Budgets nicht mehr oder gar nicht erst auf stationäre Hilfe angewiesen sind. Nach eigenen Angaben konnten 50 Menschen die stationäre Einrichtung verlassen und können nun selbstbestimmt wohnen. Schätzungsweise 150 Menschen wären durch das Budget in ambulanter Betreuung geblieben. Daraus müsste man eigentlich eine Erfolgsgeschichte machen können und nicht schreiben, das Budget sei ungeeignet, um die Wartelisten der stationären Einrichtungen zu verkürzen.
Interessant ist auch die Aussage zur Frage der Bedarfsdeckung durch Teilbudgets und deren Höhe. Über das Teilbudget für Bildung in Höhe von 1,68 € pro Monat sind wir wohl alle gestolpert. Dafür kann man sich dreimal im Monat die Tageszeitung kaufen und sich bilden. Auch die darauf folgenden Angaben von 3,76 € und 5,55 € monatlich berechtigen die Frage, die unter den Fragen 21 und 22 in der Großen Anfrage aufgeführt sind, wie hoch eigentlich die Bearbeitungskosten in den Landkreisverwaltungen für das persönlich Budget sind. Die Antwort lautet, dass diese Kosten nicht erhoben würden. Bewilligt wurden - ich sage es noch einmal - 1,68 € pro Monat.
Die Budgethöhen selbst belaufen sich in der überwiegenden Zahl auf Beträge bis zu 1 000 €. Es gibt unterschiedliche Angaben zu Budgets, die über 5 000 € oder unter 10 000 € liegen. Die Angaben differieren zwischen einer und drei Inanspruchnahmen.
Es drängt sich damit der Eindruck auf, dass bei höherem und sehr hohem Hilfebedarf das persönliche Budget doch nicht zur Anwendung kommt. An dieser Stelle muss man noch einmal hinschauen.
Als ich mir die Anzahl der in Anspruch genommenen Budgets in den Landkreisen angesehen habe, musste ich feststellen, dass ein weiteres Problem besteht, nämlich die territorialen Unterschiede im Lande.
Ich habe mich bemüht, die Unterschiede anhand der Bevölkerungszahl auszurechnen, und habe die Anzahl der Budgets auf die Einwohnerzahl der jeweiligen Landkreise bezogen. Das sich daraus ergebende Ranking ist hochinteressant. Den absoluten Spitzenplatz nimmt Wittenberg ein. Dort gibt es fast doppelt so viele Inanspruchnahmen wie beim zweitplatzierten Burgenlandkreis, genau doppelt so viele wie bei mir im Saalekreis und zehnmal so viele wie im Landkreis Anhalt-Bitterfeld, bezogen auf die Einwohnerzahl.
Das muss doch Ursachen haben. Danach muss man schauen, wenn man von vergleichbaren Lebensverhältnissen in Sachsen-Anhalt spricht.
Die Antwort auf die Frage, wie die Regierung eine möglichst gleichartige diskriminierungsfreie Auslegung der Arbeitshinweise der Sozialagenturen in den Landkreisen sicherstellt, damit die Beratung der Hilfesuchenden in allen Landkreisen wirklich
gleich und gut ist, ist angesichts der Aussage, dass schließlich alle nach dem gleichen Arbeitshinweis arbeiten, doch sehr spärlich.
Wir sollten darüber sprechen, wie diese territorialen Unterschiede im Lande abgebaut werden. Zudem sollten wir einmal darauf schauen, ob diese Landkreise uns nicht auch bei anderen Problemlagen, wie zum Beispiel der Betreuung von Förderschülern, über den Weg gelaufen sind. Der Eindruck drängt sich nämlich deutlich auf.
Nun zum Abschluss noch ein Blick auf die Grundsatzfragen. Der landesweit anzuwendende Arbeitshinweis der Sozialagentur für die Bearbeitung und Bewilligung von Anträgen stammt von Anfang 2008 und - das muss man sagen - er ist durchaus eine Weiterentwicklung des nahezu legendären Arbeitshinweises Nr. 6 aus dem Jahr 2007. Diejenigen, die damals dabei waren, erinnern sich noch.
Im Hinblick auf die Version aus dem Jahr 2008 sind einige Kritikpunkte aufgegriffen worden. Darüber, ob sie wirklich beseitigt wurden, müssen wir diskutieren.
Die Ankündigung des Sozialministeriums, die Kritikpunkte in dem Positionspapier der Liga der Wohlfahrtsverbände aus dem Jahr 2010 zu prüfen und in die Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe einzubeziehen, ist richtig. Aber es sind mittlerweile zwei Jahre ins Land gegangen und wir müssen nun Ergebnisse abfordern.
Der für mich bedeutungsschwerste Satz findet sich sehr versteckt auf der vorvorletzten Seite. Ich zitiere sinngemäß: Für die Feststellung des individuellen Hilfebedarfs würden Wege geprüft, eine Verstärkung der Individualisierung zu erreichen, und man prüfe in der Tat auch die Modifikation des Verwaltungsverfahrens.
