Protocol of the Session on February 16, 2006

Das ist doch Quatsch. Das habe ich überhaupt nicht gesagt.

(Frau Dr. Hüskens, FDP: Das können Sie bei sich selbst nachlesen!)

- Das stimmt doch gar nicht. Ich habe gesagt, beim Rückgang der SoBEZ - -

(Zuruf von Frau Dr. Hüskens, FDP)

- Ich weiß doch, was ich geschrieben habe, Frau Dr. Hüskens.

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, bitte lassen Sie Herrn Bullerjahn antworten.

(Zuruf von Herrn Dr. Schrader, FDP)

Herr Schrader, ich weiß nicht, ob Sie es jemals gelesen haben.

(Oh! bei der FDP)

Beim Rückgang dieser Mittel für das Land wird es zu einer Rückführung der Kommunalfinanzen kommen. Wir schlagen dazu Strukturveränderungen vor. Ich habe sogar angeregt, dann auch zu einer stärkeren Gewichtung der zentralen Funktion zu kommen, der Orte, die andere Räume mitnehmen.

(Herr Kosmehl, FDP: Ja!)

Das bedeutet, dass wir dann bei dem Rückgang auch der Kommunalfinanzen schauen müssen, wie wir das verteilen. Das wird doch keine Proportion sein. Wie und in welchen Jahresschritten das in den nächsten fünf bis zehn Jahren erfolgen soll, darüber möchte ich heute mit den Kommunen reden, damit die nicht jedes Jahr Angst haben müssen, wenn hier über den Haushalt geredet wird. Das steckt dahinter. Ich denke, es ist doch relativ gut nachvollziehbar.

(Beifall bei der SPD - Unruhe bei der FDP)

Herr Bullerjahn, Herr Schröder hat sich ganz bescheiden gemeldet. Sind Sie bereit, eine letzte Frage von ihm zu beantworten? - Dann machen wir wirklich Schluss.

Bei einem Herrn Schröder immer.

Herr Schröder, bitte.

Einen Vorteil muss mein Nachname ja haben. - Herzlichen Dank erst einmal für die klarstellenden Worte in Ihrer Rede bezüglich der Pläne im Zusammenhang mit der Reform der Kommunalstrukturen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Vertreter Ihrer Partei im Landkreis Sangerhausen bei öffentlichen Veranstaltungen geäußert und im Kreistag mehrfach zu Protokoll gegeben haben, dass die Regionalkreispläne vom Tisch sind.

Ich habe jetzt aber eine Frage. Ist das mit der flächendeckenden Einführung von Einheitsgemeinden und mit der Bildung von fünf Regionalkreisen bis zum Jahr 2019 verbundene Verfallsdatum für wesentliche Zentralitätsfunktionen etlicher Städte und Gemeinden ein Verfallsdatum, das auch für den Fall gilt, dass im Jahr 2020 eine Länderfusion in Mitteldeutschland immer noch in weiter Ferne liegt, oder ist dieses Verfallsdatum für wesentliche Zentralitätsfunktionen der Raumordnung - siehe Sonderbedarfsergänzungszuweisungen, die Weitergabe etc. - auch dann erforderlich, wenn man zu diesem Zeitpunkt noch keine Länderfusion hat und in den Ländergrenzen Sachsen-Anhalts weiterarbeiten muss, wie wir sie jetzt haben?

Ich glaube, es waren jetzt sechs Punkte in einer Frage. Ich bin Ihnen nicht böse, weil Sie es vorhin so emotional gemacht haben. Ich mache das jetzt einmal emotionslos.

Erstens. Wenn Sie behaupten, dass es da wieder SPDLeute gibt, die sagen, die Regionalkreise seien vom Tisch, und wenn Sie mir jetzt wieder unterstellen, sie seien nicht vom Tisch, dann kann einen das wirklich nur noch nerven. Dass es richtig verstanden wird, hören Sie übrigens auch bei der PDS.

(Herr Gallert, Linkspartei.PDS: Ja!)

