Protocol of the Session on December 11, 2014

Herr Dr. Thiel, Sie sind zwar sehr laut, aber alle anderen sind noch viel lauter. Ich bitte um Ruhe im Haus.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das war der Versuch, mich zu übertönen. - Die SPD-Fraktion griff den Vorschlag der Landesregierung auf, sodass der Ausschuss übereinkam, in der Sitzung am 27. November 2014 eine abschließende Beratung zu dem Antrag durchzuführen und eine Beschlussempfehlung an den Landtag zu erarbeiten.

Zu dieser Beratung legten die Koalitionsfraktionen einen Vorschlag für die Beschlussempfehlung vor.

Darin wird unter anderem empfohlen, die Landesregierung zu bitten, bei der im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD auf der Bundesebene vereinbarten Novellierung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zu prüfen, ob eine Klarstellung

dahin gehend erfolgen kann, dass Arbeits- und Erziehungszeiten, die während des Erststudiums geleistet wurden, nicht auf die im Wissenschaftszeitvertragsgesetz geregelte Höchstbefristungsgrenze angerechnet werden.

Außerdem soll die Landesregierung gebeten werden, zu prüfen, ob die Tarifsperre, die es den Gewerkschaften nicht erlaubt, mit den Arbeitgebern eigene Tarifverträge auszuhandeln, aufgehoben werden kann.

Im Ergebnis der Beratung nahm der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft den Beschlussvorschlag in unveränderter Fassung mit 8 : 0 : 4 Stimmen an und erarbeitete die Ihnen in der Drs. 6/3644 vorliegende Beschlussempfehlung.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Namen des Ausschusses für Wissenschaft und Wirtschaft bitte ich um Zustimmung zu dieser Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN und von Herrn Meister, GRÜNE)

Danke sehr für die Berichterstattung, Herr Kollege Dr. Thiel. - Für die Landesregierung wird Minister Möllring sprechen.

Doch zuvor können wir Damen und Herren des Humanistischen Regionalverbandes Halle bei uns grüßen. - Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben den Ausschuss schriftlich über die Situation der Beschäftigten an den Hochschulen des Landes informiert. In diesem Zusammenhang konnten wir feststellen, dass sich die Befristungspraxis an den Hochschulen im Land Sachsen-Anhalt durchaus anderes darstellt, als es in zum Teil in anderen Ländern der Fall ist.

Eine wesentliche Erkenntnis ist, dass sich die Hochschulen des Landes ihrer Verantwortung im Umgang mit der gesetzlich vorgegebenen Befristungspraxis im Wissenschaftsbereich sehr wohl bewusst sind. Da die Karriereplanung des wissenschaftlichen Nachwuchses insbesondere den Bereich der Universitäten betrifft, haben diese durch entsprechende einschlägige Leitlinien ihrer jeweiligen Senate intern bindende Voraussetzungen geschaffen, um insbesondere die Promotionsphase für die oder den Einzelnen nachvollziehbar und transparent zu machen.

Die sogenannte Drei-plus-drei-Regelung in der Post-doc-Phase bzw. die Drei-plus-eins-Regelung in der Promotionsphase an den beiden Universitä

ten ist daher die Regel und nicht die Ausnahme, soweit es sich um Qualifikationsstellen handelt und die Stellen dementsprechend ausgeschrieben worden sind.

So werden an den Hochschulen in Sachsen-Anhalt zwei Drittel aller Erstverträge in der Promotionsphase mit einer Befristungsdauer von mindestens 24 Monaten abgeschlossen. Davon wiederum zwei Drittel haben eine Laufzeit von mindestens 36 Monaten. Damit unterscheidet sich die vorzufindende Befristungspraxis deutlich von denen anderer deutscher Hochschulen, wo durchschnittlich nur ein Achtel der Verträge eine Laufzeit von mindestens 24 Monaten aufweist.

