Protocol of the Session on June 20, 2013

(Zuruf von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

aber uns ist es wichtig, grundsätzlich einmal Dinge zu definieren, die uns wichtig sind. Dies sind nun einmal die Dinge, die wir in den Antrag geschrieben haben, klipp und klar zu sagen, dass die Drittmittelbindung für uns Priorität hat, und natürlich auch keine weitere Bürokratie zuzulassen.

Kollege Thiel, ich kann es verstehen, durch eine linke Brille muss man immer gucken, wie ein Ar

beitnehmer zurechtkommt. Wir reden hierbei über Vorschriften und Gesetze, die gelten für alle. Dies ist kein Arbeitnehmerphänomen. Deswegen ist es immer etwas schade.

Wir machen Wirtschaftspolitik, und die wirtschaftlichen Leistungen werden in erster Linie von den Unternehmern in unserem Land erbracht. Wenn wir die nicht hätten, dann hätten wir keine Arbeitnehmer. Das möchte ich an dieser Stelle sagen.

(Zustimmung bei der CDU)

Nichtsdestotrotz möchte ich Ihnen in Bezug auf einen Satz, den Sie gesagt haben, ausdrücklich Recht geben. Sie haben gesagt, der Unternehmer sei entweder erfolgreich oder nicht; dies sei nicht abhängig von Fördermitteln. Darin haben Sie vollkommen Recht. Aber auch der erfolgreiche Unternehmer ärgert sich, wenn er sein Unternehmen aufgrund aufwendiger Antragsverfahren nicht voranbringen kann, wenn er seine Konzepte nicht umsetzen kann, weil immer noch eine Regelung dagegen spricht.

Diesbezüglich gibt es interessante Ideen, über die man diskutieren kann. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, weil Kollege Erdmenger auf ein aktuelles Beispiel abzielte. Wir wollen versuchen, in bestimmten Situationen von einem Antrag wegzukommen und zu einer Anzeigepflicht zu kommen. Das heißt, wenn ich etwas unternehmen möchte, warum benötige ich immer eine Genehmigung, warum zeige ich nicht nur an, was ich tun werde. Dann kehrt sich die Kontrollpflicht um und die Behörde muss kommen.

Ich glaube, dies ist eine klare Erleichterung. Sie werden es sehen, wenn wir das Gaststättengesetz anfassen. Genau an dieser Stelle wollen wir zu dieser Anzeigepflicht übergehen. Das ist schon ein fundamentaler Paradigmenwechsel, der letztendlich auch eine Entlastung der Unternehmen bei uns bedeutet.

Das heißt, wir reden an dieser Stelle nicht nur über Inhalte von Gesetzen, sondern wir reden auch über Verfahrenswege: Wie komme ich zu meiner Genehmigung und wie komme ich zu dem Vollzug meiner Maßnahme?

Kollege Erdmenger, dieser Satz sei mir zum Schluss gestattet: Wenn Sie von Förderitis sprechen und darüber, dass das alles ganz schlecht wäre, und ich mir das EEG anschaue, das unter Ihrer Herrschaft zigmal verändert wurde - es gibt mittlerweile über 4 000 Änderungen im EEG -, dann sollte man, wenn man im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen werfen. - Vielen Dank. Ich bitte noch einmal um die Zustimmung zu unserem Antrag.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Thomas, es gibt eine Frage von Herrn Kollegen Dr. Thiel. Möchten Sie sie beantworten?

Bitte.

Lieber Kollege Thomas, Sie sind gerade sicherlich im Eifer des Gefechtes zu einem Schluss gekommen, um gewissermaßen den Blick hinter der dunklen Sonnenbrille zu schärfen. Sie haben gesagt, im Endeffekt seien es sozusagen die Leistungen der Unternehmen, die zum wirtschaftlichen Erfolg beitrügen - so will ich es einmal sinngemäß formulieren.

(Zuruf von der LINKEN)

Ich glaube, Sie würden mir nicht zustimmen, wenn ich sagte, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens teilnehmen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Diesbezüglich gibt es unterschiedliche Bestandteile.

Uns geht es eigentlich darum, bei den wirtschaftspolitischen Diskussionen sowohl die eine als auch die andere Sichtweise in das Spiel zu bringen und nicht nur einseitig Arbeitnehmerinteressen zu vertreten, sondern beide Seiten zu berücksichtigen. Wenn wir das Gefühl haben, dass Arbeitnehmerinteressen nach hinten fallen, dann melden wir uns sofort und sagen: Daran müssen wir auch denken.

Eine direkte Frage habe ich nicht gehört. Ich habe nur die Äußerung gehört, ob wir uns darüber einig werden.

Herr Kollege Thiel, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar für diese Klarstellung. Ich habe das in Ihrem Redebeitrag vielleicht nicht so wahrgenommen. Darin war mehr von Arbeitnehmern die Rede.