Könnte das bedeuten, man denkt endlich über eine Abkopplung der Budgetpauschalen von der stationären Eingliederungshilfe nach? - Das möchte ich wissen. Deshalb glaube ich, der Ausschuss sollte sich in der nächsten Zeit umfänglich und dringend mit dem Komplex „Persönliches Budget“ beschäftigen. - Vielen Dank.
Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Man könnte ja das Schlusswort mit den Worten beginnen: Es gibt viel zu tun, packen wir es an!
Frau Gorr, ich gebe gern zu, dass ich sehr ungeduldig bin, was das persönliche Budget betrifft. Gerade weil wir einen Vorlauf hatten, bin ich ein bisschen enttäuscht über das, was eigentlich als großer Berg noch vor uns liegt.
Erstens. Wenn wir uns gemeinsam im Ausschuss, wofür ich wäre, und auch im Ministerium mit dem Arbeitshinweis beschäftigen, sollte tatsächlich der emanzipatorische Ansatz, den das persönliche Budget bildet, durchgehend beachtet werden. Das heißt für mich in allererster Linie, dass wir den individuellen Hilfebedarf nicht mehr an stationären Kosten messen lassen sollten.
Als zweite wichtige Aufgabe würde ich sehen, dass wir Bewilligungsverfahren einfacher gestalten, damit alle diejenigen, die Antragsteller sind, diese tatsächlich auch begreifen.
Als Drittes wäre der Grundsatz „Ambulant vor stationär“ tatsächlich auch mithilfe des persönlichen Budgets umzusetzen.
Unsere Aufgabe als Politikerinnen und Politiker besteht darin - ich fordere Sie auf, das in Ihren Wahlkreisen tatsächlich zu tun -, den Menschen, die anspruchsberechtigt sind, Mut zu machen, diesen Schritt zu gehen und für ihre Selbstbestimmung das persönliche Budget in allen Teilbudgets und im Grundsatz zu beantragen.
Wir müssen auch in den Kreisen auf eine bessere Beratung und Betreuung der Antragsteller Wert legen, damit die Möglichkeiten, die in Bezug auf das persönliche Budget bestehen, von allen genutzt werden.
Nicht zuletzt müssen unbedingt die von uns genannten Teilbudgets überprüft werden, weil Bildung für 1,86 € wirklich - - Ich weiß nicht, was man davon halten soll.
Ich bin dafür, dass wir das unbedingt weiter im Auge behalten und uns tatsächlich regelmäßig mit der Verbesserung des persönlichen Budgets beschäftigen.
Danke sehr, Frau Zoschke. - Damit haben wir die Beratung über den Tagesordnungspunkt 5 a abgeschlossen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir machen jetzt thematisch einen ziemlich großen Sprung. Aber so ist das in diesen Landtagssitzungen.
Wir kommen nun zu einem Thema, das quasi alle Ministerien und alle Fachausschüsse betrifft, jedenfalls wenn man der Antwort auf die Große Anfrage glauben darf, in der dargestellt ist, welche Ministerien in der interministeriellen Arbeitsgruppe zum Radverkehr vertreten sind.
Ich darf das einmal vorlesen: Das sind das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft, das Ministerium für Inneres und Sport, das Ministerium für Arbeit und Soziales, das Kultusministerium, das Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt sowie das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr.
Einige der betroffenen Ministerinnen und Minister sind anwesend. Ich bin ein bisschen überrascht, dass der Verkehrsminister nicht dabei ist. Aber er ist in der Tat aufgrund der Teilnahme an der Ministerkonferenz entschuldigt. Das ist, so glaube ich, dem Thema nicht zuträglich. Aber da es eine Querschnittsaufgabe ist, können auch andere kompetent zu dem Thema reden.
In dieser Arbeitsgruppe fehlt das Finanzministerium. Darauf, warum das schade ist, komme ich später noch einmal.
Die Anfrage ist sehr umfangreich. Ich möchte mich auf drei Bereiche konzentrieren: erstens den Alltagsradverkehr, zweitens den Radtourismus und drittens die Verkehrssicherheit.
Bevor ich darauf komme - ich kann Ihnen versprechen, in allen Bereichen gibt es wirklich Gutes aus dem Land zu berichten; es gibt aber durchaus auch noch einiges zu verbessern -, muss ich doch die Lücke zwischen den Worten und den Taten des Verkehrsministeriums in erster Linie oder der Landesregierung insgesamt thematisieren.
Wir können der Antwort entnehmen, dass es im Jahr 2006 einen Kabinettsbeschluss „Pro Rad“ gegeben hat. Dazu enthält die Antwort auf die Große Anfrage den schönen Satz:
Ja, da fragt man sich: Wozu fällen Sie eigentlich Kabinettsbeschlüsse? Muss man dann dazuschreiben, dass vorgesehen ist, das umzusetzen? - Das ist durchaus unterhaltsam.