Hervorzuheben ist ferner, dass die Promovierenden in der Regel an den hiesigen Hochschulen in Vollzeit beschäftigt werden, wenn sie eine Stelle haben. Damit wird die Zeit, in der ihnen durch Gesetz Gelegenheit zur eigenen Qualifizierung einzuräumen ist, vollständig vergütet. Eine etwaige Praxis der Hochschulen dergestalt, dass der überwiegende Teil der Promovierenden lediglich im Umfang von 50 % der Gesamtarbeitszeit einen Arbeitsvertrag erhält oder über ein Promotionsstipendium seinen Lebensunterhalt bestreiten muss, ist nicht festzustellen.

Der Anteil der Vollzeitbeschäftigung lag im Jahr 2012 bei 69,1 %, also bei knapp 70 %. Bundesweit betrug der Anteil lediglich 63 %. Der Anteil des unbefristet beschäftigten hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals betrug im Jahr 2006 noch 35 % und sank im Jahr 2012 auf 31 %. Deutschlandweit lag der Anteil bei 29,2 % im Jahr 2006 und fiel im Jahr 2012 auf 22 %.

Die Möglichkeit von sogenannten Tenure Tracks für Postdocs ist bereits jetzt nach Maßgabe der einschlägigen landeshochschulrechtlichen Bestimmungen eröffnet und findet gelegentlich in der täglichen Berufspraxis auch Anwendung. Es besteht mit den Hochschulen Einvernehmen darüber, dass das Modell des Tenure Tracks nicht der ausschließliche Weg zu einer Professur ist, sondern dass es weiterhin mehrere gleichberechtigte Wege zur Professur geben sollte. Der Tenure Track ist und bleibt einer dieser Wege.

Mit den vorstehenden Feststellungen und Anmerkungen soll keineswegs der Eindruck erweckt werden, dass die Beschäftigungssituation des hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an den Hochschulen nicht weiter verbessert werden könnte. Dies soll und muss auch das Ziel einer zukunftsorientierten Hochschulpolitik im Land sein.

Nur mit interessanten Angeboten auch in der Beschäftigungspolitik wird es möglich sein, den Hochschulstandort Sachsen-Anhalt attraktiv zu machen und weiter zu stärken. Dabei sind die Rahmen

bedingungen von Forschung und Lehre zu berücksichtigen. Über den Fortgang dieser Bemühungen wird die Landesregierung den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft weiterhin unterrichten.

Ich stimme mit vielen darin überein, dass man wissen muss, ob man eine Anschlussverwendung hat. Denn wenn man sich im letzten halben Jahr irgendwo bewerben muss, kann man nicht mehr vernünftig arbeiten. Diese Sicherheit wollen wir gemeinsam im Rahmen der Möglichkeiten natürlich allen geben. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD)

Es gibt eine Nachfrage, Herr Minister. - Ich möchte zuvor sagen, Sie haben keinen Tinitus im Ohr. Es gibt offensichtlich technische Schwierigkeiten mit der Anlage. Ich denke, Sie können trotzdem Ihre Frage stellen. Herr Lange, bitte schön.

Also, wenn ich jetzt ein bisschen zerknirscht klinge, liegt es an der Anlage.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Herr Minister; auch dieser Antrag geht auf die Zielvereinbarungsperiode ein. Die Zielvereinbarungen werden angeblich gerade verhandelt. Ich wollte einmal fragen, ob denn nun seitens der Landesregierung konkrete Quoten nach dem Kaskadenmodell vorgesehen werden und ob es eine Vorschrift in den Zielvereinbarungen geben wird, dass entsprechend dem Kaskadenmodell eine geschlechtergerechte Besetzung der Stellen in Gang zu setzen ist.

Meine zweite Frage lautet: Wird es in den Zielvereinbarungen Regelungen zur Promotion geben, beispielsweise dass die Hochschulen Promotionsvereinbarungen abschließen müssen? Denn das ist ein Problem, das auch von den Initiativen angesprochen wurde und das man relativ leicht lösen könnte. Also, wird es dazu Vorgaben des Landes an die Hochschulen in den Zielvereinbarungen geben?

Über das Kaskadenmodell haben wir uns geeinigt. Allerdings werden wir keine festen Quoten in die Zielvereinbarungen hineinschreiben können.