Es ist völlig Konsens, dass die wirtschaftlichen Leistungen nur in Zusammenarbeit von Arbeitgebern und Arbeitnehmern erbracht werden können und müssen. Aber ich glaube, wenn wir uns die bürokratischen Hindernisse im Wirtschaftsbereich anschauen, dann stellt sich mehr für die Unternehmer als für die Arbeitnehmer die Frage, wie man damit umgeht. Deswegen ist es gut, nicht nur über Geld und Fördermittel zu sprechen, son

dern letztlich auch über bürokratische Hürden, die die eine oder andere Investition - das habe ich schon gesagt - behindern oder zumindest zeitlich stark verzögern.

Wir alle kennen Infrastrukturmaßnahmen, die aufgrund von langen Verfahrenswegen, die manche Leute vor Ort nicht mehr verstehen, in die Länge gezogen werden. Das eine oder andere Beispiel beim Hochwasserschutz zeigt, dass bestimmte Baumaßnahmen nicht stattfinden konnten, weil bürokratische Hürden im Wege standen.

Ich glaube, das, was nicht gut ist, ist uns bekannt. Wir sollten - auch wenn es schon oft gesagt wurde; Herr Kollege Erdmenger, um noch einmal zu Ihnen zu kommen - nicht darin nachlassen, uns selbst auf die Fahnen zu schreiben, an dem Thema dranzubleiben. Auch wenn es immer das gleiche Thema ist, sind die handelnden Personen andere. Ich glaube, man sollte sich von diesem Vorsatz nicht verabschieden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke schön. - Weitere Nachfragen gibt es nicht. Wir schließen die Aussprache zu dem Tagesordnungspunkt ab und treten in das Abstimmungsverfahren ein.

Eine Überweisung des Antrages in einen Ausschuss ist nicht beantragt worden. Ich lasse daher direkt über den Antrag abstimmen.

Wer dem Antrag in der Drs. 6/2141 zustimmen möchte, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer möchte sich der Stimme enthalten? - Niemand. Damit hat der Antrag die Mehrheit der Koalitionsfraktionen und somit des Hauses bekommen. Wir schließen den Tagesordnungspunkt ab.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Erste Beratung

Zugang zur Arbeitslosenversicherung verbessern - Rahmenfristen und Anwartschaften im SGB III neu regeln

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/2003

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2180

Für die Einbringerin erteile ich nunmehr Frau Abgeordneter Dirlich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Herr Thomas hat gerade

die Interessen der Arbeitnehmerinnen eindeutig den LINKEN zugeordnet. Ich finde, dafür hat er sich einen kleinen Dank verdient.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Zu- ruf von Herrn Thomas, CDU - Weitere Zu- rufe von der CDU)

Wir sehen es genauso, haben es in dieser Offenheit aber selten von der CDU gehört.

Meine Damen und Herren! Gern und immer wieder

(Zuruf von der CDU)

- uh, wie humorlos - wird in Deutschland das System der sozialen Sicherung gelobt. Das scheint auf den ersten Blick zu stimmen und berechtigt zu sein. Denn das ist im Grunde genommen im Großen und Ganzen tatsächlich so.

Ein Beispiel ist die Arbeitslosenversicherung, die Menschen absichern soll, die von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Schaut man allerdings genauer hin, dann stellt man fest, dass der Teufel wie immer im Detail steckt.

In den letzten Jahren war der Fokus unserer Arbeit sehr stark auf das Hartz-IV-System gerichtet, das zurzeit die größeren Probleme hervorbringt. Wir haben uns vorgenommen, dass möglichst keine Landtagssitzung vergehen soll, ohne dass wir ein arbeitsmarktpolitisches Thema auf die Agenda nehmen. Heute soll unser Blick aber mehr auf die Arbeitslosenversicherung gerichtet sein, die aus unserer Sicht weit weniger versichert, als landläufig angenommen wird.

Es gibt nämlich in Deutschland eine große Zahl versicherungspflichtig Beschäftigter, die sehr wohl in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, aber trotzdem sofort in Hartz IV fallen, wenn sie arbeitslos werden. Die Gründe sind unterschiedlich. Vor allem passiert es, weil sie zu kurz beschäftigt sind, weil ihr Lohneinkommen zu gering ist oder weil beides der Fall ist.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit rutscht inzwischen jeder vierte Erwerbslose - das sind 25 % - direkt, ohne Umweg in Hartz IV. Das heißt, die Menschen haben überwiegend ständig kurze Beschäftigungen oder sie sind Aufstocker.

Nun könnte man ja sagen: Das ist nun einmal so. Aber das Problem ist leider hausgemacht. Es ist leider politikgemacht. Ursache für diese Entwicklung sind maßgeblich die arbeitsmarktpolitischen Fehlentscheidungen im Rahmen der sogenannten Hartz-Gesetze, die ab dem Jahr 2002 unter der SPD und den GRÜNEN getroffen worden sind und von den nachfolgenden Regierungen fortgesetzt worden sind.

Die Hartz-Gesetzgebung fördert nämlich auf der einen Seite prekäre und kurzfristige Beschäftigungen sowie einen wachsenden Niedriglohnsektor.

Sie fördert Leiharbeit mit immer kürzeren Beschäftigungszeiten.