzw. ob sie wegziehen in ein Gebiet, in dem sie eine bessere Infrastruktur vorfinden.

Im schlimmsten Fall wird die Ansiedlung von Unternehmen verhindert. Das betrifft nicht nur große Unternehmen, sondern auch Ingenieurbüros, Handwerksbetriebe, Händler, Behörden, Bildungsträger - sie alle sind heute auf schnelle Netze angewiesen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Für junge Menschen ist die Entwicklung besonders dramatisch. Auch sie brauchen heute für ihre Persönlichkeitsentfaltung, aber auch für das Gründen eines Start-ups oder für die Distribution ihrer Angebote schnelles Internet. Sie werden vermehrt abwandern - ein Problem, mit dem wir schon zu tun haben -, wenn wir diese Ressource nicht ordentlich zur Verfügung stellen können.

Meine Damen und Herren! Es gibt darüber selbstverständlich keine verlässlichen Berechnungen. Aber wir dürfen getrost davon ausgehen, dass durch fehlende Breitbandstrukturen Sachsen-Anhalt jedes Jahr Millioneneinnahmen und den Kommunen Millionen an Gewerbesteuereinnahmen verloren gehen.

Meine Damen und Herren! Wenn man über dieses Thema spricht, muss man natürlich auch über Verantwortung sprechen. Wir sehen die Landesregierung hierbei ganz klar in der Hauptverantwortung.

Was tut die Landesregierung? - Sie reagiert auf die jährlichen Verkündigungen hinsichtlich der roten Laterne eigentlich immer nach dem gleichen Schema. Seit ich im Landtag sitze - seit 2011 sehe ich mir das jedes Jahr an -, gebe ich jedes Jahr eine Pressemitteilung heraus. Die könnte ich eigentlich jedes Jahr mit „copy and paste“ wiederholen, weil auch die Antworten der Landesregierung immer gleich bleiben. Ich sehe hier keine Weiterentwicklung.

Also: Für den Misserfolg sind dann erst einmal immer die anderen verantwortlich. In erster Linie die bekannte Wirtschaftlichkeitslücke, die natürlich da ist, klar. Aber die muss man auch nicht überstrapazieren.

Die Unternehmen sind auch gern selbst schuld, die Opposition ohnehin. Oder es wird sich darauf verstiegen, dass die Bürgerinnen und Bürger in bestimmten Kommunen überhaupt kein schnelles Internet wollten. Sich in solche Verrenkungen zu versteigen, meine Damen und Herren, grenzt schon ein bisschen an Unverschämtheit.

Meine Damen und Herren! Die Strategie der Landesregierung besteht in den Augen der Öffentlichkeit - anders kann man das nicht sagen - in der Verwaltung bestehender Lücken und in der Hoffnung auf Aktivitäten anderer.