Da muss ich die Kritik zu Recht annehmen; denn wir haben gesagt, Ziel der SPD - ich habe es vorhin mit dem Begriff „perspektivisch“ zum Ausdruck gebracht und ich weiß, dass es in der CDU auch einige Abgeordnete gibt, die das hinter vorgehaltener Hand auch sagen - wird perspektivisch die Einführung dieser fünf Regionalkreise bleiben.

Wir sind uns sicher, dass es in der nächsten Legislaturperiode nicht kommen kann, weil Sie es in den letzten vier Jahren geschafft haben, beim Thema Verwaltungsreform alle auf die Palme zu bringen.

(Ach! bei der CDU)

Es gibt einen Raum, den wir ganz bewusst angehen würden; das ist der Raum Anhalt. Alles andere wird in der übernächsten oder in der überübernächsten Wahlperiode entweder von allein oder gesetzgeberisch zusammenzuführen sein.

(Herr Schröder, CDU, schüttelt den Kopf)

Dies noch einmal ganz klar, damit auch Sie, Herr Schröder, es mitnehmen können und nicht wieder in Sangerhausen eine Pressemitteilung dahin gehend abgeben, die SPD wolle die Kreise doch wieder aufreißen.

Zweitens. Gepaart mit den Einheitsgemeinden - die sind der Anlaufpartner für die Bürger; dort soll die Dienstleistung für den Bürger stattfinden und, wie der MP selbst gesagt hat, stärker rechnergestützt und stärker bezogen auf das, was im Ort noch gemacht werden muss - stellt sich dann die Frage, wie ein Land wie Sachsen-Anhalt mit zwei Millionen Einwohnern bei einer Wirtschaftskraft, die irgendwann nicht mehr wachsen kann, im Konzert mit Bayern und Baden-Württemberg mithalten soll. Aus diesem Grund diskutieren wir unter uns, ob es dann nicht sinnvoll wäre, in die nächste Stufe zu gehen und einen Wirtschaftsraum zu schaffen, der sich mit Bayern und Baden-Württemberg messen kann und nicht dauerhaft mit Schleswig-Holstein.

(Beifall bei der SPD)

Da ich ja weiß, dass Sie sich mit Raumordnung befassen, finde ich es sehr schade, dass Sie aufgrund von Wahlkampf oder Heimattümeleien diese Perspektiven des Landes kaputt reden wollen. - So weit zu meiner Antwort. Schönen Dank.

(Starker Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Bullerjahn, auch für Ihre Bereitwilligkeit, auf alle Fragen zu antworten.

(Oh! bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der FDP: Na ja! - Zuruf von Minister Herrn Dr. Daehre)

Meine Damen und Herren, begrüßen Sie mit mir auf der Südtribüne Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „Maxim Gorki“ Schönebeck sowie Seniorinnen und Senioren des Deutschen Sozialwerkes Schönebeck.

(Beifall im ganzen Hause)

Den Beitrag der FDP-Fraktion gibt nun der Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende Herr Wolpert ab. Bitte sehr, Herr Wolpert.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Bullerjahn, es ist nun einmal so, dass ich mich in Bayern etwas besser auskenne als Sie. Dort werden nicht Regionalkreise bevorzugt.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Vorweg noch eines: Ich danke Ihnen recht herzlich dafür, dass Sie sich so sehr um das Wohl und Wehe der FDP bemühen, insbesondere auch darum, ob der Kitt in der Koalition weg ist. Ich habe mir sagen lassen, es gab einmal einen finanzpolitischen Sprecher, der den aus der SPD stammenden Finanzminister „Knalli“ genannt hat. Daran ist die SPD auch nicht gescheitert.

(Zustimmung von Herrn Kosmehl, FDP, von Frau Dr. Hüskens, FDP, von Herrn Hauser, FDP, und von Herrn Tullner, CDU)

Meine Damen und Herren! Wer auf Sachsen-Anhalt schaut und dessen Position im Zusammenspiel mit den anderen Bundesländern bestimmen will, kann dies nicht ohne einen Blick zurück tun. Um dem Land und seinen Bürgern gerecht zu werden, muss man darlegen, woher das Land gekommen ist und welchen Weg es gegangen ist.