Ob es Promotionsvereinbarungen geben wird, das kann ich Ihnen nach dem Abschluss der Verhandlungen sagen. Wir haben die ersten Verhandlungen geführt. Am 18. Dezember, also in der nächsten Woche, ist der nächste Termin mit der Runde der Hochschulrektoren vereinbart. Ich gehe davon

aus, dass wir die Zielvereinbarungen im Januar abschließen können.

Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Dr. Pähle.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die von Herrn Dr. Thiel vorgetragene Beratungsfolge im Ausschuss hat gezeigt, dass der Ausschuss sich ausführlich dieser Problematik gewidmet hat.

(Herr Lange, DIE LINKE, lacht)

Und das ist auch gut so.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja, genau!)

Denn die Beschäftigungsverhältnisse in der Wissenschaft sind schon lange in der öffentlichen und auch in der politischen Diskussion. Unterschiedliche Anträge zu unterschiedlichen Aspekten dieses Themas gibt es aus den Jahren 2012, 2013 und 2014.

Die Grundlage aller Diskussionen ist dann doch auch immer der Verweis auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Bereits im Jahr 2011 hat eine Evaluierung dieses Gesetzes durch das HIS-Institut gezeigt, dass das Wissenschaftszeitvertragsgesetz in der heute noch gültigen Fassung viele kritische Punkte aufweist.

In dem Evaluierungsbericht wird aufgezeigt, dass der Anteil der befristeten Arbeitsverträge gestiegen ist. Die Familienkomponente hat ihren eigentlichen Zweck nicht erfüllt. All das geht aus dem Bundesbericht hervor.

Ich bin deshalb der großen Koalition im Bund sehr dankbar, dass nun darüber diskutiert wird, dieses Gesetz zu ändern. Gerade von meiner Fraktion wird gefordert, dass es Mindestlaufzeiten in der Qualifizierungsphase geben muss, dass Drittmittelbefristungen an der Projektlaufzeit ausgerichtet werden sollen und dass es Betreuungsvereinbarungen in der Promotionsphase geben soll.

Ich habe die Hoffnung, dass sich im kommenden Jahr auf der Ebene des Bundes etwas bewegen wird. Wir werden dann auch einige Auswirkungen in Sachsen-Anhalt beobachten können.

Wir haben aber aufgrund der Datenbasis, die uns das MWW dankenswerterweise bereitgestellt hat - auch hierzu gab es eine Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE -, zur Situation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine, wie ich finde - auch wenn Herr Lange jetzt wieder lachen wird - wirklich aufschlussreiche Diskussion mit dem MWW über die Zahlen geführt zu den Fragen, wie viele Befristungen, wie viele Teilzeitbeschäftigte es gibt.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das stimmt!)

Das war wirklich eine sehr gute und fundierte Beratung im Ausschuss - die kann man auch nicht kleinreden -,

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

die uns gezeigt hat, dass die Situation in SachsenAnhalt doch vom Bundesdurchschnitt abweicht. So konnten wir feststellen, dass der Anteil der Teilzeitbeschäftigten in den Jahren 2006 bis 2011 nur leicht angestiegen ist. Wir konnten auch feststellen, dass der zugegebenermaßen relativ hohe Anteil an befristeten Verträgen in der Zeit zwischen 2006 und 2011 ebenfalls kaum merklich angestiegen ist.

Das ist erst einmal eine Feststellung, die uns sagt, dass sich die Situation an unseren Hochschulen in den letzten fünf Jahren nicht dramatisch verändert hat. Die Zahlen sind nicht gut; das will ich überhaupt nicht sagen. Aber sie haben sich nicht weiter verschlechtert.

So konnten wir auch feststellen, dass sich der Umfang der Lehrbeauftragten an den Hochschulen im Zeitverlauf ganz unterschiedlich entwickelt hat. Das ist auch Ausdruck der unterschiedlichen Fächer, die an diesen Hochschulen gelehrt werden. Gänzlich auf Lehrbeauftragte in bestimmten Bereichen kann und wird man nicht verzichten.