Ja, meine Damen und Herren, Sachsen-Anhalt ist nicht der Klassenprimus unter den 16 Bundesländern. Wer versucht, das zu suggerieren, handelt nicht ehrlich. Aber Sachsen-Anhalt hat auch keinen Grund, sich vor anderen zu verstecken. Sachsen-Anhalt ist und bleibt ein Land, in dem es sich zu leben lohnt, in dem es Spaß macht zu leben.

Seit der Wende sind die äußeren Rahmenbedingungen für das Land durch das Grundgesetz bestimmt. Die föderale Struktur Deutschlands und das festgelegte Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse leiten seither das politische Handeln.

Insbesondere die Ausgestaltung des Föderalismus in der Bundesrepublik ist in den letzten Jahren in die Kritik gekommen, weil man erkannt hat, dass die Verschränkung der Aufgaben und Zuständigkeiten, die in den 70er-Jahren allzu sorglos im Konsens installiert wurde, heute bei der Bewältigung der deutschen Einheit, aber insbesondere der Globalisierung hinderlich, ja schädlich ist.

Eine klare Aufgabenverteilung und ausschließliche Zuständigkeiten ermöglichen ein schnelles Reagieren auf die Anforderungen einerseits und das Nachholen überfälliger Strukturreformen in der Bundesrepublik andererseits. Die Entflechtung der konkurrierenden Gesetzgebung ist dafür unabdingbare Voraussetzung. Diese Aufgabe kann nicht schnell genug angegangen werden, soll Deutschland nicht im Wettbewerb der Länder um Wohlstand ins Hintertreffen geraten.

Dabei kann man darüber streiten, ob alles das, was jetzt in das nun vorgelegte Paket hineinverhandelt wurde, bereits ein Optimum darstellt. Aus der Sicht der FDP sticht insbesondere die zentrale Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes für Terrorismus ins Auge, wozu weder eine gründliche Diskussion stattgefunden hat, noch der Nachweis der Sinnhaftigkeit einer solchen Zuständigkeit geführt worden ist. Aber auch die Zuständigkeit der Länder für den Strafvollzug kann der gleichen Kritik ausgesetzt werden, ganz zu schweigen von der fehlenden Regelung bezüglich der Neuverteilung der Finanzen, dem Essential einer Föderalismusreform schlechthin.

Es stellt sich die Frage, ob hierbei der Inhalt wichtiger als der Zeitpunkt ist. Soll eine Reform erst beschlossen werden, wenn alles verhandelt worden ist? Oder kann die Reform im Wege der Scheibchentaktik gleich bitterer Medizin Stück für Stück verabreicht werden?

Meine Damen und Herren! Nicht zu beginnen birgt die Gefahr, dass der Konsens unter allen Beteiligten darüber, ob eine Reform durchgeführt werden soll, durch einen endlosen Streit darüber, wie sie durchgeführt werden soll, verloren geht.

Es kommt dabei darauf an, die Föderalismusreform als längeren Weg zu begreifen, auf dem auch Irrungen durch Flexibilität wieder ausgeglichen werden können. Mit einem solchen Herangehen kann auch ein sofortiger Beginn für Deutschland mehr Vorteile als Nachteile bringen.

Für alle Länder und insbesondere für Sachsen-Anhalt liegt in der Veränderung auch eine Chance. SachsenAnhalt hat dabei den Vorteil, dass es Chancen bei Veränderungen nutzen kann, weil es Bürger hat, die mit Umbrüchen umzugehen in der Lage sind, ja sie schon fast gewohnt sind. Während manche behäbige Mentalität in den alten Bundesländern angesichts der Föderalismusdebatte wie das verschreckte Kaninchen vor der Brillenschlange erstarrt, wird Sachsen-Anhalt in der Lage sein, seine Chancen auszuloten und zu nutzen.